Sonntag, 20. Juli 2014

7. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 03.08.2014

Einleitung: "Die Gottesdienste im August entfalten die unterschiedlichen Aspekte des Themas 'Aus dem Wesen Christi handeln.' Diejenigen, die an Jesus Christus glauben und ihn bekennen, haben nicht nur eine bestimmte innere Haltung, sondern zeigen eine entsprechende Handlungsweise. Nachfolge Christi bedeutet, den Herrn zum Vorbild zu nehmen, ihm in Wort und Tat nachzueifern.
Der Gottesdienst am Sonntag, den 3. August, hat die Barmherzigkeit zum Schwerpunkt. Barmherzigkeit wird von jedem Christen gefordert, weil er aus der Barmherzigkeit Gottes lebt. Jesus Christus ist wesentlicher Ausdruck dieser Barmherzigkeit in ihm wendet sich Gott unmittelbar als Mensch den Menschen zu. Deshalb ist die Barmherzigkeit, die wir anderen entgegenbringen, nichts anderes als Konsequenz aus der Barmherzigkeit, die wir von Gott erfahren haben."

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: "Barmherzigkeit empfangen und geben."

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist 1 Kön 19, 20b: „Bedenke, was ich Dir getan habe!“

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: "Gott ist barmherzig, auch wir wollen barmherzig sein!"

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Auf Geheiß Gottes macht sich Elia nach der Gottesoffenbarung am Berg Horeb auf den Weg in die Stadt Damaskus. Dort begegnet er Elisa, dem er seinen Mantel überwirft und ihn so in seine Nachfolge ruft. Der Mantel steht gleichsam für den Geist des Propheten und seine Kraft (2 Kön 2, 13-14)."

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: "Uns schenkt Gott seine Barmherzigkeit. Diese zeigt sich
  • in der Erwählung von Ewigkeit her, 
  • in Gottes immerwährender Gnade, 
  • in seinem Beistand in schwierigen Lebenssituationen.
Weil wir Barmherzigkeit erfahren, wollen wir anderen gegenüber auch barmherzig sein, denn darin zeigt sich das Wesen Christi“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Etwas überraschend und auch ein wenig willkürlich wirkt es, von dieser Schriftstelle und den damit zusammenhängenden Begebenheiten auf das Thema „Barmherzigkeit“ zu schließen, zumal sich für die Auseinandersetzung mit diesem Thema mit der Geschichte vom barmherzigen Samariter (Lk 10, 29-37) oder der sogen. Bergpredigt (Mt 5-7) weitaus prägnantere Beispiele finden ließen.

„Nach christlichem Verständnis ist es auf Grund der Selbsterschließung Gottes in Jesus Christus die zentrale Aussage über das Wesen Gottes, dass Gott Liebe ist (1 Joh 4, 8 und 16). Von daher liegt es nahe, auch die Eigenschaften Gottes (Heiligkeit, Allmacht, Allgegenwart, Allwissenheit, Gnade, Barmherzigkeit, Geduld, aber auch Zorn) als Eigenschaften seines Wesens, also der Eigenschaften der göttlichen Liebe zu verstehen“ (Härle, 2007, 142f. In: Lexikon Theologie. Stichwort „Gott“, 140-143).

Als Werke der Barmherzigkeit werden angesehen:

„Die sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit
Die Hungrigen speisen - Den Dürstenden zu trinken geben - Die Nackten bekleiden - Die Fremden aufnehmen - Die Kranken besuchen - Die Gefangenen besuchen - Die Toten begraben.

Die sieben geistigen Werke der Barmherzigkeit
Die Unwissenden lehren - Den Zweifelnden recht raten - Die Betrübten trösten - Die Sünder zurechtweisen - Die Lästigen geduldig ertragen - Denen, die uns beleidigen, gerne verzeihen - Für die Lebenden und die Toten beten“ (Quelle: Wikipedia – die freie Enzyklopädie. Stichwort Barmherzigkeit vom 20.07.2014).

Soll das Reden über Barmherzigkeit nicht in der Diakonie stecken bleiben (vergl. dazu: Hilpert, 2007. In: Lexikon Theologie. Stichwort „Diakonie“, 76-79), so ergibt sich durch das Nachdenken über die Eigenschaften Gottes die Gelegenheit, das eigene Gottesbild zu reflektieren.


Am 03.08.2014 "feiern wir den 7. Sonntag nach Trinitatis – Am Tisch des Herrn - und hören die Erzählung vom Speisungswunder“ (aus: Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 73).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist Ps 107, 1-9:
"Ein Danklied der Erlösten
Danket dem Herrn, denn er ist gütig, denn seine Huld währt ewig. So sollen alle sprechen, die vom Herrn erlöst sind, die er von den Feinden befreit hat. Denn er hat sie aus den Ländern gesammelt, vom Aufgang und Niedergang, vom Norden und Süden. Sie, die umherirrten in der Wüste, im Ödland, und den Weg zur wohnlichen Stadt nicht fanden, die Hunger litten und Durst, denen das Leben dahinschwand, die dann in ihrer Bedrängnis schrien zum Herrn, die er ihren Ängsten entriss und die er führte auf geraden Wegen, sodass sie zur wohnlichen Stadt gelangten: sie alle sollen dem Herrn danken für seine Huld, für sein wunderbares Tun an den Menschen, weil er die lechzende Seele gesättigt, die hungernde Seele mit seinen Gaben erfüllt hat" (EU).

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Joh 6, 1-15:
"Jesus macht mehr als fünftausend Menschen satt
Danach fuhr Jesus über den See von Galiläa, der auch See von Tiberias heißt. Eine große Menge Menschen folgten ihm, weil sie seine Wunder an den Kranken gesehen hatten. Jesus stieg auf einen Berg und setzte sich mit seinen Jüngern. Es war kurz vor dem jüdischen Passafest. Jesus blickte auf und sah die Menschenmenge auf sich zukommen. Er wandte sich an Philippus: 'Wo können wir Brot kaufen, damit alle diese Leute zu essen bekommen?' Das sagte er, um Philippus auf die Probe zu stellen; er selbst wusste schon, was er tun würde. Philippus antwortete: 'Zweihundert Silberstücke wären nicht genug, um so viel zu kaufen, dass jeder auch nur einen Brocken abbekommt.' Andreas, ein anderer Jünger, der Bruder von Simon Petrus, sagte: 'Hier ist ein Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Aber was ist das schon bei so einer Menschenmenge?' 'Sorgt dafür, dass die Leute sich setzen', sagte Jesus. Es gab viel Gras an dem Ort. Sie setzten sich; ungefähr fünftausend Männer waren da. Jesus nahm die Brote, sprach darüber das Dankgebet und verteilte sie an die Menge. Mit den Fischen tat er dasselbe, und alle hatten reichlich zu essen. Als sie satt waren, sagte er zu seinen Jüngern: 'Sammelt die Brotreste auf, damit nichts verdirbt.' Sie taten es und füllten zwölf Körbe mit den Resten. So viel war von den fünf Gerstenbroten übrig geblieben. Als die Leute das Wunder sahen, das Jesus vollbracht hatte, sagten sie: 'Das ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommen soll!' Jesus merkte, dass sie drauf und dran waren, ihn mit Gewalt zu ihrem König zu machen. Deshalb zog er sich wieder auf den Berg zurück, ganz für sich allein" (GNB).

Kommentar: Unterschiedliche Deutungsperspektiven bieten sich für dieses Speisungswunder an:
eine allegorische Deutung setzt bei den Zahlenangaben der Nahrung an und interpretiert die 5 Brote als die Bücher der Tora und die beiden Fische als die Predigt der Apostel und die Verkündigung der Evangelisten;
ein rationalistischer Erklärungsversuch sieht Jesus in der Rolle des guten Gastfreundes, der durch das Teilen des Wenigen, das er besitzt, auch die anderen Menschen zum Teilen ihrer Vorräte animiert;
eine christologische Deutung bietet sich durch die Nachrede an: "Jesus ist der Gesandte des himmlischen Vaters. Er allein kann Hunger und Durst auf Dauer stillen und Leben geben, das den Tod überwindet" (Joh 6, 35; Claußen, 2013, 713. In: Zimmermann: Mehr als ein Prophet und ein Brotkönig, 705-715);
eine eucharistische Interpretation des Speisungswunders ergibt sich im weiteren Kontext durch die eindeutig auf das Abendmahl abzielende Zuspitzung am Ende des Kapitels (Joh 6, 51-58);
in einer sozial-ethischen Interpretation geht es um das Teilen ("radical sharing") von Nahrung und Wohlstand, was nicht einfach Wohltätigkeit oder gar Almosen-geben bedeutet, sondern eine Brücke zur Barmherzigkeit schlägt (siehe oben);
in einer rezeptionsästhetischen-symbolischen Adaption wird "Nahrung" schließlich durch "Zeit" ersetzt ("Zeit ist Geld").
Bei aller Verschiedenheit der beiden letztgenannten Perspektiven "fällt doch auf, dass es in beiden um einen Aufruf zur Aktivierung menschlicher Ressourcen geht" (Claußen, 2013, 712. In: Zimmermann: Mehr als ein Prophet und ein Brotkönig, 705-715).

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen