Samstag, 23. Januar 2016

Septuagesimae; mit einem Kommentar zu den Leitgedanken der NAK vom 24. Januar 2016

Lohn und Gnade (Der Lohn des Glaubens)


Heute ist der 3. Sonntag vor der Passionszeit - Septuagesimae. Der Sonntag weist darauf hin, dass es noch 70 Tage bis Ostern sind.

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 89, 20-53:
Gelten Gottes Zusagen nicht mehr?
Damals sprachst du in einer Vision zu denen, die dir treu sind: »Ich bringe Hilfe durch einen mutigen Mann; ja, einen Mann aus dem Volk habe ich erwählt und zu Ehren gebracht. Es ist mein Diener David, ihn habe ich gefunden, mit meinem heiligen Öl habe ich ihn ´zum König` gesalbt. Ständig will ich ihn mit starker Hand begleiten, mein Arm soll ihn stützen und stärken. Kein Feind soll ihn überwältigen, und gewalttätige Menschen sollen ihn nicht bezwingen. Vielmehr will ich seine Gegner vor seinen Augen zerschmettern, und alle, die ihn hassen, will ich niederschlagen. Meine Treue und Gnade sollen ihn stets begleiten, und durch meinen Namen soll er mächtig und siegreich sein. Ich will seine Macht ausdehnen bis ans Meer und seinen Herrschaftsbereich bis an die Ströme. Er wird zu mir rufen: ›Du bist mein Vater! Du bist mein Gott, mein Fels und meine sichere Rettung!‹ Und ich will ihn zu meinem erstgeborenen Sohn ernennen, zum höchsten unter allen Königen der Erde. Für immer will ich ihm meine Gnade erweisen, und mein Bund mit ihm soll für alle Zeiten Bestand haben. Sein Königsgeschlecht will ich für immer erhalten und seinen Thron, solange der Himmel besteht. Wenn aber seine Nachkommen meinem Gesetz den Rücken kehren und sich nicht nach meinen Rechtsbestimmungen richten, wenn sie meine Ordnungen mit Füßen treten und sich nicht an meine Gebote halten, dann werde ich ihr Vergehen mit dem Stock bestrafen und ihre Schuld mit Schlägen ahnden. Meine Gnade jedoch will ich David nicht entziehen und meinen Zusagen nicht untreu werden. Ich werde meinen Bund nicht mit Füßen treten und die Worte, die über meine Lippen kamen, nicht abändern. Eines habe ich bei meiner Heiligkeit geschworen – und niemals werde ich David gegenüber zum Lügner werden: Sein Königsgeschlecht soll für immer Bestand haben und sein Thron, solange es die Sonne gibt. Ja, seine Herrschaft ist beständig wie der Mond, der ein zuverlässiger Zeuge in den Wolken ist.« // Doch dann hast du ´den König` verstoßen und verschmäht, hast deinem Zorn freien Lauf gelassen gegen ihn, den du gesalbt hast! Du wolltest vom Bund mit deinem Diener nichts mehr wissen, hast seine Krone zu Boden geworfen und entweiht. Du hast seine Mauern durchbrochen, seine Befestigungsanlagen in Trümmer gelegt. Alle, die vorbeikommen, dürfen sein Land plündern, und seine Nachbarvölker verhöhnen ihn. Denen, die ihn bedrängen, hast du zum Sieg verholfen, all seinen Feinden hast du Freude bereitet. Sein scharfes Schwert ließt du stumpf werden, und im Krieg gabst du ihm nicht die Oberhand. All seinen Glanz hast du schwinden lassen, seinen Thron hast du umgestürzt. Du hast die Jahre seiner Jugend vorschnell enden lassen und ihn mit Schande überhäuft.// Wie lange noch willst du dich verbergen, Herr? Doch nicht für immer? Wie lange soll dein Zorn wüten wie ein verzehrendes Feuer? Denke an mich! Wie kurz ist mein Leben! Wie vergänglich hast du doch alle Menschen erschaffen! Gibt es denn auch nur einen Menschen, der niemals sterben muss? Wer kann sein Leben schon vor der Macht des Totenreichs retten?// Wo sind die früheren Erweise deiner Gnade geblieben, Herr? Du hast sie doch deinem Diener David mit einem Treueschwur zugesagt! Denke doch daran, welche Schande deine Diener ertragen müssen, Herr! Mein Herz ist schwer durch den Hohn der Nachbarvölker! Letztlich verhöhnen deine Feinde doch dich damit, Herr! Sie verspotten auch alles, was dein gesalbter König unternimmt. Gepriesen sei der Herr in Ewigkeit. Amen, ja, Amen. (NGÜ)

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Mt 20, 1-16:
Die Arbeiter im Weinberg
»Wenn Gott sein Werk vollendet, wird es sein wie bei dem Weinbergbesitzer, der früh am Morgen auf den Marktplatz ging, um Leute zu finden und für die Arbeit in seinem Weinberg anzustellen. Er einigte sich mit ihnen auf den üblichen Tageslohn von einem Silberstück, dann schickte er sie in den Weinberg. Um neun Uhr ging er wieder auf den Marktplatz und sah dort noch ein paar Männer arbeitslos herumstehen. Er sagte auch zu ihnen: ›Ihr könnt in meinem Weinberg arbeiten, ich will euch angemessen bezahlen.‹ Und sie gingen hin. Genauso machte er es mittags und gegen drei Uhr. Selbst als er um fünf Uhr das letzte Mal zum Marktplatz ging, fand er noch einige herumstehen und sagte zu ihnen: ›Warum tut ihr den ganzen Tag nichts?‹ Sie antworteten: ›Weil uns niemand eingestellt hat.‹ Da sagte er: ›Geht auch ihr noch hin und arbeitet in meinem Weinberg!‹ Am Abend sagte der Weinbergbesitzer zu seinem Verwalter: ›Ruf die Leute zusammen und zahl allen ihren Lohn! Fang bei denen an, die zuletzt gekommen sind, und höre bei den ersten auf.‹ Die Männer, die erst um fünf Uhr angefangen hatten, traten vor und jeder bekam ein Silberstück. Als nun die an der Reihe waren, die ganz früh angefangen hatten, dachten sie, sie würden entsprechend besser bezahlt, aber auch sie bekamen jeder ein Silberstück. Da murrten sie über den Weinbergbesitzer und sagten: ›Diese da, die zuletzt gekommen sind, haben nur eine Stunde lang gearbeitet, und du behandelst sie genauso wie uns? Dabei haben wir den ganzen Tag über in der Hitze geschuftet!‹ Da sagte der Weinbergbesitzer zu einem von ihnen: ›Mein Lieber, ich tue dir kein Unrecht. Hatten wir uns nicht auf ein Silberstück geeinigt? Das hast du bekommen, und nun geh! Ich will nun einmal dem Letzten hier genauso viel geben wie dir! Ist es nicht meine Sache, was ich mit meinem Eigentum mache? Oder bist du neidisch, weil ich großzügig bin?‹« Jesus schloss: »So werden die Letzten die Ersten sein und die Ersten die Letzten.« (GNB)

Meine Bachkantate (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Tag ist:
Ich hab in Gottes Herz und Sinn (BWV 92). Der Text der Kantate folgt strikt dem gleichnamigen Lied von Paul Gerhardt (1607-1676). Sie wurde am 28. Januar 1725 erstmals aufgeführt.

Ich hab in Gottes Herz und Sinn
1. Ich hab in Gottes Herz und Sinn mein Herz und Sinn ergeben. Was böse scheint, ist mir Gewinn, der Tod selbst ist mein Leben. Denn Gott ist mein und ich bin sein; was ist wohl, was ist schade? Ob er gleich schlägt und Kreuz auflegt, bleib ich in seiner Gnade.
2. Zudem ist Weisheit und Verstand bei ihm ohn alle Maßen: Zeit, Ort und Stund ist ihm bekannt, zu tun und auch zu lassen. Er weiß, wann Freud, er weiß, wann Leid uns, seinen Kindern, diene; und was er tut, ist alles gut, ob´s noch so traurig schiene. 
3. Fürwahr, der dich geschaffen hat und sich zur Ehr erbauet, der hat schon längst in seinem Rat ersehen und erschauet aus wahrer Treu, was dienlich sei dir und den Deinen allen. Lass ihm doch zu, dass er nur tu nach seinem Wohlgefallen! 
4. Wie‘s Gott gefällt, so muss es sein, zuletzt wird‘s dich erfreuen; was du jetzt nennest Kreuz und Pein, wird dir zum Trost gedeihen. Wart in Geduld, die Gnad und Huld wird sich doch endlich finden; all Angst und Qual wird auf einmal gleichwie ein Dampf verschwinden. 
5. Ei nun, mein Gott, so fall ich dir getrost in deine Hände. Nimm mich und mach es du mit mir bis an mein letztes Ende, wie du wohl weißt, dass meinem Geist dadurch sein Heil entstehe, und deine Ehr je mehr und mehr sich in ihr selbst erhöhe. 
6. Willst du mir geben Sonnenschein, so nehm ich‘s an mit Freuden; soll‘s aber Kreuz und Unglück sein, will ich‘s geduldig leiden. Soll mir allhier des Lebens Tür noch ferner offen stehen, wie du mich führst und führen wirst, so will ich gern mitgehen. 
7. Soll ich denn auch des Todes Weg und finstre Straßen reisen, wohlan, so tret ich Bahn und Steg, den mir dein Augen weisen. Du bist mein Hirt, der alles wird zu solchem Ende kehren, dass ich einmal in deinem Saal dich ewig möge ehren. 

Mein Lied für den heutigen Sonntag lautet:
Herr Jesu Christ, dich zu uns wend (Text: Wilhelm II. von Sachsen-Weimar (?) 1648; Str. 4 Gotha 1651; Melodie: Gochsheim/Redwitz 1628, Görlitz 1648).

Demgegenüber ist die Lesung und die Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK an diesem Sonntag aus „1 Petr 4, 12.13: Ihr Lieben, lasst euch durch die Hitze nicht befremden, die euch widerfährt zu eurer Versuchung, als widerführe euch etwas Seltsames, sondern freut euch, dass ihr mit Christus leidet, damit ihr auch zur Zeit der Offenbarung seiner Herrlichkeit Freude und Wonne haben mögt.“ (LUT)

Begründung: Begründet wird die Auswahl, die mit „Bewährung in der Versuchung“ überschrieben ist, so: „Der vierte Sonntagsgottesdienst im Januar beschreibt die Aspekte unserer Treue zum Herrn und welche Freuden damit verbunden sind. Wir sehen, sich für Gott und die uns von ihm gestellten Aufgaben einzusetzen, lässt uns trotz aller Unwegsamkeit des Lebens freudig sein“ (zitiert aus den o. g. Leitgedanken der NAK).

Kommentar: Drei Themen hat Petrus in seinem Brief: die "Leidenstheologie", die "Tempeltheologie" und das Leben des Christen in einer nicht christlichen Umwelt. Hierzu formuliert Petrus mit den sogen. Haustafeln ein moralisches Ordnungsschema (zwischen 50 und 55 nach Chr.). 
Eine alternative Interpretation der Leidens- und Kreuzestheologie und dem damit verbundenen Verständnis von „Versöhnung mit Gott“ (satisfactio) bietet Kroeger, 2005, 140ff an: „Gerecht vor Gott - passend zum Grundgesetzt des Lebens - sind wir (…) wenn wir uns unser Leben von ihm (Gott) schenken lassen. (…) Das gnädige Schenken und Wirken der göttlichen Urmacht, der wir primär im Glauben und Empfangen, nicht im Tun entsprechen und ‚gerecht‘ werden. Ein solcher Gott braucht kein Opfer und keine Versöhnung; er schickte ja selber seinen Sohn, um den Menschen zu helfen und er musste in seiner Gerechtigkeit, die primär nichts fordert, sondern nur schenkt, nicht versöhnt werden“ (147). 
Durch die Einbettung des heutigen Evangeliums in die Überlegungen der Jünger zum Lohn der Nachfolge wird sie genau für das o. g. Thema zu einem Lehrstück. Die Jünger sind herausgefordert, sich mit den zurechtgewiesenen Ganztagsarbeitern zu identifizieren, als diejenigen, die von Anfang an und "schon immer" und kontinuierlich dabei waren. Sie laufen Gefahr, sich über die später dazu gekommenen zu überheben, statt sie als gleichgestellt zu akzeptieren. Sie kann somit als eine Parabel über den "(sich) schenkenden Gott" gelesen werden. Auch bei Betrachtung der Parabel als ein autonomes Kunstwerk, kann sie als Erzählung über die Güte begriffen werden, in der sich die Kraft der Liebe manifestiert (vergl. dazu: Friedrich Avemarie: Jedem das Seine? Allen das Volle! (Von den Arbeitern im Weinberg). In: Zimmermann, Ruben (Hg), 2007, 461ff).

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