Dienstag, 29. März 2016

Quasimodogeniti; mit einem Kommentar zu den Leitgedanken der NAK vom 03. April 2016

Michelangelo Merisi da Caravaggio. Der ungläubige Thomas (1602)

Die neue Geburt (Der Osterzweifel)


„Der Name des Sonntags Quasimodogeniti leitet sich vom Beginn der früheren lateinischen Antiphon ab: Quasi modo geniti infantes, Halleluja, rationabile, sine dolo lac concupiscite. (Wie die neugeborenen Kindlein seid begierig nach der vernünftigen, lauteren Milch; 1. Petr 2, 2). Der Sonntag Quasimodogeniti erinnert uns an die neue Geburt, die wir "durch Wasser und Geist" erfahren, d. h. den Anfang eines neuen Lebens in Christus, nach unserer physischen Geburt. Die Evangelien erzählen weiter von dem Geschehen nach Ostern“ (www.daskirchenjahr.de).

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir Psalm 122:
Wünscht Jerusalem Frieden und Glück!
Wie sehr habe ich mich gefreut, als andere zu mir sagten:»Lasst uns zum Haus des Herrn pilgern!« Und dann standen wir in deinen Toren, Jerusalem. Jerusalem, wie beeindruckend bist du erbaut – eine Stadt, in der Haus an Haus fest errichtet steht! Dort hinauf zogen schon immer die Stämme ´Israels`,die Stämme des Herrn. Es ist eine feste Ordnung für Israel, dort den Namen des Herrn zu preisen. Denn dort ist auch der Sitz des obersten Gerichts, der Thron des Königshauses Davids Wünscht Jerusalem Frieden! Friede und Glück komme über alle, die dich, Jerusalem, lieben! Ja, Friede herrsche innerhalb deiner Stadtmauern, Ruhe und Glück in deinen Palastanlagen. Wegen meiner Brüder und Freunde ´dort`will ich dir Frieden zusprechen. Weil in dir das Haus des Herrn, unseres Gottes, steht, will ich nur das Beste für dich suchen! (NGÜ)

Die Evangeliumslesung für den heutigen Sonntag steht in Joh 20, 19-29:
Jesus zeigt sich seinen Jüngern
Es war Abend geworden an jenem Sonntag. Die Jünger waren beisammen und hatten aus Angst vor den führenden Juden die Türen abgeschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: »Frieden sei mit euch!« Dann zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Als die Jünger den Herrn sahen, kam große Freude über sie. Noch einmal sagte Jesus zu ihnen: »Frieden sei mit euch! Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich nun euch.« Dann hauchte er sie an und sagte: »Empfangt den Heiligen Geist! Wenn ihr jemand die Vergebung seiner Schuld zusprecht, ist die Schuld auch von Gott vergeben. Wenn ihr die Vergebung verweigert, bleibt die Schuld bestehen.«
Jesus zeigt sich Thomas
Als Jesus kam, war Thomas, genannt der Zwilling, einer aus dem Kreis der Zwölf, nicht dabei gewesen. Die anderen Jünger erzählten ihm: »Wir haben den Herrn gesehen!« Thomas sagte zu ihnen: »Niemals werde ich das glauben! Da müsste ich erst die Spuren von den Nägeln an seinen Händen sehen und sie mit meinem Finger fühlen und meine Hand in seine Seitenwunde legen - sonst nicht!« Eine Woche später waren die Jünger wieder im Haus versammelt und Thomas war bei ihnen. Die Türen waren abgeschlossen. Jesus kam, trat in ihre Mitte und sagte: »Frieden sei mit euch!« Dann wandte er sich an Thomas und sagte: »Leg deinen Finger hierher und sieh dir meine Hände an! Streck deine Hand aus und lege sie in meine Seitenwunde! Hör auf zu zweifeln und glaube!« Da antwortete Thomas: »Mein Herr und mein Gott!« Jesus sagte zu ihm: »Du glaubst, weil du mich gesehen hast. Freuen dürfen sich alle, die mich nicht sehen und trotzdem glauben!« (GNB)

Die Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK an diesem Sonntag ist aus Matthäus 6, 9-10: Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme.“ (LUT)

Die Leitgedanken tragen die Überschrift: „Dein Reich komme“

Begründung: In den Sonntagsgottesdiensten, die im April stattfinden, steht das Vaterunser im Mittelpunkt. An jedem Sonntag in diesem Monat wird eine wesentliche Aussage des Gebets, das uns Jesus Christus gelehrt hat, zum Gegenstand der Predigt. Wir sprechen zwar in jedem Gottesdienst dieses Gebet, doch ist uns sein inhaltlicher Reichtum wohl meist wenig bewusst. Insofern soll dieser Reichtum des „Unser Vater“-Gebets der Gemeinde deutlich und verständlich gemacht werden. In der Predigt am ersten Sonntag im April steht der Beginn des Gebets im Mittelpunkt: Es wird von der Bedeutung des „Reiches Gottes“ gesprochen. Reich Gottes hat eine gegenwärtige und zukünftige Dimension: Es ist in Jesus Christus und seiner Kirche gegenwärtig, zugleich aber ist es zukünftig und erfährt seine Vollendung erst in der neuen Schöpfung“ (alle Zitate sind entnommen aus den o. g. Leitgedanken der NAK).

Zum heutigen Sonntag erklingt die Kantate „Am Abend aber desselbigen Sabbats“ (BWV 42) von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Er führte sie erstmals in Leipzig am 8. April 1725 auf. 

Mein Lied für den heutigen Sonntag lautet: Frühmorgens, da die Sonn aufgeht (T: Johann Herrmann, 1630; M: Nikolaus Herrmann, 1560)

Kommentar: In der GSB wird das Vater Unser wie folgt übersetz:
"Du, Gott, bist uns Vater und Mutter im Himmel,
dein Name werde geheiligt.
Deine gerechte Welt komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf der Erde.
Das Brot, das wir brauchen,
gib uns heute.
Erlass uns unsere Schulden, wie auch wir denen vergeben,
die uns etwas schuldig sind.
Führe uns nicht zum Verrat an dir,
sondern löse uns aus dem Bösen."

"Deine gerechte Welt komme" steht in einem (scheinbar) scharfen Gegensatz zu Lk 17, 21: "Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch!" Wie in den LG beschrieben, gilt beides. In der Kirche ist das Reich Gottes unter uns, wenn die Gemeinschaft der Heiligen im Doppelgebot der Liebe leben. "Alle, Laien und Kleriker, sind gemäß ihrer je eigenen Stellung in der Kirche zur Ausübung der Sendung berufen. (...) Dein Reich komme und dein Reich ist schon da kann nur verwirklicht werden, wenn sich Kirchen von dem Hierarchiemodell mit einem Papst oder Stammapostel als absoluten Bezugspunkt für die kirchliche Gemeinschaft lösen und konsequent ein Communiomodell verwirklichen, in dem dann die Amtsträger und die (übrigen) Gläubigen in einer lebendigen und wechselseitigen Beziehung zu- und miteinander stehen" (Demel, 2009, 25f).

Ein Gedicht von Erich Fried (Quelle: Erich Fried (1995/2002): Gedichte. München: dtv 12256.

Angst und Zweifel
Zweifle nicht
an dem
der dir sagt
er hat Angst
aber hab Angst
vor dem
der dir sagt
er kennt keinen Zweifel


Donnerstag, 24. März 2016

Ostersonntag; mit einem Kommentar zu den Leitgedanken der NAK vom 27. März 2016



Das Wunder der Auferstehung (Die Auferstehung Jesu)


„Die Osterzeit beginnt mit dem Ostermorgen und endet 50 Tage später mit Pfingsten. Diese Zeitspanne wurde schon von den Juden beobachtet, das Fest Pentekost (griechisch = der "Fünfzigste") wird auch vom Volk Israel gefeiert. Die Christen übernahmen diese Zeitspanne als besondere Festzeit bereits im 2. Jahrhundert, vielleicht sogar früher (dass das Osterfest selbst schon in der frühesten Christenheit gefeiert wurde, belegt 1. Kor 5, 7-8). In dieser Zeit der 50 Tage wurde zunächst besonders die Überwindung des Todes, den Christus am Kreuz erlitt, zum Gegenstand der Betrachtung gemacht. Später verlor die Betrachtung des Todes immer mehr an Bedeutung, und die Zeit wurde mehr und mehr zum Fest der Erhöhung Christi, also eigentlich seiner Himmelfahrt, umgewandelt.
Diese Zeit ist in zwei Abschnitte gegliedert. Zunächst befaßt sie sich mit dem Wirken Gottes an uns durch Jesus Christus (bis Jubilate), und dann erfolgt die Antwort der Gemeinde auf dieses Wirken (Kantate und Rogate). Nach 40 Tagen (zur Symbolik der Nummer 40 siehe die Fastenzeit) ereignet sich Christi Himmelfahrt, wonach die Gemeinde in baldiger Erwartung seiner Wiederkunft verharrt.
Die liturgische Farbe in der Osterzeit ist Weiß, die Farbe des Lichtes.
Am Ostersonntag freuen wir uns über die Auferstehung Jesu von den Toten. Er ist der Erstling der Auferstehung, dem wir nachfolgen werden, wenn er kommen wird. Aber die Auferweckung gibt uns nicht nur Hoffnung für die Zukunft - auch heute, in unserer Welt, können wir nicht schweigen von unserer Freude und beten, dass das Evangelium unter uns wirksam werde und diese Welt verändere“ (www.daskirchenjahr.de).

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir Mk 16, 1-8, die auch zugleich die heutige Evangeliumslesung ist.
Die Frauen am leeren Grab
Am Abend, als der Sabbat vorbei war, kauften Maria aus Magdala und Maria, die Mutter von Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um den Toten damit zu salben. Ganz früh am Sonntagmorgen, als die Sonne gerade aufging, kamen sie zum Grab. Unterwegs hatten sie noch zueinander gesagt: »Wer wird uns den Stein vom Grabeingang wegrollen?« Denn der Stein war sehr groß. Aber als sie hinsahen, bemerkten sie, dass er schon weggerollt worden war. Sie gingen in die Grabkammer hinein und sahen dort auf der rechten Seite einen jungen Mann in einem weißen Gewand sitzen. Sie erschraken sehr. Er aber sagte zu ihnen: »Habt keine Angst! Ihr sucht Jesus aus Nazaret, der ans Kreuz genagelt wurde. Er ist nicht hier; Gott hat ihn vom Tod auferweckt! Hier seht ihr die Stelle, wo sie ihn hingelegt hatten. Und nun geht und sagt seinen Jüngern, vor allem Petrus: ›Er geht euch nach Galiläa voraus. Dort werdet ihr ihn sehen, genau wie er es euch gesagt hat.‹« Da verließen die Frauen die Grabkammer und flohen. Sie zitterten vor Entsetzen und sagten niemand ein Wort. Solche Angst hatten sie. (GNB)

Gemeinsam beten wir den Psalm 150:
Lobt alle den Herrn!
Halleluja! Lobt Gott in seinem Heiligtum, lobt ihn im Himmelsgewölbe, das seine große Macht zeigt! Lobt ihn für seine gewaltigen Taten, lobt ihn, denn seine Größe ist unermesslich! Lobt ihn mit Hörnerschall, lobt ihn mit Harfe und Zither! Lobt ihn mit Pauke und Reigentanz, lobt ihn mit Saiteninstrumenten und Flötenspiel! Lobt ihn mit hell tönenden Zimbeln, lobt ihn ´auch` mit tief schallenden Zimbeln! Alles, was atmet, lobe den Herrn! Halleluja! (NGÜ)

Die Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK an diesem Sonntag ist aus "Kol 1, 27: … denen Gott kundtun wollte, was der herrliche Reichtum dieses Geheimnisses unter den Heiden ist, nämlich Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit. “ (LUT)

Die Leitgedanken tragen die Überschrift: „Christus ist auferstanden!“

Am heutigen Sonntag findet zudem eine Lesung statt. Sie ist aus Mk 16, 1-15 (s. o.):
Jesu Auferstehung
Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben. Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging. Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß. Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich. Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten. Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat. Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich.
Erscheinungen des Auferstandenen und Himmelfahrt
Als aber Jesus auferstanden war früh am ersten Tag der Woche, erschien er zuerst Maria von Magdala, von der er sieben böse Geister ausgetrieben hatte. Und sie ging hin und verkündete es denen, die mit ihm gewesen waren und Leid trugen und weinten. Und als diese hörten, dass er lebe und sei ihr erschienen, glaubten sie es nicht. Danach offenbarte er sich in anderer Gestalt zweien von ihnen unterwegs, als sie über Land gingen. Und die gingen auch hin und verkündeten es den andern. Aber auch denen glaubten sie nicht. Zuletzt, als die Elf zu Tisch saßen, offenbarte er sich ihnen und schalt ihren Unglauben und ihres Herzens Härte, dass sie nicht geglaubt hatten denen, die ihn gesehen hatten als Auferstandenen. Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. (LUT)

Begründung: „Das Osterfest ist der Höhepunkt des Kirchenjahres. Es ist ein Fest der Auferstehung und der Hoffnung auf Leben. Nach dem schmählichen Kreuzestod Jesu scheint das Böse über das Gute gesiegt zu haben. Die Auferstehung Jesu Christi zeigt aber die Macht Gottes über das Böse und den Tod. Durch diese Auferstehung hat der Gläubige eine berechtigte Hoffnung auf die eigene Auferstehung und ewiges Leben“ (alle Zitate sind entnommen aus den o. g. Leitgedanken der NAK).

Heute erklingt mit „Christ lag in Todesbanden“ (BWV 4) die wohl prächtigste Kantate von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Bei dieser Kantate zum Ostersonntag handelt es sich um ein Frühwerk des Komponisten. Vermutlich wurde diese Kantate anlässlich von Bachs Bewerbung um die Organistenstelle in Mühlhausen (Ostern 1707) komponiert und uraufgeführt.

Mein Lied für den heutigen Sonntag lautet:
Christ lag in Todesbanden (T: Martin Luther, 1524; M: Martin Luther, 1524)

Kommentar: Paulus schreibt in seinem ersten Brief an die Gemeinde in Korinth: "Wenn verkündigt wird, dass der Messias von den Toten aufgestanden ist, wie ist es dann möglich, dass einige von euch sagen: Es gibt keine Auferstehung der Toten? Gibt es keine Auferstehung der Toten, dann ist auch Christus nicht aufgestanden. Ist aber Christus nicht aufgestanden, dann ist unsere Verkündigung sinnlos und euer Vertrauen grundlos. (...) Wenn wir nur in der sichtbaren Lebenswirklichkeit auf Christus vertrauen, sind wir die armseligsten allen Menschen" (1. Kor 15, 12-14.19. Zitiert aus GSB).

"Am Ostersonntag erinnert uns der Evangelist Markus daran, wie es zum ersten Mal war, als die Menschen begriffen haben, dass der Tod überwunden werden kann. Die Frauen, von denen der Apostel berichtet, begreifen, was geschehen ist, indem sie hinschauen. Aber sie sehen nach dem Schreck über den fehlenden Stein vor dem Grab erst einmal nur die Leerstelle. Sie erkennen dort etwas, wo nichts mehr zu sehen ist. Der Raum ist eigentlich leer. Nichts ist, wie erwartet. Nichts ist mehr wie es war. Mit dieser Erfahrung können sie loslaufen, um den Jüngern mit Petrus - und der ganzen Welt - überzeugend zu sagen: Wir werden ihn sehen. Aber es ist nicht wie erwartet. Es ist nie so, deshalb ist es gut, genau hinzuschauen" (Friederike von Kirchbach in: Mit der Bibel durch das Jahr 2016, Ostersonntag).

Samstag, 19. März 2016

Karfreitag, mit einem Kommentar zu den Leitgedanken der NAK vom 25. März 2016



Gekreuzigt und gestorben (Jesu Tod am Kreuz)


„Der Karfreitag (früher Parasceve genannt) wurde vermutlich schon von den ersten Christen begangen als ein Tag des Fastens und der Trauer. Er behielt diesen Charakter über die Jahrhunderte bei. Schon Tertullian (Ende des 2. Jahrhunderts) bezeugte die Einhaltung dieses Tages als großen Fastentag.
Die protestantische Kirchen aber haben zunächst nur teilweise den Karfreitag als Feiertag übernommen. Im 17. Jahrhundert erlebte er als Bußtag eine Renaissance, wobei er freilich seinen ursprünglichen Charakter verlor. Entgegen der früheren Praxis, an diesem Tag (als dem einzigen des Jahres) kein Abendmahl zu feiern, stand nun das Abendmahl im Vordergrund. Heute entwickelt sich die Feier des Tages wieder zu einer dem ursprünglichen Sinn angemessenen Praxis.
Am Karfreitag hören wir, wie der Sohn Gottes gekreuzigt und zu Tode gebracht wurde. Die christliche Gemeinde verstummt, läßt nur noch das Wort Gottes reden. Dies findet seinen Ausdruck darin, dass die Vesper nach der Todesstunde Jesu einzig aus der Lesung besteht, zu der das Psalmgebet tritt.
Am Karfreitag verlöschen die Kerzen, die bis dahin Zeichen für das lebendige Licht, das Jesus Christus selbst ist, gewesen sind, um erst in der Osternacht wieder am Osterlicht entzündet zu werden. Die liturgische Farbe des Karfreitags ist schwarz, wobei aber vollkommene Schmucklosigkeit des Altars ausreichend ist. Schwarz ist die "Farbe" des Todes, der Finsternis, der Verneinung allen Lebens. Am Karfreitag verstummt das Lob der Gemeinde - das Geschehen am Kreuz macht sie still, vielleicht sogar beschämt, angesichts des Leides und Sterbens unseres Herrn Jesus Christus um unseretwillen“ (www.daskirchenjahr.de).

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir Mk 15, 24-41:
Jesus am Kreuz
Sie nagelten ihn ans Kreuz und verteilten dann untereinander seine Kleider. Durch das Los bestimmten sie, was jeder bekommen sollte. Es war neun Uhr morgens, als sie ihn kreuzigten. Als Grund für seine Hinrichtung hatte man auf ein Schild geschrieben: »Der König der Juden!« Zugleich mit Jesus kreuzigten sie zwei Verbrecher, einen links und einen rechts von ihm. Die Leute, die vorbeikamen, schüttelten den Kopf und verhöhnten Jesus: »Ha! Du wolltest den Tempel niederreißen und in drei Tagen einen neuen bauen! Dann befreie dich doch und komm herunter vom Kreuz!« Genauso machten sich die führenden Priester und die Gesetzeslehrer über ihn lustig. »Anderen hat er geholfen«, spotteten sie, »aber sich selbst kann er nicht helfen! Wenn er der versprochene Retter ist, der König von Israel, dann soll er doch jetzt vom Kreuz herunterkommen! Wenn wir das sehen, werden wir ihm glauben.« Auch die beiden, die mit ihm gekreuzigt waren, beschimpften ihn.
Jesus stirbt
Um zwölf Uhr mittags verfinsterte sich der Himmel über dem ganzen Land. Das dauerte bis um drei Uhr. Gegen drei Uhr schrie Jesus: »Eloï, eloï, lema sabachtani?« – das heißt übersetzt: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« Einige von denen, die dabeistanden und es hörten, sagten: »Der ruft nach Elija!« Einer holte schnell einen Schwamm, tauchte ihn in Essig, steckte ihn auf eine Stange und wollte Jesus trinken lassen. Dabei sagte er: »Lasst mich machen! Wir wollen doch sehen, ob Elija kommt und ihn herunterholt.« Aber Jesus schrie laut auf und starb. Da zerriss der Vorhang vor dem Allerheiligsten im Tempel von oben bis unten. Der römische Hauptmann aber, der dem Kreuz gegenüberstand und miterlebte, wie Jesus aufschrie und starb, sagte: »Dieser Mensch war wirklich Gottes Sohn!« Auch einige Frauen waren da, die alles aus der Ferne beobachteten, unter ihnen Maria aus Magdala und Maria, die Mutter von Jakobus dem Jüngeren und von Joses, sowie Salome. Schon während seines Wirkens in Galiläa waren sie Jesus gefolgt und hatten für ihn gesorgt. Außer ihnen waren noch viele andere Frauen da, die mit Jesus nach Jerusalem gekommen waren (GNB)

Jesus betet den Psalm 22 am Kreuz:
Von Gott verlassen – und dennoch erhört
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich schreie, aber keine Rettung ist in Sicht, ich rufe, aber jede Hilfe ist weit entfernt! Mein Gott! Ich rufe am Tag, doch du antwortest nicht, ich rufe in der Nacht und komme nicht zur Ruhe. Du bist doch heilig, du wohnst dort, wo ´dein Volk` Israel dir Loblieder singt. Unsere Väter setzten ihr Vertrauen auf dich. Sie vertrauten dir, und du hast sie gerettet. Zu dir schrien sie um Hilfe und wurden befreit, sie vertrauten auf dich und wurden nicht enttäuscht. Ich aber bin kein Mensch mehr, nur noch ein Wurm, zum Spott der Leute bin ich geworden, das ganze Volk verabscheut mich. Alle, die mich sehen, verhöhnen mich, sie verziehen den Mund und schütteln den Kopf. »Übergib deine Sache doch dem Herrn«, rufen sie.»Ja, soll Gott ihn doch retten! Er soll ihm helfen – anscheinend hat er ja Gefallen an ihm!« Doch du, ´Herr`, hast mich aus dem Leib meiner Mutter gezogen. Du ließt mich an ihrer Brust Vertrauen fassen. Seit mein Leben begann, bin ich ganz auf dich angewiesen, von Mutterleib an bist du bereits mein Gott. Bleib mir doch jetzt nicht fern! Die Not ist so bedrohlich nah, und da ist niemand, der mir hilft! Gewalttäter haben mich umringt wie eine Herde Stiere, wie mächtige Büffel aus Baschan haben sie mich umstellt. Sie reißen ihr Maul gegen mich auf wie hungrige und brüllende Löwen. Ich fühle mich, als wäre ich hingeschüttet wie Wasser, alle meine Glieder sind wie ausgerenkt. Mein Herz ist wie flüssiges Wachs, das tief in meinem Innern zerschmilzt. Ich bin ohne Kraft, ausgetrocknet wie eine Tonscherbe. Die Zunge klebt mir am Gaumen. Du hast mich in den Staub gelegt, dahin, wo die Toten liegen. Denn ´Menschen` haben mich eingekreist wie Hunde, eine Horde von Gewalttätern umringt mich. Wie sich ein Löwe in seine Beute verbeißt, so halten sie mich fest und geben meine Hände und Füße nicht mehr frei. Ich könnte meine Knochen einzeln zählen; meine Feinde starren mich nur erbarmungslos an. Sie verteilen meine Kleider unter sich und werfen das Los, wer mein Obergewand bekommen soll. Du aber, Herr, bleib nicht fern von mir! Du bist doch meine Kraft, schnell, komm mir zu Hilfe! Entreiße meine Seele dem tödlichen Schwert, rette mein Leben vor den Krallen dieser Hunde. Befreie mich aus dem Rachen des Löwen, rette mich vor den Hörnern der Büffel! Ja, du hast mich erhört! Ich will meinen Brüdern verkünden, wie groß du bist, mitten in der Gemeinde will ich dir Loblieder singen. Alle, die ihr vor dem Herrn Ehrfurcht habt, preist ihn! All ihr Nachkommen Jakobs, gebt ihm die Ehre! Begegnet ihm mit Demut und Verehrung, all ihr Nachkommen Israels! Denn der Herr hat sich von der Not des Hilflosen nicht abgewandt und seine Leiden nicht verachtet. Ja, der Herr hat sein Angesicht nicht vor ihm verhüllt, sondern auf ihn gehört, als er um Hilfe rief. Du, Herr, gibst mir Grund dafür, dich zu loben inmitten der großen Gemeinde. Mein Gelübde will ich erfüllen vor den Augen derer, die dem Herrn in Ehrfurcht dienen. Die Armen sollen wieder essen und satt werden. Die den Herrn suchen, sollen ihn preisen. Euer Herz lebe auf, es lebe ewig! An allen Enden der Erde wird man zur Einsicht kommen, und die Menschen werden zum Herrn umkehren. Alle Völker werden sich vor dir, ´Herr`, niederwerfen und dich anbeten. Denn dem Herrn gehört das Königtum, er herrscht über alle Völker. 30 Die Großen der Erde werden ein Festmahl halten und sich anbetend vor dem Herrn niederwerfen. Auch alle, die in den Staub des Todes sinken, werden vor ihm niederfallen, alle, die keine Kraft mehr zum Leben haben. Die kommenden Generationen werden ihm dienen. Denen, die noch geboren werden, wird man vom Herrn erzählen. Verkünden wird man zukünftigen Völkern seine Rettungstaten. Man wird sagen: »Der Herr hat alles vollbracht!« (NGÜ)

Die Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK an diesem Sonntag ist aus dem für heute gültigen Matthäus-Evangelium entnommen: „Mt 27, 27-29: Da nahmen die Soldaten des Statthalters Jesus mit sich in das Prätorium und sammelten die ganze Abteilung um ihn. Und zogen ihn aus und legten ihm einen Purpurmantel an und flochten eine Dornenkrone und setzten sie ihm aufs Haupt und gaben ihm ein Rohr in seine rechte Hand und beugten die Knie vor ihm und verspotteten ihn und sprachen: Gegrüßet seist du, der Juden König!“ (LUT)

Am heutigen Sonntag findet zudem eine Lesung statt. Sie ist aus Jesaja 53, 3–12 entnommen:
„Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet. Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt. Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg. Aber der Herr warf unser aller Sünde auf ihn. Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund nicht auf. Er ist aus Angst und Gericht hinweggenommen. Wer aber kann sein Geschick ermessen? Denn er ist aus dem Lande der Lebendigen weggerissen, da er für die Missetat meines Volks geplagt war. Und man gab ihm sein Grab bei Gottlosen und bei Übeltätern, als er gestorben war, wiewohl er niemand Unrecht getan hat und kein Betrug in seinem Munde gewesen ist. So wollte ihn der Herr zerschlagen mit Krankheit. Wenn er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, wird er Nachkommen haben und in die Länge leben, und des Herrn Plan wird durch seine Hand gelingen. Weil seine Seele sich abgemüht hat, wird er das Licht schauen und die Fülle haben. Und durch seine Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte, den Vielen Gerechtigkeit schaffen; denn er trägt ihre Sünden. Darum will ich ihm die Vielen zur Beute geben und er soll die Starken zum Raube haben, dafür dass er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleichgerechnet ist und er die Sünde der Vielen getragen hat und für die Übeltäter gebeten. (LUT)

Begründung: „An Karfreitag gedenken wir des Todes Jesu. Das Böse scheint gesiegt zu haben. Aber gerade in der Situation der Erniedrigung wird die Hoheit Jesu deutlich. Jesus Christus ist wahrer König, der wirklich regiert und für die Seinen leidet“ (alle Zitate sind entnommen aus den o. g. Leitgedanken der NAK)!

Heute erklingt die Matthäus-Passion, BWV 244, von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Hierbei bilden die Worte aus dem Mt-Ev zum Leiden und Sterben Jesu das textliche Rückgrat. Die Uraufführung fand am 11. April 1727 in der Thomaskirche in Leipzig statt.

Mein Lied für den heutigen Sonntag lautet:
Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld (T: Paul Gerhardt, 1647; M: W. Dachstein, 1525)

Kommentar: Folter (auch Marter oder Tortur) ist das gezielte Zufügen von psychischem oder physischem Leid (Gewalt, Qualen, Schmerz, Angst, massive Erniedrigung) an Menschen durch andere Menschen. Die Folter wird meist als ein Mittel zu einem bestimmten Zweck eingesetzt, beispielsweise um eine Aussage, ein Geständnis, einen Widerruf oder eine Information zu erhalten oder um den Willen und den Widerstand des Folteropfers (dauerhaft) zu brechen.
Im engeren Sinne ist Folter eine Tat einer bestimmten Interessengruppe (beispielsweise Teile der staatlichen Exekutive oder politisch-militärische Organisationen) an einem Individuum, etwa durch die historische Inquisition, die Polizei oder Geheimdienste. Laut der UN-Antifolterkonvention ist jede Handlung als Folter zu werten, bei der Träger staatlicher Gewalt einer Person „vorsätzlich starke körperliche oder geistig-seelische Schmerzen oder Leiden zufügen, zufügen lassen oder dulden, um beispielsweise eine Aussage zu erpressen, um einzuschüchtern oder zu bestrafen“. Folter ist international geächtet (Wikipedia - Die freie Enzyklopädie. Download vom 19. März 2016).
Im Orwell’schen Neusprech heißen Folter heute „robuste Verhörmethoden“ oder „robuste Befragungstechniken.“
Meistens wird im Verborgenen gefoltert. Autoritäre Regime zum Beispiel quälen Menschen in ihren Kerkern. Doch nach den Anschlägen vom 11. September 2001 erlaubte auch die US-Regierung der CIA bestimmte grausame Techniken.
Wie schrecklich es zwischen 2002 und 2008 in den Geheimgefängnissen des US-Geheimdienstes zuging, belegen die rund 500 Seiten des Senatsberichts von 2014.

Keine Tat rechtfertigt Folter! Und wer denkt: „Naja, sicher hatte die Verhaftung ihre guten Gründe!“ macht sich mitschuldig an diesen Untaten!





Ein klares „NEIN“ der Kirchen an Karfreitag zu Gewalt und Erniedrigung und ein Bekenntnis zur Verfassung der Bundesrepublik Deutschland und zur Europäischen Menschenrechtskonvention gehört in den Mittelpunkt der heutigen Predigt.




Sonntag, 13. März 2016

Palmarum; mit einem Kommentar zu den Leitgedanken der NAK vom 20. März 2016


Der Schmerzensmann (Einzug in Jerusalem)


Heute ist der 6. Sonntag der Passionszeit - Palmsonntag. „Der Name des Sonntags Palmarum leitet sich ab von dem Brauch, den König oder Feldherrn bei seinem Einzug in die Stadt Palmzweige schwingend und jubelnd zu begrüßen. Dieser Brauch wurde auch geübt, als Jesus in Jerusalem einzog. Allerdings erwartete man in ihm einen anderen König, nicht den, der sich am Kreuz offenbaren würde“ (www.daskirchenjahr.de).

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 88:
Ein Schrei zu Gott in schwerer Krankheit
Herr, mein Gott und Retter, Tag und Nacht komme ich vor dich und schreie zu dir. Lass mein Gebet zu dir dringen! Schenk meinem Flehen ein offenes Ohr! Denn meine Seele hat schon mehr als genug Leid erfahren. Ich bin an der Schwelle des Todes angelangt. Man hält mich für einen, der dem Grab schon nahe ist, ich bin ein Mensch ohne jede Lebenskraft. Dem Tod bin ich ausgeliefert wie einer der Gefallenen, die im Grab liegen, an die du schon nicht mehr denkst. Deine helfende Hand ist nicht mehr für sie da. Du hast mich in eine abgrundtiefe Grube gelegt, in die tiefsten Tiefen des Meeres, wo finstere Nacht herrscht. Dein Zorn lastet schwer auf mir, mit all deinen Wellen und Wogen drückst du mich nieder. Meinen vertrauten Freunden hast du mich entfremdet, du hast mich zu jemandem gemacht, den sie verabscheuen. Ich bin gefangen und weiß keinen Ausweg mehr. Vor lauter Elend werden meine Augen schwächer, tagtäglich rufe ich zu dir, Herr, und strecke meine Hände zu dir aus. Willst du denn an den Toten Wunder tun? Oder werden die Gestorbenen aufstehen, um dich zu preisen? Erzählt man sich etwa im Grab von deiner Gnade, in der Totenwelt von deiner Treue? Werden im Reich der Finsternis deine Wunder bekannt gemacht und deine Gerechtigkeit in jenem Land, wo alles vergessen ist? Ich aber – ich schreie zu dir, Herr, und schon am Morgen kommt mein Gebet vor dich. Warum, Herr, hast du mich verstoßen? Warum verbirgst du dein Angesicht vor mir? Von Jugend auf bin ich vom Leid gebeugt und dem Tode nah. Ich trage schwer an den Schrecken, die du über mich kommen lässt; ich bin völlig verzweifelt. Dein Zorn überrollte mich wie ein Flammenmeer, deine schrecklichen Angriffe haben mich vernichtet. Wie gefährliche Wellen schlagen sie über mir zusammen – den ganzen Tag, sie bedrängen mich von allen Seiten. Meinen Freunden und Nachbarn hast du mich entfremdet, mein einziger Vertrauter ist die Finsternis. (NGÜ)

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Joh 12, 12-19:
Jesus zieht in Jerusalem ein
Am nächsten Tag hörte die große Menge, die zum Passafest gekommen war, Jesus sei auf dem Weg nach Jerusalem. Da nahmen sie Palmzweige, zogen ihm entgegen vor die Stadt und riefen laut: »Gepriesen sei Gott! Heil dem, der in seinem Auftrag kommt! Heil dem König Israels!« Jesus aber fand einen jungen Esel und setzte sich darauf, so wie es schon in den Heiligen Schriften heißt: »Fürchte dich nicht, du Zionsstadt! Sieh, dein König kommt! Er reitet auf einem jungen Esel.« Damals verstanden seine Jünger dies alles noch nicht; aber als Jesus in Gottes Herrlichkeit aufgenommen war, wurde ihnen bewusst, dass dieses Schriftwort sich auf ihn bezog und dass die Volksmenge ihn dementsprechend empfangen hatte. Als Jesus Lazarus aus dem Grab gerufen und vom Tod auferweckt hatte, waren viele dabei gewesen und hatten es als Zeugen weitererzählt. Aus diesem Grund kam ihm jetzt eine so große Menschenmenge entgegen. Sie alle hatten von dem Wunder gehört, das er vollbracht hatte. Die Pharisäer aber sagten zueinander: »Da seht ihr doch, dass wir so nicht weiterkommen! Alle Welt läuft ihm nach!« (GNB)

Die Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK an diesem Sonntag ist aus dem für heute gültigen Evangelium entnommen: „Joh 12, 14–16: Jesus aber fand einen jungen Esel und ritt darauf, wie geschrieben steht: Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen. Das verstanden seine Jünger zuerst nicht; doch als Jesus verherrlicht war, da dachten sie daran, dass dies von ihm geschrieben stand und man so mit ihm getan hatte." (LUT)

Am heutigen Sonntag findet zudem eine Lesung statt. Sie ist aus Sacharja 9, 9 und Psalm 118, 22-26 entnommen: „Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.
Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Das ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen. Dies ist der Tag, den der Herr macht; lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein. O Herr, hilf! O Herr, lass wohlgelingen! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! Wir segnen euch, die ihr vom Hause des Herrn seid.“ (LUT)

Begründung: „Im Gottesdienst zum Palmsonntag erinnern wir uns, wie Jesus unter großem Jubel der Menschen in Jerusalem eingezogen ist. Wie die Menschen zu Zeiten Jesu haben auch wir Erwartungen an Gott. Oft verstehen wir sein Handeln nicht. Der Heilige Geist ist es, der uns in die Erkenntnis Jesu Christi führt“ (alle Zitate sind entnommen aus den o. g. Leitgedanken der NAK).

Die Bachkantate (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag ist: Himmelskönig, sei willkommen (BWV 182). Die Kantate ist mit großer Wahrscheinlichkeit in Bachs Weimarer Zeit entstanden. Als Textdichter wird aufgrund des Stils Salomon Franck angenommen, der zu dieser Zeit hauptsächlich für den Weimarer Hof tätig war, wenn es auch hierfür keinen eindeutigen Beleg gibt. Vermutlich wurde die Kantate am Palmsonntag, 25. März 1714 in der Weimarer Schlosskapelle uraufgeführt.

Mein Lied für den heutigen Sonntag lautet:
Herr, stärke mich, ein Leiden zu bedenken (T: Christian Fürchtegott Gellert 1757; M: Johann Crüger 1640 nach Guillaume Franc 1543)

Kommentar: Wie können wir uns dieser 2000 Jahre alten Jubelgeschichte aus dem Orient annähern?
Die NAK setzt den Schwerpunkt in der heutigen Sonntagspredigt auf die Erwartungen, die die damaligen Menschen an Jesus Christus hatten und nimmt zunächst die Perspektive der jubelnden Menge ein. Aus dieser Perspektive heraus wird der Gläubige heute nach seinen Erwartungen an Gott gefragt. Diese Frage wird mit der Jenseitshoffnung beantwortet. Bei gläubiger Nachfolge dürfen wir "den Himmel" erwarten. 
Die Begeisterung der Menge wird jedoch nicht durch die Erwartungen des Einzelnen oder des Volkes anstößig, sondern durch die unmittelbar bevorstehen Untaten - Folter, Schmerz und Tod. Dieser scharfe Kontrast zwischen dem Jubel und der Folter, der Begeisterung und dem Schmerz, der Lebensfreude und dem Tod, dem "Hosianna!" und dem "Kreuzigt ihn!" gehört in den Mittelpunkt der Predigt.
Existenzielle Fragen nach Leben und Sterben, nach Hoffnung und Angst, nach Verantwortung, Freiheit, Isolation, Sinn und Sinnlosigkeit sind Themen der heute beginnenden Heiligen Woche.
Der Schauspieler Roberto Guerra sagte einmal: "Ich bin zur Hälfte ein Himmelswesen und zur anderen Hälfte ein Erdgeschöpf. Ich denke, das ist human."
Gerade Predigt als Rede von Gott muss immer beide Perspektiven berücksichtigen, damit sie den Menschen erreichen kann und im oben zitierten Sinne "human" genannt werden kann. Diese Gleichzeitigkeit ist auch im Doppelgebot der Liebe angelegt.

Samstag, 12. März 2016

Judika; mit einem Kommentar zu den Leitgedanken der NAK vom 13. März 2016



Das Lamm Gottes


Heute ist der 5. Sonntag der Passionszeit - Judika. Der Name des Sonntags Judika leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon ab: "Judica me, Deus, et discerne causam meam de gente non sancta" (Gott, schaffe mir Recht / und führe meine Sache wider das unheilige Volk und errette mich von den falschen und bösen Leuten!“ Ps 43, 1).

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 102:
Ein Gebet in großer Not für das zukünftige Jerusalem
Gebet eines vom Leid Gebeugten, der verzweifelt ist und sein Herz vor dem Herrn ausschüttet. Herr, höre mein Gebet! Möge mein lauter Hilferuf doch bis zu dir dringen! Verbirg dich nicht vor mir, jetzt, wo ich in Not bin! Neige dich herab zu mir und schenk mir ein offenes Ohr; jetzt rufe ich zu dir – erhöre mich doch bald! Denn meine Tage verflüchtigen sich so schnell wie Rauch, in meinen Gliedern brennt es wie Feuer. Mein Herz ist ausgetrocknet wie versengtes Gras. Ich vergesse sogar, mein Brot zu essen. Mein lautes Stöhnen hat mich ausgezehrt, ich bin nur noch Haut und Knochen. Ich gleiche einem Vogel in der Wüste, einer Eule in verlassenen Ruinen. Nachts finde ich keinen Schlaf, ich bin wie ein einsamer Vogel auf dem Dach. Den ganzen Tag verhöhnen mich meine Feinde. Ausgelassen ziehen sie über mich her und missbrauchen meinen Namen, wenn sie jemanden verwünschen. Asche ist mein Brot geworden, was ich trinke, ist vermischt mit Tränen. Das sind die Folgen deines grimmigen Zorns – du hast mich hochgehoben und wieder zu Boden geworfen. Meine Tage gleichen dem Schatten, der am Abend immer länger wird, ich verdorre wie das Gras. Du aber, Herr, regierst für immer, jetzt und in allen künftigen Generationen wird man dich ehren. Du selbst wirst dich erheben und dich der Stadt Zion voll Erbarmen zuwenden, denn es ist an der Zeit, ihr gnädig zu sein. Ja, der Zeitpunkt dafür ist gekommen. Deine Diener freuen sich über Zions schöne Mauersteine, und sie bedauern voller Schmerz, dass nun alles in Schutt liegt. Aber es kommt die Zeit, in der die Völker Ehrfurcht haben werden vor dem Namen des Herrn und alle Könige der Erde vor deiner Herrlichkeit. Denn der Herr wird Zion wieder aufbauen und dort erscheinen in seiner Herrlichkeit. Er wird sich dem Gebet der Verlassenen wieder zuwenden, ihre Bitten wird er nicht zurückweisen. Dies soll man aufschreiben für eine spätere Generation, und so wird ein Volk, das erst noch geschaffen wird, den Herrn preisen. Er schaut herab aus seinem Heiligtum in der Höhe; ja, der Herr blickt vom Himmel auf die Erde, um das Seufzen der Gefangenen zu hören, um die Todgeweihten zu befreien. Und so werden sie in der Stadt Zion wieder den Namen des Herrn verkünden, seinen Ruhm verbreiten in Jerusalem, wenn Völker sich dort versammeln, Menschen aus allen Königreichen, um dem Herrn zu dienen. Doch jetzt, mitten im Leben, hat Gott meine Kraft gebrochen, meine Lebenszeit hat er verkürzt. Deshalb bitte ich: Mein Gott, raffe mich nicht schon in der Lebensmitte hinweg! Du allein lebst ewig – über alle künftigen Generationen hinaus. Du hast am Anfang das Fundament der Erde gelegt, und auch der Himmel ist das Werk deiner Hände. Himmel und Erde werden vergehen, du aber bleibst. Sie werden alt werden wie ein ´abgenutztes` Kleid, du wirst sie auswechseln wie ein ´abgetragenes` Gewand, und so werden sie verwandelt. Du aber bleibst immer derselbe, und deine Zeit wird kein Ende haben. Die Kinder all derer, die dir dienen, dürfen ´im Land` wohnen bleiben, und ihre Nachkommen werden vor dir Bestand haben. (NGÜ)

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Mk 10, 35-45:
Die Bitte von Jakobus und Johannes
Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, traten an Jesus heran und sagten: »Meister, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst.« – »Was wollt ihr?«, fragte er. »Was soll ich für euch tun?« Sie antworteten: »Wir möchten, dass du uns in deiner Herrlichkeit neben dir sitzen lässt, den einen an deiner rechten Seite und den anderen an deiner linken Seite.« – »Ihr wisst nicht, um was ihr da bittet«, entgegnete Jesus. »Könnt ihr den bitteren Kelch trinken, den ich trinken werde, und die Taufe empfangen, mit der ich getauft werden muss?« – »Das können wir!«, erklärten sie. Da sagte Jesus zu ihnen: »Den Kelch, den ich trinke, werdet ihr zwar auch trinken, und die Taufe, mit der ich getauft werde, werdet auch ihr empfangen. Aber darüber zu verfügen, wer an meiner rechten und an meiner linken Seite sitzen wird, das steht nicht mir zu. Wer dort sitzen wird, das ist ´von Gott` bestimmt.
«Herrschen oder dienen?
Die übrigen zehn Jünger hatten dem Gespräch zugehört und ärgerten sich über Jakobus und Johannes. Da rief Jesus sie alle zusammen und sagte: »Ihr wisst, dass die, die als Herrscher über die Völker betrachtet werden, sich als ihre Herren aufführen und dass die Völker die Macht der Großen zu spüren bekommen. Bei euch ist es nicht so. Im Gegenteil: Wer unter euch groß werden will, soll den anderen dienen; wer unter euch der Erste sein will, soll zum Dienst an allen bereit sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben als Lösegeld für viele hinzugeben.« (GNB)

Demgegenüber ist die Lesung und die Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK an diesem Sonntag aus „Mt 26, 26-28: Als sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib. Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus; das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.“ (LUT)

Mt 26, 17-30 ist in der LUT überschrieben mit: „Das Abendmahl.“ Die Leitgedanken tragen den Titel: „Nahrung für unsere Seelen.“

Begründung: Begründet wird die Auswahl so: „Im zweiten Sonntagsgottesdienst (im Monat März; MS) steht das Abendmahl im Mittelpunkt, das Jesus im Kreis der Jünger gestiftet hat. Diese Mahlfeier ist Ausgangspunkt unse­rer gottesdienstlichen Abendmahlsfeiern (zitiert aus den o. g. Leitgedanken der NAK).

Für den Sonntag Judika ist keine Bachkantate vorgesehen (Johann Sebastian Bach 1685-1750).

Mein Lied für den heutigen Sonntag lautet:
Wenn meine Sünd’ mich kränken (T: Justus Gesenius 1646; M: Leipzig 1545)

Kommentar: Eine ähnliche Stelle zum heutigen Evangelium findet sich in Mk 9, 33-37. Diese bildet den Prolog für ein Buch von Sabine Demel: Zur Verantwortung berufen. Nagelproben des Laienapostolats (erschienen 2009 im Herder Verlag). Der Prolog trägt die Überschrift: "Mit Leidenschaft für seine Überzeugung eintreten - ein Prolog zu Größe und Dienst in der Kirche." Demel schreibt darin: "Jesus will, dass sich gerade Christinnen und Christen um Macht und Einfluss bemühen, und zwar immer dort, wo es um die Wahrheit geht. (...) Jesu Leben ist die tragische Geschichte des unerbittlichen Machtkampfes um die Wahrheit zwischen den damaligen Amtsträgern der Religion und Jesus" (14f).
In Mt 26, 26-28 macht Jesus deutlich, dass es in der Herrlichkeit nicht um eine Rangfolge geht. In der Nachfolge Jesu auf Erden geht es zunächst um eine Lebens- und Schicksalsgemeinschaft mit ihm. Dies wird in dem Bildwort vom Kelch und der Taufe angedeutet. Beides, das Trinken des Kelches und das Getauftwerden, zeigt das Geschick des Leidens und Sterbens Jesu an. Die Teilhabe an ihm, wie sie von den Jüngern, und allen anderen Nachfolgern bis heute, grundsätzlich gefordert und im einzelnen zu realisieren ist, begründet die beständige Lebensgemeinschaft mit Jesus auch in seiner Herrlichkeit (vergl. Karl Kertlege: Markusevangelium, 1986, 104).
Letztlich verbleibt die "herrliche Sitzordnung" in der Hand Gottes. "Platzkarten" gibt es durch die gnädige Zuwendung Gottes. Nicht einmal durch den selbstlosen Dienst am Nächsten (Diakonie; (altgriechisch διακονία diakonía ‚Dienst‘ von διάκονος diákonos ‚Diener‘) kann eine "Garantie" erworben werden. Dennoch bleibt als einziger Weg sich im Vertrauen auf Gottes Gnade täglich neu dem Nächsten demütig zuzuwenden und gleichzeitig selbstbewußt um die Wahrheit zu kämpfen. Das Abendmahl ermöglicht es, diesen Weg immer wieder, einem Sisyphos gleich, anzutreten. Dabei zieht Sisyphos Kraft aus dem Psalm 102.

Samstag, 5. März 2016

Lätare; mit einem Kommentar zu den Leitgedanken der NAK vom 06. März 2016

gemalt und fotografiert von Rosemarie Rüttinger, Hettstadt, 2007


Für euch dahingegeben (Das Weizenkorn)



Heute ist der 4. Sonntag der Passionszeit - Lätare. Der Name des Sonntags Lätare leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon ab: "Laetare cum Jerusalem, et exsultate in ea, omnes qui diligitis eam" („Freuet euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie lieb habt! Freuet euch mit ihr, alle, die ihr über sie traurig gewesen seid.“ Jes 66, 10).


Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 132:
Ein Gebet für Gottes Heiligtum und das Königshaus
Ein Wallfahrtslied, gesungen auf dem Weg hinauf nach Jerusalem. Denke an all die Mühe, Herr, die David auf sich genommen hat! Er schwor dem Herrn, legte ein Gelübde ab vor dem starken Gott Jakobs: »So wahr ich lebe: Ich will mein Haus nicht betreten, auf mein Bett will ich mich nicht mehr legen, ich will mir keinen Schlaf mehr gönnen und nicht einmal kurz die Augen schließen, bis ich einen geeigneten Platz gefunden habe für das Haus des Herrn, eine würdige Wohnstätte für den starken Gott Jakobs!« Nie werden wir es vergessen: In Efrata hörten wir von der Bundeslade, und wir fanden sie im Gebiet von Jaar. So lasst uns nun in die Wohnung Gottes gehen und uns zu seinen Füßen anbetend niederwerfen. Mache dich auf, Herr, zu der Stätte, wo du ruhen kannst, du und die Bundeslade, ´das Sinnbild` deiner Majestät! Deine Priester sollen mit Wort und Tat verkünden, was deinem Willen entspricht. Alle, die dir treu sind, sollen in Jubel ausbrechen! David, deinem Diener, zuliebe weise unseren König nicht ab, der von dir gesalbt wurde! Der Herr hat David einen Treueid geschworen, von dem er niemals etwas zurücknehmen wird:»Einen deiner Söhne werde ich ´als deinen Nachfolger` auf den Thron setzen. Wenn deine Söhne sich an meinen Bund halten, an alles, was ich ´in meinem Wort` bezeugt habe und sie lehre, dann sollen auch ihre Nachkommen deine Thronfolger sein, und das für alle Zeiten.« Der Herr hat sich den Berg Zion erwählt, sein Wunsch war es, dass dort seine Wohnstätte sein soll. ´Er hat gesagt`:»Dies ist mein Ruheplatz für alle Zeiten, hier will ich wohnen, denn nach diesem Ort der Ruhe habe ich Verlangen. Die ganze Stadt Zion will ich mit Nahrung reich beschenken, und den Armen dort gebe ich genügend Brot. Zions Priestern schenke ich Rettung, damit sie diese mit Wort und Tat verkünden. Alle, die mir treu sind, sollen in Jubel ausbrechen! Dort will ich die Herrschaft des Königshauses David stärken, für den von mir gesalbten König habe ich hier ein Licht entzündet, das nie verlöschen soll! Seine Feinde stürze ich in Schimpf und Schande, auf seinem Haupt aber soll die Krone erstrahlen.« (NGÜ)

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Joh 12, 20-26
Vertreter der nichtjüdischen Welt suchen Jesus
Unter denen, die zum Fest nach Jerusalem gekommen waren, um Gott anzubeten, befanden sich auch einige Nichtjuden. Sie gingen zu Philippus, der aus Betsaida in Galiläa stammte, und sagten zu ihm: »Herr, wir möchten gerne Jesus kennen lernen.« Philippus sagte es Andreas, und die beiden gingen zu Jesus. Er antwortete ihnen: »Die Stunde ist gekommen! Jetzt wird die Herrlichkeit des Menschensohns sichtbar werden. Amen, ich versichere euch: Das Weizenkorn muss in die Erde fallen und sterben, sonst bleibt es allein. Aber wenn es stirbt, bringt es viel Frucht. Wer sein Leben liebt, wird es verlieren. Wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es für das ewige Leben bewahren. Wer mir dienen will, muss mir auf meinem Weg folgen, und wo ich bin, werden dann auch die sein, die mir gedient haben. Sie alle werden von meinem Vater geehrt werden.« (GNB)

Demgegenüber ist die Lesung und die Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK an diesem Sonntag aus „Rö 5, 10: Denn wenn wir mit Gott versöhnt worden sind durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Feinde waren, um wie viel mehr werden wir selig werden durch sein Leben, nachdem wir nun versöhnt sind.“ (LUT)

Rö 5 ist in der LUT überschrieben mit: „Frieden mit Gott“, in ELB mit „Friede mit Gott durch den Glauben an Jesus Christus“, in NGÜ mit „Die Hoffnung derer, die durch Jesus Christus mit Gott versöhnt sind“, in GNB mit „Gottes Liebe als Grund unserer Hoffnung“ und in der EU mit „Die Hoffnung der Glaubenden.“

Die Leitgedanken tragen die Überschrift: „Versöhnt mit Gott“ 

Begründung: "Das Thema des Gottesdienstes für die Entschlafenen zu Beginn des Monats März weist auf das Heilsangebot hin, das auf das Leiden und Sterben Christi gründet: Sein Opfer ermöglicht dem Menschen mit Gott versöhnt zu werden. Um diese Versöhnung zu erlangen, sind der Glaube an Jesus Christus und die Empfangnahme der Sakramente notwendig" (zitiert aus den o. g. Leitgedanken der NAK).
Am Sonntag „Lätare“ findet in der NAK ein Gottesdienst zum Gedächtnis der Entschlafenen statt. Zur Sonderlehre des sogen. Entschlafenenwesens in der NAK verweise ich auf die einschlägige Literatur. Zum Problem der Apostolizität und der apostolischen Sukzession und zum Thema Eschatologie siehe Schneider, 2006, HB der Dogmatik, Bd. II „Ekklesiologie“, 47ff, insb. 131-134 und "Eschatologie", 378ff. Eine lesenswerte, wenn auch inzwischen leicht veraltete Gesamtdarstellung über die NAK, ist nach wie vor das Buch von Helmut Obst, 1996, Neuapostolische Kirche - die exklusive Endzeitkirche? Einen aktuellen Stand zum Thema "Entschlafenenwesen in der NAK" und zum Stand der Ökumene findet sich in Funkschmidt, Kai (Hg.), 2013, Bewahrung und Erneuerung. Ökumenische Analysen zum neuen Katechismus der NAK, EZW-Texte 228 und Hempelmann, Reinhard (Hg.), 2011, Die NAK und die Ökumene, EZW-Texte 214. Ein Gesamtüberblick zu diesem Themenfeld findet sich bei Joachim Valentin, 2013, Eschatologie. (Gegenwärtig Glauben Denken - Systematische Theologie). Hierin ist auch ein Abschnitt über die NAK (179ff) enthalten.

Für den Sonntag Lätare ist keine Bachkantate vorgesehen. Meine Bachkantate für den heutigen Sonntag soll "Ein feste Burg ist unser Gott" sein (BWV 80; Johann Sebastian Bach 1685-1750).

Mein Lied für den heutigen Sonntag lautet:
Jesu, meine Freude (T: Johann Franck, 1653; M: Johann Crüger, 1653)

Kommentar: Die zentrale Thematik des Römerbriefes findet sich in Rö 1, 16-17 ("Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht: Es ist eine Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt, zuerst den Juden, aber ebenso den Griechen. Denn im Evangelium wird die Gerechtigkeit Gottes offenbart aus Glauben zum Glauben, wie es in der Schrift heißt: Der aus Glauben Gerechte wird leben (Hab 2, 4); EU), wobei Wischmeyer darauf hinweist, "dass der Römerbrief nicht einem ergebnisoffenen Thema gewidmet ist, sondern eine These (...) streng durchführt" (Oda Wischmeyer, 2006, Römerbrief, 248. In: Dies. (Hg.): Paulus. Leben-Umwelt-Werk-Briefe. 241ff).
Der Begriff des (eschatologischen) Rechtsfriedens ist für Paulus ein zentraler. Dadurch, dass Christus die Hölle überwunden hat, hat er auch den Ankläger überwunden und die Versöhnung zwischen Gott und dem Menschen erstritten. Damit ist der Kampf "Gut gegen Böse" entschieden.

Die Parabel vom sterbenden Weizenkorn lässt sich aus unterschiedlichen Perspektiven deuten.
Christologisch-soteriologische Deutung: "Wie das Weizenkorn stirbt, um letztlich neue Frucht zu bringen, so ist auch der Kreuzestod Jesu nicht Selbstzweck, sondern dienst einer höheren Zielrichtung. (...) Der Tod selbst birgt das neue Leben, ist also Voraussetzung und bereits Anfang des Lebens, ist 'Leben aus dem Tod'" (Ruben Zimmermann, Das Leben aus dem Tod (Vom sterbenden Weizenkorn), 811. In: Zimmermann (2007), 804-816).
Der Tod kann in Hinblick auf das benutzte Wort "allein" unter ekklesiologisch-missionarischer Perspektive gedeutet werden. In der Zusammenschau mit der Weinstock-Rede (Joh 15, 1-8) ergibt sich wieder, dass der Tod Jesu einem höheren Zweck dient. In V8 wird die (zukünftige) Verherrlichung des Vaters als Zweck genannt. Mit dem Natur-Bild der Fruchtmetaphorik wird die Nachfolge Jesu als eine Art Generationenfolge (Fruchtfolge) definiert. Wer Früchte in Verbindung mit "dem Weinstock 'Jesus'" bringt, der darf sich JüngerIn Jesu nennen: "Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger" (LUT, Joh 15, 8).
Individualistisch gewendet lässt sich die Parabel auch unter einer asketisch-märtyriologischen Perspektive betrachten, denn "die Vorstellung von der Lebenshingabe für andere oder für eine Sache ist nicht auf das Christusereignis begrenzt. (...) Hier ist an das stoische Konzept des 'guten Todes' oder spezifisch an das Motiv des 'Sterbens für die Freunde' zu denken" (ebenda, 813). "So fremd uns diese Deutungsvariante auf den ersten Blick auch erscheinen mag, führen gerade neue Formen von Sexual-, Nahrungs- oder Arbeitsaskese ihren bleibenden Wahrheitsgehalt vor Augen. Nicht immer das 'Mehr' und die 'Fülle', sondern gerade das 'Weniger' und die 'Halbheiten' können zu Lebensgewinn führen (ebenda, 814).

Donnerstag, 3. März 2016

Okuli; mit einem Kommentar zu den Leitgedanken der NAK vom 28. Februar 2016


Nachfolge


Heute ist der 3. Sonntag der Passionszeit - Okuli. Der Name des Sonntags Okuli leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon ab: "Okuli mei semper ad Dominum, quoniam ipse evellet de laqueo pedes meos" („Meine Augen sehen stets auf den Herrn; denn er wird meinen Fuß aus dem Netze ziehen“; Ps 25, 15).

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 141:
Ein Abendgebet in Verfolgungszeit
Herr, ich rufe zu dir, komm mir schnell zu Hilfe! Höre auf meine Stimme, wenn ich zu dir rufe! Nimm mein Gebet an wie den Duft geopferten Weihrauchs; und wenn ich meine Hände zu dir emporhebe, dann sei es für dich wie ein Speiseopfer am Abend. Stelle eine Wache vor meinen Mund, Herr, ja, achte auf die Worte, die über meine Lippen kommen. Lass nicht zu, dass mein Herz sich zum Bösen verleiten lässt – sei es in gottlosen Worten oder Taten, dass ich gemeinsame Sache mache mit Leuten, die Übeltäter sind. Nicht einmal kosten will ich von ihren Leckerbissen! Wer nach Gottes Willen lebt, der mag mich strafen – er tut es aus Liebe! Er mag mich zurechtweisen – es ist wohltuend wie Salböl für mein Haupt, und dagegen werde ich mich gewiss nicht wehren! Noch immer begegne ich der Bosheit meiner Feinde mit Gebet. Wenn die Mächtigen unter ihnen die Felswände hinuntergestoßen werden, dann werden meine Worte ´bei den Leuten` wieder willkommen sein. Wie beim Pflügen das Erdreich aufgerissen und verteilt wird, so liegen unsere Gebeine überall zerstreut an den Pforten des Totenreichs. Doch auf dich, Herr, mein Gott, blicken ständig meine Augen, bei dir suche ich Zuflucht – gib mein Leben nicht preis! Bewahre mich vor der Schlinge, die sie mir gelegt haben, und vor den Fallen der Übeltäter! Mögen die Gottlosen sich in ihrem eigenen Netz verfangen, während ich ´unbeschadet` vorbeigehe! (NGÜ)

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Lk 9, 57-62:
Als sie weitergingen, wurde Jesus von einem Mann angesprochen. »Ich will dir folgen, wohin du auch gehst«, sagte er. Jesus erwiderte: »Die Füchse haben ihren Bau und die Vögel ihre Nester; aber der Menschensohn hat keinen Ort, wo er sich ausruhen kann.« Zu einem anderen sagte Jesus: »Folge mir nach!« Er aber antwortete: »Herr, erlaube mir, zuerst noch ´nach Hause` zu gehen und mich um das Begräbnis meines Vaters zu kümmern.« Jesus erwiderte: »Lass die Toten ihre Toten begraben. Du aber geh und verkünde die Botschaft vom Reich Gottes!« Wieder ein anderer sagte: »Ich will dir nachfolgen, Herr; doch erlaube mir, dass ich zuerst noch von meiner Familie Abschied nehme.« Jesus erwiderte: »Wer die Hand an den Pflug legt und dann zurückschaut, ist nicht brauchbar für das Reich Gottes.« (GNB)

Demgegenüber ist die Lesung und die Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK an diesem Sonntag aus „Psalm 95, 6: Kommt, lasst uns anbeten und knien und niederfallen vor dem Herrn, der uns gemacht hat.“ (LUT)

Der Psalm ist in der NGÜ „Öffnet euer Herz dem Reden Gottes“ und in der EU mit „Aufruf zur Treue gegen Gott“ überschrieben.

Die Leitgedanken tragen die Überschrift: „Anbetung, Demut, Fürbitte.“

Begründung: Am 4. Sonntag im Februar steht „die Vorbereitung auf den Gottesdienst für Entschlafene steht im Mittelpunkt. (…) In ihm werden Bitte und Fürbitte thematisiert. Neben der Fürbitte für unerlöste Seelen sollen unsere Gebete die Anbetung Gottes und unsere Demut ihm gegenüber zum Ausdruck bringen: Er ist die Majestät, er allein schenkt Heil und ewiges Leben“ (zitiert aus den o. g. Leitgedanken der NAK).

Für den Sonntag Okuli ist die Bachkantate „Widerstehet doch der Sünde“ (BWV 54) vorgesehen (Johann Sebastian Bach 1685-1750).

Mein Lied für den heutigen Sonntag lautet:
Mir nach, spricht Christus unser Held (T: Johann Scheffler 1668; M: Bartholomäus Gesius 1605, Johann Hermann Schein 1628)

Kommentar: Zur Sonderlehre des sogen. Entschlafenenwesens in der NAK verweise ich auf die einschlägige Literatur. Zum Problem der Apostolizität und der apostolischen Sukzession und zum Thema Eschatologie siehe Schneider, 2006, HB der Dogmatik, Bd. II „Ekklesiologie“, 47ff, insb. 131-134 und "Eschatologie", 378ff. Eine lesenswerte, wenn auch inzwischen leicht veraltete Gesamtdarstellung über die NAK, ist nach wie vor das Buch von Helmut Obst, 1996, Neuapostolische Kirche - die exklusive Endzeitkirche? Einen aktuellen Stand zum Thema "Entschlafenenwesen in der NAK" und zum Stand der Ökumene findet sich in Funkschmidt, Kai (Hg.), 2013, Bewahrung und Erneuerung. Ökumenische Analysen zum neuen Katechismus der NAK, EZW-Texte 228 und Hempelmann, Reinhard (Hg.), 2011, Die NAK und die Ökumene, EZW-Texte 214. Ein Gesamtüberblick zu diesem Themenfeld findet sich bei Joachim Valentin, 2013, Eschatologie. (Gegenwärtig Glauben Denken - Systematische Theologie). Hierin ist auch ein Abschnitt über die NAK (179ff) enthalten.

Das heutige Evangelium stellt vier radikal ethische Anforderungen an diejenigen, die Jesus nachfolgen wollen, was ja historisch (auf Grund des geographischen Raumes) zunächst einmal "lediglich" ein "Mitwandern" bedeutete:
das Ethos der Heimatlosigkeit - das Ethos der Familienlosigkeit - das Ethos der Besitzlosigkeit - das Ethos der Schutzlosigkeit.
Eine dauerhaft heimatlose, familienlose, besitzlos und schutzlose Existenz kann jedoch aus Stellen wie oben nicht abgeleitet werden, sondern es ist eher von vorübergehenden Lebensabschnitten, im Sinne von Missions- oder Verkündigungsreisen, auszugehen, die unter diesen Anforderungen standen (vergl. Stegemann, 2010, 257ff "Soziologie der Jesubewegung"). Die nachösterliche Entsendungsbotschaft hat hier ihren Ursprung (vergl. Mk 16, 15).
Was kann "Nachfolge" heute bedeuten? Nachfolge bedeutet heute eine aktive Nächstenliebe, ein entschiedenes Einlassen auf eine Beziehung. Es geht dann nicht mehr um die Bewahrung der Traditionen (Beerdigungsriten oder Abschiedstraditionen), sondern um ein selbstbestimmtes Einlassen auf das Gegenüber - und das kann dann die Riten, Gebräuche und Traditionen wieder einschließen (vergl. dazu Buber, 1995).