Samstag, 28. November 2015

Zum 1. Advent (mit einem Kommentar zu den Leitgedanken der NAK vom 29. November 2015)

Der kommende Herr




Heute ist der erste Sonntag des Kirchenjahres - 1. Advent: Seine Gnade und Wahrheit waltet über uns in Ewigkeit. Halleluja!

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Ps 117:
Alle Völker sollen Gott loben
Lobt den Herrn, all ihr Völker, preist ihn, all ihr Nationen! Denn überwältigend ist seine Gnade, die er uns erweist, und die Treue des Herrn bleibt ewig bestehen. Halleluja! (NGÜ)

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Mt 21, 1-9:
Jesus zieht in Jerusalem ein
Kurz vor Jerusalem kamen sie zu der Ortschaft Betfage am Ölberg. Dort schickte Jesus zwei Jünger fort mit dem Auftrag: »Geht in das Dorf da drüben! Gleich am Ortseingang findet ihr eine Eselin und ihr Junges angebunden. Bindet beide los und bringt sie zu mir! Und wenn jemand etwas sagt, dann antwortet: ›Der Herr braucht sie.‹ Dann wird man sie euch sofort geben.« Damit sollte in Erfüllung gehen, was der Prophet angekündigt hatte: »Sagt der Zionsstadt: Dein König kommt jetzt zu dir! Er verzichtet auf Gewalt. Er reitet auf einem Esel und auf einem Eselsfohlen, dem Jungen eines Lasttiers.« Die beiden Jünger gingen hin und taten, was Jesus ihnen befohlen hatte. Sie brachten die Eselin und ihr Junges und legten ihre Kleider darüber, und Jesus setzte sich darauf. Viele Menschen aus der Menge breiteten ihre Kleider als Teppich auf die Straße, andere rissen Zweige von den Bäumen und legten sie auf den Weg. Die Menschenmenge, die Jesus vorauslief und ihm folgte, rief immer wieder: »Gepriesen sei der Sohn Davids! Heil dem, der im Auftrag des Herrn kommt! Gepriesen sei Gott in der Höhe!« Als Jesus in Jerusalem einzog, geriet alles in große Aufregung. »Wer ist dieser Mann?«, fragten die Leute in der Stadt. Die Menge, die Jesus begleitete, rief: »Das ist der Prophet Jesus aus Nazaret in Galiläa!«
(GNB)

Meine Bachkantate (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag ist:
Schwingt freudig euch empor (BWV 36).

Mein Lied für den heutigen Sonntag lautet:
Macht hoch die Tür (Melodie: Halle, 1704; Text: Georg Wessel (1623) 1642.

Kommentar: Die beiden erwähnten Musikstücke sind sozusagen die Hintergrundmusik für den triumphalen Einzug des Königs, der von Matthäus als der Messias vorgestellt wird. Zwei Stellen irritieren jedoch: der Messias soll aus dem Geschlecht Davids kommen aber eben auch aus Bethlehem. Matthäus baut eine interessante Spannung auf. Auf der einen Seite ist da seine eigene Glaubensüberzeugung, dass Jesus der Messias ist. Diesem Glauben stellt er den Zweifel der Einwohner von Jerusalem gegenüber, die ihn als "Propheten aus Nazaret" begrüßen. 

Eine weitere Spannung entsteht durch den triumphalen Einzug auf einem Esel, der  ein Symbol der Friedfertigkeit und der Armut ist, da er zu Kriegszwecken ungeeignet ist. 

Triumph und Esel legen somit eine endzeitlich-eschatologische Interpretation nahe: „Mit der Friedensherrschaft des Messias (…) bricht für Israel und die ganze Welt die großartige Zukunft Gottes an. Der Messias besitzt volle Autorität, sodass sein Wort genügt, um Frieden zu schaffen“ (zitiert aus: ELB mit Erklärungen, 2010).

Demgegenüber wählte die NAK mit Johannes 1, 17 folgende Predigtgrundlage zum 1. Advent aus: "Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden. " (LUT)

Kommentar: Die Predigtgrundlage ist aus dem Prolog des Johannesevangeliums entnommen. Der gesamte Prolog aus dem Evangelium lautet in der NGÜ so:

„Jesus Christus – das Mensch gewordene Wort Gottes
Am Anfang war das Wort; das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Der, der das Wort ist, war am Anfang bei Gott. Durch ihn ist alles entstanden; es gibt nichts, was ohne ihn entstanden ist. In ihm war das Leben, und dieses Leben war das Licht der Menschen. Das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht auslöschen können. Nun trat ein Mensch auf; er war von Gott gesandt und hieß Johannes. Er kam als Zeuge; sein Auftrag war es, als Zeuge auf das Licht hinzuweisen, damit durch ihn alle daran glauben. Er selbst war nicht das Licht; sein Auftrag war es, auf das Licht hinzuweisen. ´Der, auf den er hinwies,` war das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet – das Licht, das in die Welt kommen sollte. Er war in der Welt, aber die Welt, die durch ihn geschaffen war, erkannte ihn nicht. Er kam zu seinem Volk, aber sein Volk wollte nichts von ihm wissen. All denen jedoch, die ihn aufnahmen und an seinen Namen glaubten, gab er das Recht, Gottes Kinder zu werden. Sie wurden es weder aufgrund ihrer Abstammung noch durch menschliches Wollen6, noch durch den Entschluss eines Mannes; sie sind aus Gott geboren worden. Er, der das Wort ist, wurde ein Mensch von Fleisch und Blut und lebte unter uns. Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit voller Gnade und Wahrheit, wie nur er als der einzige Sohn sie besitzt, er, der vom Vater kommt. Auf ihn wies Johannes die Menschen hin. »Er ist es!«, rief er. »Von ihm habe ich gesagt: Der, der nach mir kommt, ist größer als ich, denn er war schon vor mir da.« Wir alle haben aus der Fülle seines Reichtums Gnade und immer neu Gnade empfangen. Denn durch Mose wurde uns das Gesetz gegeben, aber durch Jesus Christus sind die Gnade und die Wahrheit zu uns gekommen. Niemand hat Gott je gesehen. Der einzige Sohn hat ihn uns offenbart, er, der selbst Gott ist und an der Seite des Vaters sitzt.“

In der GSB wird diese Stelle so übertragen:
„Denn die Tora ist durch Mose gegeben, und die Gnade und die Wahrheit sind durch Jesus, den Messias, entstanden.“

Dazu schreibt Wengst folgendes: „Am Beginn steht das jeweilige Subjekt: die Tora sowie die Gnade und Treue. Es folgt die Angabe des jeweiligen Mittlers: Mose und Jesus Christus. Den Schluss bildet das jeweilige Prädikat in einer grammatisch passiven Form, die auf Gott als logisches Subjekt weist. ER ist der Geber der Tora durch die Vermittlung des Mose. Und ER ist es auch, der durch Jesus Christus in seiner Gnade gekommen ist. Gott ist gnädig Gebender durch Mose und durch Jesus Christus. Das Bekenntnis von V16, überreich Gnade empfangen zu haben, wird also doppelt begründet: zunächst durch die Gnade der durch Mose vermittelten Tora und dann durch die Präsenz des gnädigen und treuen Gottes in Jesus Christus“ (Wengst, Das Johannesevangelium (Teilband 1), 2004, 79). Damit verortet Johannes bereits im Prolog seines Evangeliums Jesus, den Messias, in der Tora und stellt ihn als gläubigen und gesetzestreuen Juden vor.

Samstag, 21. November 2015

In eigener Sache

Liebe Leserinnen und Leser,

seit dem 16. April 2012 betreibe ich diesen Blog. Ich poste wöchentlich und kommentiere dabei die sogen. Leitgedanken der NAK.

Insgesamt wurde die Seite bisher 18132 mal aufgerufen, im letzten Monat verzeichnete ich 879 Aufrufe (Stand: 21.11.15).
Die "Leitgedanken" sind theologische Handreichungen der Kirchenleitung für die Laienprediger und haben eine überwiegend christlich-eschatologische Perspektive. In meinem Blog will ich diese Sicht ergänzen um einen sozial- und realgeschichtlichen Kontext und so einen Gegenwartsbezug herstellen. Die Veröffentlichung fand in der Regel 1-7 Tage vor dem jeweiligen Gottesdienst statt, als persönliche "Handreichung" sozusagen, da die LG theologisch doch oft recht "dünn" sind und sich nicht explizit auf das Kirchenjahr beziehen.

Die von mir in dem vergangenen Jahr miterlebten Predigten zeichneten sich nicht durch ein eigenes homiletisches Verständnis aus und die Bibelkenntnisse der Prediger waren eher gering ausgeprägt. Sie zeichneten sich nicht eben als "kraftvoll" oder "geistlich" aus. Somit wird der im KNK formulierte eigene Anspruch der Kirche an die Predigten in den von mir besuchten Gottesdiensten in aller Regel nicht eingehalten: "Die Predigt im Gottesdienst ist eine an die Gemeinde gerichtete geistliche Rede eines Amtsträgers, die von der Kraft des Heiligen Geistes erweckt und durchwirkt ist" (KNK, 12.1.6.1).

Es sind eben keine kraftvollen "Schwarzbrotpredigten", sondern eher weiches "Baguette-Gerede" (vergl. dazu: Fulbert Steffensky: Die katholische und die evangelische Predigt. In: Ders. (2005), Schwarzbrotspiritualität, 73ff).

Auch im neuen Kirchenjahr werde ich meinen Blog weiterführen. Ich werde mich dabei ausschließlich auf die biblische Predigtgrundlage für die Gottesdienste beziehen und nicht mehr ausführlich aus den Leitgedanken zitieren. So werden eigene, alternative Handreichungen entstehen. Der Bezug zu den Themen des Kirchenjahres soll dabei noch deutlicher werden. Die Veröffentlichungen finden auch weiterhin 1-7 Tage vor den jeweiligen Sonntagen statt.

Im vergangenen Kirchenjahr habe ich aus www.daskirchenjahr.de ausführlich zitiert und mich auf den Neukirchener Kalender 2015 bezogen.

In diesem Jahr werde ich mich auf einen Bibelleseplan 2016 beziehen, der von Franz-Josef Bode u. a. herausgegeben wurde: Mit der Bibel durch das Jahr. Ökumenische Bibelauslegungen 2016, Freiburg, Herder/Kreuz. Weiter werde ich mich auf das Büchlein "Lied trifft Text" - Eine Arbeitshilfe zur Gottesdienstgestaltung mit dem Evangelischen Gesangbuch - von Dörte Maria Packeiser u. a. herausgegeben und im Gesangbuchverlag Stuttgart im Jahre 2000 erschienen, beziehen.

Ich werde zusätzlich den aktuellen Abschnitt aus dem Evangelium erwähnen und diesen auf die Predigtgrundlage aus den Leitgedanken beziehen.

Bei allen Leserinnen und Lesern bedanke ich mich für das Interesse und wünsche Ihnen / Euch weiterhin anregende Gedanken.

Matthias Schröter

Ewigkeitssonntag - Kommentar zu den LG vom 22. November 2015


Magdeburg Paradiespforte mit den klugen und törichten Jungfrauen

Einleitung: „Am letzten Sonntag im Kirchenjahr, bekennen wir uns zur Auferstehung der Toten. Dazu gehört zunächst einmal das Bekenntnis zur Auferstehung Jesu, denn in ihr ist die Hoffnung auf unsere Auferstehung und die allgemeine Auferstehung der Toten begründet. Für die Brautgemeinde geschieht die Auferstehung bei der ersten Wiederkunft Christi, bei der die Erstlinge aus den Lebenden und den Toten einen neuen Leib erhalten. Dieser geistliche Leib ist von gleicher Beschaffenheit wie der Auferstehungsleib Jesu Christi, dem Erstling der Auferstandenen.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Hoffnung auf Auferstehung“

Lesung und gleichzeitig Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „1 Kor 15, 20: Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wir glauben an die Auferstehung Jesu, hoffen auf unsere eigene Auferstehung und auf die Überwindung des Todes.“

Die Bibelstelle wird in diesen historischen oder theologischen Kontext eingebettet: „Nachdem Apostel Paulus die Zeugen der Auferstehung Jesu benannt hat (1 Kor 15, 1–11), geht er argumentativ gegen die Leugner der Auferstehung vor, die es in Korinth offensichtlich gab (1 Kor 15, 12–19). Danach bekräftigt er die Hoffnung auf Auferstehung und schildert, wie die Auferstehung der Toten vor sich gehen wird und wie die Gläubigen verwandelt werden; diese Auferstehung, so betont der Apostel, wird eine fleischliche sein (1 Kor 15, 20–58).“

Die LG werden schließlich so zusammengefasst: „Wir glauben an die Auferstehung Jesu von den Toten und wir hoffen auf unsere eigene Auferstehung. Darauf bereiten wir uns vor, indem wir im Glauben treu bleiben und dem Herrn nachfolgen. Wir beten darum, dass der Herr bald wiederkommt und der Tod überwunden wird“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: "Die kerygmatische Sicherheit des Credo-Satzes bringt die korinthische These zu Fall und erweist die negativen Konsequenzen in V12-19 als unzutreffend. Durch das Bild der Erstlingsgarbe, die man am Tag nach dem Sabbat in der Paschawoche (christlich gesehen der Tag der Auferstehung Jesu!) darbrachte, ist neben der zeitlichen Abfolge zugleich eine kausale Verbindung hergestellt: Diesem Beginn wird das Einbringen der ganzen Ernte notwendig folgen" (H. J. Klauck: 1. Korintherbrief. Kommentar zum NT mit der EU, 1984, 113f).

Heute ist der letzte Sonntag des Kirchenjahres - Ewigkeitssonntag: Wenn der Herr die Gefangenen Zins erlösen wird, so werden wir sein wie die Träumenden.

„Der Letzte Sonntag im Kirchenjahr kann in zweifacher Weise begangen werden: als Ewigkeitssonntag oder als Gedenktag der Entschlafenen (Totensonntag). Eine Kombination beider ist nicht abwegig. Hier wird noch getrennt, weil dies auch vom neuen Evangelischen Gottesdienstbuch so vorgesehen wird. Als Ewigkeitssonntag schauen die Perikopen dieses Tages in die Zukunft, die jenseits unserer Vorstellungen liegt. Dabei ist wichtig, diese wunderbare Zukunft nicht als rein geistige Realität zu erfahren und zu vermitteln. Denn durch Jesus Christus ist Ewigkeit in unser Leben hineingedrungen und kann so auch in unserer Realität schon greifbar werden.
Am letzten Sonntag des Kirchenjahres hören wir vom himmlischen Jerusalem, der ewigen Stadt, die uns als Wohnstatt verheißen ist. Das Warten scheint uns lang zu werden, aber vor Gott sind tausend Jahre wie ein Tag, und um seiner Schöpfung willen schenkt er Raum zur Buße. So freuen wir uns auf die verheißene Stadt und warten geduldig in dem Wissen, dass der Tag des Herrn unvermittelt anbrechen wird“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantate (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag ist:
Wachet auf, ruft uns die Stimme (BWV 140)

Am 25. Sonntag nach Trinitatis erklingen folgende Kantaten:
Es reißet euch ein schrecklich Ende (BWV 90)
Du Friedefürst, Herr Jesu Christ (BWV 116)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Ps 126:
„Unter Tränen säen – voll Jubel ernten
Ein Wallfahrtslied, gesungen auf dem Weg hinauf nach Jerusalem. Als der Herr uns aus der Gefangenschaft nach Zion zurückkehren ließ, da war es uns, als träumten wir. Wir lachten und jubelten laut vor Freude. Sogar unter den anderen Völkern sagte man: »Der Herr hat Großes für sie getan!« Ja, Großes hat der Herr für uns getan, darum freuen wir uns sehr! Herr, wende auch jetzt unser Geschick zum Guten, so wie du die ausgetrockneten Bäche im Südland wieder mit Wasser füllst! Wer unter Tränen die Saat ausstreut, wird voll Jubel die Ernte einbringen. Weinend geht der Sämann jetzt über den Acker6, mit sich trägt er den Samen zur Aussaat. Voll Jubel kommt er dann heim von der Ernte, den Arm voller Garben.“ (NGÜ)

Die Epistel steht in Off 21, 1-7.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Mt 15, 1-13:
„Das Gleichnis von den Brautjungfern
»Wenn Gott sein Werk vollendet, wird es zugehen wie in der folgenden Geschichte: Zehn Brautjungfern1 gingen mit ihren Lampen hinaus, dem Bräutigam entgegen, um ihn zu empfangen. Fünf von ihnen handelten klug, die anderen fünf gedankenlos. Die Gedankenlosen nahmen nur ihre gefüllten Lampen mit, während die Klugen auch noch Öl zum Nachfüllen mitnahmen. Weil der Bräutigam sich verspätete, wurden sie alle müde und schliefen ein. Mitten in der Nacht ertönte der Ruf: ›Der Bräutigam kommt, geht ihm entgegen!‹ Die zehn Brautjungfern standen auf und brachten ihre Lampen in Ordnung. Da baten die Gedankenlosen die anderen: ›Gebt uns von eurem Öl etwas ab, denn unsere Lampen gehen aus.‹ Aber die Klugen sagten: ›Ausgeschlossen, dann reicht es weder für uns noch für euch. Geht doch zum Kaufmann und holt euch welches!‹ So machten sich die fünf auf den Weg, um Öl zu kaufen. Inzwischen kam der Bräutigam. Die fünf Klugen, die darauf vorbereitet waren, gingen mit ihm hinein zum Hochzeitsfest, und die Türen wurden geschlossen. Schließlich kamen die anderen nach und riefen: ›Herr, Herr, mach uns auf!‹ Aber der Bräutigam wies sie ab und sagte: ›Ich versichere euch, ich kenne euch nicht!‹ Darum seid wachsam, denn ihr wisst weder Tag noch Stunde im Voraus!«“ (GNB)

Kommentar: "Im Rahmen einer sequentiellen Lektüre des Mt liegt es nahe, die Parabel von den Mädchen als eine Warnung für die Gemeinde angesichts der endgültigen Scheidung im Gericht zu lesen. Klug, wachsam und vorbereitet sind jene, die den 'Willen des Vaters' tun (Mt 7, 21) bzw. die Worte der Bergpredigt hören und tun (Mt 7, 24). (...) Fackeln mit Öl stehen für das Hören und Tun der Worte Jesu, wohingegen Fackeln ohne Öl das Hören ohne Tun veranschaulichen. (...) Die Haltung der Bereitschaft erhält ihren ganz besonderen Fokus darin, dass das Leben als zielgerichtet gedacht wird - sei es auf die Parusie oder den persönlichen Tod hin. Dieses Ziel trägt in der Parabel wie in der christlichen Eschatologie ganz allgemein stets die Gesichtszüge des gekreuzigten und auferstandenen Christus" (Moisés Mayordomo: Kluge Mädchen kommen überall hin (Von den zehn Jungfrauen). In: Zimmermann (Hg.), Kompendium der Gleichnisse Jesu, 2007, 488-503).

Freitag, 13. November 2015

Buß- und Bettag - Kommentar zu den LG zum Buß- und Bettag



Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Keine Selbsttäuschung!“

Lesung und gleichzeitig Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Offb 3, 19: Welche ich lieb habe, die weise ich zurecht und züchtige ich. So sei nun eifrig und tue Buße!“ (LUT)

Eine Kernbotschaft wird nicht formuliert.

Die Bibelstelle wird in keinen historischen oder theologischen Kontext eingebettet.

Eine Zusammenfassung wird nicht vorgenommen.

Ich möchte aus den sogen. „Ausführungen“ formulieren: „... und züchtige ich: Züchtigung kann in der Weise erlebt werden, dass der Herr Kummer, Leid und Sorgen zulässt, damit unser Glaubensleben an Tiefe gewinnt. Wir sollen lernen, dem Herrn noch mehr zu vertrauen. Unsere Hoffnung auf den Tag des Herrn soll noch intensiver werden. Wir sollen ferner in der Geduld wachsen. Züchtigung in diesem Sinn ist keine Bestrafung - vielmehr soll sie uns dem Herrn näher bringen (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Auffällig sind 2 Aspekte: zum einen war Laodizea, an diese ist das Sendschreiben gerichtet, eine Stadt mit selbstbewussten Bewohnern - und mit einer vermutlich ebenso selbstbewussten Gemeinde. Dieses Selbstbewusstsein gründete sich auf den Reichtum der Stadt und ihrer Bewohner und dem medizinischen Fortschritt; zum anderen fällt auf, „dass in ihm [dem Sendschreiben] die Gemeinde überhaupt nicht mehr, auch nicht in einem Rest, gelobt wird. Die Gemeinde als Ganze wird verklagt“ (Lichtenberger, 2014, Die Apokalypse, 112).

Die NGÜ gibt Off. 19, 3 so wieder: „So mache ich es mit allen, die ich liebe: Ich decke auf, was bei ihnen verkehrt ist, und weise sie zurecht. Darum mach Schluss mit deiner Gleichgültigkeit und kehre um!“
Die BNÜ überträgt diese Stelle so: „Wen ich liebe, den sage ich, was er für Fehler hat und versuche, ihn zu bessern. Nimm es an und kehre um!“

Diese beiden Übersetzungen sind näher am Kern des Evangeliums, denn in Hinblick auf die Frohe Botschaft wird deutlich, dass Gott-Ferne immer durch Krankheiten, „Kummer, Leid und Sorgen“ symbolisiert und ausgedrückt wird. Auch eine soziale Ausgrenzung findet durch Krankheitsbilder seinen Ausdruck. Weiter wird beschrieben, dass Jesus sich diesem Leid, also der Gott- und Menschen-Ferne, annimmt und diese heilt also überwindet. Nicht „Kummer, Leid und Sorgen“ führen also zu einem tieferen Glauben, sondern die Heilung. Gott geht immer in Vorleistung und bietet sein Vorbild zur Nachahmung an. Buße führt also zu einer Nachahmung des göttlichen Handelns und zu einer Rückkehr zum menschlichen Tun - Buße ist eine zutiefst humanistischer Akt.


Heute ist Buß- und Bettag - Wer aber beharrt bis ans Ende, der wird selig werden.

"Seit Beginn der Kirche gibt es Buß- und Bettage, die mit Fasten und Gebet begangen wurden. In der römischen Kirche hat sich mancherorts der Mittwoch und Freitag (wenigstens in den Bußzeiten) als Fastentag erhalten (der Mittwoch gilt als Tag des Verrats, der Freitag als Tag der Kreuzigung Jesu). Aus diesen Tagen entstanden Fastenzeiten vor den großen Festen, von denen uns die Adventszeit und die Fastenzeit vor Ostern erhalten sind.
Die protestantische Kirche hat die Praxis der Bußtage übernommen, indem sie wöchentliche Buß- und Bettage am Dienstag einführte. Beliebt waren solche Tage (mit ganztägigem Gottesdienst) nicht, so dass die Aufklärung im 18. Jahrhundert leichtes Spiel hatte, die Praxis unter den Protestanten drastisch einzuschränken. Heute ist uns nur der Tag in der Mitte der vorletzten Woche des Kirchenjahres als kirchlicher Buß- und Bettag erhalten.
Am Buß- und Bettag werden wir zur Umkehr aufgerufen. Dabei geht es nicht nur um innere Umkehr, auch unser Tun soll sich zum Guten hinwenden. So hören wir immer wieder neu das Wort Gottes, um zu erkennen, wo wir ihm untreu geworden sind, damit wir lernen, Gutes zu tun. Denn das ist das rechte Opfer, das wir unserem Gott schuldig sind. Aber den rechten Weg dazu kann uns nur Gott selbst weisen, und so ist das Gebet wesentlicher Bestandteil unseres alltäglichen Lebens“ (www.daskirchenjahr.de).

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir Mt 24, 1-14:
Die Ankündigung der Zerstörung des Tempels
Als Jesus den Tempel verlassen hatte, wandten sich seine Jünger an ihn und wiesen ihn auf die gewaltigen Bauten des Tempels hin. Er sagte zu ihnen: Seht ihr das alles? Amen, das sage ich euch: Kein Stein wird hier auf dem andern bleiben; alles wird niedergerissen werden.
Vom Anfang der Not
Als er auf dem Ölberg saß, wandten sich die Jünger, die mit ihm allein waren, an ihn und fragten: Sag uns, wann wird das geschehen, und was ist das Zeichen für deine Ankunft und das Ende der Welt? Jesus antwortete: Gebt Acht, dass euch niemand irreführt! Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin der Messias!, und sie werden viele irreführen. Ihr werdet von Kriegen hören und Nachrichten über Kriege werden euch beunruhigen. Gebt Acht, lasst euch nicht erschrecken! Das muss geschehen. Es ist aber noch nicht das Ende. Denn ein Volk wird sich gegen das andere erheben und ein Reich gegen das andere und an vielen Orten wird es Hungersnöte und Erdbeben geben. Doch das alles ist erst der Anfang der Wehen. Dann wird man euch in große Not bringen und euch töten und ihr werdet von allen Völkern um meines Namens willen gehasst. Dann werden viele zu Fall kommen und einander hassen und verraten. Viele falsche Propheten werden auftreten und sie werden viele irreführen. Und weil die Missachtung von Gottes Gesetz überhandnimmt, wird die Liebe bei vielen erkalten. Wer jedoch bis zum Ende standhaft bleibt, der wird gerettet. Aber dieses Evangelium vom Reich wird auf der ganzen Welt verkündet werden, damit alle Völker es hören; dann erst kommt das Ende.
Vom Höhepunkt der Not
Wenn ihr dann am heiligen Ort den unheilvollen Gräuel stehen seht, der durch den Propheten Daniel vorhergesagt worden ist - der Leser begreife -, dann sollen die Bewohner von Judäa in die Berge fliehen; wer gerade auf dem Dach ist, soll nicht mehr ins Haus gehen, um seine Sachen mitzunehmen; wer auf dem Feld ist, soll nicht zurückkehren, um seinen Mantel zu holen. Weh aber den Frauen, die in jenen Tagen schwanger sind oder ein Kind stillen. Betet darum, dass ihr nicht im Winter oder an einem Sabbat fliehen müsst. Denn es wird eine so große Not kommen, wie es noch nie eine gegeben hat, seit die Welt besteht, und wie es auch keine mehr geben wird. Und wenn jene Zeit nicht verkürzt würde, dann würde kein Mensch gerettet; doch um der Auserwählten willen wird jene Zeit verkürzt werden. Wenn dann jemand zu euch sagt: Seht, hier ist der Messias!, oder: Da ist er!, so glaubt es nicht! Denn es wird mancher falsche Messias und mancher falsche Prophet auftreten und sie werden große Zeichen und Wunder tun, um, wenn möglich, auch die Auserwählten irrezuführen. (EU)

Die Epistel steht in Rö 2, 1-11.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Lk 13, 1-9:
Wenn ihr euch nicht ändert ...
Um diese Zeit kamen einige Leute zu Jesus und erzählten ihm von den Männern aus Galiläa, die Pilatus töten ließ, als sie gerade im Tempel Opfer darbrachten; ihr Blut vermischte sich mit dem Blut ihrer Opfertiere. Jesus sagte zu ihnen: »Meint ihr etwa, dass sie einen so schrecklichen Tod fanden, weil sie schlimmere Sünder waren als die anderen Leute in Galiläa? Nein, ich sage euch: Wenn ihr euch nicht ändert, werdet ihr alle genauso umkommen! Oder denkt an die achtzehn, die der Turm am Teich Schiloach unter sich begrub! Meint ihr, dass sie schlechter waren als die übrigen Einwohner Jerusalems? Nein, ich sage euch: Ihr werdet alle genauso umkommen, wenn ihr euch nicht ändert!«
Eine letzte Gnadenfrist
Dann erzählte ihnen Jesus folgendes Gleichnis: »Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum gepflanzt. Er kam und suchte Früchte an ihm und fand keine. Da sagte er zu seinem Weingärtner: ›Hör zu: Drei Jahre sind es nun schon, dass ich herkomme und an diesem Feigenbaum nach Früchten suche und keine finde. Also hau ihn um, was soll er für nichts und wieder nichts den Boden aussaugen!‹ Aber der Weingärtner sagte: ›Herr, lass ihn doch dieses Jahr noch stehen! Ich will den Boden rundherum gut auflockern und düngen. Vielleicht trägt der Baum dann im nächsten Jahr Früchte. Wenn nicht, dann lass ihn umhauen!‹« (GNB)

Kommentar: In dem Gleichnis wird der "verschwenderische Umgang" (583) Gottes mit seiner Barmherzigkeit verdeutlicht. Offenbar kann Gott gut warten und ist geduldig, selbst dann wenn die Forderung nach Umkehr und Buße nachvollziehbar gerechtfertigt ist (siehe dazu ausführlich: M. Gruber: Gerichtskonsequenz oder Gnadenchance? (Der unfruchtbare Feigenbaum). In: Zimmermann, 2007, 579ff).

Donnerstag, 12. November 2015

Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres - Kommentar zu den LG vom 15. November 2015

Einleitung: „Im dritten Gottesdienst im November beschäftigen wir uns mit der „königlichen Priesterschaft“, also mit jener Gruppe von Menschen, die im Friedensreich das Evangelium allen Menschen, Lebenden und Toten, verkündigen wird. Die 'königliche Priesterschaft', von der in 1. Petr 2, 9 die Rede ist, meint nicht nur einen zukünftigen Zustand, sondern bezeichnet auch etwas Gegenwärtiges, nämlich die Zugehörigkeit zu Gott und die Berufung dazu, das Evangelium heute schon vor anderen Menschen in Wort und Tat zu verkündigen.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Wohltaten Gottes verkündigen“

Lesung und gleichzeitig Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „2. Kor 1, 21-22: Gott ist’s aber, der uns fest macht samt euch in Christus und uns gesalbt und versiegelt und in unsre Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wir sind Gottes Eigentum und seine Gesandten.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Der Christ partizipiert an der Salbung Christi. Damit ist nicht gemeint, dass nun jeder Christ ein ‚Amt‘ trägt, sondern dass er das Evangelium weitertragen soll. Er ist somit ein Gesandter, der im Auftrag Christi einen Dienst verrichtet, auch wenn er nicht die Vollmacht hat, Sakramente zu spenden. ‚Gesalbt und versiegelt‘ verweist auf das Sakrament der Heiligen Versiegelung, durch das die Taufe ihre Vollendung erfährt.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: „Der Heilige Geist erinnert uns daran, dass wir Gottes Eigentum sind. Er bewegt uns dazu, den göttlichen Willen kundzutun und Gott wohlgefällige Opfer zu bringen. Heute schon ermöglicht er es uns, die Freuden des Reiches Gottes zu kosten“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Zum besseren Verständnis gebe ich an dieser Stelle die Wortumgebung der Lesung und Predigtgrundlage für den NAK-GD aus der Einheitsübersetzung an, die überschrieben ist mit "'Das Ja-Wort Gottes': Gott ist treu, er bürgt dafür, dass unser Wort euch gegenüber nicht Ja und Nein zugleich ist. Denn Gottes Sohn Jesus Christus, der euch durch uns verkündigt wurde - durch mich, Silvanus und Timotheus -, ist nicht als Ja und Nein zugleich gekommen; in ihm ist das Ja verwirklicht. Er ist das Ja zu allem, was Gott verheißen hat. Darum rufen wir durch ihn zu Gottes Lobpreis auch das Amen. Gott aber, der uns und euch in der Treue zu Christus festigt und der uns alle gesalbt hat, er ist es auch, der uns sein Siegel aufgedrückt und als ersten Anteil (am verheißenen Heil) den Geist in unser Herz gegeben hat." (EU)
"Paulus zeigt in wenigen dichten Sätzen einen planvollen Weg auf: den Korinthern wird Christus verkündet, sie nehmen diese Botschaft an und bekunden es durch ihr Amen. Ihr Glaube findet seine Besiegelung in der Taufe, die ihr künftiges Leben prägt. Die Geistverleihung bei der Taufe gehört zum ältesten Bestand urchristlicher Theologie. Der Geist gewährt jetzt schon Teilnahme am erlösten Leben und gewährleistet die künftige Heilsvollendung. Die theozentrische Gedankenführung öffnet sich auf eine unreflektierte trinitarische Aussage hin. Gott handelt an der Gemeinde durch Christus. Sie wird in das Christusgeschehen eingegliedert. Das ist eine Wirkung des Geistes, den Gott selbst ins Herz der Glaubenden senkt" (H. J. Klauck, 2. Korintherbrief, 1986, 25ff).


Heute ist der Vorletzte Sonntag des Kirchenjahres - Rechne uns die Schuld der Väter nicht an, erbarme dich unser bald, denn wir sind elend.

„Der Vorletzte Sonntag im Kirchenjahr befasst sich mit dem Weltgericht, wie es vielfach im Neuen Testament angekündigt. Viele Menschen unterliegen der Gefahr, das Kommen des Weltgerichtes in den Zeichen dieser Zeit zu sehen: in Verwüstungen, Naturkatastrophen, Kriegen usw. Dabei machen sie sich zu Beobachtern, obgleich sie doch selbst Betroffene sein müssten. Unser Glaube lehrt uns, dass Gott barmherzig und gnädig ist und dem vergibt, der sich ihm in Vertrauen zuwendet. Somit ist es wohl angebracht, das Weltgericht als ein positives Geschehen zu erwarten und nicht als etwas, das Zerstörung und damit Leid bringt.
Am vorletzten Sonntag des Kirchenjahres hören wir die Erzählung vom Weltgericht und werden daran erinnert, dass auch wir nicht dem Gericht ausweichen können. Aber wir wissen, dass wir hindurchkommen durch die Liebe Gottes, die er uns in seinem Sohn Jesus Christus bewiesen hat. Diese Liebe wollen wir auch in unserem Leben weitergeben“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
Ach wie flüchtig, ach wie nichtig (BWV 26)
O Ewigkeit, du Donnerwort (BWV 60)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 79:
Gott, wie lange willst du noch zornig sein?
Gott, fremde Völker sind in deinen Besitz eingedrungen, deinen heiligen Tempel haben sie entweiht und Jerusalem zu einem Trümmerhaufen gemacht. Sie haben deine Diener getötet und deren Leichen den Vögeln zum Fraß überlassen. Menschen, die dir zu Lebzeiten treu ergeben waren, haben sie den wilden Tieren vorgeworfen. Ihr Blut haben sie rings um Jerusalem vergossen, als wäre es Wasser, und niemand ist da, der die Toten begräbt. Wir wurden zum Gespött unserer Nachbarvölker, wir ernten nur Hohn und Schmach von allen ringsum. Wie lange noch bekommen wir deinen Unwillen zu spüren, Herr? Doch nicht für immer? Wie lange soll dein Zorn wüten wie ein verzehrendes Feuer? Lass ihn an den anderen Völkern aus, die nichts von dir wissen wollen, an den Königreichen, in denen man deinen Namen nicht anruft! Denn ganz Israel1 haben sie sich einverleibt und sein gesamtes Wohngebiet verwüstet. Rechne uns doch die Schuld unserer Vorfahren nicht an! Komm uns rasch mit deinem reichen Erbarmen entgegen! Denn wir sind sehr schwach geworden. Hilf uns, du Gott, der uns Rettung schenkt, damit dein Name überall geehrt wird! Befreie uns, vergib uns unsere Sünden – es geht doch um das Ansehen deines Namens! Warum sollen die anderen Völker sagen: »Wo ist er denn nun, der Gott Israels?«? Zeig ihnen vor unseren Augen, dass du das ´achtlos` vergossene Blut deiner Diener rächst. Lass das Stöhnen der Gefangenen zu dir dringen, zeig, wie weit dein mächtiger Arm reicht, und erhalte die Todgeweihten am Leben! Lass den Hohn unserer Nachbarvölker siebenfach auf sie selbst zurückfallen – letztlich haben sie doch dich, Herr, damit verspottet! Wir aber sind dein Volk, die Schafe auf deiner Weide; wir wollen dir für immer und ewig danken, deinen Ruhm weitertragen von Generation zu Generation. (NGÜ)

Die Epistel steht in Rö 8, 18-25.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Mt 25, 31-46:
Wonach der Weltrichter urteilt
»Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt, begleitet von allen Engeln, dann wird er auf seinem Herrscherthron Platz nehmen. Alle Völker der Erde werden vor ihm versammelt werden, und er wird die Menschen in zwei Gruppen teilen, so wie ein Hirt die Schafe von den Böcken trennt. Die Schafe wird er auf seine rechte Seite stellen und die Böcke auf seine linke Seite. Dann wird der König zu denen auf seiner rechten Seite sagen: ›Kommt her! Euch hat mein Vater gesegnet. Nehmt Gottes neue Welt in Besitz, die er euch von allem Anfang an zugedacht hat. Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich bei euch aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir etwas anzuziehen gegeben; ich war krank und ihr habt mich versorgt; ich war im Gefängnis und ihr habt mich besucht.‹ Dann werden die, die den Willen Gottes getan haben, fragen: ›Herr, wann sahen wir dich jemals hungrig und gaben dir zu essen? Oder durstig und gaben dir zu trinken? Wann kamst du als Fremder zu uns und wir nahmen dich auf, oder nackt und wir gaben dir etwas anzuziehen? Wann warst du krank oder im Gefängnis und wir besuchten dich?‹ Dann wird der König antworten: ›Ich versichere euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder oder für eine meiner geringsten Schwestern getan habt, das habt ihr für mich getan.‹ Dann wird der König zu denen auf seiner linken Seite sagen: ›Geht mir aus den Augen, Gott hat euch verflucht! Fort mit euch in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel vorbereitet ist! Denn ich war hungrig, aber ihr habt mir nichts zu essen gegeben; ich war durstig, aber ihr habt mir nichts zu trinken gegeben; ich war fremd, aber ihr habt mich nicht aufgenommen; ich war nackt, aber ihr habt mir nichts anzuziehen gegeben; ich war krank und im Gefängnis, aber ihr habt euch nicht um mich gekümmert.‹ Dann werden auch sie ihn fragen: ›Herr, wann sahen wir dich jemals hungrig oder durstig, wann kamst du als Fremder, wann warst du nackt oder krank oder im Gefängnis - und wir hätten uns nicht um dich gekümmert?‹ Aber er wird ihnen antworten: ›Ich versichere euch: Was ihr an einem von meinen geringsten Brüdern oder an einer von meinen geringsten Schwestern zu tun versäumt habt, das habt ihr an mir versäumt.‹ Auf diese also wartet die ewige Strafe. Die anderen aber, die den Willen Gottes getan haben, empfangen das ewige Leben.« (GNB)

Kommentar: In der kommenden Welt wird jeder Mensch vom Weltenrichter gefragt werden: "Was hast du in deinem Leben getan?" Die Antworten, die Matthäus darauf gibt, sind eindeutig: dem Fremden Heimat geben, dem Durstigen Wasser reichen und dem Hungrigen Brot, den Kranken heilen, die Gefangenen besuchen und die Nackten kleiden. 
Der Mensch wendet sich dem Menschen zu, nimmt also eine Beziehung auf, überwindet seinen Zorn und versöhnt sich. 
So antwortet der Mensch auf das ihm zuvor geschenkte göttliche Erbarmen.

Samstag, 7. November 2015

Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres - Kommentar zu den LG vom 08. November 2015


Einleitung: „Der Gottesdienst am 8. November hat die Wiederkunft Christi, also einen der zentralen Inhalte christlichen Glaubens zum Thema. Auf die Wiederkunft des Herrn wird die Gemeinde unter anderem durch die Apostel, durch die Heilige Versiegelung und das Heilige Abendmahl vorbereitet. Mit der Wiederkunft Christi beginnt für die Brautgemeinde die unaufhebbare Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott. Zugleich wird zum Ausdruck gebracht, dass mit der Wiederkunft Christi und der Entrückung der Brautgemeinde nicht das Ende der Heilsgeschichte gekommen ist, vielmehr geht die Heilsgeschichte weiter mit dem Ziel, so viele Menschen wie möglich in die ewige Gemeinschaft mit Gott zu führen. Es ist wichtig, dass die Entrückung der Brautgemeinde als ein Akt des vorgezogenen Heils deutlich gemacht wird. Seinen Abschluss findet das Heilswerk Gottes in der neuen Schöpfung, in der Gott sein wird alles in allem.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Überwinden“

Lesung und gleichzeitig Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Offb 3, 21: Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden habe und mich gesetzt habe mit meinem Vater auf seinen Thron.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wir müssen kämpfen, um zu überwinden.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Offb 3, 21 ist ein sogenannter „Überwinderspruch“, in dem eine zentrale Heilszusage gemacht wird. Den Überwindern wird eine Teilhabe an der himmlischen Königsherrschaft Jesu zugesagt. So wie Jesus Christus Anteil an der Herrschaft Gottes hat, so werden die Überwinder Anteil an der Herrschaft Jesu Christi haben.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: „Der Herr erwartet von uns, dass wir
  • um unser Heil kämpfen,
  • die Sünde bekämpfen,
  • den „alten Adam“ bezwingen,
  • für unseren Nächsten eintreten,
  • uns für das Einssein einsetzen.
Er wird uns den Sieg schenken“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Das Wort "Überwinden" hat in der deutschen Sprache eine mannigfache Bedeutung. Es wird im Sinne von "bezwingen" oder "besiegen" gebraucht. In diesem Sinn verstehen es die Kommentatoren der LG. Es bedeutet aber auch überbrücken oder "ausfüllen mit" oder auch "hinweghelfen." Zudem wird es im Sinne des Wortes "durchstehen" oder auch "sich über etwas hinweg trösten" oder "verarbeiten" benutzt.
"Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem!" bietet Paulus als in Rö 12, 21 "Programm" an und bringt dieses Wort so mit dem Doppelgebot der Liebe in Verbindung.
Die Bedeutung des Wortes "überwinden" im Sinne von "verarbeiten" deutet auch eine inner-seelische und somit vielleicht sogar eine therapeutische Perspektive an.
All dies deuten die Kommentatoren der LG auch an. Allerdings wird mit den Worten "kämpfen, bekämpfen und bezwingen" eine recht martialische und kriegerische Sprache benutzt, die so gar nicht in den Kontext einer Evangeliumsverkündigung passt.


Heute ist der Drittletzte Sonntag des Kirchenjahres - Den Frommen geht das Licht auf in der Finsternis von dem Gnädigen, Barmherzigen und Gerechten.
„Die Frage, ob man dem Staat Steuern zahlen solle oder nicht, steht am 23. Sonntag nach Trinitatis im Vordergrund. Die Kirche weiß, dass sie in dieser Welt nur Gast ist und daher auch Freiheit ihr gegenüber hat. Zugleich aber, da wir in dieser Welt leben, haben wir eine Verantwortung für sie wahrzunehmen, indem wir mit unserem Gebet für sie eintreten. Ein Staat aber, der den Menschen nicht achtet und ihm seine Würde nimmt, handelt entgegen dem Evangelium und wird daher auch von der Gemeinde Jesu zur Änderung seines Tuns aufgerufen werden“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
Falsche Welt, dir trau ich nicht (BWV 52)
Wohl dem, der sich auf seinen Gott (BWV 139)
Nur jedem das Seine (BWV 163)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 112:
Das Glück des Menschen, der Gott die Treue hält
Halleluja! Glücklich zu preisen ist, wer dem Herrn in Ehrfurcht begegnet, wer Gottes Gebote mit Freude befolgt. Seine Nachkommen werden im ganzen Land einflussreich sein. Ja, sie alle, die aufrichtig vor Gott leben, werden von ihm gesegnet. Wohlstand und Reichtum sind im Haus eines solchen Menschen zu finden, das Gute, das er tut, hat für immer Bestand. Aufrichtigen Menschen strahlt in der Finsternis ein helles Licht auf, gnädig, barmherzig und gerecht ´ist Gott`. Gut steht es um den, der barmherzig ist und anderen etwas leiht. Vor Gericht wird er sein Recht behaupten können. Ja, niemals wird er ins Stolpern geraten; in ewig guter Erinnerung wird der bleiben, der nach Gottes Willen lebt. Vor einem schlimmen Gerücht hat er keine Angst; sein Herz ist zuversichtlich, voll Vertrauen auf den Herrn. Gefestigt ist sein Herz, er fürchtet sich nicht – bis er schließlich herabblicken darf auf alle, die ihn angegriffen haben. Er teilt mit vollen Händen aus und beschenkt die Bedürftigen; das Gute, das er tut, hat für immer Bestand. Er behauptet sich und genießt hohes Ansehen. Der Gottlose sieht es und ärgert sich, voller Wut knirscht er mit den Zähnen – und geht doch unaufhaltsam seinem Ende entgegen! Ja, die Wünsche der Gottlosen werden mit ihnen untergehen. (NGÜ)

Die Epistel steht in Rö 14, 7-9.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Lk 17, 20-30:
Wann richtet Gott seine Herrschaft auf?
Einige Pharisäer fragten Jesus, wann die Herrschaft Gottes anbrechen werde. Jesus antwortete: »Ihr dürft nicht nach Vorzeichen ausschauen und an allen möglichen Orten nach ihr suchen! Denn schon jetzt, mitten unter euch, richtet Gott seine Herrschaft auf!«
Vom Kommen des Menschensohnes
Dann sagte Jesus zu den Jüngern, den Männern und Frauen: »Es wird die Zeit kommen, wo ihr euch danach sehnt, auch nur einen Tag unter der Herrschaft des Menschensohnes zu erleben. Aber es wird euch nicht vergönnt sein. Sie werden zu euch sagen: ›Schaut doch hierher!‹, oder: ›Schaut dorthin!‹ Aber geht nicht hin und gebt nichts darauf. Wenn sein Tag da ist, wird der Menschensohn kommen wie ein Blitz, der mit einem Schlag den ganzen Horizont ringsum erhellt. Aber zuvor muss er noch vieles erleiden und von den Menschen dieser Generation verworfen werden. Wenn der Menschensohn kommt, wird es genauso sein wie zur Zeit Noachs: Die Menschen aßen und tranken und heirateten, wie sie es gewohnt waren – bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging. Dann kam die Flut und vernichtete sie alle. Und es wird auch genauso sein wie in den Tagen Lots: Sie aßen und tranken, sie kauften und verkauften, bestellten das Land und bauten Häuser, wie sie es gewohnt waren. An dem Tag aber, an dem Lot die Stadt Sodom verließ, fiel Feuer und Schwefel vom Himmel und vernichtete sie alle. Ganz genauso wird es an dem Tag sein, an dem der Menschensohn erscheint. (GNB)

Kommentar: Der Wochenpsalm wird vertont unter anderem im Elias von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847). Die Uraufführung fand auf dem Musikfest in Birmingham am 28. August 1846 unter der Leitung des Komponisten statt.
Am 15. November findet eine Aufführung dieses Werkes an der St. Michaelis Kirche in Eutin statt.