Sonntag, 26. Februar 2017

Invokavit - Kommentar zur Predigtgrundlage der NAK vom 05.03.2017

Bild: Rudi Witzke


Versuchung


Wochenspruch: 1 Joh 3, 8b:
„Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.“ (LUT)
„Der Sohn Gottes aber ist erschienen, um die Werke des Teufels zu zerstören.“ (EU)

Wochenpsalm: Psalm 91:
Unter Gottes Schutz
Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: / Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe. Denn er errettet dich vom Strick des Jägers und von der verderblichen Pest. Er wird dich mit seinen Fittichen decken, / und Zuflucht wirst du haben unter seinen Flügeln. Seine Wahrheit ist Schirm und Schild, dass du nicht erschrecken musst vor dem Grauen der Nacht, vor dem Pfeil, der des Tages fliegt, vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die am Mittag Verderben bringt. Wenn auch tausend fallen zu deiner Seite / und zehntausend zu deiner Rechten, so wird es doch dich nicht treffen. Ja, du wirst es mit eigenen Augen sehen und schauen, wie den Frevlern vergolten wird. Denn der HERR ist deine Zuversicht, der Höchste ist deine Zuflucht. Es wird dir kein Übel begegnen, und keine Plage wird sich deinem Hause nahen. Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, dass sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest. Über Löwen und Ottern wirst du gehen und junge Löwen und Drachen niedertreten. »Er liebt mich, darum will ich ihn erretten; er kennt meinen Namen, darum will ich ihn schützen. Er ruft mich an, darum will ich ihn erhören; / ich bin bei ihm in der Not, ich will ihn herausreißen und zu Ehren bringen. Ich will ihn sättigen mit langem Leben und will ihm zeigen mein Heil.« (LUT)

Die Predigtgrundlage der NAK vom 05.03.2017 ist aus „Kolosser 1, 21–23: Auch euch, die ihr einst fremd und feindlich gesinnt wart in bösen Werken, hat er nun versöhnt durch den Tod seines sterblichen Leibes, damit er euch heilig und untadelig und makellos vor sein Angesicht stelle; wenn ihr nur bleibt im Glauben, gegründet und fest, und nicht weicht von der Hoffnung des Evangeliums, das ihr gehört habt und das gepredigt ist allen Geschöpfen unter dem Himmel.“ (LUT1984)

Die Predigtgrundlage der NAK ist in den folgenden Kontext eingebettet: Kol 1, 15-23:
Christus, der Erste in Schöpfung und Auferweckung
Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene vor aller Schöpfung. Denn in ihm ist alles geschaffen, was im Himmel und auf Erden ist, das Sichtbare und das Unsichtbare, es seien Throne oder Herrschaften oder Mächte oder Gewalten; es ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen. Und er ist vor allem, und es besteht alles in ihm. Und er ist das Haupt des Leibes, nämlich der Gemeinde. Er ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten, auf dass er in allem der Erste sei. Denn es hat Gott gefallen, alle Fülle in ihm wohnen zu lassen und durch ihn alles zu versöhnen zu ihm hin, es sei auf Erden oder im Himmel, indem er Frieden machte durch sein Blut am Kreuz. Auch euch, die ihr einst Fremde wart und feindlich gesinnt in bösen Werken, hat er nun versöhnt durch seinen sterblichen Leib, durch seinen Tod, auf dass er euch heilig und makellos und untadelig vor sein Angesicht stelle; wenn ihr nur bleibt im Glauben, gegründet und fest, und nicht weicht von der Hoffnung des Evangeliums, das ihr gehört habt und das gepredigt ist allen Geschöpfen unter dem Himmel. Sein Diener bin ich, Paulus, geworden. (LUT)

Kommentar:
  • „Nach dem lateinischen Anfangswort der Introitusantiphon (Kehrvers zum Eröffnungsgesang; "Invocavit me, et ergo exaudiam eum" (Ps 91, 15; deutsch: Er ruft mich an, darum will ich ihn erhören)) trägt der 1. Sonntag der Passionszeit (katholisch: 1. Fastensonntag) im evangelischen Raum den Namen Invokavit („Er hat mich angerufen“). Inhaltlich wird er durch das Evangelium vom vierzigtägigen Wüstenaufenthalt Jesu (Versuchung Jesu: Mt 4, 1-11). bestimmt.
  • Auch die neue katholische Lesordnung stellt den 1. Fastensonntag unter dieses Thema. Der Bezug zur Zeit der Vierzig Tage, zur Taufvorbereitung und zur Bußpraxis ist dabei deutlich gegeben“ (Bieritz, 2014, 194).
  • Die Auswahl der Predigtgrundlage in der NAK für diesen Sonntag wird wie folgt begründet: „‚Erkenntnis des Heils‘ lautet der Themenschwerpunkt im Monat März. In der Heiligen Schrift wird der Begriff ‚Heil‘ im Sinn von ‚Rettung‘, ‚Bewahrung‘ und ‚Erlösung‘ verwendet. (…) Mit dem Gottesdienst für die Entschlafenen am ersten Sonntag des Monats wird verdeutlicht, dass das Heilsangebot im Diesseits und im Jenseits gilt. Um erlöst zu werden, ist es unerlässlich, dass Lebende wie Entschlafene an die göttliche Heilszuwendung in Jesus Christus glauben, das Wort Gottes hören und die Sakramente der Kirche hinnehmen. Der Glaube ist notwendig für den Empfang der Sakramente und die Entfaltung der mit ihnen verbundenen Heilswirkung“ (zitiert aus den Leitgedanken zum Gottesdienst 3/17, 3).
Bei dem Kolosserbrief handelt es sich um eine sogen. Deuteropauline. Durchgängig tritt in diesen Schriften die paulinische Rechtfertigungslehre in den Hintergrund, während kirchenrechtliche und ethische Probleme in den Vordergrund rücken. Die ethischen Ermahnungen, denen die Textgrundlage entnommen worden ist (Kol 3, 1-17) haben Abkehr vom "alten Menschen" und Hinwendung zum "neuen Menschen" zum Thema und steht so in der Tradition der sogen. Bergpredigt (Mt. 5-7) und gleichnishafter Reden (s. o.). Vergleiche dazu ausführlich Bernhard Heininger: Die Rezeption des Paulus im ersten Jahrhundert. In: Wischmeyer, 2006, 309-340, inbs. 310-316). Die ausgewählte Textstelle passt sich also weder in den aktuellen Abschnitt des Kirchenjahres ein, noch erscheint sie passend zum Ende des Kirchenjahres und zu der in der NAK heute angesprochenen Ewigkeitsthematik. 

Zur theologischen Einordnung des Kol beziehe ich mich auf die BNÜ:
1. „Das Thema der Auseinandersetzung des Kol mit seinen Gegnern ist so etwas wie eine religiöse Subkultur nach Art der modernen Esoterik. Jenseits des Rationalen sind verschiedene Mächte der himmlischen Welt interessant. Die Zuwendung zu ihnen ist magisch, mystisch und kultisch: Magisch, das heißt nicht personhaft, sondern dinglich-automatisch. Mystisch heißt: Kontakt mit Personen des Himmels. Kultisch heißt: Der Weg läuft über Riten (Enthaltsamkeit, Zeiten). Der Kol antwortet mit seiner Christologie. Er gibt der himmlischen Welt eine streng hierarchische Ordnung.
2. Christen sind schon mit Christus auferstanden. Nichts, auch der Tod nicht, kann sie von Gott trennen.
3. Der Tod Jesu hat für die Christen absolut freien Zugang zu Gott hin bewirkt. Anrufungen von Engeln [oder Vermittlung durch kirchliche Autoritäten; MS] sind nicht mehr notwendig.
4. Die Versöhnungstat Jesu Christi bezieht sich nicht (zuerst) auf die Versöhnung von Menschen untereinander, sondern auf den Frieden mit Gott.
5. Der Gedankengang des Kol zwingt zu der Annahme, dass auch für den Verfasser Mächte und Gewalten nicht bedeutungslos sind.
6. Mit dem Ansatz "Christus das Haupt des Leibes" zeigt der Verfasser sein Interesse an Ordnungsstrukturen in der Schöpfung, in der Kirche und im christlichen Haus (Haustafeln; Kol 3). Die Ordnung, die das Haupt stiftet ist strukturell monarchisch und nicht pluralistisch. "Wurzeln für die Herausbildung neutestamentlicher Haustafeln liegen im hellenistisch-römischen Kulturkreis: politisch-ökonomische Lehrschriften über das wohlgeordnete Hauswesen, ethisch-philosophische Pflichtenkataloge, jüdisch-hellenistische Paränese. Bereits Aristoteles untersucht als „die ursprünglichen und kleinsten Teile des Hauses Herr und Sklave, Gatte und Gattin, Vater und Kinder“ (Polit. 1253b). Bei Aristoteles, Seneca (Ep. 94,1) und Pseudo-Phokylides (175-227) steht der freie Mann in seiner dreifachen Rolle als Ehemann, Vater und Herr (Besitzer) im Zentrum" (Das Bibellexikon: Stichwort: Haustafel. www.bibelwissenschaft.de).7. Die Haustafeln legen schon als Gattung den Schluß nahe: Für Kol geht es um das heilige Haus Gottes - dieses ist aber jetzt nicht mehr nur das himmlische Heiligtum, sondern dieses Haus ist die Gemeinde auf Erden.
8. Der Kol deutet den Tod Jesu als Versöhnung. Damit ist der Tod Jesu kein Opfer, auch kein Sühneopfer, sondern der Tod des Unschuldigen wird zum Akt der Stellvertretung für alle Schuldigen - Gott braucht keine Opfer!
9. Kol kennt keine apokalyptische Eschatologie, er kennt weder Auflösung oder Zerstörung des Kosmos noch Auferstehung der Toten am Ende.
10. Nicht alle Menschen generell sind schon Bild-Gottes. Jesus ist Bild Gottes. Wie oben bereits erwähnt tritt die paulinische Rechtfertigungs- und Gnadenlehre in den Hintergrund.
11. Die Christen sollen nun das, was ihrem Status entspricht, auch in ihrem Handeln wahrnehmen und wahrmachen. Es geht somit um die Konsequenzen aus dem neuen Sein. Es kommt nur darauf an, sich ganz auf diese Seite einzulassen.
12. Die alten Unterteilungen (z. B. Sklave / Freie) sind nicht beseitigt, aber sie sind nicht mehr trennend. Gottes Versöhnungstat hat die Grenzen zwischen Gott und Mensch beseitigt und die zwischen den Menschen ihrer feindseligen Wirkung beraubt. Wenn Frieden mit Gott ist, wieviel mehr erst unter den Menschen (siehe ausführlich BNÜ, Einleitung zum Kolosserbrief, 225-228).

Eine zusätzlich Interpretation von Kol findet sich hier: http://www.bibelwissenschaft.de/bibelkunde/neues-testament/paulinische-briefe/kolosser/

Sonntag, 19. Februar 2017

Estomihi - Kommentar zur Predigtgrundlage der NAK vom 26.02.2017


Marc Chagall: Das Hohelied I, 1960, Öl/maroufliertes Papier auf Leinwand, H. 146,5 cm; L 171,5 cm.

Der Weg zum Kreuz (Der Weg der Liebe)


Wochenspruch: Lk 18, 31:
„Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.“ (LUT)
„Siehe, wir gehen nach Jerusalem hinauf; und es wird sich alles erfüllen, was bei den Propheten über den Menschensohn geschrieben steht.“ (EU)

Wochenpsalm: Psalm 31, 2-6:
In Gottes Händen geborgen
Herr, auf dich traue ich, / lass mich nimmermehr zuschanden werden, errette mich durch deine Gerechtigkeit! Neige deine Ohren zu mir, hilf mir eilends! Sei mir ein starker Fels und eine Burg, dass du mir helfest! Denn du bist mein Fels und meine Burg, und um deines Namens willen wollest du mich leiten und führen. Du wollest mich aus dem Netze ziehen, / das sie mir heimlich stellten; denn du bist meine Stärke. In deine Hände befehle ich meinen Geist; du hast mich erlöst, Herr, du treuer Gott. (LUT)

Die Predigtgrundlage der NAK vom 26.02.2017 ist aus „Ps 118, 17-18: Ich werde nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werke verkündigen. Der Herr züchtigt mich schwer; aber er gibt mich dem Tode nicht preis.“ (LUT1984)

Der Abschnitt dieses Psalms wird bei Spangenberg (2013) wie folgt übertragen: „Ich werde nicht zerbrechen. Ich werde leben. Du mutest mir viel zu, aber du lässt mich nicht allein.“ 

Die Predigtgrundlage der NAK ist in folgende Sinnumgebung eingebettet: „Psalm 118 spiegelt die zwei Teile einer Dankliturgie wider: 1. das Danklied mit seiner Rettungserzählung und 2. die gemeinsame Festfeier im Heiligtum.“ Es handelt sich um eine „poetische Transformation.“ V. 5-18 ist eine zweifache Erzählung von der Not eines Ich durch eine feindliche Umwelt und durch seine eigenen inneren Kämpfe und Zweifel. Aus beidem rettet JHWH das Ich (Zenger, 2005, 319f).

Kommentar:
  • „Der Sonntag vor der Passionszeit (früher Quinquagesimae von lat. = fünfzig [Tage vor Ostern] steht im Zeichen der Leidensankündigungen Jesu; als Evangelium wird Mk 8, 31-38 (alt: Lk 18, 31-43) gelesen. Ein eigenes Gewicht besitzt die Epistel aus 1 Kor 13, das Hohelied der Liebe. Der Sonntag trägt auch die Bezeichnung Estomihi - nach dem Anfangswort der lateinischen Introitusantiphon: ‚Sei mir ein starker Fels und eine Burg‘ (Ps 31, 3)“ (Bieritz, 2014, 192).
  • Die Auswahl der Predigtgrundlage in der NAK für diesen Sonntag wird wie folgt begründet: „Am letzten Sonntag des Februars werden wir dazu aufgefordert, Gott für das Heil, das er uns in Jesus Christus zuteilwerden lässt, zu danken. Der Gemeinde sollen die rettenden Taten Gottes ins Bewusstsein gehoben werden. Einerseits soll an Gottes heils­geschichtliche Taten erinnert werden, anderseits sollen die Gemeindeglieder sich auch auf die Hilfe Gottes, die sie in ihrem Leben schon erfahren haben, besinnen. Jeder soll in der Gewiss­heit bestärkt werden, dass Gott auch in persönlichen Situationen nahe ist und beisteht“ (zitiert aus den Leitgedanken zum Gottesdienst 2/17, 3). 
Ohne den Sonntag „Estomihi“ zu erwähnen, bezieht sich die NAK inhaltlich auf die Themen dieses Sonntages und damit auf das Kirchenjahr.

Das Hohelied der Liebe
Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht,
so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.
Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte der Liebe nicht,
so wäre ich nichts.
Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und meinen Leib dahingäbe, mich zu rühmen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze. 
Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. 
Die Liebe höret nimmer auf, (…). Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen. (LUT)

Sexagesimae - Kommentar zur Predigtgrundlage der NAK vom 19.02.2017

Schwabach Stadtkirche: Fenster Vierfaches Ackerfeld

Viererlei Ackerfeld (Wort Gottes - Antwort des Menschen)


Wochenspruch: Hebr 3, 15:
„Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht“ (LUT)
„Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet nicht eure Herzen“ (EU)

Wochenpsalm: Psalm 119, 89-91.105.116
Die Herrlichkeit des Wortes Gottes
HERR, dein Wort bleibt ewiglich, so weit der Himmel reicht; deine Wahrheit währet für und für. Du hast die Erde fest gegründet, und sie bleibt stehen. Nach deinen Ordnungen bestehen sie bis heute; denn es muss dir alles dienen. Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege. Erhalte mich nach deinem Wort, dass ich lebe, und lass mich nicht zuschanden werden in meiner Hoffnung. (LUT)

Die Predigtgrundlage der NAK vom 12.02.2017 ist aus „Joh 6, 53.54: Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohns esst und sein Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken.“ (LUT1984)

Die Predigtgrundlage ist in die folgende Wortumgebung eingebettet: Johannes 6, 22-71:
Das Brot des Lebens
Am nächsten Tag sah das Volk, das am andern Ufer des Meeres stand, dass kein anderes Boot da war als das eine und dass Jesus nicht mit seinen Jüngern in das Boot gestiegen war, sondern seine Jünger waren allein weggefahren. Es kamen aber andere Boote von Tiberias nahe zu der Stätte, wo sie das Brot gegessen hatten, nachdem der Herr die Danksagung gesprochen hatte. Als nun das Volk sah, dass Jesus nicht da war und seine Jünger auch nicht, stiegen sie in die Boote und kamen nach Kapernaum und suchten Jesus. Und als sie ihn fanden am andern Ufer des Meeres, fragten sie ihn: Rabbi, wann bist du hergekommen? Jesus antwortete ihnen und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von dem Brot gegessen habt und satt geworden seid. Müht euch nicht um Speise, die vergänglich ist, sondern um Speise, die da bleibt zum ewigen Leben. Dies wird euch der Menschensohn geben; denn auf ihm ist das Siegel Gottes des Vaters. Da fragten sie ihn: Was sollen wir tun, dass wir Gottes Werke wirken? Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Das ist Gottes Werk, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat. Da sprachen sie zu ihm: Was tust du für ein Zeichen, auf dass wir sehen und dir glauben? Was wirkst du? Unsre Väter haben Manna gegessen in der Wüste, wie geschrieben steht (Psalm 78,24): »Brot vom Himmel gab er ihnen zu essen.« Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn dies ist das Brot Gottes, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben. Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit solches Brot. Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten. Aber ich habe euch gesagt: Ihr habt mich gesehen und glaubt doch nicht. Alles, was mir der Vater gibt, das kommt zu mir; und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen. Denn ich bin vom Himmel gekommen, nicht damit ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat. Das ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass ich nichts verliere von allem, was er mir gegeben hat, sondern dass ich's auferwecke am Jüngsten Tage. Denn das ist der Wille meines Vaters, dass, wer den Sohn sieht und glaubt an ihn, das ewige Leben habe; und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage. Da murrten die Juden über ihn, weil er sagte: Ich bin das Brot, das vom Himmel gekommen ist, und sprachen: Ist dieser nicht Jesus, Josefs Sohn, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wie kann er jetzt sagen: Ich bin vom Himmel gekommen? Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Murrt nicht untereinander. Es kann niemand zu mir kommen, es sei denn, ihn ziehe der Vater, der mich gesandt hat, und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage. Es steht geschrieben in den Propheten (Jesaja 54,13): »Sie werden alle von Gott gelehrt sein.« Wer es vom Vater hört und lernt, der kommt zu mir. Nicht dass jemand den Vater gesehen hätte; nur der, der von Gott ist, der hat den Vater gesehen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, der hat das ewige Leben. Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit, wer davon isst, nicht sterbe. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch – für das Leben der Welt. Da stritten die Juden untereinander und sprachen: Wie kann dieser uns sein Fleisch zu essen geben? Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht esst das Fleisch des Menschensohns und trinkt sein Blut, so habt ihr kein Leben in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken. Denn mein Fleisch ist die wahre Speise, und mein Blut ist der wahre Trank. Wer mein Fleisch isst und trinkt mein Blut, der bleibt in mir und ich in ihm. Wie mich gesandt hat der lebendige Vater und ich lebe um des Vaters willen, so wird auch, wer mich isst, leben um meinetwillen. Dies ist das Brot, das vom Himmel gekommen ist. Es ist nicht wie bei den Vätern, die gegessen haben und gestorben sind. Wer dies Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Das sagte er in der Synagoge, als er in Kapernaum lehrte.

Spaltung unter den Jüngern und das Bekenntnis des Petrus
Viele nun seiner Jünger, die das hörten, sprachen: Das ist eine harte Rede; wer kann sie hören? Da Jesus aber bei sich selbst merkte, dass seine Jünger darüber murrten, sprach er zu ihnen: Nehmt ihr daran Anstoß? Wie, wenn ihr nun sehen werdet den Menschensohn auffahren dahin, wo er zuvor war? Der Geist ist's, der da lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, die sind Geist und sind Leben. Aber es sind etliche unter euch, die glauben nicht. Denn Jesus wusste von Anfang an, wer die waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde. Und er sprach: Darum habe ich euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, es sei ihm denn vom Vater gegeben. Von da an wandten sich viele seiner Jünger ab und gingen hinfort nicht mehr mit ihm. Da sprach Jesus zu den Zwölfen: Wollt ihr auch weggehen? Da antwortete ihm Simon Petrus: Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt: Du bist der Heilige Gottes. Jesus antwortete ihnen: Habe ich nicht euch Zwölf erwählt? Und einer von euch ist ein Teufel. Er redete aber von Judas, dem Sohn des Simon Iskariot. Der verriet ihn hernach und war einer der Zwölf. (LUT)

Kommentar:

  • Der Charakter des heutigen Sonntags wird durch das Gleichnis von vierfachen Ackerfeld bestimmt. Hierzu verweise ich auf: Kristina Dronsch (2007): Vom Fruchtbringen (Sämann und Deutung). In: Zimmermann (Hg): Kompendium der Gleichnisse Jesu. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 461-472.
  • Die Auswahl der Predigtgrundlage in der NAK für diesen Sonntag wird wie folgt begründet: „Im Gottesdienst am dritten Sonntag steht ein wesentlicher Aspekt des Abendmahls im Mittelpunkt: nämlich das Bekennt­nismahl. Das Abendmahl ist ein Bekenntnis zum Opfertod, zur Auferstehung und Wiederkunft Christi. Insofern ist es auch ein Bekenntnis zu wesentlichen Aspekten der Lehre der Neuaposto­lischen Kirche“ (zitiert aus den Leitgedanken zum Gottesdienst 2/17, 3).

Eine mit diesem Textabschnitt im Zusammenhang stehende Kontroverse findet keine Erwähnung: Nach van der Watt (2007) gehört Joh 6 zu den meistdiskutierten Abschnitten im Evangelium. Dabei geht es um die Frage, warum Johannes eine Eucharistie- (Abendmahls-) Feier nie ausdrücklich erwähnt, jedoch eine „eindeutig sakramentale (eucharistische) Sprache“ nutzt („Blut trinken, Fleisch essen“). Lehnte Johannes sakramentale Handlungen ab oder sind sie von ihm als selbstverständlich vorausgesetzt und bedürfen darum keiner expliziten Erwähnung? Diese Diskussion ist weithin offen (vergl. dazu Jan G. van der Watt (2007): Ein himmlisches Gericht (Vom Brot des Lebens). In: Zimmermann, Ruben (Hg.): Kompendium der Gleichnisse Jesu. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 755-767).
„Kontextuell sollte Joh 6 mit dem vorausgegangenen Joh 5 gelesen werden, wo die Identität Jesu als des Sohnes, der genauso am Werk ist wie der Vater, von seinen Gegnern in Frage gestellt wird. Er verteidigt sich, in dem er in Bildern aus der Welt der Ausbildung aussagt, er sei vom Vater ausgebildet worden, um Leben zu geben und Gericht zu halten und beschwört das Bild eines ‚Gerichts’ mit Zeugen zu seinen Gunsten, die seine Identität bezeugen (vergl. Joh 5). Nachdem seine Identität als Geber des Lebens feststeht, stellt sich die Frage, wie dieses Leben angeboten wird und wie man es bekommen kann. Natürlich gibt Gott das Leben, und man kann es durch Glauben erwerben. Diese Botschaft wird meisterhaft in der Rede vom Brot des Lebens (Joh 6) präsentiert. Das führt jeden Leser und jede Leserin zum Wesen dessen, was Jesus ist und was er zu bieten hat“ (ebenda, 765).

In vorangegangenen Posts deute ich die sogen. „Ich-bin-Worte“ als originäres und sehr individuelles Glaubensbekenntnis des Johannes (4. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 28. Juni 2015 oder auch Misericordias Domini - Kommentar zu den LG vom 04.05.2014).

Mittwoch, 1. Februar 2017

Septuagesimae - Kommentar zur Predigtgrundlage der NAK vom 12.02.2017


Lohn und Gnade (Der Lohn des Glaubens)


Wochenspruch: Dan 9, 18, II
Wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit. (LUT)
Nicht im Vertrauen auf unsere guten Taten legen wir dir unsere Bitten vor, sondern im Vertrauen auf dein großes Erbarmen. (EU)

Wochenpsalm: Psalm 31:
In Gottes Händen geborgen
Herr, auf dich traue ich, / lass mich nimmermehr zuschanden werden, errette mich durch deine Gerechtigkeit! Neige deine Ohren zu mir, hilf mir eilends! Sei mir ein starker Fels und eine Burg, dass du mir helfest! Denn du bist mein Fels und meine Burg, und um deines Namens willen wollest du mich leiten und führen. Du wollest mich aus dem Netze ziehen, / das sie mir heimlich stellten; denn du bist meine Stärke. In deine Hände befehle ich meinen Geist; du hast mich erlöst, Herr, du treuer Gott. Ich hasse, die sich halten an nichtige Götzen; ich aber vertraue auf den HERRN. Ich freue mich und bin fröhlich über deine Güte, dass du mein Elend ansiehst und kennst die Not meiner Seele und übergibst mich nicht in die Hände des Feindes; du stellst meine Füße auf weiten Raum. HERR, sei mir gnädig, denn mir ist angst! Mein Auge ist trübe geworden vor Gram, matt meine Seele und mein Leib. Denn mein Leben ist hingeschwunden in Kummer und meine Jahre in Seufzen. Meine Kraft ist verfallen durch meine Missetat, und meine Gebeine sind verschmachtet. Allen meinen Bedrängern bin ich ein Spott geworden, eine Last meinen Nachbarn und ein Schrecken meinen Freunden. Die mich sehen auf der Gasse, fliehen vor mir. Ich bin vergessen im Herzen wie ein Toter; ich bin geworden wie ein zerbrochenes Gefäß. Denn ich höre, wie viele mich verleumden: Schrecken ist um und um! Sie halten Rat miteinander über mich und trachten danach, mir das Leben zu nehmen. Ich aber, HERR, hoffe auf dich und spreche: Du bist mein Gott Meine Zeit steht in deinen Händen. Errette mich von der Hand meiner Feinde und von denen, die mich verfolgen. Lass leuchten dein Antlitz über deinem Knecht; hilf mir durch deine Güte! HERR, lass mich nicht zuschanden werden; denn ich rufe dich an. Die Frevler sollen zuschanden werden und verstummen im Totenreich. Verstummen sollen die Lügenmäuler, die da reden wider den Gerechten frech, stolz und höhnisch. Wie groß ist deine Güte, HERR, die du bewahrt hast denen, die dich fürchten, und erweisest vor den Menschen denen, die auf dich trauen! Du birgst sie im Schutz deines Angesichts vor den Rotten der Leute, du verbirgst sie in der Hütte vor den zänkischen Zungen. Gelobt sei der HERR; denn er hat seine wunderbare Güte mir erwiesen in einer festen Stadt. Ich sprach wohl in meinem Zagen: Ich bin von deinen Augen verstoßen. Doch du hörtest die Stimme meines Flehens, als ich zu dir schrie. Liebet den HERRN, alle seine Heiligen! Die Gläubigen behütet der HERR und vergilt reichlich dem, der Hochmut übt. Seid getrost und unverzagt alle, die ihr des HERRN harret! (LUT)

Die Predigtgrundlage der NAK vom 12.02.2017 ist aus „ 1. Korinther 16,9: Denn mir ist eine Tür aufgetan zu reichem Wirken; aber auch viele Widersacher sind da.“ (LUT1984)

Die Predigtgrundlage ist in die folgende Wortumgebung eingebettet: 1. Kor, 16, 5-12:
Reisepläne
Ich will aber zu euch kommen, sobald ich durch Makedonien gezogen bin; denn durch Makedonien will ich nur durchreisen. Bei euch aber werde ich, wenn möglich, eine Weile bleiben oder auch den Winter zubringen, damit ihr mich dann geleitet, wohin ich ziehen werde. Denn ich will euch jetzt nicht nur sehen, wenn ich durchreise; ich hoffe ja, einige Zeit bei euch zu bleiben, wenn es der Herr zulässt. Ich werde aber in Ephesus bleiben bis Pfingsten. Denn mir ist eine große Tür aufgetan zu reichem Wirken; es gibt aber auch viele Widersacher. Wenn Timotheus kommt, so seht zu, dass er ohne Furcht bei euch sein kann; denn er treibt das Werk des Herrn wie ich. Dass ihn nur nicht jemand verachte! Geleitet ihn aber in Frieden, dass er zu mir komme; denn ich warte auf ihn mit den Brüdern. Von Apollos, dem Bruder, aber sollt ihr wissen, dass ich ihn immer wieder gebeten habe, mit den Brüdern zu euch zu kommen; aber es war durchaus nicht sein Wille, jetzt zu kommen; er wird aber kommen, wenn es ihm gelegen sein wird. (LUT)

Kommentar: „Während man im Zuge der nachkonziliaren Kalenderreform in der katholischen Kirche die Vorfastenzeit abgeschafft hat (die betreffenden Sonntage werden jetzt als Sonntage im Jahrkreis mitgezählt), hält man in der neuen evangelischen Leseordnung wie im Gottesdienstbuch der Sache nach an der Vorfastenzeit fest, wenngleich auf die entsprechende Bezeichnung verzichtet wird. Sie beginnt neun Wochen vor Ostern mit dem Sonntag Septuagesimae bzw. Dritten Sonntag vor der Passionszeit, an dem als Evangelium (wie in der alten römischen Ordnung) das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg verlesen wird“ (Bieritz, 2014, 189f). Hierzu verweise ich auf: Friedrich Avemarie (2007): Jedem das Seine? Allen das Volle! (Von den Arbeitern im Weinberg). In: Zimmermann (Hg): Kompendium der Gleichnisse Jesu. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 461-472.
Die Auswahl der Predigtgrundlage der NAK für diesen Sonntag wird wie folgt begründet: „Die Predigt im zweiten Sonntagsgottesdienst will dazu aufrufen, trotz vieler Anfechtungen das Evangelium treu zu bekennen. Bekannt wird es vor allem durch konkrete Taten der Liebe, der Hinwendung zum Nächsten. Dabei - und das ist sicherlich für viele ein ungewöhnlicher Gedanke - geht es nicht darum, durch Menschlichkeit und Nächstenliebe für die Neuapostolische Kir­che zu werben“ (zitiert aus den Leitgedanken zum Gottesdienst 2/17, 3). Dabei sollen die gegebenen Chancen und Möglichkeiten genutzt werden, wobei vor allem die Schwierigkeiten in der Mission beleuchtet werden.
Während also in der EKD und in der Katholischen Kirche die Gnade in den Mittelpunkt des gottesdienstlichen Geschehens gerückt wird, stellt die NAK „das Tun“ resp. die Hürden vor den Taten ins Zentrum der Betrachtung - der Gegensatz könnte kaum größer sein.

„Gnade ist die unverdiente, unerwartete, unbegreifliche Zuwendung der Liebe Gottes zum Menschen, die diesen zum Heil in der Lebensgemeinschaft mit Gott führt, indem sie den Widerstand gegen Gott als Gefangenschaft des menschen bei sich selbst aufdeckt und befreiend überwindet. (…) Gnade ist „die Zusammenfassung des ganzen Evangeliums, als dessen innerster Kern und als allbeherrschender Gesichtspunkt theologischer Reflexion, als Kriterium des Christseins zu entfalten, (…)“ (Otto Herrmann Pesch (2005): Gnade. In: Eicher (Hg): Neues HB theologischer Grundbegriffe. Bd. II. München: Kösel, 51-61).