Mittwoch, 29. April 2015

Kantate - Kommentar zu den LG vom 03. Mai 2015

Einleitung: „Der erste Sonntagsgottesdienst im Monat Mai steht unter der Themenreihe ‚Göttliche Lenkung’. Die göttliche Lenkung wird unter anderem in der Sendung der Apostel deutlich. Dies ist dann auch der Schwerpunkt in diesem Gottesdienst. Warum werden in den Gottesdiensten immer mal wieder das Apostolat und seine Aufgaben thematisiert? Das hängt unter anderem damit zusammen, dass wir uns daran deutlich machen können, warum wir neuapostolisch sind. Zum anderen haben wir die Aufgabe, auch andere Christen damit bekannt zu machen, dass Gott auch heute Apostel sendet. Die Apostel sind ja nicht nur eine Angelegenheit für die Neuapostolische Kirche, sondern für die gesamte Kirche Christi. Das sollte der Gemeinde immer wieder ins Bewusstsein gehoben werden.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Glaube aus der Predigt.“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Rö 10,13–15: Denn wer den Namen des Herrn anrufen wird, soll gerettet werden. Wie sollen sie aber den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger? Wie sollen sie aber predigen, wenn sie nicht gesandt werden? Wie denn geschrieben steht: 'Wie lieblich sind die Füße der Freudenboten, die das Gute verkündigen!' (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Die Predigt des Evangeliums soll Glauben bewirken.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Paulus setzt sich mit der Frage einer möglichen Verwerfung Israels durch Gott auseinander. Er kommt zu dem Schluss, dass Israels Verstockung den Heiden das Heil ermöglicht und deshalb nicht ‚das letzte Wort’ in der Geschichte Israels sein wird.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: „Der Glaube setzt das Hören des Wortes Gottes voraus.
  • Das Apostolat predigt die Fülle des Heils.
  • Dank des Amtes, das es predigt, ist das Wort Gottes ganz nahe beim Menschen.
  • Glaube ist ein Geschenk Gottes und Aufgabe für den Menschen“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Die Adressaten des von Paulus verfassten Römerbriefes sind sogen. Heidenchristen in Rom um 56 n. Chr. Das Thema des Rö nennt Paulus selber (Rö 1,16f):

"Die Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes durch das Evangelium – das Thema des Briefes
Zu dieser Botschaft bekenne ich mich offen und ohne mich zu schämen, denn das Evangelium ist die Kraft Gottes, die jedem, der glaubt, Rettung bringt. Das gilt zunächst für die Juden, es gilt aber auch für jeden anderen Menschen. Denn im Evangelium zeigt uns Gott seine Gerechtigkeit, eine Gerechtigkeit, zu der man durch den Glauben Zugang hat; sie kommt dem zugute, der ihm vertraut. Darum heißt es in der Schrift: 'Der Gerechte wird leben, weil er glaubt.'" (NGÜ)

Es handelt sich weniger um ein „Thema“, sondern eher um eine These, die von Paulus im Verlauf des Briefes systematisch bearbeitet und begründet wird. Paulus setzt also folgende Themen in ein Verhältnis zueinander: das Evangelium, die Gerechtigkeit Gottes, die Teilhabenden (Juden und Griechen), der Glaube und das Apostelamt des Paulus (vergl. Oda Wischmeyer, Römerbrief. Aus: Wischmeyer, 2006, 241-274).

Wichtig an dieser Stelle zu betonen bleibt, „dass Gott mit diesem Volk [Israel] einen bis heute gültigen Bund schließt, was wirklichkeitsnah im AT geschildert wird, der es der Christenheit nicht erlaubt, sich selber als das ‚wahre Israel‘ und Gottesvolk an Israels Stelle zu setzen. Gott bleibt ihm treu, auch wenn die Treulosigkeit seines Bundespartner weder verschwiegen noch unkritisiert bleiben“ (Martin Stöhr: Israel. In: Hübner & Orth (2007), 115-119).





An diesem Tag, dem 03. Mai 2015, feiern wir den Sonntag Kantate - „Deine Gnade reicht, so weit der Himmel ist, und deine Treue, soweit die Wolken gehen.“

„Der Name des Sonntags Kantate leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon ab: Cantate Domino canticum novum, quia mirabilia fecit (Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder (Ps 98, 1a)!)!
Der Sonntag Kantate ist der Singesonntag, was allerdings nicht durch das Evangelium deutlich wird. Andere Perikopen gehen schon eher auf die singende Antwort der Gemeinde auf Gottes Taten ein, d.h. sie berichten vom Lobpreis der Gemeinde. Der Sonntag Kantate befasst sich, so wie schon der Sonntag Jubilate, mit einer Form der Antwort der Gemeinde, was im Gottesdienst dann auch zum Tragen kommen soll. Wir erfahren, dass das Lied wesentlicher Bestandteil des gemeindlichen Lebens ist. Das lobpreisende Lied kann nicht nur die Herzen fröhlich machen, sondern auch Türen aufschließen; das Klagelied hilft nicht nur, Not und Sorgen abzulegen, sondern vermag auch neue Hoffnung zu geben. Der Liederschatz der Kirche ist unermüdlich groß, und es ist gut, dass das "Gesangbuch" des jüdischen Volkes, der Psalter, darin eine wichtige Rolle spielt, denn die Psalmen sprechen wie nur wenige andere Lieder tief aus dem Herzen des Beters (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
„Wir danken dir, Gott, wir danken dir“ (BWV 29)
„Es ist euch gut, dass ich hingehe“ (BWV 108)
„Wo gehest du hin“ (BWV 166)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 108:
Mit Gott werden wir den Sieg erringen!
Mein Herz ist zuversichtlich, o Gott. Ich will singen und auf der Harfe spielen. Wach auf, meine Seele! Harfe und Zither, wacht auf! Ich will aufstehen noch vor der Morgenröte und sie wecken durch unser Spiel. Vor den Völkern will ich dich loben, Herr. Ja, vor ihnen soll mein Lied für dich erklingen. Denn deine Gnade ist so groß und weit wie der Himmel, und deine Treue reicht bis zu den Wolken. Zeige dich, o Gott, in deiner Macht, lass sie den Himmel überstrahlen, und auch auf der ganzen Erde lass deine Herrlichkeit sichtbar werden. Damit alle gerettet werden, die du liebst, hilf uns mit deinem starken Arm und erhöre mein Gebet! Darauf hat Gott in seinem Heiligtum geantwortet: »Als Sieger will ich triumphieren, die Stadt Sichem werde ich meinem Volk zurückgeben und das Tal von Sukkot als mein Eigentum vermessen. Mir gehört das Gebiet von Gilead und von Manasse, Efraïm ist mein starker, schützender Helm, und Juda ist mein Herrscherstab. Moab aber ist mein Waschbecken, von Edom ergreife ich Besitz, indem ich meinen Schuh darauf werfe. Und auch du, Land der Philister, musst mir zujubeln!« Aber wer bringt mich in jene Stadt, die gut befestigt ist? Ja, wer geleitet mich nach Edom? Hast nicht du, o Gott, uns verstoßen? Weigerst du dich nicht bis jetzt, mit unseren Heeren in den Kampf zu ziehen? Hilf uns doch gegen unsere Feinde! Was können Menschen alleine schon ausrichten? Aber mit Gott werden wir den Sieg erringen, er wird alle, die uns jetzt bedrängen, schließlich zertreten! (NGÜ)

Die Epistel steht im Kol 3,12-17.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Mt 11,25-30:
Jesus und der Vater. Einladung zu erfülltem Leben
Danach rief Jesus: »Vater, Herr über Himmel und Erde, du hast angefangen, deine Herrschaft aufzurichten. Das hast du den Klugen und Gelehrten verborgen, aber den Unwissenden hast du es offenbar gemacht. Dafür preise ich dich! Ja, Vater, so wolltest du es haben! Mein Vater hat mir alle Macht übergeben. Niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand den Vater, nur der Sohn – und die, denen der Sohn ihn offenbaren will. Ihr plagt euch mit den Geboten, die die Gesetzeslehrer euch auferlegt haben. Kommt alle zu mir; ich will euch die Last abnehmen! Ich quäle euch nicht und sehe auf niemand herab. Stellt euch unter meine Leitung und lernt bei mir; dann findet euer Leben Erfüllung. Was ich anordne, ist gut für euch, und was ich euch zu tragen gebe, ist keine Last.« (GNB)

Kommentar: Das Eine sind die Gesetze (der Katechismus), das Andere der persönliche Glaubensweg und die persönliche Beziehung zu Bruder Jesus. Beides kann und sollte Hand in Hand gehen. Die Last der Frage: „Mache ich auch wirklich alles richtig?“ „Habe ich alles bedacht?“ „Was sagt die Kirche dazu?“ „Was denkt mein Apostel darüber?“ will Jesus uns abnehmen, damit wir leicht, erleichtert unseren Weg auf seinem Weg suchen, finden und gehen können. Ein Weg könnte dabei z. B. „Die Perlen des Glaubens“ sein.
„18 Perlen reihen sich an einem Band aneinander und bilden einen Kreis, dessen Anfang und Ende durch die größte Perle golden leuchtend gesetzt wird. Die Perlen unterscheiden sich in Form, Farbe und Größe und weisen mit ihrem Namen auf ihre Bedeutung hin. In ihrer Bedeutung können die Perlen als der Lebensweg Jesu gedeutet werden, aber auch zum Sinnbild für das eigene Leben werden. Die Perlen des Glaubens machen den Glauben "greifbar" und möchten dazu anregen, christliche Tradition neu zu entdecken und zu verstehen. So sind sie ein Katechismus (Glaubensunterricht) für die Hände, ein einfaches Hilfsmittel, um den eigenen spirituellen Weg zu finden und einzuüben“ (www.perlen-des-glaubens.de).

Mittwoch, 22. April 2015

Jubilate - Kommentar zu den LG vom 26. April 2015

Einleitung: „Im Monat April setzen sich die Beiträge zur Passionszeit fort. Die kommenden Gottesdienste beziehen sich auf zentrale Ereignisse der Heilsgeschichte, die für alle Menschen Gültigkeit haben. Gottes Heilshandeln wird allen Menschen angeboten. (…) Im dritten Gottesdienst nach Ostern wird der Blick in die Zukunft gerichtet. Der von Christus errungene Sieg über Sünde und Tod begründet die Zusage des ewigen Lebens. Die Gewissheit ewigen Lebens bewirkt Freude im Herzen, denn sie zeigt, der Tod ist nicht das Ende unseres Seins. So kann dieser Gedanke auch in schwierigen Lebenslagen ein Trost sein, wenn beispielsweise Menschen Angst vor dem Sterben haben und der Tod ihnen unmittelbar bevorsteht. Die Freude wird vollkommen sein, wenn Jesus Christus wiederkommt und Gott schließlich einen neuen Himmel und eine neue Erde bereitet.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Kommende Freude.“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Joh 16,22: Und auch ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Die von Christus verheißene Freude bei seiner Wiederkunft ist Trost und freudige Hoffnung.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Die nachösterliche Gemeinde lebt nicht mehr in der Zeit des Leidens und Sterbens Jesu, sondern blickt dankbar auf sie zurück, denn in ihr geschah die Erlösung aus der Gottferne. Sie hat Grund zur Freude, da sich Gott zum Gekreuzigten bekannt hat. Obwohl die Gläubigen traurig sind, dass Jesus nicht sichtbar bei ihnen ist, wird ihnen Freude verheißen, denn Jesus wird wiederkommen.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
„Der von Christus errungene Sieg über Sünde und Tod und die darin begründete Zusage zum ewigen Leben bewirken Freude im Herzen.
Glaubensgewissheit schenkt auch in schwierigen Lebensphasen Freude im Herzen. Ewige Freude wird sein, wenn
  • Jesus Christus wiederkommt.
  • Gott die neue Schöpfung bereitet“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Die Predigtgrundlage ist der zweiten Abschiedsrede Jesu entnommen (Joh 15,1-16,33). Den vierten Abschnitt dieser Abschiedsrede überschreibt Wengst mit „Ermutigung in der Bedrängnis“ (Joh 16,16-33).

Die Auferstehung lässt sich als ein Wunder oder als eine frühchristliche Wundergeschichte in dem folgenden Sinne verstehen:
„Eine frühchristliche Wundergeschichte ist eine faktuale mehrgliedrige Erzählung, von der Handlung Jesu oder eines Jesusanhängers an Menschen, Sachen oder Natur, die eine sinnlich wahrnehmbare, zunächst unerklärbare Veränderung auslöst textimmanent und/oder kontextuell auf das Einwirken göttliche Kraft zurückgeführt wird und die Absicht verfolgt, den/die RezipientIn in Staunen und Irritation zu versetzen, um ihn/sie damit zu einer Erkenntnis über Gottes Wirklichkeit zu führen und/oder zum Glauben bzw. zu einer Verhaltensänderung zu bewegen“ (Zimmermann, 2013, 32).

In welcher Form lässt sich von einem Wunder erzählen resp. predigen?
  • Wundergeschichten sind Ausdruck der Hoffnung auf das Reich Gottes.
  • Wundergeschichten können als bildhafte „Dein-Reich-komme“-Bitte verstanden werden und von dort aus interpretiert werden.
  • In Wundergeschichten sind Metaphern versteckt, die der heutigen Wirklichkeit entsprechen. Im diesem Sinne bedeutet von Wundern zu predigen einen aktiven Übertragungsprozess vorzunehmen.
  • „Wird das Handeln Jesu bruchlos auf unser Handeln übertragen, nivelliert man das Einzigartige der Taten Gottes. (…) Die Spannung zwischen Gottes Wirken und unserem Tun wird gehalten, wenn die Predigten versuchen, nicht einfach ethische Handlungsanweisungen zu Intention ihrer Predigten zu machen, sondern verantwortungsvolles Handeln durch ihre Predigt möglich werden zu lassen“ (ebenda, 161).

An diesem Tag, dem 26. April 2015, feiern wir den Sonntag Jubilate - „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat“

Der Name des Sonntags Jubilate leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon ab: Jubilate Deo, omnis terra (Ps 66,1: Halleluja! Jauchzet Gott, alle Lande, Halleluja! Lobsinget zur Ehre seines Namens! Halleluja!)!
Am Sonntag Jubilate wird das Evangelium von Jesus als dem Weinstock gelesen. Das Thema "Die neue Schöpfung" wird jedoch nicht ohne weiteres in diesem Evangelium deutlich, sondern in den anderen Lesungen, worin auf die Veränderungen hingewiesen wird, die durch Jesu Auferstehung bewirkt wurden und werden. Interessant ist die Wahl der priesterlichen Schöpfungsgeschichte als alttestamentlicher Lesung: hier wird das, was das Volk Israel schon lange erkannt hat, aufgegriffen: Gott hat die Schöpfung gut geschaffen, ohne Fehl und Tadel. Das zahreiche Elend ist auf das Versagen des Menschen zurückzuführen, den Willen Gottes auszuführen. Durch Christus sind wir nun dazu befähigt (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
  • „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ (BWV 12; siehe CD-Tipp)
  • „Ihr werdet weinen und heulen“ (BWV 103)
  • „Wir müssen durch viel Trübsal“ (BWV (146)




Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 103:
Barmherzig und gnädig ist der Herr
Preise den Herrn, meine Seele, ja, alles in mir ´lobe` seinen heiligen Namen! Preise den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!
Er vergibt dir all deine Schuld und heilt alle deine Krankheiten. Er rettet dich mitten aus Todesgefahr, krönt dich mit Güte und Erbarmen. Er gibt dir in deinem Leben viel Gutes – überreich bist du beschenkt! Wie sich bei einem Adler das Gefieder erneuert, so bekommst du immer wieder jugendliche Kraft. Der Herr vollbringt große Rettungstaten, allen Unterdrückten verhilft er zu ihrem Recht. 
Er gab Mose zu erkennen, wie er handelt, und den Israeliten zeigte er seine mächtigen Taten. Barmherzig und gnädig ist der Herr, er gerät nicht schnell in Zorn, sondern ist reich an Gnade. Nicht für immer wird er uns anklagen, noch wird er ewig zornig auf uns sein. 
Er handelt an uns nicht so, wie wir es wegen unserer Sünden verdient hätten, er vergilt uns nicht nach unseren Vergehen. Denn so hoch, wie der Himmel über der Erde ist, so überragend groß ist seine Gnade gegenüber denen, die ihm in Ehrfurcht begegnen. So fern, wie der Osten vom Westen ist, so weit schafft er unsere Vergehen von uns fort. Wie ein Vater seinen Kindern voller Güte begegnet, so begegnet der Herr denen, die ihm in Ehrfurcht dienen. Denn er weiß ja, was für Geschöpfe wir sind, er denkt daran, dass wir nur aus Staub gebildet wurden. Der Mensch – seine Lebenstage sind so vergänglich wie das Gras. Er gleicht einer Blume auf dem Feld, die aufblüht, wenn aber ein starker Wind über sie hinwegfegt, dann ist sie nicht mehr da. Dort, wo sie einmal blühte, gibt es keine Spur mehr von ihr. Doch die Gnade des Herrn ist immer und ewig über denen, die ihm in Ehrfurcht dienen. Und noch an ihren Kindern und Enkeln erweist er seine Treue. So handelt er an denen, die sich an seinen Bund halten, die an seine Weisungen denken und danach leben. Der Herr hat im Himmel seinen Thron errichtet, und seine Königsherrschaft umschließt das All. Preist den Herrn, ihr seine starken und gewaltigen Engel, die ihr sein Wort ausführt und seiner Stimme gehorcht, sobald er spricht. Preist den Herrn, ihr alle, die ihr zu seinem himmlischen Heer gehört, ihr seine Diener, die ihr ausführt, woran er Freude hat. Preist den Herrn, ihr alle seine Werke, an allen Orten, über die sich seine Herrschaft erstreckt! Ja, preise den Herrn, meine Seele! (NGÜ)

Die Epistel steht im 1 Joh 5,1-4.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Joh 15,1-8:
Die Bildrede vom Fruchtbringen
Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Winzer. Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt. Ihr seid schon rein durch das Wort, das ich zu euch gesagt habe. Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so könnt auch ihr keine Frucht bringen, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen. Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer und sie verbrennen. Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten. Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet. (EU)

Kommentar: Poplutz zufolge, lässt sich das Gleichnis in den literarischen Kontext der Abschiedsreden Jesu einordnen. Betrachtet man dieses letzte „Ich-bin-Wort“ so fällt vor allem eine Neuerung ins Auge: „Zum ersten Mal wird mit dem ‚Ich-bin-Wort‘ keine selbständige christologische Aussage formuliert, sondern eine Form gewählt, in der es auf engste mit anderen Figuren verknüpft ist (Winzer, Reben). Die neue Akzentsetzung kann man als ekklesiologische Umgestaltung deuten, die der Passage eine neue Sinnrichtung verleiht. Die Konzentration auf den Winzer, den Weinstock und die Reben ermöglicht eine Gemeinschaftsaussage zwischen dem Sohn und den Glaubenden, deren einzige Lebensader die Verbindung mit dem Sohn ist, ohne die sie nichts tun können“ (Poplutz, Uta: Eine fruchtbare Allianz (Weinstock, Winzer, Reben). In: Zimmermann, 2007, 828-839).

Donnerstag, 16. April 2015

Miserikordias Domini - Kommentar zu den LG vom 19. April 2015

Einleitung: „Im Monat April setzen sich die Beiträge zur Passionszeit fort. Die kommenden Gottesdienste beziehen sich auf zentrale Ereignisse der Heilsgeschichte, die für alle Menschen Gültigkeit haben. Gottes Heilshandeln wird allen Menschen angeboten. (…) 
Sicherheit ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Diese Sicherheit möchte er nicht nur in seinem natürlichen, sondern auch in seinem geistlichen Leben haben. Der Heilige Geist erfüllt durch sein Wirken in Wort und Sakrament diesen Wunsch. Der Heilige Geist ist es, der in alle Wahrheit leitet und das Zukünftige verkündet (Joh 16,13). Solches Zeugnis Gottes ist unser sicherer Anker, von dem der zweite Gottesdienst nach Ostern spricht.“ 

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Durch Christus geschenkte ‚lebendige Hoffnung.’“ 

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „1. Petrus 1,3: Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten“ (LUT). 

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Die in Christi Auferstehung begründete Hoffnung ist Gewissheit und gibt Sicherheit.“ 

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Thema des ersten Petrusbriefs ist das Aushalten in den Bedrängnissen, der die Christen in der Diaspora ausgesetzt sind (1Petr 1,1). Der Grund der Hoffnung ist das durch Gott in Christus eröffnete und schon geschenkte Heil.“ 

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: 
„Unser Glaube ist mehr als nur eine Hilfe in den Problemen des Lebens – er ist begründete Hoffnung auf ein neues Leben bei Gott, das 
  • auf der Auferstehung Jesu Christi gründet;
  • in der Wiedergeburt aus Wasser und Geist seinen Anfang genommen hat;
  • in die ewige Gemeinschaft mit Gott mündet“ (alle Zitate aus den o. g. LG). 

Kommentar: Eine deutlich prägnantere Übersetzung von 1 Petr 1,3 nimmt die BNÜ vor: „Gott sei gelobt. Er ist der Vater unseres Herren Jesus Christus und hat uns sein großes Erbarmen erwiesen, indem er Jesus Christus aus den Toten erweckt hat. Dadurch hat er auch uns eine begründete Hoffnung auf Leben geschenkt und uns noch einmal neu geschaffen“ (BNÜ). 

Die beiden zentralen Themen des 1 Petr sind die Leidenstheologie und die Darstellung der Gemeinde als Tempel. „Mit der Leidenstheologie kann der Verfasser die Situation (soziale Diskriminierung seitens der heidnischen Umwelt) theologisch mit Jesus und seinem Leiden verbinden. Durch die Tempeltheologie kann er der Gemeinde ein kräftiges Bewusstsein theologischer Identität vermitteln“ (aus der Einleitung zum 1 Petr, BNÜ, 53f). Im weiteren Verlauf entwirft der Verfasser ein moralisches Ordnungsschema für antike Heidenchristen (sogen. Haustafeln), die sich am Pflichtkatalog des Hauses in der hellenistischen Welt orientieren. 


An diesem Tag, dem 19. April 2015, feiern wir den Sonntag Miserikordias Domini - „Er weidet mich auf einer grünen Aue und führt mich zum frischen Wasser.“ 

„Der Name des Sonntags Miserikordias Domini leitet sich vom Beginn der früheren lateinischen Antiphon ab: Misericordias Domini plena est terra. (Ps 33, 5; „Die Erde ist erfüllt von der Gnade des Herrn.“). 
Der Sonntag Miserikordias Domini wird durch das Evangelium vom Guten Hirten bestimmt. Der Hirte sorgt für seine Schafe, die ihm treu folgen. Gleichzeitig wird aber auch der Hinweis laut auf die "falschen Hirten", die nur an ihren eigenen Vorteil denken. Entscheidend ist jedoch die Zusage Jesu, dass er als der gute Hirte sein Leben hingibt für die Schafe. Das bedeutet, dass wir umfassenden Schutz genießen und uns vor nichts zu fürchten brauchen, auch wenn es dunkel um uns wird (www.daskirchenjahr.de).

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 23: 
Der Herr ist mein Hirte 
Der Herr ist mein Hirte, darum leide ich keinen Mangel. Er bringt mich auf Weideplätze mit saftigem Gras und führt mich zu Wasserstellen, an denen ich ausruhen kann. Er stärkt und erfrischt meine Seele. Er führt mich auf rechten Wegen und verbürgt sich dafür mit seinem Namen. Selbst wenn ich durch ein finsteres Tal gehen muss, wo Todesschatten mich umgeben, fürchte ich mich vor keinem Unglück, denn du, ´Herr`, bist bei mir! Dein Stock und dein Hirtenstab geben mir Trost. Du ´lädst mich ein und` deckst mir den Tisch selbst vor den Augen meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl, ´um mich zu ehren`, und füllst meinen Becher bis zum Überfließen. Nur Güte und Gnade werden mich umgeben alle Tage meines Lebens, und ich werde wohnen im Haus des Herrn für alle Zeit. (NGÜ) 

Die Epistel steht im 1 Petr 2,21b-25. 

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Joh 10,11-16.27-30: 
Jesus – der gute Hirt 
»Ich bin der gute Hirt. Ein guter Hirt ist bereit, für seine Schafe zu sterben. Einer, dem die Schafe nicht selbst gehören, ist kein richtiger Hirt. Darum lässt er sie im Stich, wenn er den Wolf kommen sieht, und läuft davon. Dann stürzt sich der Wolf auf die Schafe und jagt die Herde auseinander. Wer die Schafe nur gegen Lohn hütet, läuft davon; denn die Schafe sind ihm gleichgültig. Ich bin der gute Hirt. Ich kenne meine Schafe und sie kennen mich, so wie der Vater mich kennt und ich ihn kenne. Ich bin bereit, für sie zu sterben. Ich habe noch andere Schafe, die nicht zu diesem Schafstall gehören; auch die muss ich herbeibringen. Sie werden auf meine Stimme hören, und alle werden in einer Herde unter einem Hirten vereint sein. (…) Meine Schafe hören auf mich. Ich kenne sie und sie folgen mir. Ich gebe ihnen das ewige Leben und sie werden niemals umkommen. Niemand kann sie mir aus den Händen reißen, weil niemand sie aus den Händen meines Vaters reißen kann. Er schützt die, die er mir gegeben hat; denn er ist mächtiger als alle. Der Vater und ich sind untrennbar eins.« (GNB) 

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind: 
  • „Ich bin ein guter“ Hirt (BWV 85) 
  • „Du Hirte Israel, höre“ (BWV 104) 
  • „Der Her ist mein getreuer Hirt“ (BWV 112)

Kommentar: „Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein“ sagte Albert Einstein einmal. 

Kann der Mensch als nicht sich selber eine Richtung vorgeben? Brauchen wir wirklich einen Hirten, eine Art Vormund? Schließlich ist nach dem biblischen Schöpfungsmythos der freie Wille DAS Geschenk Gottes an den Menschen, was diesen erst zum Menschen macht und vom Tier unterscheidet, den Menschen also ausmacht, konstituiert.

So verfügt dann auch Kapitän Jack Sparrow in der Filmreihe „Fluch der Karibik“ lediglich über einen Kompass, der nicht nach Norden zeigt, sondern das als Hauptrichtung vorgibt, was „das Herz begehrt“. 

Und in Michael Endes Buch „Die unendliche Geschichte“ lautet die Inschrift auf dem Amulett der kindlichen Kaiserin von Phantásien: "Tu, was du willst!“ 

Beides verstehe ich als populäre Interpretationen des sogen. „kategorischen Imperativs“, der in seiner Grundform lautet: „‚Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.‘ Er ist im System Immanuel Kants das grundlegende Prinzip der Ethik. Er gebietet allen endlichen vernunftbegabten Wesen und damit allen Menschen, ihre Handlungen darauf zu prüfen, ob sie einer für alle, jederzeit und ohne Ausnahme geltenden Maxime folgen und ob dabei das Recht aller betroffenen Menschen, auch als Selbstzweck, also nicht als bloßes Mittel zu einem anderen Zweck behandelt zu werden, berücksichtigt wird. Der Begriff wird in Kants Grundlegung zur Metaphysik der Sitten vorgestellt und in der Kritik der praktischen Vernunft ausführlich entwickelt“ (Quelle: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie. Download vom 16.4.15). 

Also noch einmal die Frage: Wozu brauchen wir Menschen, die wir ja eben keine Schafe sind, einen Hirten, da doch das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen Mensch und Tier der „freie Wille“ ist, die freie Selbstbestimmung mit der Möglichkeit und Fähigkeit zur freien Selbstentfaltung, die Entscheidungsfreiheit ist? 

Robert Spaermann (2014) weist darauf hin, dass die freie Selbstbestimmung weder Selbstzweck noch Ziel ist. Er versteht die freie Selbstbestimmung eher als Kompass und nicht als Himmelsrichtung, eher als Weg zur Erkenntnis und nicht als Erkenntnis, als „Wahrheit“, an sich. 

Peter Bieris (2001) Kernthese in seinem Buch „Handwerk der Freiheit“ lautet: Auch wenn die Naturgesetze bestimmen, was wir tun und denken, können wir uns unter Berücksichtigung der jedem Menschen gegebenen Bedingtheiten als frei verstehen. Frei sind wir in diesem Sinne genau dann, wenn wir unseren eigenen Überzeugungen gemäß handeln können. Ein solcher Freiheitsbegriff, der ein bewusstes Reflektieren und eine bewusste Entscheidung voraussetzt, aber auch für möglich hält, steht nicht im Gegensatz zum Determinismus. Die Idee einer „absoluten Freiheit“, die gegen den Determinismus gerichtet ist, ist begrifflich inkohärent. 

Und Erich Fromm attestiert den Menschen sogar eine Angst vor freien Willensentscheidungen und benennt drei typische Reaktionen, die er als Flucht ins Autoritäre, Flucht ins Destruktive und Flucht ins Konformistische beschreibt. 

Die christliche Theologie findet darauf die Antwort, dass wahre Selbstbestimmung in der Überantwortung des Menschen an den Hirten Jesus Christus liegt. Gott zum Hirten haben heisst: „ins eigene Sein und Wesen kommen, nicht mehr irgendeinem fremden Zweck unterworfen werden“ (Spaermann, 2014, 185). 

Oder etwas salopp formuliert: „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er blökt!“ 

Eine andere Antwort gibt Bertolt Brecht, in seinen „Geschichten vom Herrn Keuner:“ 

Die Frage, ob es einen Gott gibt 
Einer fragte Herrn K., ob es einen Gott gäbe. Herr K. sagte: „Ich rate dir, nachzudenken, ob dein Verhalten je nach der Antwort auf diese Frage sich ändern würde. Würde sie sich nicht ändern, dann können wir die Frage fallenlassen. Würde es sich ändern, dann kann ich dir wenigstens noch so weit behilflich sein, dass ich dir sage, du hast dich schon entschieden: Du brauchst einen Gott.“



Montag, 6. April 2015

Quasimodogeniti - Kommentar zu den LG vom 12. April 2015

Einleitung: „Im Monat April setzen sich die Beiträge zur Passionszeit fort. Die kommenden Gottesdienste beziehen sich auf zentrale Ereignisse der Heilsgeschichte, die für alle Menschen Gültigkeit haben. Gottes Heilshandeln wird allen Menschen angeboten. (…)
Der erste Sonntag nach dem Osterfest hat zum Thema Zeugnisse der Auferstehung. Das Neue Testament bezeugt einhellig, dass Jesus Christus wirklich von den Toten auferstanden ist. Es gibt eine Vielzahl von Personen, die dies bestätigen. Die urchristliche Verkündigung von der Heilsbedeutung des Todes Jesu beruht auf diesem Zeugnis. Ihm vertrauen die Christen bis heute. In der Heiligen Schrift ist dieses Zeugnis für alle Zeit festgehalten. Der Heilige Geist hält den Glauben daran wach.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Glaube an Schrift und Wort.“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Joh 2,22: Als er nun auferstanden war von den Toten, dachten seine Jünger daran, dass er dies gesagt hatte, und glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesagt hatte“ (LUT).

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wir glauben dem Zeugnis der Heiligen Schrift und erleben durch den Glauben die Wirkkraft des verkündigten Wortes.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Joh 2,22 findet sich im Zusammenhang der Tempelreinigung. Das Bibelwort kommentiert dieses Geschehen. Es wird deutlich gemacht, dass Jesus der wahre Tempel Gottes ist, der zerstört wird, um nach drei Tagen wieder neu errichtet zu werden. Die an ihn glauben, werden selbst zum Tempel Gottes (1Kor 3,16).“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: „Nur durch die Heilige Schrift wissen wir, dass Jesus Christus auferstanden ist. Er ist Zentrum und Herr der Schrift. Diese Erkenntnis wird auch heute in der Wortverkündigung vermittelt. Der Glaube an die Wahrheit der Heiligen Schrift und das uns verkündigte Wort lässt uns die Wirkkraft des Wortes Gottes erleben“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Der biblische Kontext ist die sogen. Tempelreinigung. Hier also noch einmal die Predigtgrundlage in ihrer Wortumgebung:

Die Tempelreinigung
Und das Passafest der Juden war nahe, und Jesus zog hinauf nach Jerusalem. Und er fand im Tempel die Händler, die Rinder, Schafe und Tauben verkauften, und die Wechsler, die da saßen. Und er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle zum Tempel hinaus samt den Schafen und Rindern und schüttete den Wechslern das Geld aus und stieß die Tische um und sprach zu denen, die die Tauben verkauften: Tragt das weg und macht nicht meines Vaters Haus zum Kaufhaus! Seine Jünger aber dachten daran, dass geschrieben steht (Psalm 69,10): »Der Eifer um dein Haus wird mich fressen.« Da fingen die Juden an und sprachen zu ihm: Was zeigst du uns für ein Zeichen, dass du dies tun darfst? Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Brecht diesen Tempel ab und in drei Tagen will ich ihn aufrichten. Da sprachen die Juden: Dieser Tempel ist in sechsundvierzig Jahren erbaut worden, und du willst ihn in drei Tagen aufrichten? Er aber redete von dem Tempel seines Leibes. Als er nun auferstanden war von den Toten, dachten seine Jünger daran, dass er dies gesagt hatte, und glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesagt hatte. Als er aber am Passafest in Jerusalem war, glaubten viele an seinen Namen, da sie die Zeichen sahen, die er tat. Aber Jesus vertraute sich ihnen nicht an; denn er kannte sie alle und bedurfte nicht, dass ihm jemand Zeugnis gab vom Menschen; denn er wusste, was im Menschen war. (LUT)

Als tatsächliches Geschehen ist diese Darstellung aus mehrerlei Gründen nicht vorstellbar:
  • Ein Einzelner hätte diese Menge an Händlern nicht aus dem Tempel jagen können. Sie hätten sich sicher zur Wehr gesetzt und waren, laut Johannes, deutlich in der Überzahl.
  • Es war nicht gestattet und ist nirgends sonst belegt, dass Viehhändler ihre Ware im Tempelbezirk anboten. Vermutlich fanden die Viehverkäufe nicht einmal innerhalb der Stadtmauern von Jerusalem statt.
  • Auch dass Taubenhändler ihre Ware feil boten, ist mehr als fraglich und eher unwahrscheinlich. Man kann also auf keinem Fall davon ausgehen, dass im Tempelbezirk ein munteres Jahrmarktstreiben geherrscht hätte.
  • Dass Geldwechsler, die für die Einbeziehung der Tempelsteuer zuständig waren, ihre Tische im Tempelbezirk hatten, ist ebenfalls nicht gesichert und eher nicht wahrscheinlich. Zudem war die Tempelsteuer bereits einen halben Monat vor Pessach zu entrichten. An den Wallfahrtsfesten zeigte auch die römische Besatzungsmacht im Tempelbezirk besondere militärische Präsenz. Eine Aktion im Tempelvorhof von solchem Ausmaß, hätte das sofortige Eingreifen der römischen Truppe provoziert. Siehe dazu ausführlich: Wengst, 2004, 117f.

Bei der sogen. Tempelreinigung handelt es sich also nicht um eine historisch wahre Geschichte, sondern um eine Zeichengeschichte. Der Evangelist komponiert geschickt eine höchst wirkungsvolle Erzählung und bezieht sich dabei auf Sach 14,21 [Und es wird keinen Händler mehr geben im Hause des HERRN Zebaoth zu der Zeit.] und interpretiert diesen Vers resp. komponiert ihn zu dieser Geschichte aus. So wird der Vers bei Sacharia zu einer spannenden Szenerie von Johannes ausgeschmückt und gleichzeitig zu einem Hinweis, dass die Heilszeit mit Jesus Christus angebrochen ist. Johannes stellt von Anbeginn an den Jesus von Nazareth konsequent als den Christus, den gekommenen Messias, vor. Mit den Jüngern zusammen sollen auch wir uns immer wieder an „die Schrift“ erinnern, denn sie allein ist es, die von Jesus Christus zeugt.


Gemälde "Tempelreinigung" von Kristina Dittert © 2011


An diesem Tag, dem 12. April 2015, feiern wir den Sonntag Quasimodogeniti - „Ich werde wandeln vor dem Herrn im Lande der Lebendigen.“

Der Name des Sonntags Quasimodogeniti leitet sich vom Beginn der früheren lateinischen Antiphon ab: Quasi modo geniti infantes, Halleluja, rationabile, sine dolo lac concupiscite. (1 Petr 2,2; deutsch: Wie die neugeborenen Kindlein seid begierig nach der vernünftigen, lauteren Milch).Der Sonntag Quasimodogeniti erinnert uns an die neue Geburt, die wir "durch Wasser und Geist" erfahren, d.h. den Anfang eines neuen Lebens in Christus, nach unserer physischen Geburt. Die Perikopen haben aber, mit Ausnahme der Epistellesungen, nur wenig damit zu tun. Die Evangelien erzählen weiter von dem Geschehen nach Ostern (www.daskirchenjahr.de).

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 116:
Ein Dank für Rettung in höchster Not
Ich liebe den Herrn, denn er hat mich gehört, als ich laut zu ihm um Hilfe flehte. Ein offenes Ohr hat er mir geschenkt, darum will ich mein Leben lang zu ihm rufen. Der Tod hatte seine Arme schon nach mir ausgestreckt, das Totenreich warf seine Schatten voraus, in Not und Leid war ich geraten. Da rief ich den Namen des Herrn an: »O Herr, rette doch mein Leben!« Gnädig und gerecht ist der Herr, ja, voll Erbarmen ist unser Gott! Der Herr beschützt die Hilflosen. Ich war schwach, doch er hat mich gerettet. Komm wieder zur Ruhe, meine Seele, denn der Herr hat dir Gutes erwiesen. Ja, du hast mich vor dem Tod gerettet, meine Tränen hast du getrocknet und meine Füße vor dem Ausgleiten bewahrt, damit ich nicht zu Fall komme. So kann ich meinen Weg gehen in der Nähe des Herrn, ja, ich darf am Leben bleiben. Am Glauben habe ich festgehalten, auch als ich sagen musste: »Ich liege am Boden!« In meiner Verzweiflung sagte ich: »Letztlich ist doch jeder Mensch ein Lügner!« Wie kann ich dem Herrn jemals danken für alles Gute, was er an mir getan hat? Als Dank für die Rettung will ich ´beim Festmahl` den Becher erheben und den Namen des Herrn ausrufen. Ich will die Gelübde erfüllen, die ich vor dem Herrn abgelegt habe, vor seinem ganzen Volk will ich es tun. Kostbar ist in den Augen des Herrn das Leben derer, die ihm treu sind. O Herr, ich bin doch dein Diener! Ja, dein Diener bin ich, und bereits meine Mutter hat dir treu gedient. Du hast alle Stricke gelöst, die mich gefangen hielten. Dir will ich Dankopfer darbringen und dabei deinen Namen, Herr, ausrufen. Ich will die Gelübde erfüllen, die ich vor dem Herrn abgelegt habe, vor seinem ganzen Volk will ich es tun – in den Vorhöfen beim Haus des Herrn, in deiner Mitte, Jerusalem. Halleluja! (NGÜ)

Die Epistel steht im 1 Petr 1,3-9.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Joh 20,19-29:

Jesus zeigt sich seinen Jüngern
Es war Abend geworden an jenem Sonntag. Die Jünger waren beisammen und hatten aus Angst vor den führenden Juden die Türen abgeschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: »Frieden sei mit euch!« Dann zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Als die Jünger den Herrn sahen, kam große Freude über sie. Noch einmal sagte Jesus zu ihnen: »Frieden sei mit euch! Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich nun euch.« Dann hauchte er sie an6 und sagte: »Empfangt den Heiligen Geist! Wenn ihr jemand die Vergebung seiner Schuld zusprecht, ist die Schuld auch von Gott vergeben. Wenn ihr die Vergebung verweigert, bleibt die Schuld bestehen.«Jesus zeigt sich ThomasAls Jesus kam, war Thomas, genannt der Zwilling, einer aus dem Kreis der Zwölf, nicht dabei gewesen. Die anderen Jünger erzählten ihm: »Wir haben den Herrn gesehen!« Thomas sagte zu ihnen: »Niemals werde ich das glauben! Da müsste ich erst die Spuren von den Nägeln an seinen Händen sehen und sie mit meinem Finger fühlen und meine Hand in seine Seitenwunde legen – sonst nicht!« Eine Woche später waren die Jünger wieder im Haus versammelt und Thomas war bei ihnen. Die Türen waren abgeschlossen. Jesus kam, trat in ihre Mitte und sagte: »Frieden sei mit euch!« Dann wandte er sich an Thomas und sagte: »Leg deinen Finger hierher und sieh dir meine Hände an! Streck deine Hand aus und lege sie in meine Seitenwunde! Hör auf zu zweifeln und glaube!« Da antwortete Thomas: »Mein Herr und mein Gott!« Jesus sagte zu ihm: »Du glaubst, weil du mich gesehen hast. Freuen dürfen sich alle, die mich nicht sehen und trotzdem glauben!« (GNB)

Die Bachkantate für den heutigen Sonntag ist „Am Abend aber desselbigen Sabbats“ (BWV 42).

Kommentar: Ein Gedicht von Erich Fried (Quelle: Erich Fried (1995/2002): Gedichte. München: dtv 12256.

Angst und Zweifel

Zweifle nicht
an dem
der dir sagt
er hat Angst

aber hab Angst
vor dem
der dir sagt
er kennt keinen Zweifel



Emil Nolde: Der ungläubige Tomas (1912; Ausschnitt)

Freitag, 3. April 2015

Ostersonntag - Kommentar zu den LG vom 05. April 2015

Einleitung: „Im Monat April setzen sich die Beiträge zur Passionszeit fort. Die kommenden Gottesdienste beziehen sich auf zentrale Ereignisse der Heilsgeschichte, die für alle Menschen Gültigkeit haben. Gottes Heilshandeln wird allen Menschen angeboten. (…)
Auch die Gedanken zum Ostergottesdienst unterstreichen das Handeln Gottes in der Geschichte. Jesu Auferstehung und das leere Grab zeigen, dass Gott wirklich gehandelt hat und dass dies vom Menschen auch erkannt werden kann. Die Auferstehung war die Bekräftigung der Sendung Jesu durch den Vater. Erkennt der Mensch das vergangene und gegenwärtige Handeln Gottes, so darf er sich auch des zukünftigen Heilshandelns gewiss sein. Darauf ruhen unser Glaube und unsere Zuversicht.“

An diesem Sonntag hören wir die Lesung aus 1 Kor 15,3–8,20–28 statt.


Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Verkündigung der Auferstehung Jesu.“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Apg 4,33: Mit großer Kraft bezeugten die Apostel die Auferstehung des Herrn Jesus“ (LUT).

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Die Auferstehung Jesu ist die Grundlage unseres Glaubens.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Kurz nach dem ersten Pfingstfest heilten die Apostel Petrus und Johannes Kranke und verkündigten das Wort Gottes. Petrus und Johannes wurden daraufhin vor den Hohen Rat in Jerusalem geführt, hielten aber fest an ihrer Verkündigung (Apg 3.4). Das Gebet der Gemeinde und die Predigt der Apostel von der Auferstehung Jesu hatten eine tiefe Wirkung auf die ersten Christen: Die materiellen Dinge verloren an Wichtigkeit, man teilte Hab und Gut untereinander und wurde ein Herz und eine Seele (Apg 4,32–35).“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
  • „Die Auferstehung war die Bekräftigung der Sendung Jesu durch den Vater.
  • Die Auferstehung Jesu ist Grundlage unseres Glaubens.
  • Die Predigt der Apostel von der Auferstehung hatte eine tiefe Wirkung auf die ersten Christen.
  • Die Auferstehung Jesu ist Voraussetzung für unsere eigene Auferstehung und die damit verbundene ewige Gemeinschaft mit Gott“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Die Auferstehung kann allein vom Glauben erfasst werden - sie stellt die größte Herausforderung für den glaubenden Menschen unserer Zeit dar. Dies hängt mit der Etablierung des naturwissenschaftlichen Weltbildes zusammen. Alle Auferstehungskonzepte müssen von einer irgendwie gearteten Teilung von Leib und Seele ausgehen. Dies muss aber vor dem Hintergrund des naturwissenschaftlichen Kenntnisstandes abgelehnt werden. Allerdings geht schon aus den biblischen Texten hervor und lässt sich aus diesen lernen, "dass Auferstehung in jedem denkbaren Fall ein wunderhaftes Wirken Gottes voraussetzt, der allein den Schlüssel dazu in der Hand hält. Demgegenüber ist eine 'wissenschaftliche' Denkbarkeit zweitrangig" (Stegemann, Wolfgang: Stichwort: Auferstehung. In: Hübener & Orth, 2007, 25-29). Siehe auch "Kommentar" unten.


An diesem Tag, dem 05. April 2015, feiern wir den Ostersonntag - „Fürchtet euch nicht! Ich weiß, dass ihr Jesus den Gekreuzigten, sucht. Er ist nicht hier; er ist auferstanden.“

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir Mt 28,1-10:
Die Frauen am leeren Grab
Als der Sabbat vorüber und der Sonntag angebrochen war, kamen Maria aus Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen. Da bebte plötzlich die Erde, denn der Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat an das Grab, rollte den Stein weg und setzte sich darauf. Er leuchtete wie ein Blitz und sein Gewand war schneeweiß. Als die Wächter ihn sahen, zitterten sie vor Angst und fielen wie tot zu Boden. Der Engel sagte zu den Frauen: »Ihr braucht keine Angst zu haben! Ich weiß, ihr sucht Jesus, der ans Kreuz genagelt wurde. Er ist nicht hier, er ist auferweckt worden, so wie er es angekündigt hat. Kommt her und seht die Stelle, wo er gelegen hat! Und jetzt geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen: ›Gott hat ihn vom Tod auferweckt! Er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen.‹ Ihr könnt euch auf mein Wort verlassen.« Erschrocken und doch voller Freude liefen die Frauen vom Grab weg. Sie gingen schnell zu den Jüngern, um ihnen die Botschaft des Engels zu überbringen. Da stand plötzlich Jesus selbst vor ihnen und sagte: »Seid gegrüßt!« Die Frauen warfen sich vor ihm nieder und umfassten seine Füße. »Habt keine Angst!«, sagte Jesus zu ihnen. »Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen. Dort werden sie mich sehen.« (GNB)

Die Epistel steht im 1 Kor 15,1-11.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Mk 16,1-8:
Die Frauen am leeren Grab
Am Abend, als der Sabbat vorbei war, kauften Maria aus Magdala und Maria, die Mutter von Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um den Toten damit zu salben. Ganz früh am Sonntagmorgen, als die Sonne gerade aufging, kamen sie zum Grab. Unterwegs hatten sie noch zueinander gesagt: »Wer wird uns den Stein vom Grabeingang wegrollen?« Denn der Stein war sehr groß. Aber als sie hinsahen, bemerkten sie, dass er schon weggerollt worden war. Sie gingen in die Grabkammer hinein und sahen dort auf der rechten Seite einen jungen Mann in einem weißen Gewand sitzen. Sie erschraken sehr. Er aber sagte zu ihnen: »Habt keine Angst! Ihr sucht Jesus aus Nazaret, der ans Kreuz genagelt wurde. Er ist nicht hier; Gott hat ihn vom Tod auferweckt! Hier seht ihr die Stelle, wo sie ihn hingelegt hatten. Und nun geht und sagt seinen Jüngern, vor allem Petrus: ›Er geht euch nach Galiläa voraus. Dort werdet ihr ihn sehen, genau wie er es euch gesagt hat.‹« Da verließen die Frauen die Grabkammer und flohen. Sie zitterten vor Entsetzen und sagten niemand ein Wort. Solche Angst hatten sie. (GNB)

Kommentar: "Im Zuge der aufklärerischen Kritik an der wunderhaften Durchbrechung der Naturgesetze, wurde auch die Auferstehung als mit dem neuzeitlichen Wirklichkeitsverständnis unvereinbar problematisiert. (...) Im 20. Jh. traten Versuche in den Vordergrund, die Frage nach der Auferstehung von der Ebene der historischen Faktizität auf die Ebene der theologischen Bedeutung zu heben. Bultmann versteht das verkündigte Wort (Kerygma; von griech. κήρυγμα, kérygma, „Botschaft“ Verb κηύσσω) als den auferstandenen Christus. In der Botschaft, im Evangelium, begegnet uns der Lebendige. Marxen bezeichnet als Auferstehung die über den Tod des Jesus Christus hinaus fortdauernde Botschaft. Die gegenwärtige theologische Diskussion ist gekennzeichnet von Bemühungen, die vielschichtige 'Wirklichkeit der Auferstehung' herauszuarbeiten und so die sterile Alternative von beweisbarer Faktizität und bloßer Bedeutung zu überwinden" (Oberdorfer, Bernd: Stichwort: Auferstehung. In: Lexikon Theologie, 2007, 47-50).