Samstag, 31. Oktober 2015

22. Sonntag nach Trinitatis (Allerheiligen) - Kommentar zu den LG vom 01. November 2015

I

Vorbemerkung: An diesem Sonntag feiern die neuapostolischen Christen einen sogen. Gottesdienst für die Entschlafenen (zur Sonderlehre des sogen. "Entschlafenenwesen" siehe Funkschmidt, 2014, Neuapostolische Forschung zum Entschlafenenwesen und Müller-Bahr, 2014, Sakramentale Handlungen an Toten in der NAK. Beide in: Materialdienst der EZW, 11/2014, 414-416 und 416-427). Als liturgischer Höhepunkt werden in diesen Gottesdiensten in Anwesenheit eines Apostels an lebenden Menschen, in der Regel (höhere) Amtsträger der NAK, sakramentale Handlungen stellvertretend für die bereits Verstorbenen vollzogen. Es "empfangen zwei Amtsträger für die Verstorbenen die Heilige Wassertaufe, die Heilige Versiegelung und das Heilige Abendmahl" (zitiert aus: KNK, 2012, 423). Als biblische Grundlage hierfür gibt die NAK 1. Kor 15, 29 an: "Was soll es sonst, dass sich einige für die Toten taufen lassen? Wenn die Toten gar nicht auferstehen, was lassen sie sich dann für sie taufen" (LUT)? Mit Bezug auf die o. g. Bibelstelle attestiert Klauck den Korinthern ein "verzerrtes Taufverständnis: Manche Gemeindemitglieder (...) lassen sich ein zweites Mal taufen, stellvertretend für einen heidnischen Verwandten oder Freund, der ungetauft verstorben ist. Ihm sollen die Wirkungen der Taufe, Geistverleihung, ewige Rettung, Unsterblichkeit nachträglich noch zugute kommen" (Klauck, 1 Kor. In: Die neue Echter Bibel. Kommentar zum Neuen Testament mit der Einheitsübersetzung, 115f). Die Taufe für die Toten "lässt auf ein magisches Verständnis der Taufe schließen, das Paulus nicht teilt (vergl. 1 Kor 10, 1-5)." Paulus greift an dieser Stelle offenbar nicht strenger ein, um die noch junge "Auferstehungshoffnung" (der Korinther) nicht zu verunsichern, die die Totenauferstehung eigentlich ablehnten (ELB, 1524). Vergl. dazu auch: Wischmeyer, Paulus, 2006, 157f.
Die Erlösung steht im engen Zusammenhang mit dem Kirchen- und damit Selbstverständnis der Neuapostolischen Kirche: Nach ihrer Auffassung tritt Kirche dort am deutlichsten zutage, "wo das Apostelamt, die Spendung der drei Sakramente an Lebende und Tote sowie die rechte Wortverkündigung vorhanden ist. Dort ist das Erlösungswerk des Herrn aufgerichtet" (KNK, 2012, 281). Die Erlösungslehre (Seteriologie) der NAK ist also stark an das Apostelamt gebunden, wobei der NAK zwischen dem Apostelamt (gemeint sind in der aktuellen Zeit aktive Apostel der NAK), den Aposteln aus den biblischen Erzählungen und dem "apostolischen Prinzip" unterscheidet.

Demgegenüber ist die Seteriologie der Katholischen Kirche klar auf Christus bezogen. Christus wir als "Ort der Seteriologie" (378) bezeichnet. Christologie und Erlösungslehre sind nicht voneinander zu trennen (Schneider (Hg.), Handbuch der Dogmatik, 1, 2006, 241ff).

In der evangelischen Dogmatik wird die Erlösung im Zusammenwirken des Dreieinigen Gottes betrachtet und als "das befreiende Heilswerk in Jesus Christus" bezeichnet. Die Seteriologie wird eng mit dem Gnadenbegriff, dem Gerechtigkeitsbegriff und mit der Rechtfertigungslehre verknüpft. "Gnade ist nach biblischen Verstehen ein Geschehen ohne menschliches Zutun und nicht von Gott trennbar (auch nicht im Sinne treuhänderischer Verfügbarkeit durch Menschen), (...). Gottes Gerechtigkeit ist ein Handeln, das Heil und Errettung schafft (Thiele, Was wir glauben. Leitfaden evangelischer Dogmatik, 1996, 286ff). Siehe dazu auch: Barth, Karl, Dogmatik im Grundriß, 1947/1998 und Küng, Hans, Rechtfertigung, 1986.

Einleitung: „Die Gottesdienste im Monat November haben 'die letzten Dinge' zum Thema, also das Heil für die Entschlafenen und unsere Zukunftshoffnung: Wiederkunft Christi, königliche Priesterschaft, Überwindung des Todes und die Auferstehung der Toten. Mit dem letzten Sonntag des Monats beginnt das neue Kirchenjahr.
Der erste Sonntag im November ist den Entschlafenen gewidmet. Ausgangspunkt ist der Bericht von der Begegnung Jesu mit einer Samariterin am Jakobsbrunnen. Die Samariter wurden von den frommen Juden abgelehnt und so vermied man jeden Kontakt zu ihnen. Jesus setzte sich über diese Vorurteile hinweg und machte deutlich, dass das Heil keine Grenzen kennt. Kein Mensch und kein Volk ist vom Heil ausgeschlossen. Allerdings ist Heilsaneignung kein Automatismus, es muss beim Menschen die Erkenntnis vorhanden sein, dass man sein Heil nicht erarbeiten kann, sondern auf das Geschenk des Heils angewiesen ist. Diese Erkenntnis ist für Lebende und Tote gleichermaßen notwendig. In den Gebeten für die Entschlafenen bitten wir Gott, dass sie ihre Heilsbedürftigkeit erkennen mögen.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Erkennen der Gabe Gottes“

Lesung und gleichzeitig Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Joh 4, 10: Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wenn du erkenntest die Gabe Gottes und wer der ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, du bätest ihn und er gäbe dir lebendiges Wasser.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Um Heil zu erlangen, muss der Mensch darum bitten und die Gaben Gottes erkennen.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Joh 4, 5-38 erzählt von der Begegnung Jesu mit der Samariterin am Jakobsbrunnen. Die Samariter wurden von den frommen Juden abgelehnt und ihr Glaube als dem der Juden nicht gleichwertig angesehen. Dessen ungeachtet sprach der Herr diese Frau an, obwohl es zudem für einen Frommen unangemessen war, eine Frau anzusprechen und sie sogar um etwas zu bitten.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: „Gott hat seinen Sohn gesandt für alle Menschen, Heil ist Lebenden und Toten zugänglich:
  • Zuerst wendet sich Christus dem Menschen zu.
  • Als Antwort des Menschen ist erforderlich: Erkenntnis der Gaben Gottes und das Verlangen nach dem Heil.
  • Gebete für unerlöste Entschlafene helfen, dass diese Erkenntnis und das Verlangen nach Hilfe bei ihnen wachsen“ (alle Zitate aus den o. g. LG).
Kommentar: Die Predigtgrundlage des heutigen Sonntags ist einer Geschichte im JohEv entnommen, die in der NGÜ mit "Jesus und die samaritanische Frau: Das Wasser, das den Durst für immer löscht" überschrieben ist. Johannes bringt in diesem Gleichnis alle seine Anliegen unter. Der Prolog zum Johannesevangelium soll unmissverständlich und unzweideutig klar machen, „dass es im Evangelium bei der Darstellung der Geschichte Jesu um nichts weniger als um Gott selbst geht, dass Er in dieser Geschichte vernehmbar wird. (…) In dem erniedrigten und getöteten Jesus kommt Gott selbst zum Zuge, als der Ort der Präsenz Gottes in der Geschichte“ (Wengst, 2004, 48).
Im Gegensatz zu den Gleichnissen Jesu, die mit einer Fülle farbiger Bilder aus der Alltagswelt arbeiten, konzentriert sich die Metaphorik des Johannesevangeliums auf ganz wenige, aber zentrale Symbole wie hier "das Wasser des Lebens." Diese Symbole sind als Archetypen tief in der Religionsgeschichte verwurzelt, haben aber allesamt auch starke Anklänge in der alttestamentlichen Theologie. Die Archetypik macht diese Worte zu Brücken zwischen Religionsgeschichte und Biblischer Theologie; sie schafft Anknüpfungspunkte zum Verstehen für Menschen, die nicht schon durch die Schule biblischer und neutestamentlicher Theologie gegangen sind, lässt sie aber nicht im „Vorhof der Heiden“ stehen, sondern geleitet sie bis ins „Allerheiligste“ des Neuen Testaments (Thomas Söding, Post vom 4.5.2014 in diesem Blog).

In der Geschichte am Jakobsbrunnen geht es um die Metaphern "Durst" und Wasser. Wer kennt ihn nicht, den Durst nach Abendteuer, nach Freiheit, nach Lebendigkeit, nach Verständnis, nach Nähe und Aufgehoben-sein in geglückten Beziehungen. Durst ist also sowohl aus psychologischer als auch in einer rein biologischer Sicht existenziell. Am Jakobsbrunnen fügt Jesus resp. Johannes nun die spirituelle Ebene hinzu, die er als ebenso existenziell versteht. Das durstlöschende Wasser wird zum Bild für die Offenbarung Gottes in der Geschichte und zum lebendigen, ewigen Geist (Joh 1, 1: "Am Anfang war das Wort").
"Während seines Wirkens offenbart Jesus Gott durch seine Worte und Taten, und nach seiner Auferstehung und Rückkehr zum Vater führt der Geist die Offenbarung Gottes an das Volk [und die Welt; MS] fort. Daher kann das Bild des Wassers für die Offenbarung und für den Geist verwendet werden." Jesus wird als der "Lebensspender" vorgestellt, der es dem Menschen ermöglicht durch die Offenbarung und den Geist selber ein lebendiges Wasser zu sein, das seinen Ursprung in Gott hat (C. R. Koester, Wasser ist nicht gleich Wasser (Vom lebendigen Wasser), 735. In: Zimmermann, 2007, 731-736).



An diesem Sonntag feiern wir den 22. Sonntag nach Trinitatis (Allerheiligen) - Er hat nicht verachtet noch verschmäht das Elend des Armen.

„Der 22. Sonntag nach Trinitatis befasst sich mit Schuld im weiteren Sinne, bekommt aber sein Thema vom Gleichnis vom "Schalksknecht", das die Bitte des Vaterunsers "Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern" deutlich unterstreicht. Andere Aspekte der Schuld, die an diesem Sonntag durch die Perikopen angesprochen werden, sind die der Sündenvergebung und -bindung (!) durch die Nachfolger Jesu, der unbedingten Sündhaftigkeit des Menschen, selbst gegen seinen Willen, durch das Gesetz, und die der Unfähigkeit des Menschen, seine Schuld wieder gutzumachen. Die Vielschichtigkeit von Schuld macht es unmöglich, dieses Thema letztgültig abzuhandeln, da man auch immer selbst in der Schuld verhaftet ist und sich damit auch nicht zum Richter über andere erheben kann.

Am 22. Sonntag nach Trinitatis hören wir das Gleichnis vom Schalksknecht. Wir erfahren das kostbare Geschenk der Vergebung unserer unermesslichen Schuld durch den Tod Jesu Christi und danken Gott dafür, indem wir selbst unser Leben durch die Kraft der Vergebung gestalten und uns unserem Nächsten vergebend zuwenden“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
  • Ich armer Mensch, ich Sündenknecht (BWV 55)
  • Was soll ich aus dir machen, Ephraim (BWV 89)
  • Mache dich, mein Geist, bereit (BWV 115)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 22, 23-32:
Von Gott verlassen – und dennoch erhört
Ich will meinen Brüdern verkünden, wie groß du bist, mitten in der Gemeinde will ich dir Loblieder singen. Alle, die ihr vor dem Herrn Ehrfurcht habt, preist ihn! All ihr Nachkommen Jakobs, gebt ihm die Ehre! Begegnet ihm mit Demut und Verehrung, all ihr Nachkommen Israels! Denn der Herr hat sich von der Not des Hilflosen nicht abgewandt und seine Leiden nicht verachtet. Ja, der Herr hat sein Angesicht nicht vor ihm verhüllt, sondern auf ihn gehört, als er um Hilfe rief. Du, Herr, gibst mir Grund dafür, dich zu loben inmitten der großen Gemeinde. Mein Gelübde will ich erfüllen vor den Augen derer, die dem Herrn in Ehrfurcht dienen. Die Armen sollen wieder essen und satt werden. Die den Herrn suchen, sollen ihn preisen. Euer Herz lebe auf, es lebe ewig! An allen Enden der Erde wird man zur Einsicht kommen, und die Menschen werden zum Herrn umkehren. Alle Völker werden sich vor dir, ´Herr`, niederwerfen und dich anbeten. Denn dem Herrn gehört das Königtum, er herrscht über alle Völker. Die Großen der Erde werden ein Festmahl halten und sich anbetend vor dem Herrn niederwerfen. Auch alle, die in den Staub des Todes sinken, werden vor ihm niederfallen, alle, die keine Kraft mehr zum Leben haben. Die kommenden Generationen werden ihm dienen. Denen, die noch geboren werden, wird man vom Herrn erzählen. Verkünden wird man zukünftigen Völkern seine Rettungstaten. Man wird sagen: »Der Herr hat alles vollbracht!« (NGÜ)

Die Epistel steht in Phil 1, 3-11.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Mt 18, 21-35:
Unbegrenzte Bereitschaft zur Vergebung
Da wandte sich Petrus an Jesus und fragte ihn: »Herr, wenn mein Bruder oder meine Schwester an mir schuldig wird, wie oft muss ich ihnen verzeihen? Siebenmal?« Jesus antwortete: »Nein, nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal!«
Das Gleichnis vom hartherzigen Schuldner
Jesus fuhr fort: »Macht euch klar, was es bedeutet, dass Gott angefangen hat, seine Herrschaft aufzurichten! Er handelt dabei wie jener König, der mit den Verwaltern seiner Güter abrechnen wollte. Gleich zu Beginn brachte man ihm einen Mann, der ihm einen Millionenbetrag schuldete. Da er nicht zahlen konnte, befahl der Herr, ihn zu verkaufen, auch seine Frau und seine Kinder und seinen ganzen Besitz, und den Erlös für die Tilgung der Schulden zu verwenden. Aber der Schuldner warf sich vor ihm nieder und bat: ›Hab doch Geduld mit mir! Ich will dir ja alles zurückzahlen.‹ Da bekam der Herr Mitleid; er gab ihn frei und erließ ihm auch noch die ganze Schuld. Kaum draußen, traf dieser Mann auf einen Kollegen, der ihm einen geringen Betrag schuldete. Den packte er an der Kehle, würgte ihn und sagte: ›Gib zurück, was du mir schuldest!‹ Der Schuldner fiel auf die Knie und bettelte: ›Hab Geduld mit mir! Ich will es dir ja zurückgeben!‹ Aber sein Gläubiger wollte nichts davon hören, sondern ließ ihn ins Gefängnis werfen, bis er die Schuld beglichen hätte. Als das seine anderen Kollegen sahen, konnten sie es nicht fassen. Sie liefen zu ihrem Herrn und erzählten ihm, was geschehen war. Er ließ den Mann kommen und sagte: ›Was bist du für ein böser Mensch! Ich habe dir die ganze Schuld erlassen, weil du mich darum gebeten hast. Hättest du nicht auch Erbarmen haben können mit deinem Kollegen, so wie ich es mit dir gehabt habe?‹ Dann übergab er ihn voller Zorn den Folterknechten zur Bestrafung, bis er die ganze Schuld zurückgezahlt haben würde. So wird euch mein Vater im Himmel auch behandeln, wenn ihr eurem Bruder oder eurer Schwester nicht von Herzen verzeiht.« (GNB)

Kommentar: Offenbar besteht die größte Sünde darin, dem Nächsten nicht zu vergeben. Es ist die Sünde, die der König im Gleichnis nicht vergibt. Auch finden wir in Lk 10, 12: "Und wer ein Wort gegen den Menschensohn sagt, dem soll es vergeben werden; wer aber den Heiligen Geist lästert, dem soll es nicht vergeben werden." (LUT)
Darf aus der Richtigkeit beider Aussagen geschlossen werden, dass wir den Heiligen Geist als den Geist der Vergebung ansehen sollen, ja müssen?
"Die Ausgießung des Heiligen Geistes durch Jesus Christus begabt die Menschen mit verschiedenen Gaben (Charismen). So bilden sie den 'Leib Christi' mit seinen verschiedenen Gliedern. Diese Betonung der Erbauung einer differenzierten Gemeinschaft steht den vielen Aussagen über die 'Einheit des Geistes' nicht entgegen. (...) Unter dem Wirken des Geistes werden die Gottsuche und die Liebe zu Gott konkret. (...) Die Einheit des Geistes ist die Einheit und das Zusammenspiel der verschiedenen Geistesgaben. Die Einheit des Leibes Christi ist die Einheit des Leibes mit seinen verschiedenen Gliedern. Es ist ein Leib, bei dem gerade die kreativen Unterschiede seiner Glieder für die lebendige Einheit entscheidend sind (1. Kor 12, 13ff)" / Michael Welker: Heiliger Geist, 109f. In: Hübener & Orth, 2007, 107ff. Die Vergebung ist also die Voraussetzung und der Motor dafür, dass die Gottsuche und die Liebe zu Gott konkret werden und die Einheit und das Zusammenspiel der verschiedenen Geistesgaben, Talente und Begabungen gelingen kann.

Dienstag, 20. Oktober 2015

21. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 25. Oktober 2015


Am 31. Oktober ist Reformationstag - sola fide, sola gratia, sola scriptura, solus Christus

Einleitung: „Die Themenreihe des Monats Oktober stellt die Werke Gottes in den Mittelpunkt. Der vierte Sonntagsgottesdienst dient zur Vorbereitung auf den Gottesdienst für Entschlafene. Gott will allen Menschen Heil zuteilwerden lassen, auch denen im Jenseits. Den Auftrag Jesu, das Evangelium und die Sündenvergebung zu verkündigen sowie die Sakramente in rechter Weise zu spenden, erfüllen die Apostel an Lebenden wie an Toten. Wie Jesus Christus sein Opfer auf Erden brachte, so geschieht auch Heilsvermittlung durch die Apostel auf Erden. Da Sakramente stets eine sichtbare Seite haben, können sie auch nur im Bereich des Sichtbaren vollzogen werden. Die Wirkung der Sakramente als wesentliche Elemente der Heilsvermittlung ist für Lebende und Tote gleich.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Gottes Gnadentaten“

Lesung und gleichzeitig Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „2 Kön 5,14: Da stieg er ab und tauchte unter im Jordan siebenmal, wie der Mann Gottes geboten hatte. Und sein Fleisch wurde wieder heil wie das Fleisch eines jungen Knaben und er wurde rein.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Der Demütige erlebt Gottes Gnadentaten.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Der aramäische Hauptmann Naaman ist aussätzig und findet keine Heilung. Ein israelisches Mädchen sagt, dass ein Prophet in Samaria helfen könne. Naaman reist zu Elisa. Der lässt ihm durch seinen Knecht ausrichten, dass er sich siebenmal im Jordan waschen solle. Zunächst zornig über zu wenig Beachtung, folgt Naaman schließlich dem Rat und wird geheilt. Dieses Ereignis kann als alttestamentlicher Verweis auf die Wassertaufe angesehen werden (KNK 8.1.2.1).“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: „Gottes Hilfe ist Gnade und kann weder erkauft noch bezahlt werden.
  • Um Gnade zu erlangen, muss Selbstgefälligkeit der Demut weichen.
  • Gott will allen Menschen seine Gnade zuteil werden lassen, auch denen im Jenseits.
  • Sakramente sind grundlegende Gnadenmitteilungen Gottes zum Heil“ (alle Zitate aus den o. g. LG).
Kommentar: Wie kann man heute von der Schrift sprechen, ohne von Martin Luther zu sprechen? Wie kann man heute vom Glauben reden, ohne von Martin Luther zu reden? Wie kann man heute von der Gnade predigen, ohne von Martin Luther zu predigen? Ich verzichte an dieser Stelle auf einen ausführlichen Kommentar und verweise stattdessen auf die Posts "4. Sonntag nach Trinitatis" und "Invokavit" 2015 in diesem Blog - solus Christus.

An diesem Sonntag feiern wir den 21. Sonntag nach Trinitatis - Sei nicht ferne von mir, denn Angst ist nahe.
„Der 21. Sonntag nach Trinitatis wird von der Epistel her bestimmt. Es ist dort die Rede von der "Waffenrüstung Gottes" - Paulus vergleicht die Instrumente des Krieges mit denen des Glaubens. Dem ist das Evangelium von der Feindesliebe entgegengestellt - es handelt sich bei diesem Text allerdings nur um die Zusammenfassung der längeren Liste aus Epheser 6. Der alttestamentliche Text scheint nicht viel mit "geistlicher Waffenrüstung" zu tun zu haben, es sei denn, man betrachtet den Vers 7 als Hinweis auf die Waffe, mit der das jüdische Volk sich im Exil am Leben erhalten hat. Von einer Waffenrüstung zu reden - gleich ob geistlich oder nicht - trifft heute normalerweise auf Befremden. Diese Bilder gehören in eine extremistische Welt, nicht aber in die friedvolle Welt der Kirche. Dabei übersehen wir oft, dass es auch in der Kirche menschlich zugeht und auch dort Waffen benutzt werden - diese sind dann allerdings oft nicht die, von denen Paulus redet.
Die Rede Jesu von der Feindesliebe zeigt uns am 21. Sonntag nach Trinitatis, welche Waffen wir gegen unsere Feinde einsetzen können und sollen. Die Waffe der Liebe hat die Verheißung, dass Gott durch sie wirkt; darum können wir uns getrost auf sie verlassen, auch dann, wenn uns diese Waffe als wirkungslos erscheint“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
Ach Gott, vom Himmel sieh darein (BWV 2)
Aus tiefer Not schrei ich zu dir (BWV 38)
Ein feste Burg ist unser Gott (BVV 80)
Was Gott tut, das ist wohlgetan (BWV 98)
Ich glaube, lieber Herr, hilf meinem Unglauben (BWV 109)
Ich habe meine Zuversicht (BWV 188)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 22, 1-22:
Von Gott verlassen – und dennoch erhört
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich schreie, aber keine Rettung ist in Sicht, ich rufe, aber jede Hilfe ist weit entfernt! Mein Gott! Ich rufe am Tag, doch du antwortest nicht, ich rufe in der Nacht und komme nicht zur Ruhe. Du bist doch heilig, du wohnst dort, wo ´dein Volk` Israel dir Loblieder singt. Unsere Väter setzten ihr Vertrauen auf dich. Sie vertrauten dir, und du hast sie gerettet. Zu dir schrien sie um Hilfe und wurden befreit, sie vertrauten auf dich und wurden nicht enttäuscht. Ich aber bin kein Mensch mehr, nur noch ein Wurm, zum Spott der Leute bin ich geworden, das ganze Volk verabscheut mich. Alle, die mich sehen, verhöhnen mich, sie verziehen den Mund und schütteln den Kopf. »Übergib deine Sache doch dem Herrn«, rufen sie. »Ja, soll Gott ihn doch retten! Er soll ihm helfen – anscheinend hat er ja Gefallen an ihm!« Doch du, ´Herr`, hast mich aus dem Leib meiner Mutter gezogen. Du ließt mich an ihrer Brust Vertrauen fassen. Seit mein Leben begann, bin ich ganz auf dich angewiesen, von Mutterleib an bist du bereits mein Gott. Bleib mir doch jetzt nicht fern! Die Not ist so bedrohlich nah, und da ist niemand, der mir hilft! Gewalttäter haben mich umringt wie eine Herde Stiere, wie mächtige Büffel aus Baschan haben sie mich umstellt. Sie reißen ihr Maul gegen mich auf wie hungrige und brüllende Löwen. Ich fühle mich, als wäre ich hingeschüttet wie Wasser, alle meine Glieder sind wie ausgerenkt. Mein Herz ist wie flüssiges Wachs, das tief in meinem Innern zerschmilzt. Ich bin ohne Kraft, ausgetrocknet wie eine Tonscherbe. Die Zunge klebt mir am Gaumen. Du hast mich in den Staub gelegt, dahin, wo die Toten liegen. Denn ´Menschen` haben mich eingekreist wie Hunde, eine Horde von Gewalttätern umringt mich. Wie sich ein Löwe in seine Beute verbeißt, so halten sie mich fest und geben meine Hände und Füße nicht mehr frei. Ich könnte meine Knochen einzeln zählen; meine Feinde starren mich nur erbarmungslos an. Sie verteilen meine Kleider unter sich und werfen das Los, wer mein Obergewand bekommen soll. Du aber, Herr, bleib nicht fern von mir! Du bist doch meine Kraft, schnell, komm mir zu Hilfe! Entreiße meine Seele dem tödlichen Schwert, rette mein Leben vor den Krallen dieser Hunde! Befreie mich aus dem Rachen des Löwen, rette mich vor den Hörnern der Büffel! Ja, du hast mich erhört! (NGÜ)

Die Epistel steht in Epheser 6, 10-17.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Mt 5, 38-48:
Den Willen Gottes im Gesetz ganz ernst nehmen …
... beim Gebot, nur maßvoll zu vergelten
»Ihr wisst, dass es heißt: ›Auge um Auge, Zahn um Zahn.‹ Ich aber sage euch: Verzichtet auf Gegenwehr, wenn euch jemand Böses tut! Mehr noch: Wenn dich jemand auf die rechte Backe schlägt, dann halte auch die linke hin. Wenn jemand mit dir um dein Hemd prozessieren will, dann gib ihm den Mantel dazu. Und wenn jemand dich zwingt, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh mit ihm zwei. Wenn jemand dich um etwas bittet, gib es ihm; wenn jemand etwas von dir borgen möchte, sag nicht nein.«
... beim Gebot, den Mitmenschen zu lieben
»Ihr wisst, dass es heißt: ›Liebe deinen Mitmenschen; hasse deinen Feind.‹ Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für alle, die euch verfolgen. So erweist ihr euch als Kinder eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne scheinen auf böse Menschen wie auf gute, und er lässt es regnen auf alle, ob sie ihn ehren oder verachten. Wie könnt ihr von Gott eine Belohnung erwarten, wenn ihr nur die liebt, die euch ebenfalls lieben? Das tun auch die Betrüger! Was ist denn schon Besonderes daran, wenn ihr nur zu euresgleichen freundlich seid? Das tun auch die, die Gott nicht kennen! Nein, wie die Liebe eures Vaters im Himmel, so soll auch eure Liebe sein: vollkommen und ungeteilt.« (GNB)

Kommentar: Ein Gebet: "Herr unser Gott, du berufst wen du willst und wozu du willst. Denn du hast etwas vor mit jedem Einzelnen und jeder Einzelnen von uns. Gib mir ein Zeichen, damit ich erkenne, was du willst. Herr, ich vertraue darauf, dass das, was du willst, an der Kraft meiner Liebe erkennbar ist. Denn auch sonst steht ja die Liebe unter allem, was es gibt, dir am nächsten. Lass mich auf der Suche nach dem, was ich am meisten lieben kann, nach meiner Vorliebe, nicht sparsam und geizig sein, also nicht den Weg des geringsten Widerstands suchen. Lass mich vielmehr den Weg finden, der Mut erfordert und Lust erforderlich macht zum Wagnis in der Dunkelheit. Lass mich dann deine Hand ergreifen, wenn ich nicht weiterkomme. Führe uns, Herr, durch Ungewissheit und sei du uns dann reiner Jubel in unseren Herzen. Amen" (Berger, 2007, A, 156f).

Mittwoch, 14. Oktober 2015

20. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 18. Oktober 2015

Einleitung: „Die Themenreihe des Monats Oktober stellt die Werke Gottes in den Mittelpunkt. Im dritten Sonntagsgottesdienst ist die Kirche Christi das Thema. Durch Menschen, die ihren Glauben leben und Jesus als ihren Herrn bekennen, wird Kirche als Gemeinschaft des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe erfahrbar. Der Herr fordert uns auf, zum Bau seines Werkes beizutragen, indem wir am Gottesdienst aktiv teilnehmen, dem Nächsten dienen und das Evangelium bezeugen. Es gilt, auch an unserer eigenen geistlichen Erbauung zu arbeiten, indem wir innig beten, die Erkenntnis vertiefen und die neue Kreatur in uns wachsen lassen.

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Gott ist mit uns“ (Übrigens: Wussten Sie, dass die Koppelschlösser der Deutschen Wehrmacht im III. Reich diese Aufschrift trugen? Und wussten Sie, dass sich dieser Spruch in der deutschsprachigen Neo-Nazi-Szene bis heute großer Beliebtheit erfreut? Die Redakteure der LG offenbar nicht.)

Lesung und gleichzeitig Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Haggai 2, 4b: Sei getrost, alles Volk im Lande, spricht der Herr, und arbeitet! Denn ich bin mit euch, spricht der Herr Zebaoth.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wir wollen an unserer geistlichen Erbauung und an der Erbauung der Kirche Christi mitarbeiten.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Das Buch Haggai gehört zu den zwölf kleinen Prophetenbüchern, es überliefert die Worte eines Propheten aus der Zeit nach dem babylonischen Exil. Die Babylonier hatten im Jahr 588/87 v. Chr. Jerusalem und den Tempel zerstört und die Israeliten in die Verbannung nach Babylon geführt (2 Kön 25). Im Jahr 538 v. Chr. ließ der Perserkönig Kyrus die Verbannten ins Land zurückkehren (2 Chr 36, 22); man begann, den Tempel aufzubauen. Im Jahr 520 sandte Gott die Propheten Haggai und Sacharja, um den schleppenden Tempelbau voranzutreiben, sodass im Jahr 515 der Tempel schließlich eingeweiht werden konnte (Esr 5,1; 6,15).“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: „Wir sind aufgerufen, an unserer geistlichen Erbauung zu arbeiten, indem wir innig beten, die Erkenntnis vertiefen und die neue Kreatur in uns wachsen lassen. Der Herr fordert uns auf, zum Bau seines Werkes beizutragen, indem wir am Gottesdienst aktiv teilnehmen, dem Nächsten dienen und das Evangelium verkündigen. Gott ist mit uns“ (alle Zitate aus den o. g. LG)!

Kommentar: "Der Prophet Haggai (hebräisch חגי Der am Festtag Geborene) wird im Buch Esra (5,1 und 6,14) erwähnt. Er wirkte zur Zeit der Wiederaufbauarbeiten am Jerusalemer Tempel (29. September bis 13. Dezember 520 v. Chr.), der 587/6 von den Babyloniern zerstört worden war.

Hauptthema des Buches ist der Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem nach dem Babylonischen Exil. Seine Prophezeiungen sind auf das Jahr 520 v. Chr. datiert, mit genauen Datumsangaben.
Das Buch Haggai enthält vier Reden.
  • 1. Rede (1,1-15), Aufruf Gottes, die Arbeit am Tempel wieder aufzunehmen
  • 2. Rede (2,1-9), Weissagung von der Herrlichkeit des künftigen Tempels
  • 3. Rede (2,10-19), Verheißung von Gottes Segen nach der langen Gerichtszeit, wenn das Volk wieder in Heiligkeit lebt
  • 4. Rede (2,20-23), Prophetie vom kommenden Gericht für die übrige Welt und von der Ehrung Serubbabels.

Die gesellschaftliche und wirtschaftliche Situation Judas um 519 v. Chr.
Vermutlich gab es eine Koalition, die an Wiedererrichtung des Tempels interessiert war (Spätsommer 520 v. Chr.): zum einen die Priesterschaft, die durch den Tempelbau wieder Arbeit bekommen konnten und zum anderen Realpolitiker um den Statthalter Serubbabel, die die Chance, die die persische Regierung bot, für ihre Restaurationsbestrebungen nutzen wollten. Es gab aber auch gewichtige Gründe, die gegen eine Wiedererrichtung sprachen.

Die wirtschaftliche Lage in Juda war wegen einer längeren Dürreperiode katastrophal, auch die Wiedereingliederung der Rückwanderer machte Probleme; Eigentumsansprüche der Rückkehrer mussten teilweise gerichtlich ausgefochten werden, daher kam es zu erheblichen sozialen Spannungen. Die Bevölkerung war vielmehr mit der Sicherung des eigenen Lebensstandards beschäftigt. (Hag 1, 6.9.10f.; 2,16; Sach 8, 10)

Es gab auch theologische Einwände gegen den Tempelbau: in der desolaten Lage sah man nicht das Zeichen JHWHs zur Wiedererrichtung (Hag 1,2), schon Jeremia hatte nach Sicht seiner deuteronomistischen Interpreten (besondere Betonung des Monotheismus) davor gewarnt, falsches Vertrauen in den Tempel zu setzen und stattdessen die Verbesserung der sozialen Lage gefordert (Jer 7: die Tempelrede Jeremias). Vor allem die prophetisch-deuteronomistischen Gruppen der Daheimgebliebenen wollten sich wohl zuerst sozialen Problemen widmen." Aus: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie. Stichwort: Haggai. Download vom 11.10.2015.

Angesichts dieser oben zitierten Ausführungen sollte der Predigtschwerpunkt z. B. die derzeitige gesellschaftlichen Lage in Deutschland und Europa (Flüchtlingsnot, TTIP) beleuchten oder sich der Frage widmen, ob das Apostelamt und seine Träger wichtiger sind als Gott die Ehre zu geben und sich intensiv um die sozialen Probleme zu kümmern.

An diesem Sonntag feiern wir den 20. Sonntag nach Trinitatis - Wer kann merken, wie oft er fehlt? Verzeihe mir die die verborgenen Sünden!

„Der 20. Sonntag nach Trinitatis widmet sich der Frage nach dem Sinn von Ordnungen. Dabei werden auch die unumstößlichen Zusagen Gottes berücksichtigt, die uns den Rahmen geben, in dem wir uns bewegen können. Vom Evangelium her klingt deutlich die Prämisse durch: Der Mensch ist nicht um des Gesetzes willen, sondern das Gesetz um des Menschen willen gemacht.
Am 20. Sonntag nach Trinitatis geht es um die Ordnungen Gottes, um den Lebensrahmen, um das, was wir tun und lassen sollen. Schon immer haben diese Ordnungen in Spannung gestanden zu dem Drang des Menschen, frei zu sein und seinen Lebensrahmen selbst zu bestimmen. Wie lässt sich das Leben so gestalten, dass Freiheit und Ordnung einander ergänzen und nicht einander ausschließen? Das wollen wir heute im Hören auf Gottes Wort, im gemeinsamen Gesang und Gebet bedenken“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
Ich geh und suche mit Verlangen (BWV 49)
Ach! ich sehe, itzt, da ich zur Hochzeit gehe (BWV 162)
Schmücke dich, o liebe SeeleWo soll ich fliehen hin (BWV 180)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 19:
Gottes Herrlichkeit – sichtbar in der Schöpfung und in seinem Wort
Die Himmel verkünden die Herrlichkeit Gottes, und das Himmelsgewölbe zeigt, dass es das Werk seiner Hände ist. Ein Tag erzählt es dem anderen, und eine Nacht gibt es der anderen weiter. Sie tun es ohne Worte, kein Laut und keine Stimme ist zu hören. Und doch geht ihre Botschaft über die ganze Erde, ihre Sprache bis zum Ende der Welt. Gott hat der Sonne ihren Ort am Himmel gegeben. Wie ein Bräutigam aus seiner Kammer hervortritt, so geht sie ´am Morgen` auf, wie ein freudig strahlender Held läuft sie ihre Bahn. Von Horizont zu Horizont vollführt sie ihren Lauf, nichts kann sich vor ihrer Glut verbergen. Das Gesetz des Herrn ist vollkommen, es stärkt und erfrischt die Seele. Was der Herr in seinem Wort bezeugt, darauf kann man sich verlassen, auch einem Unerfahrenen wird dadurch Weisheit geschenkt. Die Anordnungen des Herrn sind wegweisend und erfreuen das Herz. Das Gebot des Herrn ist klar und deutlich, es schenkt neue Einsicht. Ehrfurcht vor dem Herrn ist rein, in Ewigkeit bleibt sie bestehen. Die Ordnungen des Herrn sind zuverlässig und entsprechen der Wahrheit, sie sind ausnahmslos gerecht. Wertvoller als Gold sind sie, kostbarer als eine Menge von feinstem Gold; sie sind süßer als Honig, ja, süßer noch als Honig, der aus der Wabe fließt. ´Herr`, auch ich, dein Diener, lasse mich durch sie zurechtweisen; sie zu befolgen bringt großen Lohn. Wem fällt es schon gleich auf, wenn er falsch gehandelt hat? Sprich mich frei von unbewusster Schuld! Bewahre deinen Diener vor überheblichen Menschen, lass sie keine Macht über mich gewinnen! Dann kann ich ohne Schuld und frei von schwerem Vergehen bleiben. Mögen die Worte, die ich spreche, und die Gedanken, die mein Herz ersinnt, dir gefallen, Herr, mein Fels und mein Erlöser! (NGÜ)

Die Epistel steht in 1 Thess 4, 1-8.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Mk 10, 2-16:
Über die Ehescheidung
Da kamen einige Pharisäer und versuchten, ihm eine Falle zu stellen. Sie fragten ihn: »Ist es einem Mann erlaubt, seine Frau wegzuschicken?« Jesus antwortete mit der Gegenfrage: »Was hat Mose euch denn für eine Vorschrift gegeben?« Sie erwiderten: »Mose hat erlaubt, dass ein Mann seiner Frau eine Scheidungsurkunde ausstellen und sie dann wegschicken kann.« Da sagte Jesus: »Mose hat euch diese Vorschrift nur gegeben, weil ihr euer Herz gegen Gott verhärtet habt – und damit eure Hartherzigkeit ans Licht kommt. Gott hat am Anfang den Menschen als Mann und Frau geschaffen. Deshalb verlässt ein Mann Vater und Mutter, um mit seiner Frau zu leben. Die zwei sind dann eins, mit Leib und Seele. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Und was Gott zusammengefügt hat, das sollen Menschen nicht scheiden.« Als sie dann im Haus waren, baten die Jünger Jesus wieder um eine Erklärung, und er sagte zu ihnen: »Wer sich von seiner Frau trennt und eine andere heiratet, begeht Ehebruch gegenüber seiner ersten Frau. Und auch umgekehrt: Eine Frau, die sich von ihrem Mann trennt und einen andern heiratet, begeht Ehebruch.« (GNB)

Kommentar: Es scheint alles so einfach: "Eure Rede sei Ja, Ja und Nein, Nein" (Mt 5, 37). Diese Haltung lässt für Zwischentöne scheinbar gar keinen Platz. Alles ist entweder schwarz oder weiß, richtig oder falsch, heilig oder Sünde. In der Psychologie wird diese Sicht auf die Welt Dichotomie genannt und als Denkfehler angesehen, der psychische Krankheiten begleitet, wenn nicht gar (mit) verursacht. Weitere Denkfehler sind z. B. Willkürliche Schlussfolgerungen, Selektive Verallgemeinerungen, Übergeneralisierung, Maximierung und Minimierung, Personalisierung und eben verabsolutierendes, dichotomes Denken. Sie sind begleitet von irrationalen Annahmen wie z. B. Ich bin nur dann wertvoll, wenn ich in jeder Hinsicht tüchtig, kompetent und leistungsfähig bin; Ich muss versuchen, es allen recht zu machen; Es ist notwendig, dass die anderen mich lieben; Für jedes Problem gibt es eine absolut richtige Lösung und es ist eine Katastrophe, wenn diese nicht gefunden wird oder auch Bestimmte Menschen sind böse und deshalb zu bestrafen und zu verachten. 

Doch geht es laut Fiedler (2006) eher um Wahrhaftigkeit beim Sprechen, Authentizität im Leben, Konsistenz im Denken, Handeln und Fühlen. Übersetzt in psychologische Fachtermini bedeutet dies: Menschen, Situationen, Ereignisse sollten nicht
  • global, sondern spezifisch interpretiert und bewertet werden. Es kommt also auf den Einzelfall an.
  • stabil, sondern  situationsgebunden interpretiert werden. Es ist eben nicht schon immer so oder so, sondern diesmal ist es so und dann ist die Konstellation wieder anders zu bewerten, je nach dem.
  • nicht internal, sondern external interpretiert werden. Es ist nicht nötig, sich jeden Schuh anzuziehen, der einem hingehalten wird, nicht alles hat mit dem Individuum zu tun, nicht für alles bin ich als Einzelner verantwortlich. Mal sind "die Anderen" in der Pflicht, mal ist die Situation besonders kompliziert, mal spielt auch einfach Pech eine Rolle.
Mit dem Psalm 19 dürfen wir singen: "Wem fällt es schon gleich auf, wenn er falsch gehandelt hat? Sprich mich frei von unbewusster Schuld!"
Darauf dürfen wir uns verlassen!

Samstag, 3. Oktober 2015

19. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 11. Oktober 2015

Einleitung: „Die Themenreihe des Monats Oktober stellt die Werke Gottes in den Mittelpunkt. Der zweite Sonntagsgottesdienst steht im Zeichen der Sendung des Sohnes. Obwohl der Mensch von Gott gerichtet werden müsste, da er sich doch schon seit Anbeginn von Gott abwendete, sieht die Liebe Gottes anderes vor: In Jesus Christus will er die Menschen von Sünde und Tod erlösen. Derjenige, der an Jesus Christus glaubt und ihm nachfolgt, wird trotz seiner Sündhaftigkeit kein Strafgericht erleben, während der Ungläubige sich schon in der Situation des Gerichtetseins befindet. In beiden Fällen ist schon das vor- weggenommen, was in der Zukunft liegt: Rettung und urteilendes Gericht. Jesus stellt den Menschen also vor eine klare Entscheidung.

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Rettung, nicht Gericht“

Lesung und gleichzeitig Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Joh 3, 17: Gott hat seinen Sohn nicht gesandt in die Welt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Der Sohn Gottes wurde gesandt, um die Menschen von Sünde und Tod zu erretten.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Bei dem Gespräch, das Jesus mit dem Pharisäer Nikodemus eines Nachts führt, erläutert er zunächst, was die Wiedergeburt aus Wasser und Geist (Joh 3, 3-5) bedeutet. Dann geht er auf seine Sendung als Gottessohn ein. Im Mittelpunkt steht das Wort von der Liebe Gottes als Motiv für die Sendung des Sohnes (Joh 3, 16) und die Zielsetzung dieser Sendung, nämlich die Rettung der Menschen. Diese Sendung endet am Kreuz und wird durch die Auferstehung bestätigt.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: „Der Mensch müsste von Gott gerichtet werden, hat er sich doch schon seit Anbeginn von Gott abgewendet. Dennoch sieht Gottes Heilsplan anderes vor: In Jesus Christus will er die Menschen von Sünde und Tod erlösen. Dieses Geschehen fordert von uns, dass wir uns entscheiden für
  • den Glauben an die Sendung Jesu.
  • die Nachfolge, ohne die der Glaube nur ein Lippenbekenntnis bleibt.
  • den Glauben an und die Vorbereitung auf die Wiederkunft Christi“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Die Predigtgrundlage ist eine Art "Nachrede" am Ende der Parabel "Jesus und Nikodemus" (Joh 3, 1-12):
Einer von den Pharisäern war Nikodemus, ein Mitglied des jüdischen Rates. Eines Nachts kam er zu Jesus und sagte zu ihm: »Rabbi, wir wissen, dass Gott dich gesandt und dich als Lehrer bestätigt hat. Nur mit Gottes Hilfe kann jemand solche Wunder vollbringen, wie du sie tust.« Jesus antwortete: »Amen, ich versichere dir: Nur wer von oben her geboren wird, kann Gottes neue Welt zu sehen bekommen.« »Wie kann ein Mensch geboren werden, der schon ein Greis ist?«, fragte Nikodemus. »Er kann doch nicht noch einmal in den Mutterschoß zurückkehren und ein zweites Mal auf die Welt kommen!« Jesus sagte: »Amen, ich versichere dir: Nur wer von Wasser und Geist geboren wird, kann in Gottes neue Welt hineinkommen. Was Menschen zur Welt bringen, ist und bleibt von menschlicher Art. Von geistlicher Art kann nur sein, was vom Geist Gottes geboren wird. Wundere dich also nicht, dass ich zu dir sagte: ›Ihr müsst alle von oben her geboren werden.‹ Der Wind weht, wo es ihm gefällt. Du hörst ihn nur rauschen, aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. So geheimnisvoll ist es auch, wenn ein Mensch vom Geist geboren wird.« »Wie ist so etwas möglich?«, fragte Nikodemus. Jesus antwortete: »Du bist ein anerkannter Lehrer Israels und weißt das nicht? Amen, ich versichere dir: Wir sprechen über Dinge, die wir kennen, und bezeugen das, was wir gesehen haben. Aber keiner von euch ist bereit, auf unsere Aussage zu hören. Wenn ich zu euch über die irdischen Dinge rede und ihr mir nicht glaubt, wie werdet ihr mir dann glauben, wenn ich über die himmlischen Dinge mit euch rede?« (GNB)

Die Grundthese im Joh-Ev lautet: Das Entscheidende kommt von oben. Das Gespräch zwischen Jesus und Nikodemus wird durch die Methaphorik der Geistgeburt auf die Grundfrage: "Wie gewinnt der Mensch Anteil am Reich Gottes?", also an diesem "oben", konzentriert. Dazu bedarf es der Geburt von neuem. Ohne das menschlich unverfügbare Wunder der Wiedergeburt ist es unmöglich, das Reich Gottes zu sehen. Beim Sehen geht es jedoch nicht um ein distanziertes Betrachten, sondern um Teilhabe. Das Bild der Geburt steht für das umstürzend Neue, das dem glaubenden Menschen in der Taufe durch die erneuernde Kraft des Geistes widerfährt. Der Geist bewirkt durch das Wasser (quasi als Kommunikationskanal oder als Vermittler) die Teilhabe am Reich Gottes. Sie verweist darauf, dass die Taufe ein neuschöpferisches Reinigungsgeschehen ist, der die Teilhabe an der neuen Schöpfung, dem neuen Himmel und der neuen Erde, dem "oben" ermöglicht (Offb, 21, 1).
Auch in Hinblick auf die Gemeinde (durch die 'Wir'-Aussage in V 11 signalisiert), geht es dabei nicht um eine individuelle Heilserfahrung. Wer getauft ist, wird in die Gemeinde gestellt, also in ein neues, soziales Beziehungsgefüge. Durch das belebende Geistwirken werden die Glaubenden selbst zu einer Quelle, die für andere Menschen Lebenswasser sprudeln lässt (Vergl. dazu ausführlich: Thomas Popp, Das Entscheidende kommt von oben (Geburt von oben), 722f. In: Zimmermann, 2007, 719-724).
Diese Neugeburt (sakramentalisch gewendet als Taufe, in den LG als "Rettung" bezeichnet) hat demnach zwei Perspektiven: sie kommt von oben, ist also ein Gnadengeschenk Gottes an den Menschen, und lässt den Glaubenden an der neuen Erde und dem neuen Himmel teilhaben und kommt aus dem Miteinander der Menschen.


An diesem Sonntag feiern wir den 19. Sonntag nach Trinitatis - Lass mich wohnen in deinem Zelte ewiglich und Zuflucht haben unter deinen Fittichen.

„Der 19. Sonntag nach Trinitatis hat die ganzheitliche Heilung zum Thema. "Ganzheitlich" ist ein Schlagwort unserer Zeit, und es wäre hilfreich, wenn eine Verbindung zum heutigen Verständnis von den Predigttexten her abgeleitet werden könnte.
Die Erzählung von der Heilung des Gichtbrüchigen macht uns am heutigen 19. Sonntag nach Trinitatis deutlich, dass der Mensch nicht allein aus dem Leib besteht, der krank werden und sterben kann. Wenn Jesus heilt, so heilt er immer den ganzen Menschen, so dass auch die Seele wieder gesund wird. Krankheit zeigt uns unsere Grenzen. Sie macht uns bewusst, dass wir unseren Körper nicht unendlich belasten können. Zuletzt bereitet sie uns auch auf den Tod vor. Insofern ist Krankheit etwas Gutes. Sie hilft uns, unsere Ziele neu zu stecken und an unsere Grenzen, die uns von Gott gesetzt sind, anzupassen. Sie gibt uns die Möglichkeit, auszuruhen und uns auf das Wesentliche zu besinnen. Auch die Seele kann nicht unbegrenzt belastet werden. Auch sie braucht Phasen der Ruhe und Entspannung; einer hat es mal so formuliert: die Seele baumeln lassen, das ist es, was wir brauchen. Wenn Gott sich uns mit seiner heilenden Kraft zuwendet, dann immer so, dass er beides meint, unseren Leib und unsere Seele. Das Heil, das er uns schenkt, seine Heilung ist vollkommen und lässt nichts aus“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
Wo soll ich fliehen hin (BWV 5)
Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen (BWV 48)
Ich will den Kreuzstab gerne tragen (BWV 56)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 61:
Ein Gebet des Königs
Höre, o Gott, mein lautes Flehen, achte auf mein Gebet! Aus weiter Ferne, wie vom Ende der Erde, rufe ich zu dir, denn mein Herz ist mutlos geworden. Ach führe mich doch auf jenen Felsen, der für mich zu hoch ist! Denn du bist für mich zu einer Zuflucht geworden, zum starken Turm, der mich schützt vor dem Feind. Ich möchte in deinem Heiligtum wohnen für alle Ewigkeit, mich bergen unter deinen schützenden Flügeln. Denn du, o Gott, hast auf meine Gelübde gehört. Du hast mir das Erbe gegeben, das denen zusteht, die Ehrfurcht vor deinem großen Namen haben. So füge den Lebenstagen des Königs weitere hinzu, seine Jahre sollen einander folgen wie eine Generation der anderen. Möge er für immer seine Herrschaft vor Gottes Angesicht ausüben! ´O Gott`, sende deine Gnade und deine Treue, damit sie sein Schutz sind. Dann will ich für alle Zeiten zur Ehre deines Namens Psalmen singen und so meine Gelübde erfüllen Tag für Tag. (NGÜ)

Die Epistel steht in Eph 4, 22-32.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Mk 2, 1-12:
Jesus heilt einen Gelähmten
Einige Tage später kam Jesus nach Kafarnaum zurück, und bald wusste jeder, dass er wieder zu Hause war. Die Menschen strömten so zahlreich zusammen, dass kein Platz mehr blieb, nicht einmal draußen vor der Tür. Jesus verkündete ihnen die Botschaft Gottes. Da brachten vier Männer einen Gelähmten herbei, aber sie kamen wegen der Menschenmenge nicht bis zu Jesus durch. Darum stiegen sie auf das flache Dach, gruben die Lehmdecke auf und beseitigten das Holzgeflecht, genau über der Stelle, wo Jesus war. Dann ließen sie den Gelähmten auf seiner Matte durch das Loch hinunter. Als Jesus sah, wie groß ihr Vertrauen war, sagte er zu dem Gelähmten: »Mein Kind, deine Schuld ist vergeben!« Da saßen aber einige Gesetzeslehrer, die dachten bei sich: »Was nimmt der sich heraus! Das ist eine Gotteslästerung! Nur Gott kann den Menschen ihre Schuld vergeben, sonst niemand!« Jesus erkannte sofort, dass sie das dachten, und fragte sie: »Was macht ihr euch da für Gedanken? Was ist leichter – diesem Gelähmten zu sagen: ›Deine Schuld ist dir vergeben‹, oder: ›Steh auf, nimm deine Matte und geh umher‹? Aber ihr sollt sehen, dass der Menschensohn die Vollmacht hat, hier auf der Erde Schuld zu vergeben!« Und er sagte zu dem Gelähmten: »Ich befehle dir: Steh auf, nimm deine Matte und geh nach Hause!« Der Mann stand auf, nahm seine Matte und ging vor aller Augen weg. Da waren sie alle außer sich; sie priesen Gott und sagten: »So etwas haben wir noch nie erlebt!« (GNB)

Kommentar: "Die Krankheit des Gelähmten impliziert von der Wortbedeutung her den Gedanken der Auflösung (paralysis). Dieser Art der Krankheit rührt nach antiker Vorstellung an die Spähre des Todes. Die Bewegungsunfähigkeit aufgrund von Lähmung steht im Altertum für den Verlust von Kraft und Empfindungen. (...) Sie resultiert in diesem Kontext aus Sünde, d. h. einer spirituellen Verfehlung, und verweist auf die Schuld vor Gott. Als Strafe begriffen macht sie die Notwendigkeit der Vergebung sichtbar. Gesundung setzt die Wiederherstellung einer heilen Gottesbeziehung voraus bzw. geht mit ihr einher." Die Heilung nach der Sündenvergebung dient dem Gelähmten und der Umgebung dazu, die Rückkehr in die bleibende Gottesgemeinschaft zu verdeutlichen. Die Wunderheilung macht also "nur" das Wunder der Sündenvergebung sichtbar (Dazu ausführlich: Klumbies, Die Heilung eines Gelähmten und vieler Erstarrter (Die Heilung eines Gelähmten). In: Zimmermann, 2013, 235-247).

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Erntedankfest - Kommentar zu den LG vom 04. Oktober 2015

Einleitung: „Die meisten von uns kennen den Klippdachs wahrscheinlich nicht. Aber die Bibel kennt ihn (Ps 104, 18). Laut Lexikon ist das Tier etwa so groß wie ein Kaninchen und sieht aus wie ein Murmeltier. In unserem Psalm wird nicht nur die Erschaffung von Himmel und Erde, Tag und Nacht und Meer und Land beschrieben, sondern auch der Klippdachs. Er ist ein kleines Detail der Schöpfung. Es ist Gottes Freude am Detail an jedem einzelnen Lebewesen. Ps 104 spiegelt im Schöpferlob diese Freude am Detail. So freut sich Gott seiner Werke. Wir können mit diesem Psalm das Beten lernen, indem wir heute am Erntedankfest nicht nur an das Essen und Trinken allgemein denken, sondern mit unserem Dank ins Detail gehen. Wenn wir uns plastisch vor Augen führen, was uns jeden Tag geschenkt wird, erkennen wir, was für ein Wunder es ist, dass wir täglich satt werden können. So werden wir von der Freude unseres Schöpfers angesteckt“ (Neukirchner Kalender, 4. Oktober 2015).




Die Leitgedanken für die Predigt am Erntedankfest tragen die Überschrift: „Opfer, die Gott gefallen“

Lesung und gleichzeitig Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Hebr 13, 15-16: So lasst uns nun durch ihn Gott allezeit das Lobopfer darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen. Gutes zu tun und mit andern zu teilen vergesst nicht; denn solche Opfer gefallen Gott.“ (LUT)

Eine Kernbotschaft wird nicht explizit formuliert.

Auch wird die Bibelstelle nicht ausdrücklich kontextuell eingeordnet.

Ebenso werden die Leitgedanken nicht zusammengefasst (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Eine alternative Interpretation der Leidens- und Kreuzestheologie und dem damit verbundenen Verständnis von „Versöhnung mit Gott“ (satisfactio) bietet Kroeger, 2005, 140ff an: „Gerecht vor Gott - passend zum Grundgesetzt des Lebens - sind wir (…) wenn wir uns unser Leben von ihm (Gott) schenken lassen. (…) Das gnädige Schenken und Wirken der göttlichen Urmacht, der wir primär im Glauben und Empfangen, nicht im Tun entsprechen und ‚gerecht‘ werden. Ein solcher Gott braucht kein Opfer und keine Versöhnung; er schickte ja selber seinen Sohn, um den Menschen zu helfen und er musste in seiner Gerechtigkeit, die primär nichts fordert, sondern nur schenkt, nicht versöhnt werden“ (147).
Somit sollte im Mittelpunkt der Verkündigung der Dank, die Freude und „der Klippdachs“ stehen.


An diesem Sonntag feiern wir den 18. Sonntag nach Trinitatis und das Erntedankfest - Der Herr freue sich seiner Werke.

„Seit dem 5. Jahrhundert feiert die Kirche einen Erntedanktag. Häufig fiel dieser mit dem Michaelistag zusammen, da hier das Wirken Gottes durch die Engelmächte, das in der Natur sichtbar werden kann, bedacht wurde. Der Tag wurde später auf den Sonntag nach Michaelis verlegt. In der südlichen Hemisphäre wäre es wohl angebracht, diesen Tag nicht an Michaelis zu orientieren, sondern in die Nähe der Erntezeit zu rücken.
Das Erntedankfest lässt den Menschen dankbar auf die Schöpfung blicken, die ihm gegeben ist, sein irdisches Leben zu erhalten.
Das Erntedankfest liegt in der Nähe zum Ende des Kirchenjahres. Es ist ein traditionsreiches Fest, in dem der Schwerpunkt auf dem Danken liegt für Gottes vielfältige Gaben, mit denen er uns versorgt. Der Dank äußert sich auch darin, dass wir bereit sind zum Teilen dessen, was letztlich ohnehin nicht uns gehört.
Am Erntedanktag danken wir Gott für die Gaben seiner Schöpfung, die er uns so reichlich gibt, und werden daran erinnert, dass der Ertrag unserer Arbeit nicht uns gehört, sondern von Gott kommt und sein Eigentum ist. So können wir auch die nicht vergessen, die in unserer Welt Hunger leiden müssen, und sind froh, dass wir ihnen durch unseren Überfluss helfen können, damit auch sie teilhaben an den Gaben der Schöpfung Gottes“ (www.daskirchenjahr.de).

Eine eigene Komposition für den Erntedanksonntag liegt nicht vor. Es gibt also keine „Erntedankkantate.“ Als Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag bieten sich auf Grund der zeitlichen Nähe zum Michaelisfest am 29. September die Kantaten BWV 19, 50 130 und 159 an. Auf Grund der inhaltlichen Nähe zum Erntedankfest bieten sich an:
  • Was Gott tut das ist wohlgetan (BWV 100)
  • Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut (BWV 117)
  • Nun danket alle Gott (BWV 192)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 104:
Staunen über Gottes Schöpfung
Preise den Herrn, meine Seele! Herr, mein Gott, groß und erhaben bist du, mit Herrlichkeit und Pracht hast du dich bekleidet. In Licht hüllst du dich wie in ein Gewand, den Himmel spannst du wie ein Zeltdach aus. Er, der die Säulen seiner Wohnung im Wasser ´des Himmelsgewölbes` errichtet, der Wolken zu seinem Wagen macht und auf Flügeln des Windes erscheint, der Winde zu seinen Boten macht und Feuerflammen zu seinen Dienern - er hat der Erde ihr Fundament gegeben, so dass sie für immer und ewig nicht wankt. Du, ´Gott`, bedecktest sie mit gewaltigen Wassermassen wie mit einem Kleid, selbst über den Bergen standen die Fluten. Doch auf deinen drohenden Befehl hin flohen sie, vor deiner Donnerstimme wichen sie schnell zurück. So kamen Berge empor, Täler senkten sich. Die Wassermassen aber zogen sich zurück an den Ort, den du für sie bereitet hattest. Eine Grenze hast du ihnen gesetzt, die sie nicht überschreiten dürfen; nie mehr sollen sie zurückkehren und die ganze Erde bedecken. Auf Gottes Befehl hin ergießen sich Quellen in die Flusstäler, zwischen den Bergen schlängeln sich ihre Wasserläufe. Sie tränken die Tiere des freien Feldes, Wildesel löschen dort ihren Durst. Da finden auch die Vögel ihre Nistplätze, zwischen den Zweigen lassen sie ihre Stimme ertönen. Von seinen Wohnungen in der Höhe aus bewässert Gott die Berge. Von der Frucht, die seine Werke hervorbringen, wird die Erde gesättigt. Gras lässt er hervorsprießen für das Vieh und allerlei Pflanzen für den Bedarf des Menschen, damit dieser aus dem Schoß der Erde sein tägliches Brot gewinnt. Er schenkt Wein, der das Herz des Menschen erfreut, Öl, mit dem er sein Gesicht pflegt, und Brot, das sein Herz stärkt. Auch die Bäume des Herrn trinken sich satt, die herrlichen Zedern des Libanon, die er gepflanzt hat. Dort wiederum bauen Vögel ihre Nester, auf den Zypressen nistet der Storch. Die hohen Berge bieten den Steinböcken Lebensraum, die Felsen sind eine Zuflucht für die Klippdachse. Gott hat den Mond geschaffen zur Festlegung der Zeiten, auch die Sonne weiß, wann sie untergehen soll. Du bestimmst, wann es finster wird, und schon kommt die Nacht. Da regen sich dann alle Tiere des Waldes. Die jungen Löwen brüllen nach Beute, sie verlangen von Gott ihre Nahrung. Geht dann die Sonne auf, so ziehen sich die Tiere wieder zurück und legen sich nieder in ihren Verstecken. Nun macht sich der Mensch auf und geht an seine Arbeit, an das, was er zu verrichten hat bis zum Abend. Wie zahlreich sind doch deine Werke, Herr, alle hast du mit Weisheit ausgeführt, die Erde ist erfüllt von dem, was du geschaffen hast! Da ist das Meer, schier endlos groß und weit, darin wimmelt es von unzählbar vielen Lebewesen, von kleinen wie von großen. Dort ziehen Schiffe ihre Bahn, auch ´das Ungeheuer` Leviatan, das du geschaffen hast, um mit ihm zu spielen. Alle Lebewesen hoffen auf dich, dass du ihnen ihre Speise gibst zur rechten Zeit. Du gibst sie ihnen, sie sammeln alles ein. Du öffnest ´freigebig` deine Hand, und sie werden satt von ´deinen` guten Gaben. Doch wenn du dein Angesicht verbirgst, dann erschrecken sie. Entziehst du ihnen den Lebensatem, so scheiden sie dahin und werden wieder zu Staub. Entsendest du deinen Lebensatem, dann werden sie geschaffen. Und so erneuerst du den Anblick der Erde. Die Herrlichkeit des Herrn währe ewig! Möge der Herr sich freuen an seinen Schöpfungswerken! Er braucht die Erde nur anzublicken, und schon erbebt sie, rührt er die Berge an, dann rauchen sie. Zur Ehre des Herrn will ich singen mein Leben lang, für meinen Gott musizieren, so lange ich bin. Möge mein Denken und Sinnen ihm gefallen! Ja, ich will mich erfreuen am Herrn. Alle, die sich von Gott abwenden, sollen von der Erde verschwinden - es soll keiner mehr da sein, der Gott verachtet. Preise den Herrn, meine Seele! Halleluja! (NGÜ)

Die Epistel steht in 2 Kor 9, 6-15.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Lk 12, 13-21:
Gegen die Sorge um Reichtum und Lebenssicherung
Ein Mann in der Menge wandte sich an Jesus: »Lehrer, sag doch meinem Bruder, er soll mit mir das Erbe teilen, das unser Vater uns hinterlassen hat!« Jesus antwortete ihm: »Freund, ich bin nicht zum Richter für eure Erbstreitigkeiten bestellt!« Dann sagte er zu allen: »Gebt Acht! Hütet euch vor jeder Art von Habgier! Denn der Mensch gewinnt sein Leben nicht aus seinem Besitz, auch wenn der noch so groß ist.« Jesus erzählte ihnen dazu eine Geschichte: »Ein reicher Grundbesitzer hatte eine besonders gute Ernte gehabt. ›Was soll ich jetzt tun?‹, überlegte er. ›Ich weiß gar nicht, wo ich das alles unterbringen soll! Ich hab's‹, sagte er, ›ich reiße meine Scheunen ab und baue größere! Dann kann ich das ganze Getreide und alle meine Vorräte dort unterbringen und kann zu mir selbst sagen: Gut gemacht! Jetzt bist du auf viele Jahre versorgt. Gönne dir Ruhe, iss und trink nach Herzenslust und genieße das Leben!‹ Aber Gott sagte zu ihm: ›Du Narr, noch in dieser Nacht werde ich dein Leben von dir zurückfordern! Wem gehört dann dein Besitz?‹« Und Jesus schloss: »So steht es mit allen, die für sich selber Besitz aufhäufen, aber bei Gott nichts besitzen.« (GNB)

Kommentar: Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut (Text: Johann Jakob Schütz 1675)


1) Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut,
dem Vater aller Güte,
dem Gott, der alle Wunder tut,
dem Gott, der mein Gemüte
mit seinem reichen Trost erfüllt,
dem Gott, der allen Jammer stillt.
Gebt unserm Gott die Ehre!

2) Es danken dir die Himmelsheer,
o Herrscher aller Thronen; 
und die auf Erden,
Luft und Meer in deinem Schatten wohnen,
die preisen deine Schöpfermacht, 
die alles also wohl bedacht.
Gebt unserm Gott die Ehre!

3) Was unser Gott geschaffen hat,
das will er auch erhalten,
darüber will er früh und spat
mit seiner Güte walten.
In seinem ganzen Königreich
ist alles recht, ist alles gleich.
Gebt unserm Gott die Ehre!

4) Ich rief zum Herrn in meiner Not:
Ach Gott, vernimm mein Schreien!
Da half mein Helfer mir vom Tod
und ließ mir Trost gedeihen.
Drum dank, ach Gott, drum dank ich dir;
ach danket, danket Gott mit mir!
Gebt unserm Gott die Ehre!

5) Ihr, die ihr Christi Namen nennt,
gebt unserm Gott die Ehre;
ihr, die ihr Gottes Macht bekennt,
gebt unserm Gott die Ehre!
Die falschen Götzen macht zu Spott;
der Herr ist Gott, der Herr ist Gott!
Gebt unserm Gott die Ehre!

6) Der Herr ist treu, er ist noch nicht
von seinem Volk geschieden;
er bleibet ihre Zuversicht,
ihr Segen, Heil und Frieden.
Mit Mutterhänden leitet er
die Seinen stetig hin und her.
Gebt unserm Gott die Ehre!

7) Ich will dich all mein Leben lang,
o Gott, von nun an ehren.
Man soll, Gott, deinen Lobgesang
an allen Orten hören.
Mein ganzes Herz ermuntre sich,
mein Geist und Leib erfreue dich!
Gebt unserm Gott die Ehre!