Freitag, 3. Oktober 2014

17. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 12.10.2014

Einleitung: „In der Themenreihe des Monats Oktober werden die 'Wirkungen des Glaubens' angesprochen. In Jak 2, 26 lesen wir: 'Denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.' Ein rechtes Glaubensleben, welches keine praktischen Wirkungen zeigt, ist undenkbar.
Am zweiten Sonntag im Oktober wird eine heilsnotwendige Wirkung des Glaubens deutlich: das Einssein in Jesus Christus! Die geeinte Gemeinde hat mehr aufzuweisen als nur eine gute Stimmung. Sie hat Jesus Christus in ihrer Mitte und damit haben alle Mitglieder das gleiche Ziel, die gleiche Verheißung und den gleichen Auftrag, dem Herrn zu dienen. Die Gemeinde sieht sich aber auch dem gleichen Feind gegenübergestellt, der in 1Petr 5, 8 als Widersacher erkannt und als 'brüllender Löwe' bezeichnet wird.

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Gegenwart Jesu Christi.“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Mt 18, 19-20: Wahrlich, ich sage euch auch: Wenn zwei unter euch eins werden auf Erden, worum sie bitten wollen, so soll es ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wenn wir uns im Namen Jesu Christi versammeln und gemeinsam beten, ist der Herr in unserer Mitte.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Das Gebet 'Unser Vater' ist ein Gebet, das die Gemeinde miteinander spricht. Es ist von daher nicht nur ein persönliches Gebet, sondern eine gemeinschaftliche Fürbitte, wo jeder für den anderen betet.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:

  • Jesus ist in der Mitte der Gemeinschaft derer, die ihn zum Mittelpunkt ihres Lebens machen.
  • Eine Gemeinde, deren Mitglieder eins sind im Gebet, ist eine starke und gesegnete Gemeinde.
  • Eine Gemeinde, die an die Wirkung des gemeinsamen Gebetes 'Herr, komme bald' glaubt, bereitet sich aktiv auf die Wiederkunft Christi vor“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Bereits an dieser Stelle sei auf den zweiten Kommentar (s. u.) hingewiesen, der sich mit der Universalität der Sendung Christi auseinandersetzt.

Die oben angegebene Bibelstelle, und somit Predigtgrundlage, ist, zum besseren Verständnis, in einem größeren Wortzusammenhang einzubetten. Hier zunächst Mt 18, 15-20:
 „Zurechtweisung und Gebet in der Gemeinde
Sündigt aber dein Bruder an dir, so geh hin und weise ihn zurecht zwischen dir und ihm allein. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder gewonnen.
Hört er nicht auf dich, so nimm noch einen oder zwei zu dir, damit jede Sache durch den Mund von zwei oder drei Zeugen bestätigt werde.
Hört er auf die nicht, so sage es der Gemeinde. Hört er auch auf die Gemeinde nicht, so sei er für dich wie ein Heide und Zöllner.
Wahrlich, ich sage euch: Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel gelöst sein.
Wahrlich, ich sage euch auch: Wenn zwei unter euch eins werden auf Erden, worum sie bitten wollen, so soll es ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel.
Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen (LUT).

Dieser Abschnitt (Die Sorge für den sündigen Bruder und die sündige Schwester)* ist zwischen der Geschichte „Vom verlorenen Schaf“ (Die Verantwortung für die „Kleinen“ in der Gemeinde)* und dem Abschnitt „Von der Vergebung“ (Die Pflicht zu schrankenloser Vergebung)* platziert.

*) Diese Überschriften sind aus Fiedler, 2006 entnommen.


„Um dem Text gerecht zu werden, der mit 'Jesus setzt Grenzen, um die Gemeinde zu erhalten' überschrieben ist, muss man zweierlei wissen: erstens, dass er der Auslegung des Liebesgebotes (Lev 19, 17f) dient (…). Beim Liebesgebot geht es nicht um ein 'universales Umarmen der Menschheit', sondern sehr konkret um den Umgang mit Fehlern des Nächsten und zweitens, dass hier eine Auslegung der Regel von den zwei bis drei Zeugen (Dtn 19, 15) vorliegt; für jeden 'Fall' sollen zwei, wenn nicht drei Zeugen gehört werden.“ Es geht um ein Zurechtweisen, Zurückbringen (das verlorene Schaf), Erhalten und Neu-Anfangen (von der Vergebung) ohne Gesichtsverlust und ohne „Vorführ-Effekt.“ Die Forderung nach den zwei bis drei Zeugen, kann heute durch drei Instanzen erfüllt werden: „unter vier Augen – vor Zeugen – vor der Gemeinde“ (Berger, 2007, A, 224-227).


Am 12.10.2014 feiern wir den 17. Sonntag nach Trinitatis – Sieghafter Glaube – und wir hören die Geschichte von der kanaanäischen Frau, deren Glaube Jesus zum Handeln bewegt“ (Senftleben, 1988, 80).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist der Ps 25:
„Die Bitte um Vergebung und Leitung
Zu dir, Herr, erhebe ich meine Seele. Mein Gott, auf dich vertraue ich. Lass mich nicht scheitern, lass meine Feinde nicht triumphieren! Denn niemand, der auf dich hofft, wird zuschanden; zuschanden wird, wer dir schnöde die Treue bricht. Zeige mir, Herr, deine Wege, lehre mich deine Pfade! Führe mich in deiner Treue und lehre mich; denn du bist der Gott meines Heiles. Auf dich hoffe ich allezeit. Denk an dein Erbarmen, Herr, und an die Taten deiner Huld; denn sie bestehen seit Ewigkeit. Denk nicht an meine Jugendsünden und meine Frevel! In deiner Huld denk an mich, Herr, denn du bist gütig. Gut und gerecht ist der Herr, darum weist er die Irrenden auf den rechten Weg. Die Demütigen leitet er nach seinem Recht, die Gebeugten lehrt er seinen Weg. Alle Pfade des Herrn sind Huld und Treue denen, die seinen Bund und seine Gebote bewahren. Um deines Namens willen, Herr, verzeih mir; denn meine Schuld ist groß. Wer ist der Mann, der Gott fürchtet? Ihm zeigt er den Weg, den er wählen soll. Dann wird er wohnen im Glück, seine Kinder werden das Land besitzen. Die sind Vertraute des Herrn, die ihn fürchten; er weiht sie ein in seinen Bund. Meine Augen schauen stets auf den Herrn; denn er befreit meine Füße aus dem Netz. Wende dich mir zu und sei mir gnädig; denn ich bin einsam und gebeugt. Befrei mein Herz von der Angst, führe mich heraus aus der Bedrängnis! Sieh meine Not und Plage an und vergib mir all meine Sünden! Sieh doch, wie zahlreich meine Feinde sind, mit welch tödlichem Hass sie mich hassen! Erhalte mein Leben und rette mich, lass mich nicht scheitern! Denn ich nehme zu dir meine Zuflucht. Unschuld und Redlichkeit mögen mich schützen, denn ich hoffe auf dich, o Herr. O Gott, erlöse Israel aus all seinen Nöten“ (EU)!

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Mt 15, 21-28:
„Das Vertrauen einer nichtjüdischen Frau
Jesus verließ die Gegend und zog sich in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück. Eine kanaanitische Frau, die dort wohnte, kam zu ihm und rief: 'Herr, du Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Meine Tochter wird von einem bösen Geist sehr geplagt.' Aber Jesus gab ihr keine Antwort. Schließlich drängten ihn die Jünger: 'Sieh zu, dass du sie los wirst; sie schreit ja hinter uns her!' Aber Jesus sagte: 'Ich bin nur zum Volk Israel, dieser Herde von verlorenen Schafen, gesandt worden.' Da warf die Frau sich vor Jesus nieder und sagte: 'Hilf mir doch, Herr!' Er antwortete: 'Es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden (besser: (Haus-) Hündchen) vorzuwerfen.' 'Gewiss, Herr', sagte sie; 'aber die Hunde (besser: (Haus-) Hündchen) bekommen doch wenigstens die Brocken, die vom Tisch ihrer Herren herunterfallen.' Da sagte Jesus zu ihr: 'Du hast ein großes Vertrauen, Frau! Was du willst, soll geschehen.' Im selben Augenblick wurde ihre Tochter gesund“ (GNB).

Kommentar: Aus heilsuniversalistischer Perspektive ist die Wundererzählung geradezu programmatisch komponiert: Jesus ist nur zu den Schafen des Hauses Israels gesandt (V 15, 24). Diese Exklusivität wird durch die Argumentation einer kanaanäischen Frau mit einer kranken Tochter, ohne patriarchale Familienstrukturen im Hintergrund, durchbrochen. Die Krankheit der Tochter symbolisiert ein in religiöser, ethnischer und kultureller Hinsicht außenstehendes Paar,  da die als dämonische Besessenheit (Mt 15, 23) bezeichnete Erkrankung mit Ausgrenzung, Unreinheit und Stigmatisierung verbunden ist. Trotzdem entsteht ein Dialog "auf Augenhöhe" und ein Heilungswunder. Dadurch wird vorweg genommen, was Jesus später, als Auferstandener, kundtun wird: das Heil ist offen für alle Völker (Mt 28, 19f). In der Wundergeschichte ist entscheidend, dass die Kanaanäerin Jesus zwar als den Messias Israels erkennt und die heilsgeschichtliche Vorrangstellung Israels anerkennt, aber zugleich argumentiert, dass dieses Heil auch auf die Heiden ausstrahlt. Damit akzeptiert sie, dass der Messias Israels auch den Heiden Heil bringt.
Parallel zu dieser Wundererzählung kann die Erzählung vom Hauptmann von Kafarnaum (Mt 5, 5-13) gelesen werden. 
Beide Figuren durchbrechen die eng gezogenen Grenzen religiöser oder ethnischer Zugehörigkeit, indem sie als Außenstehende erkennen und anerkennen, dass Jesus der davidische Messias ist. Zwar impliziert diese Erkennt noch keine Nachfolge, aber sie weist voraus auf den offenen Schluss des Evangeliums, nämlich die eschatologische Vollendung und die universale Mission (Mt 28, 19f; vergl. Uta Poplutz, Das Heil an den Rändern Israels, 471f. In: Zimmermann, 2013, 465-473).

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