Samstag, 19. März 2016

Karfreitag, mit einem Kommentar zu den Leitgedanken der NAK vom 25. März 2016



Gekreuzigt und gestorben (Jesu Tod am Kreuz)


„Der Karfreitag (früher Parasceve genannt) wurde vermutlich schon von den ersten Christen begangen als ein Tag des Fastens und der Trauer. Er behielt diesen Charakter über die Jahrhunderte bei. Schon Tertullian (Ende des 2. Jahrhunderts) bezeugte die Einhaltung dieses Tages als großen Fastentag.
Die protestantische Kirchen aber haben zunächst nur teilweise den Karfreitag als Feiertag übernommen. Im 17. Jahrhundert erlebte er als Bußtag eine Renaissance, wobei er freilich seinen ursprünglichen Charakter verlor. Entgegen der früheren Praxis, an diesem Tag (als dem einzigen des Jahres) kein Abendmahl zu feiern, stand nun das Abendmahl im Vordergrund. Heute entwickelt sich die Feier des Tages wieder zu einer dem ursprünglichen Sinn angemessenen Praxis.
Am Karfreitag hören wir, wie der Sohn Gottes gekreuzigt und zu Tode gebracht wurde. Die christliche Gemeinde verstummt, läßt nur noch das Wort Gottes reden. Dies findet seinen Ausdruck darin, dass die Vesper nach der Todesstunde Jesu einzig aus der Lesung besteht, zu der das Psalmgebet tritt.
Am Karfreitag verlöschen die Kerzen, die bis dahin Zeichen für das lebendige Licht, das Jesus Christus selbst ist, gewesen sind, um erst in der Osternacht wieder am Osterlicht entzündet zu werden. Die liturgische Farbe des Karfreitags ist schwarz, wobei aber vollkommene Schmucklosigkeit des Altars ausreichend ist. Schwarz ist die "Farbe" des Todes, der Finsternis, der Verneinung allen Lebens. Am Karfreitag verstummt das Lob der Gemeinde - das Geschehen am Kreuz macht sie still, vielleicht sogar beschämt, angesichts des Leides und Sterbens unseres Herrn Jesus Christus um unseretwillen“ (www.daskirchenjahr.de).

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir Mk 15, 24-41:
Jesus am Kreuz
Sie nagelten ihn ans Kreuz und verteilten dann untereinander seine Kleider. Durch das Los bestimmten sie, was jeder bekommen sollte. Es war neun Uhr morgens, als sie ihn kreuzigten. Als Grund für seine Hinrichtung hatte man auf ein Schild geschrieben: »Der König der Juden!« Zugleich mit Jesus kreuzigten sie zwei Verbrecher, einen links und einen rechts von ihm. Die Leute, die vorbeikamen, schüttelten den Kopf und verhöhnten Jesus: »Ha! Du wolltest den Tempel niederreißen und in drei Tagen einen neuen bauen! Dann befreie dich doch und komm herunter vom Kreuz!« Genauso machten sich die führenden Priester und die Gesetzeslehrer über ihn lustig. »Anderen hat er geholfen«, spotteten sie, »aber sich selbst kann er nicht helfen! Wenn er der versprochene Retter ist, der König von Israel, dann soll er doch jetzt vom Kreuz herunterkommen! Wenn wir das sehen, werden wir ihm glauben.« Auch die beiden, die mit ihm gekreuzigt waren, beschimpften ihn.
Jesus stirbt
Um zwölf Uhr mittags verfinsterte sich der Himmel über dem ganzen Land. Das dauerte bis um drei Uhr. Gegen drei Uhr schrie Jesus: »Eloï, eloï, lema sabachtani?« – das heißt übersetzt: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« Einige von denen, die dabeistanden und es hörten, sagten: »Der ruft nach Elija!« Einer holte schnell einen Schwamm, tauchte ihn in Essig, steckte ihn auf eine Stange und wollte Jesus trinken lassen. Dabei sagte er: »Lasst mich machen! Wir wollen doch sehen, ob Elija kommt und ihn herunterholt.« Aber Jesus schrie laut auf und starb. Da zerriss der Vorhang vor dem Allerheiligsten im Tempel von oben bis unten. Der römische Hauptmann aber, der dem Kreuz gegenüberstand und miterlebte, wie Jesus aufschrie und starb, sagte: »Dieser Mensch war wirklich Gottes Sohn!« Auch einige Frauen waren da, die alles aus der Ferne beobachteten, unter ihnen Maria aus Magdala und Maria, die Mutter von Jakobus dem Jüngeren und von Joses, sowie Salome. Schon während seines Wirkens in Galiläa waren sie Jesus gefolgt und hatten für ihn gesorgt. Außer ihnen waren noch viele andere Frauen da, die mit Jesus nach Jerusalem gekommen waren (GNB)

Jesus betet den Psalm 22 am Kreuz:
Von Gott verlassen – und dennoch erhört
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich schreie, aber keine Rettung ist in Sicht, ich rufe, aber jede Hilfe ist weit entfernt! Mein Gott! Ich rufe am Tag, doch du antwortest nicht, ich rufe in der Nacht und komme nicht zur Ruhe. Du bist doch heilig, du wohnst dort, wo ´dein Volk` Israel dir Loblieder singt. Unsere Väter setzten ihr Vertrauen auf dich. Sie vertrauten dir, und du hast sie gerettet. Zu dir schrien sie um Hilfe und wurden befreit, sie vertrauten auf dich und wurden nicht enttäuscht. Ich aber bin kein Mensch mehr, nur noch ein Wurm, zum Spott der Leute bin ich geworden, das ganze Volk verabscheut mich. Alle, die mich sehen, verhöhnen mich, sie verziehen den Mund und schütteln den Kopf. »Übergib deine Sache doch dem Herrn«, rufen sie.»Ja, soll Gott ihn doch retten! Er soll ihm helfen – anscheinend hat er ja Gefallen an ihm!« Doch du, ´Herr`, hast mich aus dem Leib meiner Mutter gezogen. Du ließt mich an ihrer Brust Vertrauen fassen. Seit mein Leben begann, bin ich ganz auf dich angewiesen, von Mutterleib an bist du bereits mein Gott. Bleib mir doch jetzt nicht fern! Die Not ist so bedrohlich nah, und da ist niemand, der mir hilft! Gewalttäter haben mich umringt wie eine Herde Stiere, wie mächtige Büffel aus Baschan haben sie mich umstellt. Sie reißen ihr Maul gegen mich auf wie hungrige und brüllende Löwen. Ich fühle mich, als wäre ich hingeschüttet wie Wasser, alle meine Glieder sind wie ausgerenkt. Mein Herz ist wie flüssiges Wachs, das tief in meinem Innern zerschmilzt. Ich bin ohne Kraft, ausgetrocknet wie eine Tonscherbe. Die Zunge klebt mir am Gaumen. Du hast mich in den Staub gelegt, dahin, wo die Toten liegen. Denn ´Menschen` haben mich eingekreist wie Hunde, eine Horde von Gewalttätern umringt mich. Wie sich ein Löwe in seine Beute verbeißt, so halten sie mich fest und geben meine Hände und Füße nicht mehr frei. Ich könnte meine Knochen einzeln zählen; meine Feinde starren mich nur erbarmungslos an. Sie verteilen meine Kleider unter sich und werfen das Los, wer mein Obergewand bekommen soll. Du aber, Herr, bleib nicht fern von mir! Du bist doch meine Kraft, schnell, komm mir zu Hilfe! Entreiße meine Seele dem tödlichen Schwert, rette mein Leben vor den Krallen dieser Hunde. Befreie mich aus dem Rachen des Löwen, rette mich vor den Hörnern der Büffel! Ja, du hast mich erhört! Ich will meinen Brüdern verkünden, wie groß du bist, mitten in der Gemeinde will ich dir Loblieder singen. Alle, die ihr vor dem Herrn Ehrfurcht habt, preist ihn! All ihr Nachkommen Jakobs, gebt ihm die Ehre! Begegnet ihm mit Demut und Verehrung, all ihr Nachkommen Israels! Denn der Herr hat sich von der Not des Hilflosen nicht abgewandt und seine Leiden nicht verachtet. Ja, der Herr hat sein Angesicht nicht vor ihm verhüllt, sondern auf ihn gehört, als er um Hilfe rief. Du, Herr, gibst mir Grund dafür, dich zu loben inmitten der großen Gemeinde. Mein Gelübde will ich erfüllen vor den Augen derer, die dem Herrn in Ehrfurcht dienen. Die Armen sollen wieder essen und satt werden. Die den Herrn suchen, sollen ihn preisen. Euer Herz lebe auf, es lebe ewig! An allen Enden der Erde wird man zur Einsicht kommen, und die Menschen werden zum Herrn umkehren. Alle Völker werden sich vor dir, ´Herr`, niederwerfen und dich anbeten. Denn dem Herrn gehört das Königtum, er herrscht über alle Völker. 30 Die Großen der Erde werden ein Festmahl halten und sich anbetend vor dem Herrn niederwerfen. Auch alle, die in den Staub des Todes sinken, werden vor ihm niederfallen, alle, die keine Kraft mehr zum Leben haben. Die kommenden Generationen werden ihm dienen. Denen, die noch geboren werden, wird man vom Herrn erzählen. Verkünden wird man zukünftigen Völkern seine Rettungstaten. Man wird sagen: »Der Herr hat alles vollbracht!« (NGÜ)

Die Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK an diesem Sonntag ist aus dem für heute gültigen Matthäus-Evangelium entnommen: „Mt 27, 27-29: Da nahmen die Soldaten des Statthalters Jesus mit sich in das Prätorium und sammelten die ganze Abteilung um ihn. Und zogen ihn aus und legten ihm einen Purpurmantel an und flochten eine Dornenkrone und setzten sie ihm aufs Haupt und gaben ihm ein Rohr in seine rechte Hand und beugten die Knie vor ihm und verspotteten ihn und sprachen: Gegrüßet seist du, der Juden König!“ (LUT)

Am heutigen Sonntag findet zudem eine Lesung statt. Sie ist aus Jesaja 53, 3–12 entnommen:
„Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet. Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt. Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg. Aber der Herr warf unser aller Sünde auf ihn. Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund nicht auf. Er ist aus Angst und Gericht hinweggenommen. Wer aber kann sein Geschick ermessen? Denn er ist aus dem Lande der Lebendigen weggerissen, da er für die Missetat meines Volks geplagt war. Und man gab ihm sein Grab bei Gottlosen und bei Übeltätern, als er gestorben war, wiewohl er niemand Unrecht getan hat und kein Betrug in seinem Munde gewesen ist. So wollte ihn der Herr zerschlagen mit Krankheit. Wenn er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, wird er Nachkommen haben und in die Länge leben, und des Herrn Plan wird durch seine Hand gelingen. Weil seine Seele sich abgemüht hat, wird er das Licht schauen und die Fülle haben. Und durch seine Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte, den Vielen Gerechtigkeit schaffen; denn er trägt ihre Sünden. Darum will ich ihm die Vielen zur Beute geben und er soll die Starken zum Raube haben, dafür dass er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleichgerechnet ist und er die Sünde der Vielen getragen hat und für die Übeltäter gebeten. (LUT)

Begründung: „An Karfreitag gedenken wir des Todes Jesu. Das Böse scheint gesiegt zu haben. Aber gerade in der Situation der Erniedrigung wird die Hoheit Jesu deutlich. Jesus Christus ist wahrer König, der wirklich regiert und für die Seinen leidet“ (alle Zitate sind entnommen aus den o. g. Leitgedanken der NAK)!

Heute erklingt die Matthäus-Passion, BWV 244, von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Hierbei bilden die Worte aus dem Mt-Ev zum Leiden und Sterben Jesu das textliche Rückgrat. Die Uraufführung fand am 11. April 1727 in der Thomaskirche in Leipzig statt.

Mein Lied für den heutigen Sonntag lautet:
Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld (T: Paul Gerhardt, 1647; M: W. Dachstein, 1525)

Kommentar: Folter (auch Marter oder Tortur) ist das gezielte Zufügen von psychischem oder physischem Leid (Gewalt, Qualen, Schmerz, Angst, massive Erniedrigung) an Menschen durch andere Menschen. Die Folter wird meist als ein Mittel zu einem bestimmten Zweck eingesetzt, beispielsweise um eine Aussage, ein Geständnis, einen Widerruf oder eine Information zu erhalten oder um den Willen und den Widerstand des Folteropfers (dauerhaft) zu brechen.
Im engeren Sinne ist Folter eine Tat einer bestimmten Interessengruppe (beispielsweise Teile der staatlichen Exekutive oder politisch-militärische Organisationen) an einem Individuum, etwa durch die historische Inquisition, die Polizei oder Geheimdienste. Laut der UN-Antifolterkonvention ist jede Handlung als Folter zu werten, bei der Träger staatlicher Gewalt einer Person „vorsätzlich starke körperliche oder geistig-seelische Schmerzen oder Leiden zufügen, zufügen lassen oder dulden, um beispielsweise eine Aussage zu erpressen, um einzuschüchtern oder zu bestrafen“. Folter ist international geächtet (Wikipedia - Die freie Enzyklopädie. Download vom 19. März 2016).
Im Orwell’schen Neusprech heißen Folter heute „robuste Verhörmethoden“ oder „robuste Befragungstechniken.“
Meistens wird im Verborgenen gefoltert. Autoritäre Regime zum Beispiel quälen Menschen in ihren Kerkern. Doch nach den Anschlägen vom 11. September 2001 erlaubte auch die US-Regierung der CIA bestimmte grausame Techniken.
Wie schrecklich es zwischen 2002 und 2008 in den Geheimgefängnissen des US-Geheimdienstes zuging, belegen die rund 500 Seiten des Senatsberichts von 2014.

Keine Tat rechtfertigt Folter! Und wer denkt: „Naja, sicher hatte die Verhaftung ihre guten Gründe!“ macht sich mitschuldig an diesen Untaten!





Ein klares „NEIN“ der Kirchen an Karfreitag zu Gewalt und Erniedrigung und ein Bekenntnis zur Verfassung der Bundesrepublik Deutschland und zur Europäischen Menschenrechtskonvention gehört in den Mittelpunkt der heutigen Predigt.




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