Samstag, 17. September 2016

17. Sonntag nach Trinitatis; mit einem Kommentar über die Leitgedanken der NAK zum 18. September 2016

(c) Carlo Ohanian: Aleppo: Vorher - Nachher, 2016

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir am heutigen Sonntag Ps 129:
Mit solchen Tätern und Henkern (Sie haben mich oft bedrängt)
Viele Völker haben in ihrer Geschichte unendlich viel leiden müssen, ohne dass man sie hätte auslöschen können. Davon wusste das Volk des Alten Testamentes viel zu sagen, und dasselbe ist auch die Klage vieler Völker und Gruppen von heute. 
Lieber Gott,
was hat man ihnen alles angetan! Ich Äcker hat man zerstört, ihre Häuser niedergebrannt. Gefoltert wurden sie, und Striemen auf dem Rücken trugen sie davon. Ihre Frauen haben sie vergewaltigt, und ihre Kinder haben sie verschleppt. Vertrieben hat man sie, und die Heimat sahen sie nicht wieder. 
Mit solchen Tätern und Henkern sollte man nicht mehr reden, nie mehr! Ich kann die geschundenen Leute gut verstehen, wenn sie längst beginnen zu hassen. Aber eines weiß ich gewiss: Den Bösen bleibt der Segen versperrt" (Spangenberg, 2013).


„Der 17. Sonntag nach Trinitatis befasst sich mit dem Glauben, wobei der bedingungslose Glaube, der dann auch zum "Erfolg" führt, im Vordergrund steht. Es werden also Geschichten aus den Evangelien erzählt, in denen der Glaube des einzelnen zu einem Wunder geführt hat. Die alttestamentlichen Texte hingegen reden von nicht so sehr vom Glauben, als vielmehr von Gottes Wirken im Leben des Volkes Israel und in Jakobs Leben. Die Episteltexte wiederum reden über den Glauben und stellen dar, wie es zum Glauben kommt bzw. wie der Glaube eine vereinende Funktion wahrnimmt.“ 

Am 17. Sonntag nach Trinitatis hören wir die Geschichte von der kanaanäischen Frau, deren Glaube Jesus zu Handeln bewegt, obgleich sie nicht zu den Schafen Israels gehört. Solcher Glaube macht uns gewiß, dass Jesus auch in unserem Leben grundlegende Veränderungen bewirkt, so dass wir dankbar seinen Namen verkündigen“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Evangeliumslesung für den heutigen Sonntag steht in Mt 15, 21-28:
Das Vertrauen einer nichtjüdischen Frau
Jesus verließ die Gegend und zog sich in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück. Eine kanaanitische Frau, die dort wohnte, kam zu ihm und rief: »Herr, du Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Meine Tochter wird von einem bösen Geist sehr geplagt.« Aber Jesus gab ihr keine Antwort. Schließlich drängten ihn die Jünger: »Sieh zu, dass du sie los wirst; sie schreit ja hinter uns her!« Aber Jesus sagte: »Ich bin nur zum Volk Israel, dieser Herde von verlorenen Schafen, gesandt worden.« Da warf die Frau sich vor Jesus nieder und sagte: »Hilf mir doch, Herr!« Er antwortete: »Es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden vorzuwerfen.« »Gewiss, Herr«, sagte sie; »aber die Hunde bekommen doch wenigstens die Brocken, die vom Tisch ihrer Herren herunterfallen.« Da sagte Jesus zu ihr: »Du hast ein großes Vertrauen, Frau! Was du willst, soll geschehen.« Im selben Augenblick wurde ihre Tochter gesund. (GNB)

Die Leitgedanken der NAK für den 17. Sonntag nach Trinitatis tragen die Überschrift: „Unser Dienst“ 

Die Predigtgrundlage findet sich in „Lk 12, 36-37: Seid gleich den Menschen, die auf ihren Herrn warten, wann er aufbrechen wird von der Hochzeit, damit, wenn er kommt und anklopft, sie ihm sogleich auftun. Selig sind die Knechte, die der Herr, wenn er kommt, wachend findet. Wahrlich, ich sage euch: Er wird sich schürzen und wird sie zu Tisch bitten und kommen und ihnen dienen.“ (LUT)

Begründet wird diese Auswahl so: „Im dritten Sonntagsgottesdienst des Monats September steht das ‚Dienen‘ im Mittelpunkt der Predigt. Der Dienst Jesu, der Dienst der Apostel und des Stammapostels sowie der Dienst, den jeder von uns leisten sollte, werden zur Sprache gebracht. Dabei wird deutlich, dass das ‚Dienen‘ innerhalb einer christ­lichen Gemeinde von herausragender Bedeutung ist. Der Dienst, der in der Kirche erbracht wird, hat seinen Ursprung in der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. Gott selber hat sich als Diener des erlösungsbedürftigen Menschen gezeigt“ (alle Zitate sind entnommen aus den o. g. Leitgedanken der NAK)!

Zum heutigen Sonntag erklingt die Kantate: „Wer sich selbst erhöhet, der soll erniedrigt werden (BWV 47) von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Er komponierte sie 1726 in Leipzig für den 17. Sonntag nach Trinitatis und führte sie am 13. Oktober 1726 erstmals auf.

Mein Lied für den heutigen Sonntag ist: „Die güldne Sonne“ (T: Paul Gerhardt 1666; M: Johann Georg Ebeling 1666).

Kommentar: "Als Bezeichnung einer zentralen Ausdrucksform christlichen Lebens steht Diakonie (gr. Dienst bei Tisch) einerseits konfessionsübergreifend für das organisierte Helfen gegenüber Menschen in materieller, sozialer und psychischer Not, andererseits für das institutionalisierte Angebot an sozialen Einrichtungen, Ressourcen, Personal (Diakonie, Caritas, nakaritativ).
Der Grund, aus dem sich die christlichen Gemeinden von Anfang an zur Praxis der D. motiviert sahen, war dem Zeugnis des NT zufolge die im aufrichtigen Zuspruch Jesu, seinem Heilen, seiner Zuwendung zu gesellschaftlich Diskriminierten, seiner Nicht-Verurteilung und Versöhnung von Sünden gemachte Erfahrung der Güte und Nähe Gottes. Die Einladung, erfahrene Annahme, Rettung und Sorge in der Liebe zum Nächsten weiterzugeben, verband sich mit dem Bewusstsein, durch die Taufe am selben Geist Anteil zu haben und deshalb auch untereinander über alle Unterschiede hinweg eine Gemeinschaft zu bilden" (Konrad Hilpert, 2007, 76. In: Lexikon Theologie - Hundert Grundbegriffe. Stichwort: Diakonie, 76-79. Siehe ausführlicher dazu auch: Crüsemann (Hg.; 2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Stichwort: Amt/Diakonie, 11-14).

Diese beschriebenen Aspekte des Dienens werden auch in den heutigen LG der NAK angesprochen. Dort heißt es: "Jeder unter uns dient der Kirche. Da kann es abwei­chende Meinungen geben, beispielsweise hinsichtlich Musik, Homosexualität oder Ökumene. Die eigene Mei­nung durchzusetzen, wäre im Widerspruch zur geschwister­lichen Liebe. Trachten wir nach dem, was zum Frieden und zur gegensei­tigen Erbauung beiträgt!" Was dem Frieden und der "gegenseitigen Erbauung" dient, wird im Dissens jedoch nicht demokratisch in einem fairen, sachlich-fachlichen, respektvollen und gleichberechtigten Austausch erarbeitet, sondern per Dekret eines nak-Apostels oder einer Gemeindeleitung bestimmt (siehe dazu auch die Posts in diesem Blog „Wie ökumenefähig ist die NAK?“In eigener Sache II - Vorwurf Illoyalität" und "In eigener Sache - „Ecclesia semper reformanda“

Aus heilsuniversalistischer Perspektive ist die Wundererzählung geradezu programmatisch komponiert: Jesus ist nur zu den Schafen des Hauses Israels gesandt (V 15, 24). Diese Exklusivität wird durch die Argumentation einer kanaanäischen Frau mit einer kranken Tochter, ohne patriarchale Familienstrukturen im Hintergrund, durchbrochen. Die Krankheit der Tochter symbolisiert ein in religiöser, ethnischer und kultureller Hinsicht außenstehendes Paar, da die als dämonische Besessenheit (Mt 15, 23) bezeichnete Erkrankung mit Ausgrenzung, Unreinheit und Stigmatisierung verbunden ist. Trotzdem entsteht ein Dialog "auf Augenhöhe" und ein Heilungswunder. Dadurch wird vorweg genommen, was Jesus später, als Auferstandener, kundtun wird: das Heil ist offen für alle Völker (Mt 28, 19f). In der Wundergeschichte ist entscheidend, dass die Kanaanäerin Jesus zwar als den Messias Israels erkennt und die heilsgeschichtliche Vorrangstellung Israels anerkennt, aber zugleich argumentiert, dass dieses Heil auch auf die Heiden ausstrahlt. Damit akzeptiert sie, dass der Messias Israels auch den Heiden Heil bringt.

Parallel zu dieser Wundererzählung kann die Erzählung vom Hauptmann von Kafarnaum (Mt 5, 5-13) gelesen werden.
Beide Figuren durchbrechen die eng gezogenen Grenzen religiöser oder ethnischer Zugehörigkeit, indem sie als Außenstehende erkennen und anerkennen, dass Jesus der davidische Messias ist. Zwar impliziert diese Erkennt noch keine Nachfolge, aber sie weist voraus auf den offenen Schluss des Evangeliums, nämlich die eschatologische Vollendung und die universale Mission (Mt 28, 19f; vergl. Uta Poplutz, Das Heil an den Rändern Israels (Die kanaanäische Frau), 471f. In: Zimmermann, 2013, 465-473).

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