Donnerstag, 29. August 2013

Kommentar zu den LG vom 01.09.2013

Vorwort: In loser Folge werde ich die Leitgedanken (LG) der Neuapostolischen Kirche (NAK) kommentieren. In der Vergangenheit habe ich mich auch bereits zur Vorbereitung auf die Gottesdienste (GD), in denen ich für die Chormusik innerhalb des GD verantwortlich war, intensiv mit den Leitgedanken auseinander gesetzt. Dies mache ich jetzt im Rahmen dieses Blogs, sodass die Überlegungen nicht, wie bisher, "verloren" gehen. Ich empfehle auch Lieder aus den Chor- und Gesangbüchern der NAK.

Nach Angeben der Kirchenleitung der NAK ist das Oberthema des Monats September "Ziel des Christ-seins." Auch wird auf den Internationaler Friedensgebetstag am 1.9.13 hingewiesen (Antikriegstag im Gedenken an den Beginn des 2. Weltkrieges am 1.9.1939).
Predigtgrundlage ist der Psalm 103, 2-4. Als Kernbotschaft gibt die KL an, dass "sich der Wohltaten Gottes zu erinnern, ein wichiger Bestandteil der Anbetung" sei.
"Am Anfang fordert der Psalmist sich selbst (meine Seele) zum Lobpreis Gottes auf. Mit Psalm 103 beginnt eine Gruppe von Lobpsalmen (Ps 103-107). Die Lobpreis-Themen: Gottes Liebe, die unverdient vergibt (Ps 103), Gott der Schöpfer (Ps 104), Gott wacht über sein erwähltes Volk (Ps 105), Gottes Güte in Gericht und Gnade in der Frühzeit Israels (Ps 106) und Gottes Güte im Umgang mit dem Menschen, der ihn anruft (Ps 107)." Zitiert aus: Elberfelder Bibel mit Erklärungen von 2010 (Textstand Nr. 28). Als Wohltaten Gottes können demnach die Gnade, die Schöpfung, die Erwählung, die Verschonung und die Güte angesehen werden.
Lieder, die an diesem Sonntag im GD erklingen, sollten "Lob- und Danklieder sein, sowie 'Friedenslieder'" sein wie z. B. CM-I 216 ("O Friede, Gottes Friede"), CM-I 70 ("Himmlischer Friede") oder CM-I 219 ("Ich danke dir, Gott").

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres für den 14. Sonntag nach Trinitatis ist Ps 146. Dieser fasst die oben genannten Themen aus den Ps 103-107 in einem einzigen Text zusammen. Zitieren möchte ich Ps 146, 2 aus der Bibel in gerechter Sprache von 2006: "Ich will den Heiligen loben, solange ich lebe, ich will für meinen Gott musizieren, solange ich bin."
Der Untertitel für den 14. Sonntag nach Trinitatis lautet "Kinder Gottes" und wir hören von der Heilung der zehn Aussätzigen (Lk 17, 11-19). Vers 19 lautet: "Richte Dich auf und geh! Deine Glaubensstärke hat dich gerettet" (Bibel in gerechter Sprache, 2006). Die Bach-Kantate "Jesu, der Du meine Seele" (BWV 78) nimmt diese Wundererzählung wieder auf. Vergleiche dazu auch: Kompendium der frühchristlichen Wundererzählungen von Ruben Zimmermann (Hg.), 2013.


"Jesu, der du meine Seele", Chorus. La Chapelle Royale, Philippe Herreweghe. Photo: Tina Modotti



Bericht über einen Gottesdienst der NAK






1. Petrus 5, 1-9: Mahnungen an die Ältesten und die Gemeinde


Die Ältesten unter euch ermahne ich, der Mitälteste und Zeuge der Leiden Christi, der ich auch teilhabe an der Herrlichkeit, die offenbart werden soll:
Weidet die Herde Gottes, die euch anbefohlen ist; achtet auf sie, nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie es Gott gefällt; nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund;
nicht als Herren über die Gemeinde, sondern als Vorbilder der Herde.
So werdet ihr, wenn erscheinen wird der Erzhirte, die unvergängliche Krone der Herrlichkeit empfangen.
Desgleichen ihr Jüngeren, ordnet euch den Ältesten unter. Alle aber miteinander haltet fest an der Demut; denn Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.
So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit.
Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.
Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.
Dem widersteht, fest im Glauben, und wisst, dass ebendieselben Leiden über eure Brüder in der Welt gehen.

Ich besuchte am 22.7.2012 einen GD der NAK in der Gemeinde Zell am See, Österreich. Der GD wurde von einem Bezirksältesten durchgeführt, der auch die Hauptpredigt hielt. Er diente mit 1. Petrus 5, 7 (s. o. „Fettdruck“).
In der Predigt wurde auf den griechischen Urtext verwiesen, in dem das benutzte Wort „werfen“ die gleiche Bedeutung habe, wie z. B. das Werfen von Sportgeräten, bei Olympischen Spielen. Er sagte dazu, dass es nicht ausreiche, die Sorgen an Gott zu übergeben, sondern diese müssten ihm kraftvoll und mit großen Mühen überantwortet werden. Man müsse auch bereit sein, seine Sorgen loszulassen.
In der Predigt war weiterhin davon die Rede, dass sich Gott nicht unsere Sorgen abhole, sondern wir Menschen Gott die Sorgen bringen müssten.
Gott sei immer da für uns und nehme uns in den Empfang, aber wir Menschen müssen auch zu ihm kommen. Wenn der Mensch nicht will, kann Gott nichts machen!
Zur Verdeutlichung und Veranschaulichung des Gesagten wurden verschiedene Beispiele aus den Evangelien zitierte resp. frei erzählt:
Markus 9, 14-29 „Heilung eines besessenen Knaben.“ Hier wurde auf einen gescheiterten Heilungsversuch durch die Jünger hingewiesen. Ihnen habe es noch an „know-how“ gefehlt, nicht aber am rechten Glauben. Er führte dazu weiter aus, dass Glaube nicht etwas sei, was man „habe“, sondern was man „lebe“ (implizit wies er so auf einen prinzipiellen Unterschied hin, den Erich Fromm als „Haben oder Sein“ bezeichnete). Glaube könne man nicht besitzen, sondern Glaube sei ein Prozess, der sich entwickele, der mal schwächer und mal stärker ist und der mit mehr oder weniger Zweifeln behaftet sei. „Der Glaube ist keine Gewissheit, sonst wäre es kein Glaube."

Lukas 5, 15-26 „Die Heilung eines Gelähmten.“ Mit Hilfe dieser Geschichte wurde darauf hingewiesen, dass Sorgen wie der Gelähmte vor Jesus gebracht werden kann.

In der Fürbitte können wir unsere Mitmenschen vor Gott bringen und ihre Sorgen auf Gott werfen. Die Fürbitte sei, so in der Predigt weiter, eine viel zu selten genutzte Kraftquelle, die den eigenen Glauben stärke. Es wurde die Empfehlung ausgesprochen, diese auch im Zusammenleben in den Gemeinden häufiger zu nutzen. 

Im Zusammenhang mit „Heilung durch Glauben“ wurde noch auf den sogen. „Placebo-Effekt“ hingewiesen.

Im weiteren Verlauf war dann das Heilige Abendmahl der Höhepunkt des GD. Im Gegensatz zu norddeutschen Gottesdiensten, in denen oft die Wendung fällt: „Wir kommen nun zum Höhepunkt des GD – der Sündenvergebung“, lag hier der Schwerpunkt in theologisch richtiger Weise auf der Feier des Heiligen Abendmahls. Dies ergab sich ganz organisch, ohne rhetorische Einleitung, eben weil es der Höhepunkt war – ganz im Sinne des oben eingeführten Unterschiedes zwischen „Haben“ und „Sein“.

Ich berichte aus diesem Gottesdienst der NAK, weil ich die Predigt für gelungen und beispielhaft halte - zumindest im Umfeld der NAK. 

Mit den folgenden Fragen wurde sich in der Vorbereitung offensichtlich auseinandergesetzt:

Wie schaffe ich es, die 2000-jährige Kluft zwischen der dem GD zu Grunde liegenden Geschichte und meinen Zuhörern zu überwinde?
Sind die in der Bibel benutzten Bilder für die Zuhörer noch verständlich oder müssen sie in ein verständlicheres Bild übersetzt werden? 
Welche biblischen Geschichten kann ich nutzen, um meine Predigtintention zu unterstreichen? 

Solche Predigten erfüllen das paulinische Wort: „So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi“ (Röm 10, 17). So gesehen, ist die Predigt ein wesentlicher Bestandteil, um sich angemessen und täglich neu mit seinem Glauben auseinanderzusetzten. So verstandene Predigt ist dann das notwendige Gegenüber für diesen Dialog. Ohne diesen Dialog kann sich m. E. Nachfolge im Sinne Apg. 2, 42: „Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.“ nicht ergeben. Oder anders ausgedrückt: Dieser Dialog ist die Voraussetzung für die Nachfolge.


Literatur:
Die Bibel. Luther-Bibel in der rev. Fassung von 1984.
Martin Buber (1983): Ich und Du. Stuttgart, Reclam, 11. Aufl.
Erich Fromm (1984): Haben oder Sein. München, dtv, 14. Aufl.
Dietrich Bonhoeffer (2002): Nachfolge. Gütersloh, GTB.