Samstag, 13. Januar 2018

Letzter Sonntag nach Epiphanias - Liebster Jesu, wir sind hier


Verklärung


Das Lied zum letzten Sonntag nach Epiphanias „Liebster Jesu, wir sind hier“ ist die Nr. 161 im Evangelischen Kirchengesangbuch (EKG) und die Nr. 95 im Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche (NGB).

Lieder, die auch zu diesem Sonntag gehören sind „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ (siehe dazu den Post „Der Freudenmeister“ in diesem Blog), „Gott ist gegenwärtig“ und „Nun jauchzt dem Herren alle Welt“ befinden sich ebenfalls im NGB. „Gott, heilger Schöpfer aller Sterne (EKG Nr. 3) befindet sich nicht im NGB.

„Liebster Jesu, wir sind hier“ ist ein Lied von Tobias Clausnitzer (1663). Clausnitzer (* 5. Februar 1619 in Thum; † 7. Mai 1684 in Weiden in der Oberpfalz) war ein deutscher lutherischer Geistlicher. Neben zahlreichen Erbauungsschriften, Passions- und Festpredigten verfasste er ebenfalls einige Kirchenlieder.

Das Lied umfasst 3 Strophen. Es liegt in einer Bearbeitung im NGB vor, die jedoch nicht erwähnt wird. So wird erneut der Anschein erweckt, als ob die Originalfassung übernommen worden sei.

Liebster Jesu, wir sind hier

1) Liebster Jesu, wir sind hier,
Dich und Dein Wort anzuhören;
lenke Sinnen und Begier
hin auf Dich und Deine Lehren, [auf die süßen Himmelslehren]
dass die Herzen von der Erden
ganz zu Dir gezogen werden.

2) Unser Wissen und Verstand
ist mit Finsternis verhüllet,
wo nicht Deines Geistes Hand
uns mit hellem Licht erfüllet;
Gutes denken, tun und dichten
musst Du selbst in uns verrichten. [wollst du selbst in uns verrichten]

3) O Du Glanz der Herrlichkeit,
Licht vom Licht, aus Gott geboren,
mach uns allesamt bereit,
öffne Herzen, Mund und Ohren;
unser Bitten, Flehn und Singen [all dies Bitten, Flehn und Ringen]
lass, Herr Jesu, wohl gelingen. [mög zu dir, Herr Jesu, dringen]


Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Versionen liegt im Austausch des Wortes „Singen“ mit dem Wort „Ringen“.
Zunächst einmal ist Ringen eine Kampfsportart. Es gehört auch mit zum Repertoire von militärischen Nahkampfausbildungen.
„Ringen“ bedeutet weiterhin sich angestrengt, unter Einsatz aller Kräfte bemühen, etwas zu erreichen, zu erhalten, zu verwirklichen; heftig nach etwas streben.
„Ringen“ beschreibt also die enorme Anstrengung, die der neuapostolische Christ zur Erreichung seines Glaubenszieles aufbringen muss (siehe dazu KNK, Kap. 10).
Theologisch steht dahinter die Anschauung, dass das Leben ein Kampf sei. Die Textänderung könnte so den calvinistischen und der puritanischen Strömungen in der Entstehungsgeschichte der NAK geschuldet sein. Durch die Glättung der Melodie (Entfernen der Punktierungen) wird diese Strenge unterstrichen.

Demgegenüber ist „singen“ im theologischen Kontext ein individuelles und emotionales Glaubensbekenntnis (Credo), ein Gebet (Psalm), ein Gottesdienst (Messe), eine Klage (Requiem) oder auch ein Lobgesang (Te Deum).

Dieser scheinbar unbedeutende Austausch führt so zu einer emotional sehr bedeutungsvollen Veränderung der Atmosphäre der Gesamtaussage. Es lenkt den Blick auf ein nur mit größter Mühe zu erreichendes Ziel (wenn überhaupt) und nicht auf die Sorgen und Freunden des Alttags des Gläubigen. Jesus wird so als der „zur rechten des Vaters thronende“ verklärt und nicht als mitleidender Bruder.

Die Textveränderungen sind also nicht lediglich redaktioneller Natur, sondern werden gezielt den (Sonder-) Lehren der NAK angeglichen.

Sonntag, 7. Januar 2018

2. Sonntag nach Epiphanias - Wie schön leuchtet der Morgenstern



Der Freudenmeister


Einleitung: Am 06.01. feierten wir den Tag „Epiphanias“ – das Fest der Erscheinung des Herrn. Er trägt den Untertitel: Die Herrlichkeit Christi.
Es ist das erste Fest der Kirche, das kalendarisch festgelegt war. Vermutlich entstand es um 300 n. Chr. im Osten und bekam die Inhalte: Geburt Jesu, Taufe Jesu, Weinwunder zu Kana und die Verklärung Jesu. Im Westen verlagerte sich der Schwerpunkt des Fests im Laufe der Zeit auf die drei Weisen aus dem Morgenland. Das Fest ist bis heute natürlich nicht das Fest der Heiligen Drei Könige, sondern das Fest des Kindes in der Krippe, das der Heiland der Welt ist. „Epiphanie“ bedeutet „Erscheinung“, und am 6.1. sowie in der darauffolgenden Zeit wird besonders der Aspekt der Erscheinung Gottes im Fleisch, der Herrlichkeit Gottes, wie sie uns im Leben und Wirken Jesu offenbart wurde, betont.
Die 6 folgenden Sonntage nach dem Tag „Epiphanias“ haben diese inhaltlichen Schwerpunkte: Die Taufe Jesu – Der Freudenmeister – Der Heiden Heiland – Der Herr der Naturmächte – Der Herr der Geschichte – Die Verklärung (vergl. Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 30).
Epiphanie bedeutet: „Und die Weisheit [der Logos] wurde Materie [Fleisch, sarx] und wohnte unter uns“ (Joh 1, 14; zitiert aus: Bibel in gerechter Sprache, 2. Aufl., 2006).
Gott wurde zum Menschen, um bei den Menschen Eingang zu finden, um Zugang zu uns zu finden. Mit der Menschwerdung findet etwas wirklich Neues statt. Nicht die Inkarnation an sich ist das Ziel, „sondern deren seteriologische Folge und Wirkung: der Heilsempfang der Gläubigen. Anteil an der Fülle des Logos bekommen können die Gläubigen aber nur, wenn der Logos durch die Inkarnation seine Göttlichkeit nicht verliert, sondern sie in seiner Fleischwerdung, seiner Körperlichkeit, seiner Kreatürlichkeit bewahrt. Der Logos nahm ein konkretes Mensch-sein an (…): Gott verbindet sich direkt mit einem irdischen Menschen. Eine reale Inkarnation widerspricht hellenistischem Denken ebenso wie jüdischem Weisheitsdenken: Die Weisheit inkarniert sich nicht in einem bestimmten Menschen, sie bleibt geschieden von denen, die sie zu Weisen macht. In der Geburt Jesu aber wird die Menschwerdung des göttlichen Logos behauptet: er identifiziert sich unlösbar mit dem konkreten geschichtlichen Menschen. Präexistent ist nicht Jesus, sondern der Logos, der auch sonst in der Schöpfung und Menschheitsgeschichte wirkt, und Jesus ist nicht der Logos als solcher, sondern der fleischgewordene Logos“ (Hans Kessler: Christologie, 315f. In: Schneider (Hg., 2006): Handbuch der Dogmatik I).

Das Lied zum heutigen 2. Sonntag nach Epiphanias „Wie schön leuchtet der Morgenstern" ist die Nr. 70 im Evangelischen Kirchengesangbuch (EKG) und die Nr. 12 im Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche (NGB).

Lieder, die auch zu diesem Sonntag gehören sind „Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude" (Nr. 66 im EKG und Nr. 20 im GNK), "Freut euch ihr Christen alle" (EKG 34) oder "Christus ist König, jubelt laut" (EKG 269).
Während  „Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude" in den übernommenen Strophen (1, 7, 8 und 5 von den insgesamt 9 Strophen) nahezu unverändert geblieben ist, haben die beiden Versionen des Liedes „Wie schön leuchtet der Morgenstern" lediglich den Titel gemeinsam.

Das Lied von Philipp Nicolai bildet eine starke Einheit. Sowohl Text als auch Melodie sind von Nicolai. Philipp Nicolai (* 10. August 1556 in Mengeringhausen; † 26. Oktober 1608 in Hamburg) war lutherischer Hofprediger und Pfarrer in Herdecke, Alt-Wildungen, Unna und Hamburg sowie Liederdichter. Er schrieb schrieb 1599 den Freudenspiegel des ewigen Lebens. In diesem Buch veröffentlichte er zum ersten Mal seine beiden berühmten Kirchenlieder "Wie schön leuchtet der Morgenstern" und "Wachet auf, ruft uns die Stimme."

Es umfasst 7 Strophen. Die Fassung im NGB hat lediglich 3 Strophen und wurde durch Gustav Mankel und Dirk Schulz erheblich bearbeitet. Es befindet sich zudem in der Rubrik "Weihnachten."

Wie schön leuchtet der Morgenstern

1) Wie schön leuchtet der Morgenstern, voll Gnad und Wahrheit von dem Herrn uns herrlich aufgegangen. 
Du Sohn Davids aus Jakobs Stamm, mein König und mein Bräutigam, du hältst mein Herz gefangen. 
Lieblich, freundlich, schön und prächtig, groß und mächtig, reich an Gaben, hoch und wunderbar erhaben.

Diese Strophe lautet im NGB so: 

1) Wie schön leuchtet der Morgenstern, voll Gnad und Wahrheit von dem Herrn uns herrlich aufgegangen!
Du Davids Sohn aus Jakobs Stamm, mein König und mein Bräutigam, du hast mein Herz umfangen.
Seh dich lieblich, schön und prächtig, groß und mächtig, reich an Gaben, über alles hoch erhaben.

Die Strophen 2-5 und 7 befinden sich nicht im NGB.

2) Du meine Perl, du werte Kron, wahr’ Gottes und Marien Sohn, ein König hochgeboren!
Mein Kleinod du, mein Preis und Ruhm, dein ewig Evangelium, das hab ich mir erkoren.
Herr, dich such ich. Hosianna. Himmlisch Manna, das wir essen, deiner kann ich nicht vergessen.

3) Gieß sehr tief in mein Herz hinein, du leuchtend Kleinod, edler Stein, die Flamme deiner Liebe
und gib, dass ich an deinem Leib, dem auserwählten Weinstock, bleib ein Zweig in frischem Triebe.
Nach dir steht mir mein Gemüte, ewge Güte, bis es findet dich, des Liebe mich entzündet.

4) Von Gott kommt mir ein Freudenschein, wenn du mich mit den Augen dein gar freundlich tust anblicken.
Herr Jesu, du mein trautes Gut, dein Wort, dein Geist, dein Leib und Blut mich innerlich erquicken.
Nimm mich freundlich in die Arme und erbarme dich in Gnaden. Auf dein Wort komm ich geladen.

5) Herr Gott Vater, mein starker Held, du hast mich ewig vor der Welt in deinem Sohn geliebet.
Er hat mich ganz sich angetraut, er ist nun mein, ich seine Braut; drum mich auch nichts betrübet.
Einst wird mein Hirt mir auch geben himmlisch Leben bei ihm droben; ewig soll mein Herz ihn loben.

6) Stimmt die Saiten der Cythara und lasst die süße Musika ganz freudenreich erschallen,
dass ich möge mit Jesus Christ, der meines Herzens Bräutgam ist, in steter Liebe wallen.
Singet, springet, jubilieret, triumphieret, dankt dem Herren! Groß ist der König der Ehren.

Die Strophe 6 lautet im NGB so:

3) Singt unserm Gott mit hellem Klang und lasst den hohen Lobgesang ganz freudenreich erschallen!
In aller Welt sei’s kundgetan, dass Gott sich nahm der Sünder an nach seinem Wohlgefallen.
Singet, klinget, jubilieret, triumphieret, dankt dem Herren, ihm dem König aller Ehren!

7) Wie bin ich doch so herzlich froh, dass mein Schatz ist das A und O, der Anfang und das Ende.
Er wird mich doch zu seinem Preis aufnehmen in das Paradeis; des klopf ich in die Hände.
Amen, Amen, komm, du schöne Freudenkrone, säum nicht lange; deiner wart ich mit Verlangen.

Dann wurde diese Strophe geschrieben:

2) Du Gottessohn in Knechtsgestalt dir ist gegeben all Gewalt im Himmel und auf Erden.
Als wahrer Gott im Menschensohn, als unsre ew'ge Lust und Wonn' musst er der Mittler werden,
dass wir bei dir bleiben ewig, werden selig. Durch das Leiden erben wir verheißne Freuden.

Kommentar: Ein wesentlicher Unterschied zwischen der NAK und den beiden großen deutschen christlichen Kirchen ist die Lehre von der Taufe und das Taufverständnis. Die NAK versteht die Wassertaufe und die Geistestaufe nach wie vor nicht als Einheit, obgleich das Evangelium hier doch recht eindeutig ist (siehe Mt 3, 13-17). Es wird zwar die trinitarische Formel bei der Taufe benutzt und auch davon gesprochen, dass der Mensch durch die Taufe zum Christen wird und in die Kirche eingefügt wird. Auch wird gesagt, dass bei der Taufe der „dreieinige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist, gegenwärtig ist“ (KNK, 2012, 317). Jedoch wird einschränkend von einem „ersten Näheverhältnis“ (ebd., 316) gesprochen. Die Taufe sei lediglich „die Voraussetzung für den Empfang des Heiligen Geistes“ (ebd., 321). Der Heilige Geist ist also bei der Taufe einerseits wie ein Zeuge anwesend, geht aber andererseits nicht auf den Täufling über und "erfüllt" diesen nicht (Apg 2, 4). Dazu ist nach neuapostolischem Verständnis eine weitere Zeichenhandlung notwendig: die Spendung des Heiligen Geistes durch einen Amtsträger der NAK - einem Apostel.
Damit wird das "Band der ökumenischen Einheit" geschwächt (Franz-Josef Nocke: Taufe, 252. In: Schneider (Hg., 2006): Handbuch der Dogmatik, Bd. II).
"Vor allem aber ist zu beachten, dass das eigentlich Heilsnotwendige die Gemeinschaft mit dem dreifaltigen Gott ist, gelebt in der Praxis der Nächstenliebe. Demgegenüber haben das Sakrament und die Kirchenmitgliedschaft nur eine vermittelnde Funktion" (ebd., 254). Hier fügt sich nun die Predigtgrundlage der NAK für den heutigen Sonntag aus 1. Johannes 2, 29 nahtlos an: "Wenn ihr wisst, dass er gerecht ist, so erkennt ihr auch, dass, wer recht tut, der ist von ihm geboren." (LUT)

Ausblick: Soll die Öffnung der NAK fortgesetzt werden und es zu einer vertieften ökumenischen Zusammenarbeite zwischen der NAK und den Christlichen Kirchen in Deutschland (zusammengeschlossen im ACK) kommen, wird die NAK m. E. an einer Veränderung dieser Sonderlehre nicht vorbei kommen, da sie auch mit dem biblischen Befund nicht ausreichend gedeckt ist. Dazu gibt es in der Bibel zu viele Ausnahmen von Menschen, die ohne Einwirkung eines Apostels mit dem Heiligen Geist erfüllt waren oder wurden (beispielhaft seien Daniel, Mose, Saul, Jesus oder auch die Menschen, die das Pfingstwunder erlebten, genannt). Folgende Lehränderung wird vorgeschlagen:
das Sakrament der Heiligen Taufe wird als Wasser- und Geistestaufe begriffen, bei der der Mensch zum Christen wird und in die "Heilige Christliche Kirche" eingegliedert wird;
das Sakrament der Heiligen Versiegelung wird beibehalten und als Eintritt und Einfügung in die NAK begriffen. Diese Handlung gilt dann der "Sicherstellung" der Wasser- und Geistestaufe, die in der NAK i. d. R. nicht von einem Apostel durchgeführt wird, und hätte so die Funktion einer Selbstvergewisserung nach innen - welch eine Epiphanie!

Die Parodie des Liedes "Wie schön leuchtet der Morgenstern" ist ein besonders schlimmes Beispiel dafür, wie in der Neuapostolischen Kirche mit Liedtexten umgegangen wird, die nicht mit den Sonderlehren dieser Kirche übereinstimmen. Vorgeschlagen wird das Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche von 2004 zu überarbeiten und die Texte den Originalen anzugleichen. Ehrlicher wäre es, diejenigen Lieder, die den Propria der NAK nicht entsprechen, auch nicht in eine Neuauflage zu übernehmen.

Freitag, 5. Januar 2018

1. Sonntag nach Epiphanias - O Jesu Christe, wahres Licht


Taufe Jesu


Das Lied zum heutigen 1. Sonntag nach Epiphanias „O Jesu Christe, wahres Licht“ ist die Nr. 72 im Evangelischen Kirchengesangbuch (EKG) und die Nr. 347 im Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche (NGB).

Zum 1. Sonntag nach Epiphanias werden in dem Buch „Lied trifft Text. Gottesdienstgestaltung mit dem Evangelischen Gesangbuch (2000)“ weitere Lieder vorgeschlagen, die sich jedoch alle nicht im Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche (NGB) wiederfinden. Beispielhaft nenne ich hier: „O König aller Ehren“ (EKK 71), „Du Morgenstern, Du Licht vom Lichte“ (EKG 74) und „O lieber Herre Jesu Christ“ (EKG 68). Vergleichbare Werke zur musikalischen Gottesdienstgestaltung werden von der Neuapostolischen Kirche nicht veröffentlicht. Das Kapitel „Epiphanias“ fehlt im NGB vollständig. Im EKG sind insgesamt 9 Lieder zur Epiphaniaszeit verzeichnet, im NGB 2. Das oben genannte Lied findet sich im NGB im Abschnitt „Den Glauben leben: Sendung-Nachfolge-Bekenntnis“ und das Lied "Wie schön leuchtet der Morgenstern" (EKG 70 / NGB 12) findet sich in der Rubrik "Weihnachten" im NGB.

Johann(es) Heermann (* 11. Oktober 1585 in Raudten, Herzogtum Glogau, Schlesien; † 17. Februar 1647 in Lissa) zählt zu den bedeutendsten deutschen Kirchenliederdichtern der Barockzeit.

Der Sohn eines Kürschners besuchte zunächst die Lateinschule in Fraustadt und 1602–1604 das Breslauer Elisabet-Gymnasium. Anschließend studierte er Theologie an der Universität Straßburg, und 1608 wurde er in Brieg zum poeta laureatus gekrönt. Ab 1611 hatte er das Pfarramt in Köben bei Glogauinne. Stadtbrand, Pest, Kriegsplünderungen, Familienleid, und die Gegenreformation prägten diese Zeit in Schlesien, so dass er schon 1638 sein Köbener Amt aufgeben musste und sich nach Lissa zurückzog.

Als Liederdichter ist er von Martin Opitz und dessen Dichtungsreform beeinflusst. Sein Werk wirkt prägend für Andreas Gryphius, Paul Gerhardt und andere. Er dichtete etwa 400 Lieder. Heerman wird als „Sänger der Trübsal und des Kampfes, doch auch des ungebrochenen Glaubensmuts“ beschrieben.

Erste Veröffentlichungen finden sich in Devota musica cordis, Hauß- und Hertz-Musica; Choräle wie O Gott, du frommer Gott, Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen und O Jesu Christe, wahres Licht sind in die evangelischen wie auch katholischen Gesangbücher übergegangen und noch heute im Gebrauch. Von Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen existieren auch mehrere englische Übersetzungen, unter anderem von Catherine Winkworth aus dem Jahr 1863 unter dem Titel O dearest Jesus, what law hast thou broken?. Was willst du dich betrüben wurde 1724 Grundlage für Bachs Choralkantate Was willst du dich betrüben, BWV 107.

Außerdem erschienen von Heermann asketische Schriften, z. B. Heptalogus Christi (Berlin 1856) und die Lehrdichtungen: Praecepta moralia et sententiae und Exercitium pietatis (lat. u. dt., Breslau 1886) sowie die Gedichtsammlung Teutsche Poemata (1640) (Quelle: Wikipedia. Download vom 05.01.2018).

Das Lied umfasst 6 Strophen, von denen die Strophen 1-3, 5 und 6 im NGB stehen. Der Text wurde nicht verändert.

1) O Jesu Christe, wahres Licht,
erleuchte, die dich kennen nicht,
und bringe sie zu deiner Herd,
dass ihre Seel auch selig werd.

2) Erfülle mit dem Gnadenschein,
die in Irrtum verführet sein,
auch die, so heimlich ficht noch an
in ihrem Sinn ein falscher Wahn;

3) und was sich sonst verlaufen hat
von dir, das suche du mit Gnad
und ihr verwund’t Gewissen heil,
lass sie am Himmel haben teil.

4) Den Tauben öffne das Gehör,
die Stummen richtig reden lehr,
die nicht bekennen wollen frei,
was ihres Herzens Glaube sei.

5) Erleuchte, die da sind verblend’t,
bring her, die sich von uns getrennt,
versammle, die zerstreuet gehn,
mach feste, die im Zweifel stehn.

6) So werden sie mit uns zugleich
auf Erden und im Himmelreich
hier zeitlich und dort ewiglich
für solche Gnade preisen dich.