Donnerstag, 27. März 2014

Judika - Kommentar zu den LG vom 06.04.2014

Einleitung: "Im April befinden wir uns in einem besonderen Abschnitt des Kirchenjahres, der Passionszeit. Mit der Stiftung des Heiligen Abendmahls beschäftigen wir uns am ersten Sonntag des Monats. Der Schwerpunkt wird in diesem Gottesdienst auf die Gegenwart des Herrn und unser Verlangen nach der Gemeinschaft mit ihm gelegt. Zur Substanz von Brot und Wein tritt durch das weihende Wort des Apostels oder einem von ihm bevollmächtigten priesterlichen Amtsträger die Substanz von Leib und Blut Christi hinzu. Der Gottessohn ist somit in den Abendmahlselementen wahrhaftig gegenwärtig. Aber auch sein Opfer ist wirklich gegenwärtig. So ist der Gekreuzigte und Auferstandene mitten in der Gemeinde. Dieser Glaube lässt uns das Heilige Abendmahl würdig feiern und bleibt damit immer wieder eine besondere Begegnung mit dem Herrn."

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: "Heiliges Abendmahl"

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist "Lk 22, 19-20: Er nahm das Brot, dankte und brach’s und gab’s ihnen und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis. Des gleichen auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird!"

Die Botschaft lautet: "Bei jeder Feier des Heiligen Abendmahls soll uns die Bedeutung des Opfers Christi neu bewusst werden."

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Von der Stiftung des Heiligen Abendmahls berichten die synoptischen Evangelien und 1 Kor 11, 24-25. Der Text von 1 Kor 11 ist die älteste Überlieferung dieses Ereignisses, die lukanische Fassung hat große Ähnlichkeit mit diesem Text. Das Passamahl wird von den Juden jährlich einmal zur Erinnerung an den Auszug aus der ägyptischen Gefangenschaft gefeiert. Die Stiftung des Heiligen Abendmahls findet innerhalb einer solchen Feier statt. Vertiefende Ausführungen finden sich unter KNK 8.2. "
Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
  • "Wir feiern das Heilige Abendmahl in dankbarer Erinnerung an das Opfer Christi zu unserer Erlösung.
  • Im Heiligen Abendmahl erleben wir die Gegenwart Christi in seiner Gemeinde.
  • Herzliches Verlangen nach bleibender Gemeinschaft mit unserem Herrn ist unsere Antwort auf die Liebe Christi.
  • Wir bleiben darin beständig bis zur Wiederkunft Christi“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: "Am Sederabend des Passahfestes (...) spricht der Hausvater ein Dankgebet über dem ungesäuertem Brot und reicht dieses weiter. Viermal wird ein Segenswort über dem Weinkelch gesprochen und dieser weitergereicht. Ein fünfter Becher, der 'Elia-Becher', bleibt unangetastet; man wollte ihn erst trinken, wenn der Messias kommt. (...) Das Mahl wird mit der Aufforderung verbunden, es zu seinem Gedächtnis zu wiederholen" (ELB). Etwas spekultiv ist die Überlegung, dass es sich bei dem Kelch, den Jesus nach dem Mahl aufnimmt, um den "Elia-Becher" handelt und Lukas so den Jesus von Nazareth als den gekommenen Messias vorstellt.
Der Lehre von der Genugtuung (satisfactio; Christus ist für uns gestorben und hat uns mit seinem Blut mit Gott versöhnt), setzt Kröger (2005) konsequent die Lehre vom gnädigen und gerechten Gott entgegen: Ein gnädiger und gerechter Gott braucht "kein Opfer und keine Versöhnung; er schickte ja selber seinen Sohn, um den Menschen zu helfen und er musste in seiner Gerechtigkeit, die primär nichts fordert, sondern nur schenkt, nicht versöhnt werden" (147).


Am 06.04.2014 feiern wir den Sonntag "Judica - Das Lamm Gottes. Der Name des Sonntags leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon ab: Judica me, Deus, et discerne causam meam de gente non sancta [(Gott schaffe mir Recht und führe meine Sache wider das unheilige Volk und errette mich von den falschen und bösen Leuten!" - Ps 43, 1; LU) Aus: Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 45]. Der Abschnitt aus dem Evangelium trägt die Überschrift: "Vom Herrschen und vom Dienen" (EU).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist Ps 43: 
"Gott, schaffe mir Recht / und führe meine Sache wider das unheilige Volk und errette mich von den falschen und bösen Leuten! Denn du bist der Gott meiner Stärke: Warum hast du mich verstoßen? Warum muss ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich dränget? Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten und bringen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung, dass ich hineingehe zum Altar Gottes, / zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist, und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott. Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist" (LUT).

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Mk 10, 35-45: 
"Vom Herrschen und vom Dienen
Da traten Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, zu ihm und sagten: Meister, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst. Er antwortete: Was soll ich für euch tun? Sie sagten zu ihm: Lass in deinem Reich einen von uns rechts und den andern links neben dir sitzen. Jesus erwiderte: Ihr wisst nicht, um was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde? Sie antworteten: Wir können es. Da sagte Jesus zu ihnen: Ihr werdet den Kelch trinken, den ich trinke, und die Taufe empfangen, mit der ich getauft werde. Doch den Platz zu meiner Rechten und zu meiner Linken habe nicht ich zu vergeben; dort werden die sitzen, für die diese Plätze bestimmt sind. Als die zehn anderen Jünger das hörten, wurden sie sehr ärgerlich über Jakobus und Johannes. Da rief Jesus sie zu sich und sagte: Ihr wisst, dass die, die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele" (EU).

Kommentar: Jesus bezieht sich auf Jesaja und die sogen. Knecht-Gottes-Lieder und führt so den Jüngern vor Augen, dass sie Knechtschaft, nicht Herrschaft erwartet. Vergl. dazu Jes 42, 1-9 (1. Lied: Der Knecht Gottes bringt Recht und Licht), Jes 49, 1-6 (2. Lied: Der Knecht Gottes bringt Heil für alle), Jes 50, 4-9 (3. Lied: Der Knecht Gottes im Leiden, aber Gott schafft ihm Recht) und Jes 52, 13-15 und Jes 53, 1-12 (4. Lied: Der Knecht Gottes - Sein Leiden zur Gerechtigkeit für viele). Alle Überschriften sind der ELB entnommen.







Veröffentlicht am 12.06.2012
Felix Mendelssohn Bartholdy: Richte mich, Gott (Psalm 43)
Kammerchor der Universität zu KölnLeitung: Michael Ostrzyga

Dienstag, 25. März 2014

Laetare - Kommentar zu den LG vom 30.03.2014

Einleitung: "Die beiden letzten Gottesdienste im März stehen unter dem Vorzeichen der Passion Jesu Christi. Mit ihnen wird der Themenschwerpunkt 'Passionszeit' eröffnet, in dem Leiden und Opfer Jesu Christi, also die Grundlagen der Erlösung, im Mittelpunkt stehen. In der Passionszeit werden also zentrale Positionen des christlichen Glaubens bedacht."

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: "Die Verheißung ewiger Freude"

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist "Offb 12, 12: Darum freut euch, ihr Himmel und die darin wohnen! Weh aber der Erde und dem Meer! Denn der Teufel kommt zu euch hinab und hat einen großen Zorn und weiß, dass er wenig Zeit hat."

Die Kernbotschaft lautet: "Der endzeitliche Kampfplatz des Bösen ist diese Erde – am Ende behält jedoch der Herr den Sieg!"

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Im endzeitlichen Kampf wird der Satan auf die Erde geworfen, die zum Schauplatz seiner zerstörerischen Aktivitäten wird. Einerseits wird in Offb 12 der 'Zorn', die Zerstörungsbereitschaft, des Satans betont, anderseits wird herausgestellt, dass die Zeit der Zerstörung begrenzt ist ('weiß, dass er wenig Zeit hat'). Die Bedrängnis, die vom Satan ausgeht, ist nur kurz, am Ende steht der Sieg Christi ('Die Lehre von den zukünftigen Dingen' siehe KNK 10)."

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
  • "Zum Christsein gehören Leiden und Dulden. Der große Zorn des Teufels ist schon heute zu spüren:
  • Christenverfolgung,
  • Abwertung des christlichen Glaubens,
  • Dominanz des Irdischen.
Der Böse kann seine Macht nur in einer begrenzten Epoche entfalten. Dann hat sein Einfluss ein Ende“ (alle Zitate aus den o. g. LG)!

Kommentar: Der ganze Text der Offb ist von sprachlichen Bildern und Wendungen der Bibel durchzogen (Jes, Ez, Dan, Sach). Grundlegend für die Offb ist eine dualistische Weltsicht, wie man sie später im Zeitalter des Barocks wiederfindet. "Als vorherrschende Offenbarungsformen begegnen uns Träume, Visionen, aber auch Auditionen, Dialoge mit Engeln oder einfach göttliche Inspirationen. Besonders reizvoll sind Reisen durch die Himmel mit Begleitengeln und Reisen in die Hölle oder ins Paradies" (Lichtenberger, 2014, 42). Der Bibeltext der LG ist der himmlische Lobgesang nach dem Fall des Drachens. "Das Kapitel 12 nimmt innerhalb der Offb eine Sonderstellung ein, denn es ist das einzige, in dem der Mythos unmittelbar und direkt als Darstellungsmittel eingesetzt wird: 1. Der astrale Mythos, nach dem die Himmelsgöttin täglich die Sonne gebiert, und von dem Finsternisdrachen, der diese zu verschlingen trachtet, und 2. der Mythos vom Götterkampf im Himmel und vom Satanssturz. (...) Letztlich ist jedoch das Kap 12 für die Exegese nahezu fruchtlos geblieben" (ebd. 176-178; siehe dazu auch ausführlich: Hübner, 1985, insb. Kap. XXIV).


Am 30.03.2014 feiern wir den Sonntag "Laetare - Für euch dahingegeben. Der Name des Sonntags leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon ab: Laetatre cum Jerusalem, et exsultate in ea, omnes qui diligitis eam [(Freuet euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie liebhabt; Jes 66, 10; LU)!" Aus: Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 45].

Das Evangelium behandelt das Gleichnis vom sterbenden Weizenkorn (das Leben aus dem Tod; vergl. Zimmermann, 2007, 804ff).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist Ps 84, 2-13:
"Freude am Hause Gottes
Wie lieb sind mir deine Wohnungen, HERR Zebaoth! Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des HERRN; mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott. Der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen - deine Altäre, HERR Zebaoth, mein König und mein Gott. Wohl denen, die in deinem Hause wohnen; die loben dich immerdar. Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nachwandeln! Wenn sie durchs dürre Tal ziehen, / wird es ihnen zum Quellgrund, und Frühregen hüllt es in Segen. Sie gehen von einer Kraft zur andern und schauen den wahren Gott in Zion. HERR, Gott Zebaoth, höre mein Gebet; vernimm es, Gott Jakobs! Gott, unser Schild, schaue doch; sieh doch an das Antlitz deines Gesalbten! Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser als sonst tausend. Ich will lieber die Tür hüten in meines Gottes Hause als wohnen in der Gottlosen Hütten. Denn Gott der HERR ist Sonne und Schild; / der HERR gibt Gnade und Ehre. Er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen. HERR Zebaoth, wohl dem Menschen, der sich auf dich verlässt" (LUT).

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Joh 12, 20-26:
"Über das Sterben des Menschensohnes
Es waren aber einige Griechen unter denen, die hinaufkamen, um auf dem Fest anzubeten. Diese nun kamen zu Philippus von Betsaida in Galiläa und baten ihn und sagten: Herr, wir möchten Jesus sehen. Philippus kommt und sagt es Andreas, es kommt Andreas und Philippus, und sie sagen es Jesus. Jesus aber antwortet ihnen und spricht: Die Stunde ist gekommen, dass der Sohn des Menschen verherrlicht werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. Wer sein Leben liebt, verliert es; und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es zum ewigen Leben bewahren. Wenn mir jemand dient, so folge er mir nach! Und wo ich bin, da wird auch mein Diener sein. Wenn mir jemand dient, so wird der Vater ihn ehren" (ELB).

Statt eines Kommentars:

Dietrich Buxtehude (1637-1707): Jesu Meine Freude, BuxWV 60 (Text: Johann Franck; 1650)
Emma Kirkby, Suzie Leblanc; Peter Harvey: The Purcell Quartet - Buxtehude: Sacred Cantatas
(hochgeladen am 21.07.2007)

Jesu, meine Freude,
Meines Herzens Weide,
Jesu, meine Zier,
Ach wie lang, ach lange
Ist dem Herzen bange
Und verlangt nach dir!
Gottes Lamm, mein Bräutigam,
Außer dir soll mir auf Erden
Nichts sonst Liebers werden.

Unter deinem Schirmen
Bin ich vor den Stürmen
Aller Feinde frei.
Laß den Satan wittern,
Laß den Feind erbittern,
Mir steht Jesus bei.
Ob es jetzt gleich kracht und blitzt,
Ob gleich Sünd und Hölle schrecken:
Jesus will mich decken.

Trotz dem alten Drachen,
Trotz des Todes Rachen,
Trotz der Furcht darzu!
Tobe, Welt, und springe,
Ich steh hier und singe
In gar sichrer Ruh.
Gottes Macht hält mich in acht;
Erd und Abgrund muss verstummen,
Ob sie noch so brummen.

Weg mit allen Schätzen!
Du bist mein Ergötzen,
Jesu, meine Lust !
Weg ihr eitlen Ehren,
Ich mag euch nicht hören,
Bleibt mir unbewusst!
Elend, Not, Kreuz, Schmach und Tod
Soll mich, ob ich viel muss leiden,
Nicht von Jesu scheiden.

Gute Nacht, o Wesen,
Das die Welt erlesen,
Mir gefällst du nicht.
Gute Nacht, ihr Sünden,
Bleibet weit dahinten,
Kommt nicht mehr ans Licht!
Gute Nacht, du Stolz und Pracht!
Dir sei ganz, du Lasterleben,
Gute Nacht gegeben. 

Weicht, ihr Trauergeister,
Denn mein Freudenmeister,
Jesus, tritt herein.
Denen, die Gott lieben,
Muß auch ihr Betrüben
Lauter Zucker sein.
Duld ich schon hier Spott und Hohn,
Dennoch bleibst du auch im Leide,
Jesu, meine Freude.








Samstag, 15. März 2014

Okuli - Kommentar zu den LG vom 23.03.2014

Einleitung: An diesem Sonntag wird die Themenreihe, die mit „Die Seligpreisungen“ überschrieben ist, fortgesetzt.  Heute wird der Hunger nach Gerechtigkeit gepriesen, weil in ihm zum Ausdruck kommen kann, dass Gott allein die Quelle der Gerechtigkeit ist. Er schafft Gerechtigkeit und macht den Menschen gerecht.

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: "Gerechtigkeit."

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist "Mt 5, 6: Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden."

Die Kernbotschaft lautet: "Den Hunger nach Gerechtigkeit kann nur einer stillen: Jesus Christus, der gerechte Herr."

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Die Seligpreisungen stehen am Anfang der Bergpredigt. Sie bringen die Botschaft der Bergpredigt in aller Kürze zum Ausdruck. Die vierte Seligpreisung thematisiert die Gerechtigkeit und spricht ein Grundproblem der Gesellschaft an, das auch den christlichen Glauben angeht. 'Hunger' und 'Durst' bezeichnen ein starkes Verlangen nach Gerechtigkeit. Schon im Irdischen kämpfen Menschen für gerechte Verhältnisse. Hier geht es aber um den Stand des Menschen vor Gott (siehe auch: KNK 3.1.7)."

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
  • "Das Hungern und Dürsten nach Gerechtigkeit wird erst im zukünftigen Reich Gottes vollkommen gestillt werden.
  • Mit dem Sohn Gottes ist dieses Reich schon angebrochen.
  • Im gegenwärtigen Reich Gottes werden Sünder aus dem Verdienst Christi gerecht gemacht“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Die "Botschaft der Bergpredigt" (LG) besteht darin, dass Mt Jesus konsequent als Messias vorstellt und sein Wirken immer wieder auf Mose bezieht und somit auf die Thora (die fünf Bücher Mose). "Die (Wieder-) Herstellung des Rechts und Gerechtigkeit ist ja die fundamentale Aufgabe des Messias (z. B. Jes 42, 1-4). Es macht ja also gerade seine Hoheit aus, die Thora in der Welt zu verwirklichen, die Gott dem Mose geoffenbart hat. Und die Weisheit, womit die messianische Gestalt ausgestattet ist, besteht in ihrer Ausrichtung auf die Thora. Deshalb spielen 'Recht' und 'Gerechtigkeit' im Christusbild des MT und in seiner Jüngerbelehrung eine so bedeutend Rolle. Und eben darum lässt Mt Jesus die Anerkennung der Tora ohne Wenn und Aber erklären" (5, 17f; Fiedler, 2006, 105f).
Diese "Seligpreisung" (andere Übersetzungen sprechen von "Glückseligpreisungen" (NGÜ; Übersetzung von H. Menge) scheint eher etwas abstrakt formuliert zu sein. Beim Hungern und Dursten (nach Gerechtigkeit) geht es um drei Aspekte: erstens natürlich um die Befriedigung der natürlichen Bedürfnisse zur Existenzsicherung, zweitens um den Willen Gottes im Sinne seines Heilswirkens (eschatologische Perspektive) und drittens um den Willen Gottes im Sinne einer Forderung oder einer Erwartung an den Menschen, ein Leben gemäß dieses göttlichen Willens zu führen (vergl. ebd., 113f). "Wer nach Gerechtigkeit und Güte strebt, findet Leben, Gerechtigkeit und Ehre" (Spr 21, 21; Übersetzung nach H. Menge; ähnlich auch ELB).


Am 23.03.2014 feiern wir den Sonntag "Oculi - Bereit zum Verzicht. Der Name des Sonntags leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon ab: Oculi mei semper ad Dominum, quoniam ipse evellet de laqueo pedes meos (Meine Augen blicken ständig auf den Herrn, denn er, er wird meine Füße aus dem Fangnetz ziehen; Ps 25, 15; NGÜ).
Durch das Evangelium hören wir, dass die Nachfolge Jesu auch Verzicht auf die Reichtümer bedeutet, deren Gebrauch uns so selbstverständlich ist. Nachfolge bedeutet auch Einsamkeit, wenn das Wort, das wir befolgen, uns zwingt, gegen den Strom zu schwimmen" (aus: Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 44).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist Ps 34, 16-23:
"Gott rettet, die zu ihm rufen
Denn der Blick des Herrn ruht freundlich auf denen, die nach seinem Willen leben; er hat ein offenes Ohr für sie, wenn sie um Hilfe rufen. Mit vernichtendem Blick aber schaut der Herr auf alle, die Böses tun. Er wird sie von der Erde wegnehmen und jede Erinnerung an sie auslöschen. Die aber nach dem Willen des Herrn leben, rufen zu ihm, und er hört sie. Er befreit sie aus all ihrer Not. Nahe ist der Herr denen, die ein gebrochenes Herz haben. Er rettet alle, die ohne Hoffnung sind. Wer nach Gottes Willen lebt, der8 erfährt viel Leid, aber der Herr wird ihn aus allem Unglück befreien. Er bewahrt alle seine Glieder, nicht ein Knochen soll ihm gebrochen werden. Wer Gott verachtet, findet durch seine Bosheit den Tod. Und wer die hasst, die nach Gottes Willen leben, wird dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Der Herr aber erlöst die Seele derer, die ihm dienen; und wer bei ihm Zuflucht sucht, muss keine Strafe fürchten" (NGÜ).

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Lk 9, 57-62:
"Von der Nachfolge
Als sie auf ihrem Weg weiterzogen, redete ein Mann Jesus an und sagte: 'Ich will dir folgen, wohin du auch gehst.' Jesus antwortete ihm: 'Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann' [GSB schlägt an dieser Stelle folgende Übersetzung vor: "... aber wir haben keinen Ort, an dem wir uns ausruhen können." Gemeint sind damit all jene Menschen, die Jesus bereits nachfolgen; vergl. dazu GSB, 2361].

Zu einem anderen sagte er: 'Folge mir nach!' Der erwiderte: 'Lass mich zuerst heimgehen und meinen Vater begraben.' Jesus sagte zu ihm: 'Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh' und verkünde das Reich Gottes!'
Wieder ein anderer sagte: 'Ich will dir nachfolgen, Herr. Zuvor aber lass mich von meiner Familie Abschied nehmen.' Jesus erwiderte ihm: 'Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes'" (EU).

In dieser Stelle werden vier radikal ethische Anforderungen an diejenigen gestellt, die Jesus nachfolgen wollen, was ja historisch (auf Grund des geographischen Raumes) zunächst einmal "lediglich" ein "Mitwandern" bedeutete:
das Ethos der Heimatlosigkeit - das Ethos der Familienlosigkeit - das Ethos der Besitzlosigkeit - das Ethos der Schutzlosigkeit.

Eine dauerhaft heimatlose, familienlose, besitzlos und schutzlose Existenz kann jedoch aus Stellen wie oben nicht abgeleitet werden, sondern es ist eher von vorübergehenden Lebensabschnitten, im Sinne von Missions- oder Verkündigungsreisen, auszugehen, die unter diesen Anforderungen standen (vergl. zur Soziologie der Jesubewegung Stegemann, 2010, 257ff). 
Die nachösterliche Entsendungsbotschaft hat hier ihren Ursprung (vergl. Mk 16, 15).

Was kann "Nachfolge" heute bedeuten? Nachfolge bedeutet heute eine aktive Nächstenliebe, ein entschiedenes Einlassen auf eine Beziehung. Es geht dann nicht mehr um die Bewahrung der Traditionen (Beerdigungsriten oder Abschiedstraditionen), sondern um ein selbstbestimmtes Einlassen auf das Gegenüber - und das kann dann die Riten, Gebräuche und Traditionen wieder einschließen (vergl. dazu Buber, 1995).

Mittwoch, 5. März 2014

Reminiszere - Kommentar zu den LG vom 16.03.2014

Einleitung: "An diesem Sonntag wird die Themenreihe, die mit 'Die Seligpreisungen' überschrieben ist, fortgesetzt. Leid zu tragen wird gepriesen, denn das Leid – hier ist gleichermaßen körperliches Leid wie Leiden unter der Sündenschuld gemeint – kann dazu dienen, sich dem göttlichen Wirken zu öffnen und allein auf Gottes Hilfe zu hoffen."

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: "Leid tragen – Trost empfangen."

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist "Mt 5, 4: Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden."

Die Kernbotschaft lautet: "Der Herr lässt uns im Leid nicht allein. Leid muss bewusst gemacht und Trost angenommen werden."

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Zu Beginn der Bergpredigt, die in Mt 5−7 überliefert ist, werden von Jesus Seligpreisungen ausgesprochen. 'Selig' ist hier als glücklich zu verstehen. Die 'Leid tragen' sind aber auch all jene, die an natürlichen Dingen (Krankheit, Armut), aber auch unter ihren Sünden und der Schuld, die sie auf sich geladen haben, leiden. In der Bergpredigt wird Jesus als Gesetzgeber des Neuen Bundes erkennbar."

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
  • "Mit den Seligpreisungen tritt Jesus als Gesetzgeber des Neuen Bundes auf.
  • Leid kann auch durch eine langsame Entfernung von Gott entstehen.
  • Der Trost aus dem Heiligen Geist hilft allen Leidenden“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Zu der These, dass Jesus in der Bergpredigt als "Gesetzgeber des Neuen Bundes" aufträte, siehe meinen Post "Kommentar zu den Leitgedanken vom 09.03.2014."
Andere Übersetzungen sprechen von "Trauernden" (EU, ELB, NGÜ, GSB). Die GNB übersetzt mit "unter dieser heillosen Welt leiden."
Im Kontext der Bergpredigt ist eine Traurigkeit gemeint, "die aus der Erschütterung durch die Wahrheit kommt, den Menschen zur Umkehr bringt, zum Widerstand gegen das Böse" (Benedikt XVI./Ratzinger, J, Jesus von Nazareth I, 2007, 116). Als Beispiel kann Petrus genannt werden. Letztlich sind "die 'Trauernden' keine andere Gruppe als die 'Armen.' Es sind die Niedergebeugten und Demütigen, alle, die unter der Last von Leid und Schuld seufzen und den 'Trost' allein von Gott erwarten. (...) Der 'Trost' Gottes ist ein verbreiteter Gedanke, besonders in den Zukunftsverheißungen des Judentums (Jes 40, 66)" (Schnackenburg, R, Matthäusevangelium I, 47. Aus: Die Neue Echter Bibel: Kommentar zum neuen Testament mit der EU).


Am 16.03.2014 feiern wir den Sonntag "Reminiszere - Gott und Mensch. Der Name des Sonntags leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon ab: Reminiscere miserationum tuarum, Domine, et meserationum tuarum, Domine, et misericordiarum tuarum quae e saeculo sunt (Denk an dein großes Erbarmen, Herr, und an deine reiche Gnade, die du seit jeher erwiesen hast; Ps 25, 6) und wir hören das Gleichnis von den bösen Weingärtnern" (aus: Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 43).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist Ps 35, 1-16:
"Gott nimmt die Schwachen in Schutz
Von David. Herr, sprich sie schuldig, die mich beschuldigen; tritt meinen Gegnern entgegen! Nimm Schild und Waffen, komm und hilf mir! Zücke die Lanze, versperre den Weg, dass meine Verfolger mich nicht erreichen! Gib mir die Zusage, dass du mir hilfst! Schimpf und Schande über alle, die mir ans Leben wollen! Zurückweichen müssen sie und sich schämen, alle, die Böses gegen mich planen! Sie sollen zerstieben wie Spreu im Wind, wenn der Engel des Herrn sie davontreibt. Ihr Weg soll dunkel und schlüpfrig sein, wenn der Engel des Herrn ihnen nachjagt. Ohne Ursache haben sie mir Fallen gestellt, ein Loch gegraben und mit einem Netz verdeckt. Ganz unerwartet treffe sie das Unheil! Sie sollen sich in ihrem Netz verfangen und in die eigene Grube stürzen! Ich aber werde jubeln und mich freuen, weil mir der Herr geholfen hat. Aus tiefstem Herzen will ich zu ihm sagen: 'Herr, keiner ist wie du! Du hilfst dem Schwachen gegen den Starken, du schützt den Wehrlosen und Armen vor dem, der ihn berauben will.' Falsche Zeugen sagen gegen mich aus. Man verhört mich über Verbrechen, von denen ich nichts weiß. Gutes vergelten sie mir mit Bösem; alle haben mich im Stich gelassen. Früher, wenn einer von ihnen krank war, zog ich mir Trauerkleidung an. Um seine Krankheit von ihm abzuwenden, verzichtete ich auf mein Essen; ich neigte meinen Kopf tief auf die Brust und betete für ihn, als wäre er mein Bruder oder Freund. Wie einer, der um seine Mutter trauert, ging ich umher, gebeugt und voller Kummer. Nun aber freuen sie sich über meinen Sturz und rotten sich zusammen gegen mich. Sogar verachtetes Volk kommt daher, Leute, die niemand kennt; sie hören nicht auf, mich zu beschimpfen. Sie spotten über mein entstelltes Aussehen; drohend zeigen sie mir die Zähne" (GNB).

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Mk 12, 1-12:
"Das Gleichnis von den bösen Weinbergspächtern
Dann wandte sich Jesus mit einem Gleichnis an sie. Er sagte: 'Ein Mann legte einen Weinberg an, machte einen Zaun darum, baute eine Weinpresse und errichtete einen Wachtturm. Dann verpachtete er den Weinberg und verreiste. Zur gegebenen Zeit schickte er einen Boten zu den Pächtern, um seinen Anteil am Ertrag des Weinbergs abholen zu lassen. Die Pächter aber verprügelten den Boten und ließen ihn unverrichteter Dinge abziehen. Der Besitzer schickte einen zweiten, dem schlugen sie den Kopf blutig und behandelten ihn auf die schimpflichste Weise. Da schickte er einen weiteren Boten. Den brachten sie sogar um. Und so machten sie es noch mit vielen anderen, die er schickte: Die einen wurden misshandelt, die anderen umgebracht. Schließlich blieb ihm nur noch sein eigener Sohn, dem seine ganze Liebe galt. Den schickte er zu den Pächtern, weil er sich sagte: ›Vor meinem Sohn werden sie Respekt haben.‹ Aber die Pächter sagten zueinander: ›Das ist der Erbe! Wir bringen ihn um, dann gehört seine Erbschaft, der Weinberg, uns!‹ So töteten sie ihn und warfen die Leiche aus dem Weinberg hinaus. Was wird nun der Besitzer des Weinbergs tun? Er wird selbst kommen, die Pächter töten und den Weinberg anderen anvertrauen. Ihr kennt ja wohl die Stelle in den Heiligen Schriften, wo es heißt: ›Der Stein, den die Bauleute als wertlos weggeworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Der Herr hat dieses Wunder vollbracht, und wir haben es gesehen.‹' Die führenden Priester, die Gesetzeslehrer und die Ratsältesten hätten Jesus gerne festgenommen; denn sie merkten, dass das Gleichnis auf sie gemünzt war. Aber sie hatten Angst vor der Menge. So ließen sie ihn unbehelligt und gingen weg" (GNB).

Oft werden Gleichnisse allegorisch verstanden und interpretiert. Allegorien haben den Sinn, die 2000-jährige Distanz zwischen dem Erzählten und unserer aktuellen Lebenswirklichkeit zu überbrücken. Jedoch ist die allegorische Deutung einer Parabel kein ursprünglicher Teil der Jesusüberlieferung, sondern entspricht eher einer Jahrhunderte alten christlichen Deutungspraxis (vergl. dazu ausführlich Jeremias, J, Die Gleichnisse Jesu, 11. Aufl., 1996, 47ff). Drewermann (vergl. Drewermann, E, Wenn der Himmel die Erde berührt, 2004, 66ff) z. B. tauscht in seiner allegorischen Deutung die Synagoge gegen die Kirche und die Juden gegen die Christen aus. Dies ist sein Versuch, die Parabel "in unsere Tage hinein sprechen zu lassen" (74). Gott wird als der Besitzer des Weinberges angesehen und die Gemeinde, "die Gemeinschaft der Heiligen", als der Weinberg verstanden. Die bösen Winzer sind dann die Bischhöfe, Apostel, Pfarrer, Pastoren, Priester etc., die sich hinter Bestimmungen verstecken und an Festlegungen klammern und den Menschen nicht mehr zuhören und ihre Nöte nicht mehr sehen, vor lauter Wissen, was katholisch, evangelisch, neuapostolisch etc. ist, die die Lehre verinnerlicht haben, ohne sie jedoch zu leben (zum Unterschied zwischen "Besitzen" und "Leben" vergl. Fromm, E, Haben oder Sein, 1997).
In einer (tiefen-) psychologischen Allegorie wird der Weinberg als die Seele verstanden (Gott bleibt der Besitzer des Weinberges, gleichsam der Ausgangsort der Seele) und die "bösen Winzer" sind wir selber mit unserer Angst, Dinge falsch zu machen, anzuecken, als unvernünftig angesehen zu werden. "Hoffen möchte man, (...) dass wir unseren Träumen glauben, (...), unserer tieferen Berufung Folge leisten, der Kraft des inneren Gefühls, unserer eigenen Gedanken, der Stimme im Verborgenen, in unserem eigenen Ich Raum geben, und dass es uns trägt wie der aufsteigende Saft in den Reben im Weinberg. (...) (Denn) am Ende wird die Frage sein, wieviel fruchtbar war, wieviel sich vollendet hat, wieviel Süßigkeit des Lebens weitergegeben wurde. Denn unser Leben ist bestimmt zur Freude, zur Schönheit und zum Glück" (71).
Oldenhage schlägt vor, dass sich heutige Hörer auf einen "metaphorischen Prozess" einlassen könnten. So kann z. B. die Anhäufung physischer Gewalt in der Parabel dazu genutzt werden, sich Erfahrungen von eigenen und gesellschaftlichen Katastrofen, Verzweiflungen, Tod, Leiden, Schuld und Hass zu vergegenwärtigen (vergl. dazu Zimmermann, R (Hg), Kompendium der Gleichnisse Jesu, 2007, 352ff).
Alt eröffnet schließlich einen (friedens-) politischen Deutungshorizont mit der Frage, wie man der "Spirale der Gewalt" entkommen kann (Alt, F, Frieden ist möglich, 1983).