Mittwoch, 30. Oktober 2013

Kommentar zu den LG vom 03.11.2013

Predigtgrundlage für diesen Gottesdienst ist Gen 19, 17: "Rette dein Leben und sieh nicht hinter dich, bleib auch nicht stehen in dieser ganzen Gegend."
Die Leitgedanken für die Predigt haben die Überschrift: "Der Herr will retten." Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: "Wir beten dafür, dass viele Seelen sich herausführen lassen aus den Städten der Gottferne. Die Predigtgrundlage ist in den folgenden Kontext gestellt: "Sodom ist in Gen 18.19 das Bild einer gottlosen  und  der Sünde verfallenen Stadt. In ihr gibt es nicht einmal zehn Gerechte (Gen 18, 32). Abraham tritt  zunächst  für  die  Stadt ein, doch Gott beschließt, ihre Bewohner zu  bestrafen,  mit Ausnahme  von Lots  Familie. Der  Besuch  der  Engel  (Gen 19, 1) erinnert an den Besuch der drei Männer bei Abraham (Gen  18,3  ff.).*  Beide  Geschehnisse dienen dem Heil" (alle Zitate aus den o. g. LG).

An diesem Sonntag feiern die neuapostolischen Christen einen sogen. Gottesdienst für die Entschlafenen. Zur Sonderlehre des sogen. "Entschlafenenwesen" habe ich in meinem letzten Eintrag bereits Erläuterungen vorgenommen. Als liturgischer Höhepunkt werden in den sogen. Gottesdiensten für die Entschlafenen in Anwesenheit eines Apostels an lebenden Menschen, in der Regel (höhere) Amtsträger der NAK, sakramentale Handlungen stellvertretend für die bereits Verstorbenen vollzogen. Es "empfangen zwei Amtsträger für die Verstorbenen die Heilige Wassertaufe, die Heilige Versiegelung und das Heilige Abendmahl" (zitiert aus: Katechsimus der Neuapostolischen Kirche, 2012, 423). Als biblische Grundlage hierfür gibt die NAK 1. Kor 15, 29 an: "Was soll es sonst, dass sich einige für die Toten taufen lassen? Wenn die Toten gar nicht auferstehen, was lassen sie sich dann für sie taufen" (zitiert aus der Luther-Bibel, 1985)? Dazu zwei Kommentare: zunächst von KLAUCK, der den Korinthern ein "verzerrtes Taufverständnis" attestiert: "Manche Gemeindemitglieder (...) lassen sich ein zweites Mal taufen, stellvertretend für einen heidnischen Verwandten oder Freund, der ungetauft verstorben ist. Ihm sollen die Wirkungen der Taufe, Geistverleihung, ewige Rettung, Unsterblichkeit nachträglich noch zugute kommen" (zitiert aus: KLAUCK, 1. Kor In: Die neue Echter Bibel. Kommentar zum Neuen Testament mit der Einheitsübersetzung, 115f), dann aus der Elberfelder Bibel mit Erklärungen von 2010:
Die Taufe für die Toten "lässt auf ein magisches Verständnis der Taufe schließen, das Paulus nicht teilt (vergl. 1. Kor 10, 1-5)." Paulus greift an dieser Stelle offenbar nicht strenger ein, um die noch junge "Auferstehungshoffnung" (der Korinther) nicht zu verunsichern (1524), die die Totenauferstehung eigentlich ablehnten (vergl. dazu: WISCHMEYER, Paulus, 2006, 157f).

Am 03.11. feiern wir den 23. Sonntag nach Trinitatis. Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres für diesen Sonntag ist der Ps 33, 13-22: „Der HERR schaut vom Himmel und sieht alle Menschenkinder.  Von seinem festen Thron sieht er auf alle, die auf Erden wohnen.  Er lenkt ihnen allen das Herz, er gibt Acht auf alle ihre Werke.  Einem König hilft nicht seine große Macht; ein Held kann sich nicht retten durch seine große Kraft. Rosse helfen auch nicht; da wäre man betrogen; und ihre große Stärke errettet nicht. Siehe, des HERRN Auge achtet auf alle, die ihn fürchten, die auf seine Güte hoffen, dass er sie errette vom Tode und sie am Leben erhalte in Hungersnot. Unsre Seele harrt auf den HERRN; er ist uns Hilfe und Schild. Denn unser Herz freut sich seiner, und wir trauen auf seinen heiligen Namen. Deine Güte, HERR, sei über uns, wie wir auf dich hoffen" (aus: Luther-Bibel, 1985). In diesem Psalm erkennt der glaubende Mensch Gottes Handeln für ihn persönlich und er gestaltet von Gottes Gegenwart her sein Leben (vergl. dazu: Elberfelder Bibel mit Erklärungen, 2010, 740).

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Mt 22, 15-22. Dieser Abschnitt ist mit der Überschrift "Die Frage nach der Steuer" versehen und enthält das berühmte Wort: "Gebt denn dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist" (Mt 22, 21-22; zitiert aus Elberfelder Bibel mit Erklärungen, 2010). LAPIDE weist darauf hin, dass das benutzte Wort "apodote" "zurückgeben" oder "gebt zurück" bedeutet. So heißt diese Stelle also: "Gebt doch dem Kaiser zurück, was des Kaisers ist; und Gott, was Gottes ist!" Mit diesem Wort wird ein gewaltloser Bruch mit der politischen Ordnung empfohlen. Etwas ausführlicher schlägt LAPIDE folgende Übersetzung vor: "Gebt dem Kaiser doch sein sündiges Geld zurück (...) auf das ihr Gott geben könnt, was Gottes ist, nämlich die Anerkennung Seiner Alleinherrschaft über die ganze Schöpfung ohne Heidentyrannei und ohne Götzendienst" (LAPIDE, Ist die Bibel richtig übersetzt? 2004, 196-199), der der Herr schaut vom Himmel und sieht alle Menschenkinder (Ps 33; siehe oben).



*Anmerkung: Zu dem Besuch der drei Männer bei Abraham siehe der Kommentar zu den LG vom 29.09.2013.

Montag, 21. Oktober 2013

Kommentar zu den LG vom 27.10.2013

Predigtgrundlage für diesen Gottesdienst ist Joh 8, 36 "Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei." Die Leitgedanken für die Predigt haben die Überschrift: "Freiheit nur durch Jesus Christus." Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: "Wirklich frei macht nur Jesus Christus. Dies gilt auch in der
jenseitigen Welt. (...)
Im Bibelwort geht es letztlich um die Freiheit von der Macht der Sünde." Die Predigtgrundlage ist in den folgenden Kontext gestellt: "Die  Kapitel  7−10  im  Johannesevangelium sind geprägt von Konflikten zwischen Jesus und den Pharisäern. Am Laubhüttenfest offenbart sich Jesus den Juden als Licht der Welt (8,12), er zeigt ihnen die wahre Jüngerschaft (8,31.32) und die wirkliche Freiheit (8,36), die nur er als der Gottessohn geben  kann. Dann tadelt er seine Zuhörer, weil  sie  sich  zu  sehr  auf  ihre Abstammung  von  Abraham verlassen.  Am  Ende  der  Kapitel  7−10 steht  die  Notiz, dass  viele  zum  Glauben an ihn kamen" (10, 42; alle Zitate aus den o. g. LG).
Zur Erläuterung: eine wesentliche Sonderlehre der NAK ist das sogenannte "Entschlafenenwesen." "Dreimal jährlich (...) finden Gottesdienste für Entschlafene statt. In Hinblick darauf beten die neuapostolischen Christen auch dafür, dass unerlöst Verstorbene das Heil in Christus finden. (...) Am Sonntag zuvor bereiten sich die Gemeinden im Gottesdienst darauf vor. Barmherzigkeit und Mitempfinden sollen zur Fürbitte für unerlöst Verstorbene anregen" (zitiert aus: Katechsimus der Neuapostolischen Kirche, 2012, 423). Ein solcher Gottesdienst findet auch am 27.10.2013 statt. Die Erlösung steht im engen Zusammenhang mit dem Kirchen- und damit Selbstverständnis der Neuapostolischen Kirche: Nach ihrer Auffassung tritt Kirche dort am deutlichsten zutage, "wo das Apostelamt, die Spendung der drei Sakramente an Lebende und Tote sowie die rechte Wortverkündigung vorhanden ist. Dort ist das Erlösungswerk des Herrn aufgerichtet" (...; zitiert aus: Katechsimus der Neuapostolischen Kirche, 2012, 281). 
Die Erlösungslehre (Seteriologie) der NAK ist also stark an das Apostelamt gebunden, wobei der NAK zwischen dem Apostelamt (gemeint sind in der aktuellen Zeit aktive Apostel der NAK), den Aposteln aus den biblischen Erzählungen und dem "apostolischen Prinzip" unterscheidet.
Demgegenüber ist die Seteriologie der Katholischen Kirche klar auf Christus bezogen. Christus wir als "Ort der Seteriologie" (378) bezeichnet. Christologie und Erlösungslehre sind nicht voneinander zu trennen (vergl. SCHNEIDER (Hg.), Handbuch der Dogmatik, 1, 2006, 241ff). In der evangelischen Dogmatik wird die Erlösung im Zusammenwirken des Dreieinigen Gottes betrachtet und als "das befreiende Heilswerk in Jesus Christus" bezeichnet. Die Seteriologie wird eng mit dem Gnadenbegriff, dem Gerechtigkeitsbegriff und mit der Rechtfertigungslehre verknüpft. "Gnade ist nach biblischen Verstehen ein Geschehen ohne menschliches Zutun und nicht von Gott trennbar (auch nicht im Sinne treuhänderischer Verfügbarkeit durch Menschen), (...). Gottes Gerechtigkeit ist ein Handeln, das Heil und Errettung schafft (THIELE, Was wir glauben. Leitfaden evangelischer Dogmatik, 1996, 286ff). Am Ende des Posts gebe ich noch weitere Literaturhinweise.
Im Johannesevangelium steht nach BERGER & NORD  eine "Gesandten-Christologie" im Mittelpunkt. "In Jesus Christus selbst bietet Gott den Menschen sein lebendiges und Leben spendendes Wort an" (314). Konsequent wird das erste Gebot auf Christus hin ausgelegt: "Das Wort erschien in einem Menschen und wohnte bei uns. Wir sahen seine Herrlichkeit, die so herrlich ist, wie wenn der einzige Sohn von seinem Vater allen Ruhm alleine erbt. Diese Wort ist ganz Gnade und Gottes Wesen" (Joh 1, 14; zitiert nach: BERGER & NORD, Das neue Testament und frühchristliche Schriften, 2001).
Am 27.10. feiern wir den 22. Sonntag nach Trinitatis. Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres für diesen Sonntag ist der Ps 143, 1-10: „Herr, höre mein Gebet, vernimm mein Flehen; in deiner Treue erhöre mich, in deiner Gerechtigkeit! Geh mit deinem Knecht nicht ins Gericht; denn keiner, der lebt, ist gerecht vor dir. Der Feind verfolgt mich, tritt mein Leben zu Boden, er lässt mich in der Finsternis wohnen wie längst Verstorbene. Mein Geist verzagt in mir, mir erstarrt das Herz in der Brust. Ich denke an die vergangenen Tage, sinne nach über all deine Taten, erwäge das Werk deiner Hände. Ich breite die Hände aus (und bete) zu dir; meine Seele dürstet nach dir wie lechzendes Land. Herr, erhöre mich bald, denn mein Geist wird müde; verbirg dein Antlitz nicht vor mir, damit ich nicht werde wie Menschen, die längst begraben sind. Lass mich deine Huld erfahren am frühen Morgen; denn ich vertraue auf dich. Zeig mir den Weg, den ich gehen soll; denn ich erhebe meine Seele zu dir. Herr, entreiß mich den Feinden! Zu dir nehme ich meine Zuflucht. Lehre mich, deinen Willen zu tun; denn du bist mein Gott. Dein guter Geist leite mich auf ebenem Pfad" (aus: Die Bibel. Einheitsübersetzung, 1980/2006). Mit der Gnade Gottes dürfen wir also zuversichtlich dem neuen Tag entgegengehen (vergl. dazu: Elberfelder Bibel mit Erklärungen, 1985/2010).

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Mt 18, 21-35. Es handelt sich um das Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht. Hierbei handelt es sich um eine Parabel, die sich nur im Mt findet. Mir ist in dieser Parabel ein Momente wichtig, nämlich der, in dem der Sklave von aller Geld- und Sündenschuld befreit ist und sich auf den Weg macht (V. 27). Ohne eigenes Tun, ist er von aller Last befreit. Wie in dem Psalm oben beschrieben, geht der Sklave mit der Gnade Gottes zuversichtlich dem neuen Tag entgegengehen. In diesem Moment ist er völlig frei und absolut glücklich und hat alle möglichen Freiheitsgrade, d. h. er kann zwischen unterschiedlichsten Handlungsoptionen wählen. Dieser Moment ist der spannendste. Was tun wir, wenn wir ganz frei entscheiden können? Nehmen wir einen Sisyphos gleich unser Schicksal als sündiger und auf Gottes Gnade angewiesener Mensch an oder wollen wir ein Sklave der Sünde bleiben?
Zur ausführlichen Auslegung der Parabel verweise ich auf ZIMMERMANN (Hg.), Kompendium der Gleichnisse Jesu, 2007 und auf CAMUS, Der Mythos des Sisyphos, 1942/1984. Interessant auch die Glaubenssachen des Senders NDR Kultur: "Das Leben ist ein Geheimnis". Albert Camus - ein frommer Ungläubiger.  Eine Sendung von Christian Modehn. Hier der Link dazu:
http://media.ndr.de/progressive/2013/1018/AU-20131018-1452-0242.mp3

Weitere Literaturhinweise: 
BARTH, Karl, Dogmatik im Grundriß, 1947/1998
KÜNG, Hans, Rechtfertigung, 1986







Veröffentlicht am 09.10.2012
Johann Sebastian Bach (1685-1750)

Cantata BWV 105: Herr, gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht (25 July 1723)
1. Herr, gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht (Chorus)
2. Mein Gott, verwirf ich nicht (Recitative: A) 05:233. Wie zittern und wanken, der Sünder Gedanken (Aria: S) 06:154. Wohl aber dem, der seinen Bürgen weiß (Recitative: B) 12:025. Kann ich nur Jesum mir zum Freunde machen (Aria: T) 14:076. Nun, ich weiß, du wirst mir stillen (Chorale) 20:14
Soloists:
Soprano -- Barbara Schlick
Alto - Gérard Lesne
Tenor -- Howard Crook
Bass -- Peter Kooy
Performed by Philippe Herreweghe and the Chorus & Orchestra of Collegium Vocale, Ghent (1990).

Sonntag, 13. Oktober 2013

Kommentar zu den LG vom 20.10.2013

Predigtgrundlage für diesen Gottesdienst ist Apg 12, 24: "Das Wort Gottes wuchs und breitete sich aus." Die Leitgedanken für die Predigt haben die Überschrift: "Wachstum nach innen und außen." Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: "Es braucht inneres Wachstum, damit äußeres Wachstum der Gemeinde entsteht." Die Predigtgrundlage ist in den folgenden Kontext gestellt: "Die ersten Christen wurden von König Herodes Agrippa verfolgt.  Dabei kam Apostel Jakobus Zebedäus  durchs Schwert  um,  Apostel  Petrus wurde  ins Gefängnis geworfen  (vgl.  Apg  12, 2.4). Nach der wunderbaren Befreiung des Apostels aus dem Gefängnis ließ der König nach Petrus fahnden. Kurz darauf  ließ sich der König in Cäsarea als Gott verehren; daraufhin verstarb er qualvoll" (vgl. Apg 12, 23; alle Zitate aus den o. g. LG).
Die Apg kann nach MUSSNER als "heilsgeschichtliche (Heiden-) Missionschronik" angesehen werden. Die Darstellungsmittel sind Wunder- und Leidenserzählungen sowie Reiseberichte (zitiert aus: Mussner, Franz, Die Apostelgeschichte. In: Die Neue Echter Bibel, Kommentar zum NT mit der Einheitsübersetzung, 1984).

Am 20.10. feiern wir den 21. Sonntag nach Trinitatis. Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres für diesen Sonntag ist der Ps 19, 10-15: „Ehrfurcht vor dem Herrn ist rein, in Ewigkeit bleibt sie bestehen. Die Ordnungen des Herrn sind zuverlässig und entsprechen der Wahrheit, sie sind ausnahmslos gerecht. Wertvoller als Gold sind sie, kostbarer als eine Menge von feinstem Gold; sie sind süßer als Honig, ja, süßer noch als Honig, der aus der Wabe fließt. Herr`, auch ich, dein Diener, lasse mich durch sie zurechtweisen; sie zu befolgen bringt großen Lohn. Wem fällt es schon gleich auf, wenn er falsch gehandelt hat? Sprich mich frei von unbewusster Schuld! Bewahre deinen Diener vor überheblichen Menschen, lass sie keine Macht über mich gewinnen! Dann kann ich ohne Schuld und frei von schwerem Vergehen bleiben. Mögen die Worte, die ich spreche, und die Gedanken, die mein Herz ersinnt, dir gefallen, Herr, mein Fels und mein Erlöser" (aus: Bibeltext der Neuen Genfer Übersetzung, 2011)!

Die Ordnungen des Herrn, gemeint sind die 5 Bücher Mose, die Tora, werden als rein, ewig, wertvoll, kostbar und süß beschrieben. David vertraut seinem Herrn und ordnet sich dankbar und ehrfürchtig dem Gesetz unter und weiß sich in der Gnade Gottes geborgen (vergl.: Elberfelder Bibel mit Erklärungen, 1985/2010).

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Matt 5, 38-48. In diesem Abschnitt der sogen. Bergpredigt geht es auch um die rechte Erfüllung des Gesetzes. Hier "verfolgt die sogenannte Bergpredigt eine besonders radikale Richtung, die man freilich nur auf dem Hintergrund der Botschaft vom Reich Gottes versteht." Das Reich Gottes konnte nur erreicht werden, wenn man die Gebote nicht nur einhielt, sondern überbot. Die drängende Frage lautet nun: "Was muss man über die Gesetzeserfüllung hinaus noch tun, um in den Himmel zu kommen?" (NORD & BERGER, Das neue Testament und frühchristliche Schriften, 2001). Die Antwort Jesu ist eindeutig: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem GemütDies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst (Lev 19, 18). In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten (Matt 22, 37-40 zitiert nach der Lutherbibel, 1984). Dies ist das Wort Gottes, das wachsen und sich ausbreiten soll.

Kommentar zu den LG vom 13.10.2013

Predigtgrundlage für diesen Gottesdienst ist Joh 9, 39: "Und Jesus sprach: Ich bin zum Gericht in diese Welt gekommen, damit, die nicht sehen, sehend werden, und die sehen, blind werden." Die Leitgedanken für die Predigt haben die Überschrift: "Sehend gemacht." Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: "Der Herr will uns die Augen öffnen, damit wir uns selbst erkennen und sein Heil wahrnehmen." Dem Gottesdienst wird ausdrücklich eine "erkenntnis- und praxisfördernde Aufgaben" zugeschrieben. Sie wird in den folgenden Kontext gestellt: "Joh 9 berichtet von der Heilung eines Blindgeborenen, an der sich die Frage der Gottessohnschaft Jesu entzündet. Dem durch Jesus im wörtlichen wie im übertragenen Sinn sehend gewordenen Blinden stehen die Pharisäer gegenüber, die als Sehende blind sind für das in Jesus zu den Menschen gekommene Heil" (alle Zitate aus den o. g. LG).

"Unterwegs sah Jesus einen Mann, der seit seiner Geburt blind war. Da fragten ihn seine Jünger: Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst? Ober haben seine Eltern gesündigt, sodass er blind geboren wurde? Jesus antwortete: Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, sondern das Wirken Gottes soll an ihm offenbar werden. Wir müssen, solange es Tag ist, die Werke dessen vollbringen, der mich gesandt hat; es kommt die Nacht, in der niemand mehr etwas tun kann. Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt. Als er dies gesagt hatte, spuckte er auf die Erde; dann machte er mit dem Speichel einen Teig, strich ihn dem Blinden auf die Augen und sagte zu ihm: Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach! Schiloach heißt übersetzt: Der Gesandte. Der Mann ging fort und wusch sich. Und als er zurückkam, konnte er sehen. Die Nachbarn und andere, die ihn früher als Bettler gesehen hatten, sagten: Ist das nicht der Mann, der dasaß und bettelte? Einige sagten: Er ist es. Andere meinten: Nein, er sieht ihm nur ähnlich. Er selbst aber sagte: Ich bin es. Da fragten sie ihn: Wie sind deine Augen geöffnet worden? Er antwortete: Der Mann, der Jesus heißt, machte einen Teig, bestrich damit meine Augen und sagte zu mir: Geh zum Schiloach und wasch dich! Ich ging hin, wusch mich und konnte wieder sehen. Sie fragten ihn: Wo ist er? Er sagte: Ich weiß es nicht. Da brachten sie den Mann, der blind gewesen war, zu den Pharisäern. Es war aber Sabbat an dem Tag, als Jesus den Teig gemacht und ihm die Augen geöffnet hatte. Auch die Pharisäer fragten ihn, wie er sehend geworden sei. Der Mann antwortete ihnen: Er legte mir einen Teig auf die Augen; dann wusch ich mich und jetzt kann ich sehen. Einige der Pharisäer meinten: Dieser Mensch kann nicht von Gott sein, weil er den Sabbat nicht hält. Andere aber sagten: Wie kann ein Sünder solche Zeichen tun? So entstand eine Spaltung unter ihnen. Da fragten sie den Blinden noch einmal: Was sagst du selbst über ihn? Er hat doch deine Augen geöffnet. Der Mann antwortete: Er ist ein Prophet. Die Juden aber wollten nicht glauben, dass er blind gewesen und sehend geworden war. Daher riefen sie die Eltern des Geheilten und fragten sie: Ist das euer Sohn, von dem ihr behauptet, dass er blind geboren wurde? Wie kommt es, dass er jetzt sehen kann? Seine Eltern antworteten: Wir wissen, dass er unser Sohn ist und dass er blind geboren wurde. Wie es kommt, dass er jetzt sehen kann, das wissen wir nicht. Und wer seine Augen geöffnet hat, das wissen wir auch nicht. Fragt doch ihn selbst, er ist alt genug und kann selbst für sich sprechen. Das sagten seine Eltern, weil sie sich vor den Juden fürchteten; denn die Juden hatten schon beschlossen, jeden, der ihn als den Messias bekenne, aus der Synagoge auszustoßen. Deswegen sagten seine Eltern: Er ist alt genug, fragt doch ihn selbst. Da riefen die Pharisäer den Mann, der blind gewesen war, zum zweiten Mal und sagten zu ihm: Gib Gott die Ehre! Wir wissen, dass dieser Mensch ein Sünder ist. Er antwortete: Ob er ein Sünder ist, weiß ich nicht. Nur das eine weiß ich, dass ich blind war und jetzt sehen kann. Sie fragten ihn: Was hat er mit dir gemacht? Wie hat er deine Augen geöffnet? Er antwortete ihnen: Ich habe es euch bereits gesagt, aber ihr habt nicht gehört. Warum wollt ihr es noch einmal hören? Wollt auch ihr seine Jünger werden? Da beschimpften sie ihn: Du bist ein Jünger dieses Menschen; wir aber sind Jünger des Mose. Wir wissen, dass zu Mose Gott gesprochen hat; aber von dem da wissen wir nicht, woher er kommt. Der Mann antwortete ihnen: Darin liegt ja das Erstaunliche, dass ihr nicht wisst, woher er kommt; dabei hat er doch meine Augen geöffnet. Wir wissen, dass Gott einen Sünder nicht erhört; wer aber Gott fürchtet und seinen Willen tut, den erhört er. Noch nie hat man gehört, dass jemand die Augen eines Blindgeborenen geöffnet hat. Wenn dieser Mensch nicht von Gott wäre, dann hätte er gewiss nichts ausrichten können. Sie entgegneten ihm: Du bist ganz und gar in Sünden geboren und du willst uns belehren? Und sie stießen ihn hinaus. Jesus hörte, dass sie ihn hinausgestoßen hatten, und als er ihn traf, sagte er zu ihm: Glaubst du an den Menschensohn? Der Mann antwortete: Wer ist das, Herr? (Sag es mir,) damit ich an ihn glaube. Jesus sagte zu ihm: Du siehst ihn vor dir; er, der mit dir redet, ist es. Er aber sagte: Ich glaube, Herr! Und er warf sich vor ihm nieder. Da sprach Jesus: Um zu richten, bin ich in diese Welt gekommen: damit die Blinden sehend und die Sehenden blind werden. Einige Pharisäer, die bei ihm waren, hörten dies. Und sie fragten ihn: Sind etwa auch wir blind? Jesus antwortete ihnen: Wenn ihr blind wärt, hättet ihr keine Sünde. Jetzt aber sagt ihr: Wir sehen. Darum bleibt eure Sünde (aus: Die Bibel - Einheitsübersetzung, 1980/2008).

Am 13.10. feiern wir den 20. Sonntag nach Trinitatis. Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres für diesen Sonntag ist der Ps 119, 101-108. "Von jedem bösen Weg halte ich meinen Fuß zurück; denn ich will dein Wort befolgen. Ich weiche nicht ab von deinen Entscheiden, du hast mich ja selbst unterwiesen. Wie köstlich ist für meinen Gaumen deine Verheißung, süßer als Honig für meinen Mund. Aus deinen Befehlen gewinne ich Einsicht, darum hasse ich alle Pfade der Lüge. Dein Wort ist meinem Fuß eine Leuchte, ein Licht für meine Pfade. Ich tat einen Schwur und ich will ihn halten: Ich will deinen gerechten Entscheidungen folgen. Herr, ganz tief bin ich gebeugt. Durch dein Wort belebe mich! Herr, nimm mein Lobopfer gnädig an und lehre mich deine Entscheide" (aus: Die Bibel - Einheitsübersetzung, 1980/2008)! 
In einer Kommentierung dazu heißt es, dass es sich bei den Versen 97-104, der sogen. "Mem-Strophe", um eine Liebeserklärung an Gott selbst handelt. Auf Grund der Liebe zu Gott ist die Erfüllung der Gesetzte kein "Du sollst" oder "Du musst," sondern ein "ich darf" oder "ich will." Das Licht des Wortes Gottes reicht immer aus für den nächsten Schritt (Vers 105; vergl.: Elberfelder Bibel mit Erklärungen, 1985/2010).

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Mk 10, 2-9 (10-16). Es geht auch hier, wie in den LG, um einen Disput mit den Pharisäern. Jesus nimmt im Zusammenhang mit der Frage der Ehescheidung eine Haltung ein, bei der er nicht nach den Buchstaben des Gesetzes fragt, sondern nach dem ursprünglichen Willen des Schöpfers. Er verweist dabei auf die Schöpfungsgeschichte (Gen 1, vor allem 27-28).
Nicht das geschriebene Wort, sondern das gemeinte Wort ist das entscheidende. Dies herauszubekommen ist eine Frage des Gewissens, des Herzens, des Glaubens, der Liebe. Dazu verhilft das Licht Gottes auf unseren Pfaden.

Wie lässt sich nun die Wundererzählung aus Joh deuten und verstehen?

"Die Blindheit, die hier geheilt wird, steht zugleich für die Blindheit des Menschen gegenüber Christus und Gott und für die Existenz der Sünde, die die Menschen (...) kennzeichnet und die (...) bei denen 'bleibt', die sich dem Glauben an das Licht der Welt verschließen in der Meinung, selber (besser) zu sehen, mit ihrem religiösen Wissen die Dinge besser beurteilen zu können und deshalb Jesus bzw. die christliche Verkündigung abweisen. 'Das Sehend-Werden' ist ein geläufiges Bild des 'Zum-Glauben-Kommens', insofern die Augen geöffnet werden für Jesus und seine wahre Identität und Vollmacht und damit zugleich für den Schöpfer und für die Wahrheit über die eigene Existenz vor Gott. Der Geheilte ist zugleich Paradigma und Vorbild des Glaubenden, der die 'Zeichen' richtig deutet, die Konsequenzen daraus zieht und diesen Glauben auch offen und unerschrocken bekennt - ungeachtet der möglichen Konsequenzen -, weil er selbst von Jesus 'gesehen', 'gefunden' und aufgenommen ist" (zitiert aus: ZIMMERMANN (Hg.), Kompendium frühchristlicher Wundererzählungen, 2013, 725ff).


Heinrich Schütz (1585-1672), Wohl denen, die ohne Wandel leben, SWV 482, hochgeladen am 12.7.2011, Dresden Chamber Choir, Dresden Early Music Ensemble, Hans-Christoph Rademann.

Kommentar zu den LG vom 06.10.2013

Predigtgrundlage für diesen Erntedank-Gottesdienst ist Psalm 104, 24: "Herr, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter".
Die Leitgedanken für die Predigt haben die Überschrift: "Dir, Gott, Schöpfer und Vater, sei dank!" Die Kernbotschaft wird so zusammengefasst: "Dank sei Gott, dem Schöpfer der materiellen und der geistigen Welt" (alle Zitate aus den o. g. LG)!
Darüber hinaus wird die Botschaft oder das Bibelwort in keinen weiteren Kontext eingebettet.

Im Jahrkreis feiern wir das Erntedankfest. Es ist der 19. Sonntag nach Trinitatis. Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres für diesen Sonntag ist der Ps 104, 10-15 und 27-30: "Du, der Quellen entsendet in die Täler: Zwischen den Bergen fließen sie dahin. Sie tränken alle Tiere des Feldes, die Wildesel stillen ihren Durst. An ihnen wohnen die Vögel des Himmels, aus dichtem Laub lassen sie ihre Stimme erschallen. Du, der die Berge tränkt aus seinen Obergemächern: von der Frucht deiner Werke wird die Erde gesättigt. Der Gras hervorsprossen lässt für das Vieh und Pflanzen zum Dienst des Menschen, damit er Brot hervorbringe aus der Erde und Wein, der des Menschen Herz erfreut; damit er das Angesicht glänzend mache vom Öl und Brot des Menschen Herz stärke. (...) Sie alle warten auf dich, dass du ihnen ihre Speise gibst zu seiner Zeit. Du gibst ihnen: Sie sammeln ein. Du tust deine Hand auf: Sie werden gesättigt mit Gutem.
Du verbirgst dein Angesicht: Sie erschrecken. Du nimmst ihren Lebensatem weg: Sie vergehen und werden wieder zu Staub. Du sendest deinen Lebenshauch aus: Sie werden geschaffen; du erneuerst die Flächen des Ackers" (aus: Elberfelder Bibel, 2010). Der Auszug für den Gottesdienst in der NAK befindet sich auch in Ps 104, liegt aber genau zwischen den Texten des Wochenpsalmes.
Unmittelbar fällt zum Erntedank natürlich die Schöpfungsgeschichte in das Blickfeld der Betrachtungen: "Dann sprach Gott: »Nun wollen wir Menschen machen, ein Abbild von uns, das uns ähnlich ist! Sie sollen Macht haben über die Fische im Meer, über die Vögel in der Luft, über das Vieh und alle Tiere auf der Erde und über alles, was auf dem Boden kriecht.« So schuf Gott die Menschen nach seinem Bild, als Gottes Ebenbild schuf er sie und schuf sie als Mann und als Frau. Und Gott segnete die Menschen und sagte zu ihnen: »Seid fruchtbar und vermehrt euch! Füllt die ganze Erde und nehmt sie in Besitz! Ich setze euch über die Fische im Meer, die Vögel in der Luft und alle Tiere, die auf der Erde leben, und vertraue sie eurer Fürsorge an«" (Gen 1, 26-28; aus: Die Gute Nachricht Bibel, 1982). 
Lampedusa oder: die Ungleichverteilung des Reichtums in der Welt: "133 Tote, dazu 200 Vermisste, die kaum lebendig geborgen werden dürften – dies ist die Bilanz einer der schlimmsten Flüchtlingstragödien, die sich in den letzten Jahren auf dem Mittelmeer ereigneten. Schauplatz wieder einmal: die kleine Insel Lampedusa. 20 Quadratkilometer Felsen zwischen Europa und Afrika, ein Synonym für die latente Flüchtlingskrise der EU.
"Einen Horror" nennt das Giusi Nicolini, seit 2012 die Bürgermeisterin von Lampedusa, wo allein seit ihrem Amtsantritt annähernd 20.000 Armuts- und Bürgerkriegsflüchtlinge an Land gingen. Von einer "Schande" sprach der Papst, der im Juli mit seinem viel beachteten Antrittsbesuch auf der Insel das Thema zurück auf die Agenda der internationalen Medien brachte" (Quelle: ZeitOnline vom 4.10.2013, heruntergeladen am 12.10.2013).

 "... ich  vertraue sie eurer Fürsorge an!" (...)

Ozonloch: "Das von der Natur freigesetzte Kohlendioxid (aus Ozeanen, Böden oder Vegetation an Land) ist in einem Gleichgewicht mit der natürlichen Absorption (wiederum durch Ozeane, Böden und die Vegetation). Die Emissionen durch Aktivitäten des Menschen sind eine zusätzliche Quelle und stören diese Balance. Die Natur nimmt zwar einen Teil der menschverursachten Emissionen auf, doch etwa die Hälfte bleibt in der Erdatmosphäre und führt zu einem Nettozuwachs  des CO2-Gehalts. Mit anderen Worten: Die menschverursachten Emissionen sind verantwortlich für die Veränderung des CO2-Gehalts, („Bilanz“ der CO2-Flüsse), während die natürlichen Emissionen vor allem die Gesamtsumme der Flüsse („Umsatz“ im Kohlenstoffkreislauf) bestimmen" (Quelle: klimafakten.de von August 2010, heruntergeladen am 12.10.2013). 

"... ich  vertraue sie eurer Fürsorge an!" (...) 

Meeresverschmutzung: "Das Leben in den Weltmeeren ist bedroht und damit auch eine unserer wichtigsten Existenzgrundlagen. Vor allem die industrielle Fischerei und die Offshore-Industrie richten großen Schaden an. Die Weltmeere sind ein einziges Krisengebiet: Rund 85 Prozent der weltweiten Speisefischbestände sind bis an die Grenze genutzt oder überfischt. Schuld daran sind übergroße, übertechnisierte Fangflotten und rücksichtslose Fangmethoden, etwa mit Grundschleppnetzen. Diese erzeugen nicht nur massenhaft Beifang, sie zerstören auch kostbare Lebensräume am Meeresboden wie artenreiche Tiefseeberge, Korallen- oder Steinriffe. (...) Massenhafter Schiffsverkehr, Industrieanlagen, seismische Tests zur Erdölsuche, militärische Sonare: Auch Unterwasserlärm ist ein Problem, er stört zum Beispiel die Orientierung von Walen (Quelle: greenpeace.de vom 05.10.2012, heruntergeladen am 12.10.2013).

"... ich  vertraue sie eurer Fürsorge an!" (...) 

Wenn die Feier eines Erntedankfestes heute noch Sinn ergeben soll, so muss dieser Gedanke mit dem des  Umweltschutz' verknüpft sein. Wenn ein Erntedank-Gottesdienst den Menschen etwas zu sagen haben soll, dann muss die Predigt mit dem Gedanken und der Idee der Ökologie verknüpft werden, wie dies ja auch bereits in den Heiligen Schriften angelegt ist. Die Bewahrung der Schöpfung und der verantwortungsvolle Umgang mit der Schöpfung muss im Mittelpunkt stehen. Ozonloch, Meeresverschmutzung und  "Lampedusa" sind Belege für eine menschenunwürdige Interpretation des Satzes: "... und machet sie (euch) untertan" (Gen 1, 28; Elberfelder Bibel, 2010). 

"... ich  vertraue sie eurer Fürsorge an!" (...) 

P. S.: Am Erntedanksonntag besuchte ich einen Gottesdienst der NAK in Binz auf Rügen, MV, Gebietskirche Norddeutschland. Das Bibelwort wurde dort in keinen o. g. Kontext eingebettet. Dies sahen die LG ja auch nicht vor.

Samstag, 12. Oktober 2013

Kommentar zu den LG vom 29.09.2013

Predigtgrundlage für diesen Gottesdienst ist  1. Mose 18, 2-3 "Als er seine Augen aufhob und sah, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Und als er sie sah, lief er ihnen entgegen von der Tür seines Zeltes und neigte sich zur Erde und sprach: Herr, hab ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so geh nicht an deinem Knecht vorüber."
Die Leitgedanken für die Predigt haben die Überschrift: "Aufnehmen, die Gott sendet."
Die Kernbotschaft wird folgt zusammengefasst: "Indem wir das Wort Gottes durch seine Boten aufnehmen,  ehren wir unseren himmlischen Vater."
Zum Kontext, in dem das zitierte Wort steht, wird gesagt: "Der Bibeltext gehört zu  der Geschichte von  Abrahams Begegnung mit den drei Männern im Hain Mamre (1. Mo 18, 1−15).  In  Vers  1 wird deutlich  gemacht, dass Gott selber in den drei  Männern gegenwärtig  wird.  Abraham und Sara wird, obwohl sie schon sehr alt sind, die Geburt eines Sohnes verheißen. Durch die drei Fremden erlebt Abraham eine  unmittelbare Begegnung mit Gott. In der christlichen Tradition werden sie als Hinweis auf das Geheimnis der  Dreieinigkeit Gottes verstanden. „Mamre“ bedeutet „Weide“, der Ort befindet sich in der Nähe von  Hebron"  (1. Mo 13, 18; alle Zitate aus den o. g. LG).

Lassen wir einmal diese allzu naheliegende und offensichtliche Deutung, dass es sich bei der Begegnung mit den drei Männern um einen Hinweis auf die Dreiheit Gottes im Sinne der Trinität handelt, beiseite. Diese Deutung hat ihren Reiz, zumal die biblischen Texte über die älteste Geschichte Israels (oder besser über dessen Früh- oder Protogeschichte) nicht als geschichtliche Quellen verfasst worden sind, sondern als literarische Fiktionen und Kunstprodukte gelten müssen. Aber in dieser frühen Zeit steht die Entstehungsgeschichte des Volkes Israel und später dann der Nation im Mittelpunkt. Alles geschieht durch und mit der Hilfe des einen Gottes. Es wird eine Abenteuergeschichte voller wunderbaren Begegnungen geschildert (vergl. dazu: LEMCHE, Die Vorgeschichte Israels, 1996). Mit der Verheißung ist endgültig der Samen für das Volk Israel und die Nation gelegt worden, denn es ist auffällig, dass dies bereits die dritte Zusage an Abraham ist, dass seine Frau Sara einen Sohn bekommen wird (vergl. zuvor Gen 15, 4 und  Gen 17, 15 und eben schließlich Gen 18, 10).

Die Drei gilt von alters her als göttliche bzw. heilige Zahl. Der Jahres- und Lebenszyklus wurde in vielen Kulturen als Dreiheit gesehen. Wachsen – Fruchtbarkeit – Vergehen, Kindheit – Erwachsenenalter – Alter oder zunehmender Mond – Vollmond – abnehmender Mond. Und so treten natürlich, da die Natur einen  wesentlicher Erfahrungshintergrund darstellt, viele Götter in dieser Dreiheit auf (z. B. auch in der ägyptische Mythologie Isis - Osiris - Horus und später dann im Christentum Vater - Sohn - Heiliger Geist). In unserem Zusammenhang ist noch wichtig die Überlegungen zur Dreifaltigkeit in den (religiösen) Vorstellungen des Heiden- resp. Neuheidentum. Hier wird die "Große Göttin" in ihrer Dreifaltigkeit Jungfrau (»Liebesgöttin«) -  Mutter (»Fruchtbarkeitsgöttin«) - Altes Weib (»Todesgöttin«) verehrt mit der jeweiligen "Zuständigkeit" für die Jahreszeiten Frühling - Sommer - Winter. 
Zurück zum Text: Die LG weisen zurecht darauf hin, dass es für Beduinen eine ungewöhnliche Verhaltensweise sei, zu einer Tageszeit, als es am heißesten war, vor ihren Zelten zu sitzen. Es wird hier als "besondere Erwartungshaltung" interpretiert. Berücksichtigt man die vermutlich verbreiteten (mythologischen) Vorstellungen der Zeit sowie die kunstvolle literarische Gestaltung der biblischen Geschichten, so kann die "Hitze des Tages" als "Sommer" interpretiert werden und so ergibt sich ein Hinweis auf die "Mutter" und die "Fruchtbarkeit" und somit auf die Verheißung (siehe oben). Auch die Sequenz „Herr, hab ich Gnade gefunden  vor  deinen  Augen, so  geh  nicht  an  deinem Knecht vorüber“ (Gen 18, 3) kann in diesem Sinne gedeutet werden. Es wird eine Begegnungsgeschichte erzählt, in deren Verlauf drei Nahrungsmittel, nämlich Brot, Wasser und Kalb (-Fleisch), gereicht werden.

Brot verkörpert die Güte der Schöpfung und des Schöpfers, steht aber auch für die Demut des einfachen Lebens. Gleichzeitig bedeutet das feine, teure Kalb (-Fleisch) eine besondere Ehrerbietung gegenüber den Gästen.
Das Wasser ist der Inbegriff des Lebens und des Anfangs: "Braus Gottes schwingend über dem Antlitz der Wasser" (Gen 1, 2; Übertragung nach BUBER & ROSENZWEIG, 1954, 1976, 1992). Es steht als Quelle und Fluß für Ursprung, Mutterschaft und Fruchtbarkeit.
Die drei Männer stehen also für Verheißungen, dass etwas außergewöhnliches, etwas göttliches geschehen wird. In diesem Sinne sind Begegnungen und Verheißungen eng miteinander verwoben.

Am 29.9. feiern wir den 18. Sonntag nach Trinitatis. Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres für diesen Sonntag ist der Ps 1. "Wohl dem Mann, der nicht dem Rat der Frevler folgt, nicht auf dem Weg der Sünder geht, nicht im Kreis der Spötter sitzt, sondern Freude hat an der Weisung des Herrn, über seine Weisung nachsinnt bei Tag und bei Nacht. Er ist wie ein Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist, der zur rechten Zeit seine Frucht bringt und dessen Blätter nicht welken. Alles, was er tut, wird ihm gut gelingen. Nicht so die Frevler: Sie sind wie Spreu, die der Wind verweht. Darum werden die Frevler im Gericht nicht bestehen noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten. Denn der Herr kennt den Weg der Gerechten, der Weg der Frevler aber führt in den Abgrund" (aus: Die Bibel, Einheitsübersetzung, 1980, 2008).

Gut kann man sich dabei Abraham vorstellen, der vor seinem Zelt sitzt und dieses Lied singt (leider konnte ich das Video nicht einbetten, darum nur dieser Link).

https://www.youtube.com/watch?v=ulxmGx57CSA