Montag, 6. April 2015

Quasimodogeniti - Kommentar zu den LG vom 12. April 2015

Einleitung: „Im Monat April setzen sich die Beiträge zur Passionszeit fort. Die kommenden Gottesdienste beziehen sich auf zentrale Ereignisse der Heilsgeschichte, die für alle Menschen Gültigkeit haben. Gottes Heilshandeln wird allen Menschen angeboten. (…)
Der erste Sonntag nach dem Osterfest hat zum Thema Zeugnisse der Auferstehung. Das Neue Testament bezeugt einhellig, dass Jesus Christus wirklich von den Toten auferstanden ist. Es gibt eine Vielzahl von Personen, die dies bestätigen. Die urchristliche Verkündigung von der Heilsbedeutung des Todes Jesu beruht auf diesem Zeugnis. Ihm vertrauen die Christen bis heute. In der Heiligen Schrift ist dieses Zeugnis für alle Zeit festgehalten. Der Heilige Geist hält den Glauben daran wach.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Glaube an Schrift und Wort.“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Joh 2,22: Als er nun auferstanden war von den Toten, dachten seine Jünger daran, dass er dies gesagt hatte, und glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesagt hatte“ (LUT).

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wir glauben dem Zeugnis der Heiligen Schrift und erleben durch den Glauben die Wirkkraft des verkündigten Wortes.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Joh 2,22 findet sich im Zusammenhang der Tempelreinigung. Das Bibelwort kommentiert dieses Geschehen. Es wird deutlich gemacht, dass Jesus der wahre Tempel Gottes ist, der zerstört wird, um nach drei Tagen wieder neu errichtet zu werden. Die an ihn glauben, werden selbst zum Tempel Gottes (1Kor 3,16).“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: „Nur durch die Heilige Schrift wissen wir, dass Jesus Christus auferstanden ist. Er ist Zentrum und Herr der Schrift. Diese Erkenntnis wird auch heute in der Wortverkündigung vermittelt. Der Glaube an die Wahrheit der Heiligen Schrift und das uns verkündigte Wort lässt uns die Wirkkraft des Wortes Gottes erleben“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Der biblische Kontext ist die sogen. Tempelreinigung. Hier also noch einmal die Predigtgrundlage in ihrer Wortumgebung:

Die Tempelreinigung
Und das Passafest der Juden war nahe, und Jesus zog hinauf nach Jerusalem. Und er fand im Tempel die Händler, die Rinder, Schafe und Tauben verkauften, und die Wechsler, die da saßen. Und er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle zum Tempel hinaus samt den Schafen und Rindern und schüttete den Wechslern das Geld aus und stieß die Tische um und sprach zu denen, die die Tauben verkauften: Tragt das weg und macht nicht meines Vaters Haus zum Kaufhaus! Seine Jünger aber dachten daran, dass geschrieben steht (Psalm 69,10): »Der Eifer um dein Haus wird mich fressen.« Da fingen die Juden an und sprachen zu ihm: Was zeigst du uns für ein Zeichen, dass du dies tun darfst? Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Brecht diesen Tempel ab und in drei Tagen will ich ihn aufrichten. Da sprachen die Juden: Dieser Tempel ist in sechsundvierzig Jahren erbaut worden, und du willst ihn in drei Tagen aufrichten? Er aber redete von dem Tempel seines Leibes. Als er nun auferstanden war von den Toten, dachten seine Jünger daran, dass er dies gesagt hatte, und glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesagt hatte. Als er aber am Passafest in Jerusalem war, glaubten viele an seinen Namen, da sie die Zeichen sahen, die er tat. Aber Jesus vertraute sich ihnen nicht an; denn er kannte sie alle und bedurfte nicht, dass ihm jemand Zeugnis gab vom Menschen; denn er wusste, was im Menschen war. (LUT)

Als tatsächliches Geschehen ist diese Darstellung aus mehrerlei Gründen nicht vorstellbar:
  • Ein Einzelner hätte diese Menge an Händlern nicht aus dem Tempel jagen können. Sie hätten sich sicher zur Wehr gesetzt und waren, laut Johannes, deutlich in der Überzahl.
  • Es war nicht gestattet und ist nirgends sonst belegt, dass Viehhändler ihre Ware im Tempelbezirk anboten. Vermutlich fanden die Viehverkäufe nicht einmal innerhalb der Stadtmauern von Jerusalem statt.
  • Auch dass Taubenhändler ihre Ware feil boten, ist mehr als fraglich und eher unwahrscheinlich. Man kann also auf keinem Fall davon ausgehen, dass im Tempelbezirk ein munteres Jahrmarktstreiben geherrscht hätte.
  • Dass Geldwechsler, die für die Einbeziehung der Tempelsteuer zuständig waren, ihre Tische im Tempelbezirk hatten, ist ebenfalls nicht gesichert und eher nicht wahrscheinlich. Zudem war die Tempelsteuer bereits einen halben Monat vor Pessach zu entrichten. An den Wallfahrtsfesten zeigte auch die römische Besatzungsmacht im Tempelbezirk besondere militärische Präsenz. Eine Aktion im Tempelvorhof von solchem Ausmaß, hätte das sofortige Eingreifen der römischen Truppe provoziert. Siehe dazu ausführlich: Wengst, 2004, 117f.

Bei der sogen. Tempelreinigung handelt es sich also nicht um eine historisch wahre Geschichte, sondern um eine Zeichengeschichte. Der Evangelist komponiert geschickt eine höchst wirkungsvolle Erzählung und bezieht sich dabei auf Sach 14,21 [Und es wird keinen Händler mehr geben im Hause des HERRN Zebaoth zu der Zeit.] und interpretiert diesen Vers resp. komponiert ihn zu dieser Geschichte aus. So wird der Vers bei Sacharia zu einer spannenden Szenerie von Johannes ausgeschmückt und gleichzeitig zu einem Hinweis, dass die Heilszeit mit Jesus Christus angebrochen ist. Johannes stellt von Anbeginn an den Jesus von Nazareth konsequent als den Christus, den gekommenen Messias, vor. Mit den Jüngern zusammen sollen auch wir uns immer wieder an „die Schrift“ erinnern, denn sie allein ist es, die von Jesus Christus zeugt.


Gemälde "Tempelreinigung" von Kristina Dittert © 2011


An diesem Tag, dem 12. April 2015, feiern wir den Sonntag Quasimodogeniti - „Ich werde wandeln vor dem Herrn im Lande der Lebendigen.“

Der Name des Sonntags Quasimodogeniti leitet sich vom Beginn der früheren lateinischen Antiphon ab: Quasi modo geniti infantes, Halleluja, rationabile, sine dolo lac concupiscite. (1 Petr 2,2; deutsch: Wie die neugeborenen Kindlein seid begierig nach der vernünftigen, lauteren Milch).Der Sonntag Quasimodogeniti erinnert uns an die neue Geburt, die wir "durch Wasser und Geist" erfahren, d.h. den Anfang eines neuen Lebens in Christus, nach unserer physischen Geburt. Die Perikopen haben aber, mit Ausnahme der Epistellesungen, nur wenig damit zu tun. Die Evangelien erzählen weiter von dem Geschehen nach Ostern (www.daskirchenjahr.de).

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 116:
Ein Dank für Rettung in höchster Not
Ich liebe den Herrn, denn er hat mich gehört, als ich laut zu ihm um Hilfe flehte. Ein offenes Ohr hat er mir geschenkt, darum will ich mein Leben lang zu ihm rufen. Der Tod hatte seine Arme schon nach mir ausgestreckt, das Totenreich warf seine Schatten voraus, in Not und Leid war ich geraten. Da rief ich den Namen des Herrn an: »O Herr, rette doch mein Leben!« Gnädig und gerecht ist der Herr, ja, voll Erbarmen ist unser Gott! Der Herr beschützt die Hilflosen. Ich war schwach, doch er hat mich gerettet. Komm wieder zur Ruhe, meine Seele, denn der Herr hat dir Gutes erwiesen. Ja, du hast mich vor dem Tod gerettet, meine Tränen hast du getrocknet und meine Füße vor dem Ausgleiten bewahrt, damit ich nicht zu Fall komme. So kann ich meinen Weg gehen in der Nähe des Herrn, ja, ich darf am Leben bleiben. Am Glauben habe ich festgehalten, auch als ich sagen musste: »Ich liege am Boden!« In meiner Verzweiflung sagte ich: »Letztlich ist doch jeder Mensch ein Lügner!« Wie kann ich dem Herrn jemals danken für alles Gute, was er an mir getan hat? Als Dank für die Rettung will ich ´beim Festmahl` den Becher erheben und den Namen des Herrn ausrufen. Ich will die Gelübde erfüllen, die ich vor dem Herrn abgelegt habe, vor seinem ganzen Volk will ich es tun. Kostbar ist in den Augen des Herrn das Leben derer, die ihm treu sind. O Herr, ich bin doch dein Diener! Ja, dein Diener bin ich, und bereits meine Mutter hat dir treu gedient. Du hast alle Stricke gelöst, die mich gefangen hielten. Dir will ich Dankopfer darbringen und dabei deinen Namen, Herr, ausrufen. Ich will die Gelübde erfüllen, die ich vor dem Herrn abgelegt habe, vor seinem ganzen Volk will ich es tun – in den Vorhöfen beim Haus des Herrn, in deiner Mitte, Jerusalem. Halleluja! (NGÜ)

Die Epistel steht im 1 Petr 1,3-9.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Joh 20,19-29:

Jesus zeigt sich seinen Jüngern
Es war Abend geworden an jenem Sonntag. Die Jünger waren beisammen und hatten aus Angst vor den führenden Juden die Türen abgeschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: »Frieden sei mit euch!« Dann zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Als die Jünger den Herrn sahen, kam große Freude über sie. Noch einmal sagte Jesus zu ihnen: »Frieden sei mit euch! Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich nun euch.« Dann hauchte er sie an6 und sagte: »Empfangt den Heiligen Geist! Wenn ihr jemand die Vergebung seiner Schuld zusprecht, ist die Schuld auch von Gott vergeben. Wenn ihr die Vergebung verweigert, bleibt die Schuld bestehen.«Jesus zeigt sich ThomasAls Jesus kam, war Thomas, genannt der Zwilling, einer aus dem Kreis der Zwölf, nicht dabei gewesen. Die anderen Jünger erzählten ihm: »Wir haben den Herrn gesehen!« Thomas sagte zu ihnen: »Niemals werde ich das glauben! Da müsste ich erst die Spuren von den Nägeln an seinen Händen sehen und sie mit meinem Finger fühlen und meine Hand in seine Seitenwunde legen – sonst nicht!« Eine Woche später waren die Jünger wieder im Haus versammelt und Thomas war bei ihnen. Die Türen waren abgeschlossen. Jesus kam, trat in ihre Mitte und sagte: »Frieden sei mit euch!« Dann wandte er sich an Thomas und sagte: »Leg deinen Finger hierher und sieh dir meine Hände an! Streck deine Hand aus und lege sie in meine Seitenwunde! Hör auf zu zweifeln und glaube!« Da antwortete Thomas: »Mein Herr und mein Gott!« Jesus sagte zu ihm: »Du glaubst, weil du mich gesehen hast. Freuen dürfen sich alle, die mich nicht sehen und trotzdem glauben!« (GNB)

Die Bachkantate für den heutigen Sonntag ist „Am Abend aber desselbigen Sabbats“ (BWV 42).

Kommentar: Ein Gedicht von Erich Fried (Quelle: Erich Fried (1995/2002): Gedichte. München: dtv 12256.

Angst und Zweifel

Zweifle nicht
an dem
der dir sagt
er hat Angst

aber hab Angst
vor dem
der dir sagt
er kennt keinen Zweifel



Emil Nolde: Der ungläubige Tomas (1912; Ausschnitt)

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