Montag, 27. Januar 2014

Kommentar zu den LG vom 02.02.2014

Einleitung: „Die Themenreihe im Februar soll einige wesentliche Aspekte beleuchten, die im ‚Christ-sein‘ enthalten sind. Der christliche Glaube ist darauf angelegt, sich anderen mitzuteilen. (…)
Aus aktuellen Berichten über die Religionsfreiheit geht hervor, dass Christen heute weltweit gesehen am stärksten unter-drückt werden. Schätzungen zufolge werden ca. 100 Millionen Christen in 50 Ländern diskriminiert, bedroht und verfolgt (Quelle: ‚Kirche in Not‘). (…) Dies sollte stets Anlass für uns sein, in der Fürbitte auch für unterdrückte und verfolgte Christen einzustehen.

Die vier Sonntage im Februar setzen sich thematisch damit auseinander, was zum ‚Christ-sein‘ gehört und welche Lebensäußerungen damit verbunden sind.“

Zu diesem Sonntag heißt es: „Mittelpunkt des Christ-seins ist Jesus Christus. Er ist der Beweis der göttlichen Gnade, er ist das Geheimnis der Liebe Gottes. Dem, der glaubt, erschließen sich Gottes Geheimnisse.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen demzufolge die Überschrift: „Geheimnis Gottes: Jesus Christus.“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist 1 Kor 2, 1-2: „Auch ich, liebe Brüder, als ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten und hoher Weisheit, euch das Geheimnis Gottes zu verkündigen. Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten.“

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wir wollen uns bemühen, die Geheimnisse Gottes zu erkennen.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Der griechische Urtext meint ‚Geheimnis‘, wiewohl das entsprechende Wort in manchen Bibelübersetzungen mit ‚Zeug-nis‘ wiedergegeben wird. ‚Geheimnis‘ im Neuen Testament bedeutet: Heilsplan Gottes in Jesus Christus, in den Gott zwar den Seinen Einblick gewährt, der aber dennoch Geheimnis bleibt. Paulus betont, dass seine Predigt keinerlei rhetorischen Glanz habe; dass diese den-noch aufgenommen wird, ist Wirken des Heiligen Geistes (1 Kor 2, 4).“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: "Dem, der glaubt, erschließen sich Gottes Geheimnisse: Das Geheimnis, dass
  • in der Predigt Gottes Wort hörbar wird.
  • wir eine Gemeinschaft des Geistes sind.
  • der Herr durch Gnade die Seele berührt und frei macht.
  • wir im Heiligen Abendmahl Leib und Blut Jesu empfangen.
  • Auch die Führung durch den Heiligen Geist, die Zeitverhältnisse und unsere Zukunft beim Herrn sind Geheimnisse, die sich uns durch den Glauben erschließen“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: "In 1 Kor geht es vorwiegend um die Frage der christlichen Lebensgestaltung. Wie kann die Einheit der Gemeinde bewahrt werden, wenn sich unterschiedliche Gruppen bilden, die miteinander rivalisieren (1, 10ff)? Welche Bedeutung haben von Gott begabte Mitarbeiter für die Gemeinde (3, 5ff)? (…) Paulus beantwortet diese Fragen, in dem er sie auf das Evangelium von Jesus Christus bezieht. Was Gott durch Christus getan hat, davon muss die Gemeinde in ihrem Verhalten bestimmt werden. Paulus begründet die ethischen Weisungen von Gottes Heilshandeln in Jesus Christus her“ (Elberfelder Bibel mit Erklärungen, 2010, 1504) und bezeichnet dies als „Agape“ [gr. ἀγάπη], was Gottes reine, bedingungslose, einseitige, befreiende und auf andere zentrierte Liebe, also „Nächstenliebe“, bedeutet (siehe dazu auch: E: Fromm, Die Kunst des Liebens, 1956/1984, 58-60).
„Das zentrale christliche Ereignis ist die Auferstehung Jesu Christie. Denn mit ihr hat die Überwindung der Todesmächte begonnen. Dieses wird am Ende zur Befreiung der Welt aus Tod und Vergänglichkeit führen. Das wird die zweite, vom Heiligen Geist gewirkte Schöpfung sein. In der Gegenwart der Gemeinde, äußert sich die Zukunft schon dadurch, dass sie den Heiligen Geist empfangen hat. Jeder einzelne und zugleich auch die Gemeinde ist dadurch Tempel des Heiligen Geistes. Die Gemeinde ist Christi Leib. Beim Abendmahl wird diese Identität erneuert: durch die Gabe des einen Brotes wird die Gemeinde von ihrer Wurzel her erneuert“ (Das Neue Testament und frühchristliche Schriften. Übersetzt und kommentiert von Klaus Berger & Christiane Nord, 5. Aufl., 2001, 83f).


Am 02.02.2014 feiern wir den 4. Sonntag nach Epiphanias -Der Herr der Naturmächte- und hören die Wundererzählung von dem Sturm auf dem See (vergl. Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 34).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist der

Ps 107: „Danklied der Erlösten: Danket dem HERRN; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich. So sollen sagen, die erlöst sind durch den HERRN, die er aus der Not erlöst hat, die er aus den Ländern zusammengebracht hat von Osten und Westen, von Norden und Süden. Die irregingen in der Wüste, auf ungebahntem Wege, und fanden keine Stadt, in der sie wohnen konnten, die hungrig und durstig waren und deren Seele verschmachtete, "die dann zum Herrn riefen in ihrer Not" und er errettete sie aus ihren Ängsten und führte sie den richtigen Weg, dass sie kamen zur Stadt, in der sie wohnen konnten: "Die sollen dem Herrn danken für seine Güte / und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut," dass er sättigt die durstige Seele und die Hungrigen füllt mit Gutem. Die da sitzen mussten in Finsternis und Dunkel, gefangen in Zwang und Eisen, weil sie Gottes Geboten ungehorsam waren und den Ratschluss des Höchsten verachtet hatten, sodass er ihr Herz durch Unglück beugte und sie dalagen und ihnen niemand half, "die dann zum HERRN riefen in ihrer Not" und er half ihnen aus ihren Ängsten und führte sie aus Finsternis und Dunkel und zerriss ihre Bande: "Die sollen dem HERRN danken für seine Güte / und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut," dass er zerbricht eherne Türen und zerschlägt eiserne Riegel. Die Toren, die geplagt waren um ihrer Übertretung und um ihrer Sünde willen, dass ihnen ekelte vor aller Speise und sie todkrank wurden, "die dann zum Herrn riefen in ihrer Not" und er half ihnen aus ihren Ängsten, er sandte sein Wort und machte sie gesund und errettete sie, dass sie nicht starben: "Die sollen dem HERRN danken für seine Güte / und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut," und sollen Dank opfern und seine Werke erzählen mit Freuden. Die mit Schiffen auf dem Meere fuhren und trieben ihren Handel auf großen Wassern, die des HERRN Werke erfahren haben und seine Wunder auf dem Meer, wenn er sprach und einen Sturmwind erregte, der die Wellen erhob, und sie gen Himmel fuhren und in den Abgrund sanken, dass ihre Seele vor Angst verzagte, dass sie taumelten und wankten wie ein Trunkener und wussten keinen Rat mehr, "die dann zum HERRN schrien in ihrer Not", und er führte sie aus ihren Ängsten und stillte das Ungewitter, dass die Wellen sich legten und sie froh wurden, dass es still geworden war und er sie zum erwünschten Lande brachte: "Die sollen dem HERRN danken für seine Güte / und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut," und ihn in der Gemeinde preisen und bei den Alten rühmen. Er machte Bäche trocken und ließ Wasserquellen versiegen, dass fruchtbares Land zur Salzwüste wurde wegen der Bosheit derer, die dort wohnten. Er machte das Trockene wieder wasserreich und gab dem dürren Lande Wasserquellen und ließ die Hungrigen dort bleiben, dass sie eine Stadt bauten, in der sie wohnen konnten, und Äcker besäten und Weinberge pflanzten, die jährlich Früchte trugen. Und er segnete sie, dass sie sich sehr mehrten, und gab ihnen viel Vieh. Aber sie wurden gering an Zahl und geschwächt von der Last des Unglücks und des Kummers. Er schüttete Verachtung aus auf die Fürsten und ließ sie irren in der Wüste, wo kein Weg ist; aber die Armen schützte er vor Elend und mehrte ihr Geschlecht wie eine Herde. Das werden die Frommen sehen und sich freuen, und aller Bosheit wird das Maul gestopft werden. Wer ist weise und behält dies? Der wird merken, wie viel Wohltaten der HERR erweist“ (Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers, 1985).


Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei
Mk 4, 35-41: "Der Sturm auf dem See: Am Abend dieses Tages sagte er zu ihnen: Wir wollen ans andere Ufer hinüberfahren. Sie schickten die Leute fort und fuhren mit ihm in dem Boot, in dem er saß, weg; einige andere Boote begleiteten ihn. Plötzlich erhob sich ein heftiger Wirbelsturm, und die Wellen schlugen in das Boot, sodass es sich mit Wasser zu füllen begann. Er aber lag hinten im Boot auf einem Kissen und schlief. Sie weckten ihn und riefen: Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen? Da stand er auf, drohte dem Wind und sagte zu dem See: Schweig, sei still! Und der Wind legte sich und es trat völlige Stille ein. Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben? Da ergriff sie große Furcht und sie sagten zueinander: Was ist das für ein Mensch, dass ihm sogar der Wind und der See gehorchen“ (Die Bibel – Einheitsübersetzung, 1980)?

Das Meer steht symbolisch für den Feind, die widergöttlichen Mächte, für die Bedrohung des Lebens, die menschliche Hilflosigkeit oder auch den Tod. Nicht zufällig steigt in dem neutestamentlichen Buch „Apokalypse“ ein Gott lästerndes Tier aus dem Meer. Am Ende steht die Erlösungsvision von der Vernichtung des [gesamten] Meeres (vergl. Offb 13, 1 und Off 21, 1;).I
Im Zentrum der Erzählung steht Jesus, weil ihm der Wind und die See gehorchen. Dadurch wird er zum Herr über alle gottfeindlichen Mächte um uns herum und über das lästerliche Wesen in uns. Das Wunder und seine Deutung fordern zur existenziellen Bindung auf (…) und führt an die Frage heran, wer dieser Jesus ist, dem sich sogar Sturm und Meer unterwerfen. Die Antwortet lautet: Hier ist kein anderer als Gott selbst am Werk (christologische Deutung).
Eine ekklesiologsche Deutung (Das Lied „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt“ von Martin Gotthard Schneider, 1963 (EKG 612) nimmt diese Sicht ein.) wendet den Blick auf den glücklichen Ausgang der Geschichte. So wird „das Boot zum Hoffnungsspeicher und illustriert eine zeitlose Botschaft: Die Stabilität einer Gemeinde lässt sich nicht an der Beschaulichkeit der Fahrt erkennen, sondern an ihrer buchstäblichen Verankerung im Wort Jesu.“
Tiefenpsychologisch gewendet geht es in der Wundererzählung um die Lebensreise des Individuums, während der es wir immer wieder mit der eigenen Hilf- und Machtlosigkeit, den eigenen inneren bodenlosen Abgründen und auch der eigenen Endlichkeit konfrontiert ist. Auf diese Fragen müssen wir, wie die Jünger auch, eine Antwort finden (vergl. Zimmermann, Ruben (Hg), Kompendium der frühchristlichen Wundererzählungen. Bd I: Die Wunder Jesu, 2013, 257-265). Paul Gerhardt hat seine Antwort auf diese Fragen mit dem Lied "Ich singe Dir mit Herz und Mund" (1653; EKG 324) gegeben.
Eine gelungene Predigt zu diesem Kirchensonntag und über die Kantate (s. u.) findet sich in dem sehr lesenswerten Buch "Bach-Kantaten predigen"  von Glockzin-Bever, Rüppel und Weyer (Hg), 2007.


Hochgeladen am 09.01.2012
Johann Sebastian Bach (1685-1750): Cantata BWV 21: Ich hatte viel Bekümmernis (Kantate am 4. Sonntag nach Epiphanias)
Sopran: Barbara Schlick - Tenor: Howard Crook - Bass: Peter Harvey
Performed by La Chapelle Royale & Collegium Vocale Gent under the direction of Philippe Herreweghe. Recorded by Harmonia Mundi France in 1990.

Sonntag, 19. Januar 2014

Kommentar zu den LG vom 26.01.2014

Die Leitgedanken für die Predigt haben die Überschrift:Jesus Christus, unser Fürsprecher.“
Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist 1. Joh 2, 1: „Wenn jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus Christus, der gerecht ist.“
Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wir brauchen Jesus Christus als Fürsprecher beim Vater.“
Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Der erste Johannesbrief wendet sich gegen eine damals herrschende Auffassung in der Gemeinde, dass die Gemeinschaft mit Christus automatisch Sündlosigkeit beinhalten würde. Der Brief weist den Menschen darauf hin, dass er sündig ist und der Fürsprache Jesu Christi bedarf. In manchen Bibelübersetzungen werden die Worte ‚Fürsprecher‘, ‚Tröster‘, ‚Helfer‘ und ‚Mittler‘ synonym benutzt. Das griechische Wort ‚Paraklet‘ kann auch mit ‚Beistand‘ übersetzt werden.“
Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
  • "Abram spricht vor Gott für die Gerechten in Sodom.
  • Unser Fürsprecher ist Jesus Christus, der uns aus Liebe vor Gott vertritt.
  • Seine Fürsprache ist uns deshalb Ansporn, die Sünde mehr und mehr zu meiden. Dies zeigt sich in Einsicht, Reue und der Bereitschaft, Gott wohlgefällig zu handeln“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Die LG zitieren 1 Joh 2, 1 nicht vollständig. Er lautet in der in den LG üblicherweise benutzten Luther-Übersetzung: Meine Kinder, dies schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt. Und wenn jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus Christus, der gerecht ist.“ So wird dann auch in den Ausführungen der LG der Bezug zu Joh 1, 1 hergestellt. Hier wird die Auffassung problematisiert, dass der Glaube an Christus zur Sündlosigkeit führe, diese sozusagen beinhalte. Dies nennt der Verfasser des Johannes Briefes eine Irrlehre. Die Wahrheit des christlichen Glaubens zeige sich für den einzelnen gerade darin, „dass ein Christ weiß: Er ist und bleibt als Mensch Sünder, der darauf angewiesen ist, dass Christi Blut in reinigt“ (aus: Elberfelder Bibel mit Erklärungen, 2010, 1634). Wenn der Verfasser auf Jesus als Parakleten hinweist, dann meint er die Rolle des Erhöhten, die genau das bewirkt (siehe im Gegensatz dazu: Kroeger, Matthias, Im religiösen Umbruch der Welt: Der fällige Ruck in den Köpfen der Kirche, 2005, 125ff).
Die theologische Gesamtschau des 1 Joh betont allerdings eher den engen Zusammenhang zwischen Bekenntnis und Liebe (vergl. Das Neue Testament und frühchristliche Schriften. Übersetzt und kommentiert von Klaus Berger & Christiane Nord, 2001). „Wer glaubt, in Jesus Christus bleibt und Anteil an diesem Gott hat, der Licht, Liebe und Wahrheit ist, der wird selbstverständlich selbst im Licht wandeln, die Wahrheit tun und den Bruder lieben“ (aus: Elberfelder Bibel mit Erklärungen, 2010, 1633).

Am 26.01.2014 feiern wir den 3. Sonntag nach Epiphanias -Der Heiden Heiland- und hören die Geschichte vom Hauptmann zu Kapernaum. Gott tut auch unter den Heiden wunderbare Dinge. „Wir erkennen, dass wir selbst nicht zum jüdischen Volk gehören, und danken Gott, dass er uns durch Jesus zu Miterben seines Volkes berufen hat (Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 33). Dieser Sonntag wird auch als „Bibelsonntag“ bezeichnet und gefeiert.

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist der Ps 41

„Gebet eines Kranken:

Ein Lied Davids. Wie glücklich sind alle, die für die Hilflosen sorgen! Wenn sie in Not geraten, holt der Herr sie heraus und erhält sie am Leben; alle im Land werden sie glücklich preisen. Der Herr überlässt sie nicht der Willkür ihrer Feinde. Wenn Krankheit sie niederwirft, steht der Herr ihnen bei und hilft ihnen wieder auf. Weil ich das weiß, sage ich: Herr, hab Erbarmen mit mir und mach mich wieder gesund! Denn gegen dich habe ich mich vergangen! Meine Feinde sind grausam, sie fragen: ‚Wann ist er endlich tot, damit man ihn schnellstens vergisst?‘ Wenn mich überhaupt noch einer von ihnen besucht, dann tut er es in böser Absicht: Er sucht nach Beweisen für meine Schuld; kaum ist er wieder draußen, verleumdet er mich. Alle, die mich hassen, stecken ihre Köpfe zusammen; einmütig ziehen sie über mich her und reden schon von meinem Ende: ‚Den lässt die Hölle nicht mehr los, sein Bett verlässt er nur noch als Toter!‘ Sogar mein Freund, dem ich Vertrauen schenkte, der bei mir von meinem Brot gegessen hat – auch er hat sich nun gegen mich gewandt! Du aber hab Erbarmen mit mir, Herr, richte mich doch wieder auf, damit ich sie zur Rechenschaft ziehe! Wenn das Siegesgeschrei meiner Feinde verstummt, dann weiß ich, dass du es gut mit mir meinst. Weil ich schuldlos bin, hältst du zu mir und lässt mich für immer in deiner Nähe leben. Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels, vom Anfang der Zeiten bis in alle Zukunft! Amen, so soll es sein“ (zitiert aus: Die Gute Nachricht. Die Bibel in heutigem Deutsch, 1982).

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Mt 8, 5-13

"Der Hauptmann von Kafarnaum

Als Jesus nach Kafarnaum kam, trat der Hauptmann ´einer dort stationierten Einheit` an ihn heran und bat ihn um Hilfe. ‚Herr‘, sagte er, ‚mein Diener [hier kann auch „Sohn“ gemeint sein!] liegt gelähmt und mit furchtbaren Schmerzen bei mir zu Hause.‘ Jesus erwiderte: ‚Ich will kommen und ihn heilen.‘ [Genauer wäre: „Soll ich (etwa) kommen, um ihn zu heilen?!“ wie es auch die Gute Nachricht Bibel und die Bibel in gerechter Sprache übersetzen, da diese Übersetzungen die Verwunderung über die Frage passender wiedergeben.] ‚Herr‘, sagte daraufhin der Hauptmann, ‚ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst; doch sprich nur ein Wort, und mein Diener wird gesund. Ich unterstehe ja selbst dem Befehl eines anderen und habe meinerseits Soldaten unter mir. Wenn ich zu einem von ihnen sage: ›Geh!‹, dann geht er, und wenn ich zu einem sage: ›Komm!‹, dann kommt er; und wenn ich zu meinem Diener sage: ›Tu das und das!‹, dann tut er es.‘ Diese Antwort erstaunte Jesus, und er sagte zu denen, die ihm folgten: ‚Ich versichere euch: In ganz Israel habe ich bei keinem solch einen Glauben gefunden. Ja, ich sage euch: Viele werden von Osten und Westen kommen und sich mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch setzen. Aber die Bürger des Reiches werden in die Finsternis hinausgeworfen, dorthin, wo es nichts gibt als lautes Jammern und angstvolles Zittern und Beben.‘ Hierauf wandte sich Jesus zu dem Hauptmann und sagte: ‚Du kannst nach Hause gehen. Was du geglaubt hast, soll geschehen.‘ Und zur gleichen Zeit wurde der Diener gesund“ (Neue Genfer Übersetzung: Neues Testament mit Psalmen, 2011).

In der Auslegungstradition wird darauf hingewiesen, dass es sich bei der oben zitierten Heilungsgeschichte nicht um eine Wundererzählung im engeren Sinne handeln würde, sondern eher um eine Ansammlung treffend formulierte Aussprüche oder Denksprüche (Apophthegmata).
Aus kerygmatischer Perspektive wird die Betonung auf den Glauben des Hauptmannes gelegt und hervorgehoben, wie durch das unbegrenzte Vertrauen zu dem Wort Jesu die wahre Gotteskindschaft zustande kommt. Die Erfüllung der Bitte gibt uns heute Mut für die eigenen Bitten und zum eigenen Glauben.

Neben dem Glauben kommt es aber auch auf das tatsächliche Handeln an: „Der bittende Hauptmann hat sich Jesus unterstellt und sich für einen Geliebten erniedrigt und es ist dieses Vorgehen, das Jesus anerkennt“ (Zimmermann, Ruben (Hg), Kompendium der frühchristlichen Wundererzählungen. Bd I: Die Wunder Jesu, 2013, 393-401).


Johann Sebastian Bach (1685-1750): "Was mein Gott will, das g'scheh allzeit." Eingangschor der Kantate am 3. Sonntag nach Epiphanias (BWV 111).

Sonntag, 12. Januar 2014

Kommentar zu den LG vom 19.01.2014

Die Leitgedanken für die Predigt haben die Überschrift:Jesus – unser Lehrer.“
Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist Joh 3, 2: „Meister, wir wissen, du bist ein Lehrer, von Gott gekommen; denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm.“
Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Jesus Christus ist unser Lehrer. Auf ihn wollen wir hören.“
Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: “Nach dem Bericht des Johannesevangeliums zieht Jesus nach dem Weinwunder zu Kana nach Jerusalem zum Passafest. Dort sucht ihn nachts der Pharisäer Nikodemus auf. Nikodemus redet Jesus mit dem Ehrentitel Rabbi an und weiß, dass Jesus von Gott gekommen ist. Jesus spricht zu Nikodemus über die Wiedergeburt aus Wasser und Geist (Joh 3, 3.5) und von seiner Sendung von Gott her (Joh 3, 16). Daraufhin zieht Jesus weiter nach Judäa und Samaria (Joh 4).“
Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
  • "Gott lehrt den Weg des Lebens. Der größte Lehrer ist Jesus Christus.
  • Seine Lehre kommt von Gott. Auch heute lehrt uns Jesus Christus, nämlich durch den Heiligen Geist“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Das Bibelzitat ist der Beginn des 3. Kapitels aus dem Johannesevangelium. Es handelt sich um
Joh 3, 1-8: „Jesus und Nikodemus: Die Notwendigkeit, von neuem geboren zu werden:
Einer der führenden Männer des jüdischen Volkes, ein Pharisäer namens Nikodemus, suchte Jesus einmal bei Nacht auf. »Rabbi«, sagte er zu ihm, »wir wissen, dass du ein Lehrer bist, den Gott gesandt hat. Denn niemand kann solche Wunder tun wie du, wenn Gott nicht mit ihm ist.« Jesus entgegnete: »Ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem [von oben her neu] geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.« – »Wie kann ein Mensch, wenn er alt geworden ist, noch einmal geboren werden?«, wandte Nikodemus ein. »Er kann doch nicht in den Leib seiner Mutter zurückkehren und ein zweites Mal auf die Welt kommen!« Jesus erwiderte: »Ich sage dir eins: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht ins Reich Gottes hineinkommen. Natürliches Leben bringt natürliches Leben hervor; geistliches Leben wird aus dem Geist geboren. Darum sei nicht erstaunt, wenn ich dir sage: Ihr müsst von neuem geboren werden. Der Wind weht, wo er will. Du hörst zwar sein Rauschen, aber woher er kommt und wohin er geht, weißt du nicht. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist« (zitiert aus: Neue Genfer Übersetzung: Neues Testament mit Psalmen, 2011).

Nikodemus hat also begriffen, dass Jesu Aussage aus V.3 einen in seiner Radikalität nicht mehr zu überbietenden Neuanfang meint. Aber er schiebt solchen Neuanfang ins Illusionäre, in den Bereich der religiösen Träumerei. Die Annahme einer Art „Reboot“ der bisherigen Lebensgeschichte ist eben nicht realistisch. Dem setzt Jesus die Wirklichkeit Gottes entgegen.
Der Schwerpunkt der Antwort Jesu im Joh liegt auf dem Wort „Geist.“ „Geist“ bezeichnet im Joh die Wirklichkeit Gottes im Gegensatz zum „Fleisch“ als die Wirklichkeit der Welt.
Es geht also um die Wirklichkeit Gottes, der (Gott) sich in der Fleischwerdung des Wortes, im Auftreten Jesu, gerade irdisch manifestiert hat. Wenn aber Gottes andere Wirklichkeit irdisch auf den Plan tritt, dann kann das nur so geschehen, dass sich die irdische Wirklichkeit ändert.
Das benutzte griechische Wort „ánothen“ beinhaltet die Aspekte: „von neuem“ und „von oben“ („vom Himmel her“). 
Im weiteren Verlauf des Evangeliums (V.8) spielt Johannes mit der Doppelbedeutung des Wortes „Wind“, um den Geist weiter zu charakterisieren. Das griechische Wort „pneúma“ und das hebräische Wort „rúach“ bedeuten „Wind“ und „Geist.“
Nicht nur der Wind weht, wo er will, sondern auch der Geist. Er, Gottes Geist, ist souverän. Sein Wirken kann von Menschen nicht festgelegt werden – auch nicht durch die Taufe oder die sogen. „Versiegelung“ (vergl. im Gegensatz dazu: NAKI (Hg): Katechismus der NAK, 2013, Teil 8 „Die Sakramente“, 311ff und das Glaubensbekenntnis der NAK).
Mit der Erwähnung des Wassers, und damit der Taufe, bringt Johannes schließlich auch den konkreten irdischen Ort, an dem die Geburt aus dem Geist geschieht, ins Spiel. Dieser Ort ist die Gemeinde (vergl. Wengst, Theologischer Kommentar zum Neuen Testament: Das Johannes Evangelium Bd I, 2001, 123-136; siehe dazu weiter: Zimmermann (Hg), Kompendium der Gleichnisse Jesu, 2007, 719-730).

Am 19.01.2014 feiern wir den 2. Sonntag nach Epiphanias -Der Freudenmeister- und hören die Geschichte von der Hochzeit zu Kana (Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 32).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist der Ps 143: „Bitte um Verschonung und Leitung (Der siebente Bußpsalm)
‚Ein Psalm Davids.‘ HERR, erhöre mein Gebet, / vernimm mein Flehen um deiner Treue willen, erhöre mich um deiner Gerechtigkeit willen, und geh nicht ins Gericht mit deinem Knecht; denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht. Denn der Feind verfolgt meine Seele und schlägt mein Leben zu Boden, er legt mich ins Finstere wie die, die lange schon tot sind. Und mein Geist ist in Ängsten, mein Herz ist erstarrt in meinem Leibe. Ich denke an die früheren Zeiten; / ich sinne nach über all deine Taten und spreche von den Werken deiner Hände. Ich breite meine Hände aus zu dir, meine Seele dürstet nach dir wie ein dürres Land. "SELA". HERR, erhöre mich bald, mein Geist vergeht; verbirg dein Antlitz nicht vor mir, dass ich nicht gleich werde denen, die in die Grube fahren. Lass mich am Morgen hören deine Gnade; denn ich hoffe auf dich. Tu mir kund den Weg, den ich gehen soll; denn mich verlangt nach dir. Errette mich, mein Gott, von meinen Feinden; zu dir nehme ich meine Zuflucht. Lehre mich tun nach deinem Wohlgefallen, / denn du bist mein Gott; dein guter Geist führe mich auf ebner Bahn. HERR, erquicke mich um deines Namens willen; führe mich aus der Not um deiner Gerechtigkeit willen, und vernichte meine Feinde um deiner Güte willen und bringe alle um, die mich bedrängen; denn ich bin dein Knecht“ (zitiert aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers, 1985).

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Joh 2, 1-11: "Die Hochzeit in Kana
Zwei Tage später fand in Kana, einer Ortschaft in Galiläa, eine Hochzeit statt. Die Mutter Jesu nahm daran teil, und Jesus selbst und seine Jünger waren ebenfalls unter den Gästen. Während des Festes ging der Wein aus. Da sagte die Mutter Jesu zu ihrem Sohn: »Sie haben keinen Wein mehr!« Jesus erwiderte: »Ist es deine Sache, liebe Frau, mir zu sagen, was ich zu tun habe? Meine Zeit ist noch nicht gekommen.« Da wandte sich seine Mutter zu den Dienern und sagte: »Tut, was immer er euch befiehlt!« In der Nähe standen sechs steinerne Wasserkrüge, wie sie die Juden für die vorgeschriebenen Waschungen benutzen. Die Krüge fassten jeder zwischen achtzig und hundertzwanzig Liter. Jesus befahl den Dienern: »Füllt die Krüge mit Wasser!« Sie füllten sie bis zum Rand. Dann sagte er zu ihnen: »Tut etwas davon in ein Gefäß und bringt es dem, der für das Festessen verantwortlich ist.« Sie brachten dem Mann ein wenig von dem Wasser, und er kostete davon; es war zu Wein geworden. Er konnte sich nicht erklären, woher dieser Wein kam; nur die Diener, die das Wasser gebracht hatten, wussten es. Er rief den Bräutigam und sagte zu ihm: »Jeder andere bietet seinen Gästen zuerst den besseren Wein an, und wenn sie dann reichlich getrunken haben, den weniger guten. Du aber hast den besseren Wein bis zum Schluss zurückbehalten!« Durch das, was Jesus in Kana in Galiläa tat, bewies er zum ersten Mal seine Macht. Er offenbarte mit diesem Wunder seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn. Danach ging Jesus mit seiner Mutter, seinen Brüdern und seinen Jüngern nach Kafarnaum hinab. Dort blieben sie einige Tage (Neue Genfer Übersetzung: Neues Testament mit Psalmen, 2011).

Die Auslegungsgeschichte zu dieser frühchristlichen Wundererzählung differieren bis hin zu der Deutung, dass die Hochzeit zu Kana Jesu eigene Hochzeit gewesen sei, auf der er Maria Magdalena geheiratet habe. Z. B. ist diese Deutung die Grundidee in Dan Browns Roman "Sakrileg" (Original: "The Da Vinvi Code") von 2003.
"Die Deutungen sind stark abhängig vom jeweiligen Gesamtverständnis des gesamten Johannesevangeliums. (…) Einig sind sich die Exegeten nämlich darin, dass in der Kanaerzählung übergreifende Züge des Wirkens Jesu in konzentrierter Form, sozusagen paradigmatisch, schon zu Beginn seiner Wirksamkeit dargestellt werden: Mithin ist hier gleichsam eine Verdichtung des Gesamtevangeliums zu finden“ (Zimmermann (Hg), Kompendium der frühchristlichen Wundererzählungen. Bd I: Die Wunder Jesu, 2013, 669ff).

Hier nun 2 bildliche Interpretationen der Hochzeit zu Kana:



Schneidereit, Ingeborg: Die Hochzeit zu Kana (1993)


Paolo Veronese (1528-1588): Hochzeit zu Kana


Samstag, 11. Januar 2014

Kommentar zu den LG vom 12.01.2014

Die Leitgedanken für die Predigt haben die Überschrift: "Gott ist mit uns!"
Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist: Mk 6, 50.51: „Sogleich redete er mit ihnen und sprach zu ihnen: Seid getrost, ich bin‘s; fürchtet euch nicht!, und trat zu ihnen ins Boot, und der Wind legte sich.“
Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wir brauchen nicht zu verzagen der Herr ist mit uns!"
Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: “Während die Jünger über den See fahren, betet Jesus. Er sieht zugleich, dass das Boot wegen der Gegenwinde nicht vorankommt (Vers 48), geht zu den Jüngern über den See und spricht: ‚Fürchtet euch nicht!‘ Das ist eine kennzeichnende Formel für Jesus (Mt 28,5; Lk 1,13.30), womit er sich den Jüngern zu erkennen gibt. Die meinten, eine unwirkliche Erscheinung zu haben oder ein Gespenst zu sehen. Das Wunder, das hier beschrieben wird, gehört zu den ‚Naturwundern‘ (vgl. KNK 3.4.8.5).“
Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
"Es wird nicht ausbleiben, dass wir uns auf dem Weg zu unserem Glaubensziel hin und wieder plagen müssen. Aber der Herr ist mit uns. Wir wollen
  • auch in Traurigkeit und Verzagtheit die Nähe Gottes wahrnehmen
  • in allen Verhältnissen auf den Zuspruch des Herrn achten
  • dafür Sorge tragen, dass der Herr in unser Leben treten kann“ (alle Zitate aus den o. g. LG).
(…) Selbst die Jünger als ständige Begleiter und engste Vertraute Jesu haben große Mühe, seine (Jesu) Bedeutung zu begreifen oder im Vertrauen auf Gott zuversichtlich zu sein. Nach Markus fällt es den Jüngern also sogar unter den denkbar besten Bedingungen schwer, gläubig zu sein. Er kann sogar bei Jesu engstem Vertrauten, Petrus, in Unglauben umschlagen. „Berücksichtigt man dies, lassen sich Jüngerunverständnis und –unglaube zugleich als Trost und Mahnung begreifen.
Einerseits der Trost: Wenn schon unter der Bedingung der Gegenwart Jesu seinen Jüngern das Glauben nicht immer gelungen ist, gilt dies dann nicht umso mehr für jene, die unter den Bedingungen seiner Ferne glauben müssen? Werden nicht auch sie sich auf die Vergebungsbereitschaft Jesu verlassen dürfen?
Andererseits die Mahnung: Wenn sogar Jesu Vertrauter unter besten Glaubensbedingungen gestrauchelt ist, um wie viel mehr wird dann der Glaubende unter nicht idealen Bedingungen gefährdet sein“ (Zimmermann, Ruben (Hg; 2013), Kompendium der frühchristlichen Wundererzählungen. Bd I: Die Wunder Jesu, 311)!

Am 12.01.2014 feiern wir den 1. Sonntag nach Epiphanias – Die Taufe Jesu.
„Angesichts der Gestalt Johannes des Täufers sind wir gehalten, uns selbst in den Dienst Jesu zu stellen mit den Gaben, die Gott uns gegeben hat“ (aus: Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 32).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist der Ps 96: „Schöpfer und Richter aller Welt
Singet dem HERRN ein neues Lied; singet dem HERRN, alle Welt! Singet dem HERRN und lobet seinen Namen, verkündet von Tag zu Tag sein Heil! Erzählet unter den Heiden von seiner Herrlichkeit, unter allen Völkern von seinen Wundern! Denn der HERR ist groß und hoch zu loben, mehr zu fürchten als alle Götter. Denn alle Götter der Völker sind Götzen; aber der HERR hat den Himmel gemacht. Hoheit und Pracht sind vor ihm, Macht und Herrlichkeit in seinem Heiligtum. Ihr Völker, bringet dar dem HERRN, bringet dar dem HERRN Ehre und Macht! Bringet dar dem HERRN die Ehre seines Namens, bringet Geschenke und kommt in seine Vorhöfe! Betet an den HERRN in heiligem Schmuck; es fürchte ihn alle Welt! Sagt unter den Heiden: Der HERR ist König. Er hat den Erdkreis gegründet, dass er nicht wankt. Er richtet die Völker recht. Der Himmel freue sich, und die Erde sei fröhlich, das Meer brause und was darinnen ist; das Feld sei fröhlich und alles, was darauf ist; es sollen jauchzen alle Bäume im Walde vor dem HERRN; denn er kommt, denn er kommt, zu richten das Erdreich. Er wird den Erdkreis richten mit Gerechtigkeit und die Völker mit seiner Wahrheit“ (Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers, 1985).


Hugo Distler (1908-1942): "Singet dem Herrn ein neues Lied"
Kölner Kantorei unter Volker Hempfling; Veröffentlicht am 12.07.2012

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Mt 3, 13-17: "Die Taufe Jesu:
Zu dieser Zeit kam Jesus von Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen. Johannes aber wollte es nicht zulassen und sagte zu ihm: Ich müsste von dir getauft werden, und du kommst zu mir? Jesus antwortete ihm: Lass es nur zu! Denn nur so können wir die Gerechtigkeit (die Gott fordert) ganz erfüllen. Da gab Johannes nach. Kaum war Jesus getauft und aus dem Wasser gestiegen, da öffnete sich der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe“ (Die Bibel - Einheitsübersetzung, 1980).

Johannes vollzog die Taufe im Wasser des Jordan, sie war mit einem Sündenbekenntnis und mit der Umkehr (Buße) verbunden und geschah als Zeichen der Umkehr; alles zusammen geschah zur Vergebung der Sünden.
Christliches Verständnis ist, dass Jesus sich zwar dieser sogen. Johannestaufe unterzogen habe, was aber nicht heiße, dass er selber Sünder gewesen wäre und die Buße nötig gehabt hätte (vergl. Elberfelder Bibel mit Erklärungen, 3. Aufl., 2010).

In dieser kurzen Episode treten der Vater, der Sohn und der Heilige Geist auf – die drei Erscheinungsformen Gottes (zur Trinitätslehre vergl. Schneider, Theodor (Hg), Handbuch der Dogmatik Bd II, 2002).
Der Vater bekennt sich zum Sohn und zum Zeichen öffnet sich der Himmel und der Geist kommt herab „wie eine Taube.“ Die Taube symbolisiert Unschuld, Sanftmut und Frieden und sie überbringt die Gute Nachricht (das Evangelium).

Das Johannesevangelium nimmt dieses Unschuldssymbol wieder auf und stellt Jesus in der Parallelstelle als „Lamm Gottes“ (Joh 1, 29) und den gekommenen Messias vor. Jesus begibt er sich als Mensch unter die Taufe. Er ist sich also seiner Menschlichkeit (und damit seiner Sündhaftigkeit?) bewusst. „Die Menschwerdung des Gottessohnes ist der Beginn der Menschwerdung des Menschen: Gott wird der Mensch, der uns menschlicher macht“ (439. Zur Zwei-Naturen-Lehre und damit zur Christologie vergl. Schneider, Theodor (Hg), Handbuch der Dogmatik Bd I, 2002).
Gleichzeitig nimmt Matthäus mit dieser kurzen Episode Jesu gesamte Lehre vorweg (vergl. Mt 20, 28) und weist bereits auf sein Leiden hin (vergl. Joh 13, 1-20 „Die Fußwaschung“).

Montag, 6. Januar 2014

Epiphanias – das Fest der Erscheinung des Herrn

Der Tag „Epiphanias“ wird in der NAK nicht als eigener Fest- und Feiertag begangen. Demzufolge finden auch keine Gottesdienste statt und somit werden zu diesem Tag auch keine theologischen Handreichungen für den Gottesdienst („Leitgedanken“) formuliert.

Am 06.01.2014 feiern wir den Tag „Epiphanias“ – das Fest der Erscheinung des Herrn. Er trägt den Untertitel: Die Herrlichkeit Christi.
Es ist das erste Fest der Kirche, das kalendarisch festgelegt war. Vermutlich entstand es um 300 n. Chr. im Osten und bekam die Inhalte: Geburt Jesu, Taufe Jesu, Weinwunder zu Kana und die Verklärung Jesu. Im Westen verlagerte sich der Schwerpunkt des Fests im Laufe der Zeit auf die drei Weisen aus dem Morgenland. Das Fest ist bis heute natürlich nicht das Fest der Heiligen Drei Könige, sondern das Fest des Kindes in der Krippe, das der Heiland der Welt ist. „Epiphanie“ bedeutet „Erscheinung“, und am 6.1. sowie in der darauffolgenden Zeit wird besonders der Aspekt der Erscheinung Gottes im Fleisch, der Herrlichkeit Gottes, wie sie uns im Leben und Wirken Jesu offenbart wurde, betont.

Die 6 folgenden Sonntage nach dem Tag „Epiphanias“ haben diese inhaltlichen Schwerpunkte: Die Taufe Jesu – Der Freudenmeister – Der Heiden Heiland – Der Herr der Naturmächte – Der Herr der Geschichte – Die Verklärung (vergl. Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 30).

Am Epiphanias-Fest hören wir die Lesung aus dem Evangelium von dem „Besuch der Sterndeuter“ (Mt 2, 1-12):
Jesus wurde zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem, ´einer Stadt` in Judäa, geboren. Bald darauf kamen Sterndeuter aus ´einem Land im` Osten nach Jerusalem. »Wo ist der König der Juden, der kürzlich geboren wurde?«, fragten sie. »Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm Ehre zu erweisen.« Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem. Er rief alle führenden Priester und alle Schriftgelehrten des jüdischen Volkes zusammen und erkundigte sich bei ihnen, wo der Messias geboren werden sollte. »In Betlehem in Judäa«, antworteten sie, »denn so ist es in der Schrift durch den Propheten vorausgesagt: ›Und du, Betlehem im Land Juda, du bist keineswegs die unbedeutendste unter den Städten Judas; denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der mein Volk Israel führen wird wie ein Hirte seine Herde.‹« Da rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich und ließ sich von ihnen den genauen Zeitpunkt angeben, an dem der Stern zum ersten Mal erschienen war. Daraufhin schickte er sie nach Betlehem. »Geht und erkundigt euch genau nach dem Kind«, sagte er, »und gebt mir Bescheid, sobald ihr es gefunden habt. Dann kann auch ich hingehen und ihm Ehre erweisen.« Mit diesen Anweisungen des Königs6 machten sie sich auf den Weg. Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her, bis er schließlich über dem Ort stehen blieb, wo das Kind war. Als sie den Stern sahen, waren sie überglücklich. Sie gingen in das Haus und fanden dort das Kind und seine Mutter Maria. Da warfen sie sich vor ihm nieder und erwiesen ihm Ehre. Dann holten sie die Schätze hervor, die sie mitgebracht hatten, und gaben sie ihm: Gold, Weihrauch und Myrrhe. In einem Traum erhielten sie daraufhin die Weisung, nicht zu Herodes zurückzukehren. Deshalb reisten sie auf einem anderen Weg wieder in ihr Land“ (zitiert aus: Neue Genfer Übersetzung: Neues Testament mit Psalmen, 2011).

Epiphanie bedeutet also: „Und die Weisheit [der Logos] wurde Materie [Fleisch, sarx] und wohnte unter uns“ (Joh 1, 14; zitiert aus: Bibel in gerechter Sprache, 2. Aufl., 2006).

Gott wurde zum Menschen, um bei den Menschen Eingang zu finden, um Zugang zu uns zu finden. Mit der Menschwerdung findet etwas wirklich Neues statt. Nicht die Inkarnation an sich ist das Ziel, „sondern deren seteriologische Folge und Wirkung: der Heilsempfang der Gläubigen. Anteil an der Fülle des Logos bekommen können die Gläubigen aber nur, wenn der Logos durch die Inkarnation seine Göttlichkeit nicht verliert, sondern sie in seiner Fleischwerdung, seiner Körperlichkeit, seiner Kreatürlichkeit bewahrt. Der Logos nahm ein konkretes Mensch-sein an (…): Gott verbindet sich direkt mit einem irdischen Menschen. Eine reale Inkarnation widerspricht hellenistischem Denken ebenso wie jüdischem Weisheitsdenken: Die Weisheit inkarniert sich nicht in einem bestimmten Menschen, sie bleibt geschieden von denen, die sie zu Weisen macht. In der Geburt Jesu aber wird die Menschwerdung des göttlichen Logos behauptet: er identifiziert sich unlösbar mit dem konkreten geschichtlichen Menschen. Präexistent ist nicht Jesus, sondern der Logos, der auch sonst in der Schöpfung und Menschheitsgeschichte wirkt, und Jesus ist nicht der Logos als solcher, sondern der fleischgewordene Logos“ (vergl. Schneider (Hg), 2006, Handbuch der Dogmatik I, 315f).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist der Ps 72 "Ein Gebet für den König des Friedens:
Von Salomo. Gott, gib dem König Vollmacht, in deinem Namen Recht zu sprechen, ermögliche es ihm, dem Königssohn, Gerechtigkeit in deinem Sinne auszuüben! Er regiere als gerechter Herrscher über dein Volk und lasse die Armen und Unterdrückten zu ihrem Recht kommen. Möge der Friede sich über das Volk ausbreiten und selbst die Berge bedecken, mögen die Hügel des Landes bekleidet sein mit Gerechtigkeit!
Der König schaffe Recht den Armen und Gebeugten im Land, er rette die Kinder der Bedürftigen und zerschmettere ihre Unterdrücker. Möge dir Ehrfurcht entgegengebracht werden, solange die Sonne scheint und der Mond für uns leuchtet, jetzt und in allen künftigen Generationen! Der König sei für unser Land so wohltuend wie Regen, der auf frisch gemähte Wiesen niederfällt, wie lang ersehnte Schauer, die dem Erdboden Wasser geben! In seinen Tagen sollen alle aufblühen, die nach Gottes Willen leben. Friede in Fülle breite sich solange aus, bis der Mond nicht mehr leuchtet. Der König herrsche über alle Länder von einem Meer zum anderen, vom Euphratstrom bis zu den fernsten Winkeln der Erde. Vor ihm werden die Bewohner der Steppengebiete niederknien, und alle seine Feinde werden im Staub liegen.
Die Könige von Tarsis und von allen Inseln werden Geschenke bringen, die Herrscher von Saba und Seba ihren Tribut entrichten. Alle Könige werden sich vor ihm niederwerfen, alle Völker ihm dienen. Denn er wird zum Retter für die Bedürftigen, die um Hilfe rufen, für Menschen, die leiden und keinen Beistand haben. Er wird sich über Schwache und Bedürftige erbarmen und zum Lebensretter werden für Menschen in Not.
Aus Unterdrückung und Gewalt wird er sie erlösen, denn ihr Leben ist kostbar in seinen Augen. Lang lebe der König! Möge er beschenkt werden mit feinstem Gold aus Saba, möge man beständig für ihn beten und ihn segnen allezeit!
Getreide wachse im Land in Hülle und Fülle, dass es woge selbst auf den Gipfeln der Berge, so üppig wie der Wald des Libanon. Möge es Städte voller Leben geben, blühend wie fruchtbare Wiesen! Der Name des Königs sei für immer bekannt, sein Ruhm bleibe bestehen, solange es die Sonne gibt. Mögen alle Menschen sich auf seinen Namen berufen, wenn sie sich Segen wünschen! Ja, alle Völker sollen ihn glücklich preisen! Amen! Ja, Amen! Gepriesen sei Gott, der Herr, der Gott Israels, er vollbringt Wunder – er allein!
Gepriesen sei sein herrlicher Name in alle Ewigkeit, seine Herrlichkeit erfülle die ganze Erde!
Hier enden die Gebete Davids, des Sohnes von Isai“ (aus: Neue Genfer Übersetzung: Neues Testament mit Psalmen, 2011).

Ich stelle mir vor, wie die Eltern, die Hirten und die Weisen gemeinsam dieses Lied an der Krippe singen.

 

Veröffentlicht am 08.01.2013

Meer klassiek op http://klassiek.avro.nl

Johann Sebastian Bach (1685-1750): Kantate "Am Fest der Erscheinung" (Teil VI aus dem Weihnachtsoratorium BWV 248 "Herr, wenn die stolzen Feinde toben")

Het Combattimento Consort Amsterdam o.l.v. Jan Willem de Vriend
m.m.v. Cappella Amsterdam
Andreas Weller, Evangelist
Lenneke Ruiten, Sopraan
Cécile van de Sant, Alt
Alberto ter Doest, Tenor
Panajotis Iconomou, Bas

Opgenomen vrijdag 21 december 2012 om 19.30 in de Grote Kerk in Naarden.

Donnerstag, 2. Januar 2014

Kommentar zu den LG vom 05.01.2014

Die Leitgedanken für die Predigt haben die Überschrift: "Das Gute teilen"

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist: Jes 40, 9: „Jerusalem, du Freudenbotin, erhebe deine Stimme mit Macht; erhebe sie und fürchte dich nicht! Sage den Städten Judas: Siehe, da ist euer Gott."

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wir wollen Gott rühmen, indem wir das Gute mit anderen teilen."

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: “Die hebräischen Ortsnamen sind weiblich, insofern wird die Stadt Jerusalem als ‚Freudenbotin‘ bezeichnet, die die gute Nachricht an die anderen Orte in Juda weitergibt. Jerusalem wird aufgefordert, mutig das heilbringende Wort zu verkündigen. Das Thema ‚Erscheinung des Herrn‘ verweist auch auf das Erscheinungsfest (Epiphanias), das die Christen am 6. Januar begehen und das die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus noch einmal besonders hervorhebt.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
"Wir rühmen Gott, indem wir
  • seine Gnade ergreifen und sie allen Menschen zugestehen;
  • seinen Frieden suchen, um ihn in unserem Umfeld zu stiften;
  • seine Liebe am Altar Gottes erfahren, um der Lieblosigkeit unserer Zeit mutig entgegenzutreten;
  • die Freude auf die Wiederkunft Christi mit anderen teilen;
  • dem Wirken des Heiligen Geistes immer genügend Raum geben, um das Gute zu erkennen“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Das 40. Kapitel des Buches „Der Prophet Jesaja“ trägt in der „Elberfelder Bibel“ die Überschrift „Botschaft des Herrn von der Erlösung.“ „In Jes 40-66 geht es (…) um einen Ausdruck für Nähe und eine enge Beziehung zu Gott. Gott ist die Macht über das Leben, die Trost und Heil schaffen kann, die sich auf die Seite der Armen und Elenden stellt. (…) Gott tritt nicht nur in ‚männlichen‘, sondern auch in ‚weiblichen‘ Rollen auf: (…)“ (aus: Bibel in gerechter Sprache, 2006).

Am 05.01.2014 feiern wir den 2. Sonntag nach Weihnachten: „Es ist uns unverständlich, wie Gott, der doch das ganze All umschließt, Mensch sein kann wie wir. Darum denken wir heute darüber nach, was die Gottessohnschaft Jesu eigentlich bedeutet, und wir versuchen, etwas von dem Unbegreiflichen zu verstehen, von der Größe, die in diesem Menschen Jesus von Nazareth wirkt“ (aus: Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 29).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist der Ps 138, 2-5: Er trägt die Überschrift: Dankbare Gewissheit

Ich werfe mich nieder vor deinem Heiligtum, um dir zu danken, Herr, für deine Güte und deine Treue. Du hast dein Versprechen erfüllt, ja, du hast noch viel mehr getan, als wir von dir erwartet hatten! Du hast mich erhört, als ich zu dir schrie; du ermutigst mich zu den kühnsten Wünschen. Herr, alle Herrscher der Erde sollen dich preisen, denn sie haben deine Zusagen gehört. Sie sollen dein Tun besingen und sagen: ‚Gewaltig ist die Macht des Herrn! Er thront dort in höchster Höhe, und trotzdem sieht er die Niedrigen und kümmert sich um sie.‘ Wenn ich mitten durch Gefahren gehen muss, erhältst du mich am Leben. Du nimmst mich in Schutz vor der Wut meiner Feinde, deine mächtige Hand wird mir helfen. Herr, du wirst alles für mich tun, deine Liebe hört niemals auf! Vollende, was du angefangen hast“ (aus: Die Gute Nachricht. Die Bibel in heutigem Deutsch, 1982)!

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Lk 2, 41-52: "Der zwölfjährige Jesus im Tempel:

Jesu Eltern zogen jedes Jahr zum Passafest nach Jerusalem hinauf. Als Jesus zwölf Jahre alt war, nahmen sie den Jungen mit und gingen wieder dorthin, wie es der Sitte entsprach. Doch als sie sich nach den Festtagen auf den Heimweg machten, blieb Jesus in Jerusalem, ohne dass seine Eltern etwas davon wussten. Sie dachten, er sei irgendwo in der Pilgerschar. Erst nachdem sie eine Tagereise zurückgelegt hatten, fingen sie an, unter Verwandten und Bekannten nach ihm zu suchen. Als sie ihn nicht fanden, kehrten sie nach Jerusalem zurück, um ihn dort zu suchen. Endlich, nach drei Tagen, fanden sie ihn im Tempel; er saß mitten unter den Gesetzeslehrern, hörte ihnen zu und stellte Fragen. Alle, die dabei waren, staunten über die Klugheit seiner Antworten. Seine Eltern waren völlig überrascht, ihn hier zu sehen. ‚Kind‘, sagte seine Mutter zu ihm, ‚wie konntest du uns das antun? Dein Vater und ich haben dich verzweifelt gesucht.‘ Jesus erwiderte: ‚Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich im Haus meines Vaters sein muss?‘ Doch sie verstanden nicht, was er damit meinte. Jesus kehrte mit seinen Eltern nach Nazaret zurück und war ihnen gehorsam. Seine Mutter behielt alle diese Dinge im Gedächtnis“ (aus: Neue Genfer Übersetzung: Neues Testament mit Psalmen, 2011).

Mit 12 resp. 13 Jahren war ein Junge „ein Sohn des Pflicht (Bar Mizwa)“ und damit religionsmündig. Nach wie vor achtete der Junge aber das Gebot der Elternehrung.
Es wird aber erneut deutlich, dass es Lukas nicht ausschließlich um historische Tatsachen geht, sondern vor allem darum, (zahlen- ) symbolisch zu verdeutlichen, dass Jesus der gekommene Messias aller 12 Stämme Israels ist. Auch die 3-tägige Suche der Eltern nach dem Kind nimmt die Zeit zwischen der Kreuzigung und der Auferstehung vorweg.

„Bar Mitzwa oder Bar Mizwa (hebräisch: בר מצוה, Sohn der Pflicht), für Mädchen Bat Mitzwa oder Bat Mizwa (hebräisch: בת מצוה, Tochter der Pflicht) bezeichnet im Judentum die religiöse Mündigkeit. Knaben erreichen sie im Alter von dreizehn Jahren, Mädchen im Alter von zwölf Jahren. Bar und Bat Mitzwa bezeichnet sowohl den Status als auch den Tag und die Feier, an dem die Religionsmündigkeit eintritt. Grundlage ist die rechtliche Regelung gemäß dem jüdischen Recht über den Zeitpunkt, ab dem ein Junge für die Beachtung und Einhaltung der jüdischen Gebote (Mitzwot, Einzahl Mitzwa) verantwortlich ist. Dieser Übergangsritus geht mit der physiologischen Pubertät einher. Der Bar Mitzwa oder die Bat Mitzwa darf bzw. muss von da an alle religiösen Aufgaben erfüllen, etwa in der Synagoge aus der Tora vorlesen. Dazu gehört auch das Anlegen von Tefillin, d. h. Lederkapseln, die Tora-Stellen auf Pergament enthalten und mit Lederriemen an Hand und Kopf befestigt werden.

Es hat sich die Tradition entwickelt, dass die Jugendlichen auf diesen Tag hin lernen, den hebräischen (nicht vokalisierten) Tora-Abschnitt und die Haftara, die Lesung aus den Prophetenbüchern vorzutragen. Dieser ‚erste Tora-Aufruf‘, in der Regel Maftir, der Abschnitt dessen, der auch die Haftara liest, wird feierlich begangen und der Junge oder das Mädchen wird an diesem Festtag in die Gemeinde aufgenommen, in der Regel am Schabbat nach dem 13. Geburtstag der männlichen bzw. nach dem 12. Geburtstag der weiblichen Jugendlichen, und erstmals voll in den Gottesdienst mit einbezogen“ (zitiert aus: Wikipedia – die freie Enzyklopädie. Download am 2.1.14).

Jesus selbst sagte: „Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz [die Tora] und die Weisungen der Propheten [die prophetischen Schriften] außer Kraft zu setzen! Ich bin nicht gekommen, sie außer Kraft zu setzten, sondern sie zu erfüllen und ihnen volle Geltung zu verschaffen“ (Mt 5, 17; aus: Die Gute Nachricht. Die Bibel in heutigem Deutsch, 1982).