Montag, 29. Juni 2015

5. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 05. Juli 2015



„Der Christus des heiligen Johannes vom Kreuz“ von Salvador Dali, 1951



Einleitung: „Den ersten Schwerpunkt im Monat Juli setzt der Entschlafenengottesdienst. In ihm beschäftigen wir uns mit ‚wahrem Leben‘, einem für Lebende und Entschlafene gleichermaßen wichtigen Thema. Zugang zum wahren Leben - nämlich zur Gemeinschaft mit Gott - ist nur durch Christus möglich. Gemeinschaft mit Gott kann also niemand von sich aus zustande bringen oder erringen. Der Glaube an und die Hinwendung zu Jesus Christus ist auch für die Entschlafenen notwendig, wenn sie zum Leben gelangen wollen. Hier sind die Sakramente von entscheidender Bedeutung, denn sie sind Gottes Taten des Lebens.

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Kraft zum Vergeben“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Apg 7, 59-60: Und sie steinigten Stephanus; der rief den Herrn an und sprach: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! Er fiel auf die Knie und schrie laut: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an! Und als er das gesagt hatte, verschied er.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Die Liebe zu Jesus drängt dazu, dem Nächsten zu vergeben.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Nach den Ereignissen um das erste Pfingstfest wählte die Jerusalemer Urgemeinde sieben Männer aus ihrem Kreis zu Diakonen (Apg 6, 1–6). Einer davon war Stephanus. Als er vor dem Hohen Rat eine Rede hielt, in der er die Heilsgeschichte Gottes mit dem Volk Israel darstellte, sah Stephanus den Himmel offen und den Menschensohn Jesus Christus zur Rechten Gottes stehen (Apg 7, 56). Dann wurde er von der aufgebrachten Menge gesteinigt. Nach dem Vorbild Jesu (Lk 23, 34-46) bat er für sich und für seine Mörder. An diesem Tag brach eine schwere Verfolgung über die Christen herein (Apg 8, 1).“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: „Stephanus nahm die Kraft, seinen Peinigern zu vergeben, aus dem Aufschauen zu Jesus und dem Schauen der Herrlichkeit Gottes.
Indem wir Vergebung üben, drücken wir unsere Dankbarkeit dem Herrn Jesus gegenüber aus. Unser Antrieb dazu ist die Liebe zu ihm. Wir wollen den Entschlafenen durch Fürbitte unsere Liebe bezeugen, als Gegengewicht zum Hass, dessen Opfer sie vielleicht waren“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: An diesem Sonntag feiern die neuapostolischen Christen einen sogen. Gottesdienst für die Entschlafenen (zur Sonderlehre des sogen. "Entschlafenenwesen" siehe Funkschmidt, 2014, Neuapostolische Forschung zum Entschlafenenwesen und Müller-Bahr, 2014, Sakramentale Handlungen an Toten in der NAK. Beide in: Materialdienst der EZW, 11/2014, 414-416 und 416-427).

Die Erlösung steht im engen Zusammenhang mit dem Kirchen- und damit Selbstverständnis der Neuapostolischen Kirche: Nach ihrer Auffassung tritt Kirche dort am deutlichsten zutage, "wo das Apostelamt, die Spendung der drei Sakramente an Lebende und Tote sowie die rechte Wortverkündigung vorhanden ist. Dort ist das Erlösungswerk des Herrn aufgerichtet" (KNK, 2012, 281).

Die Erlösungslehre (Seteriologie) der NAK ist also stark an das Apostelamt gebunden, wobei der NAK zwischen dem Apostelamt (gemeint sind in der aktuellen Zeit aktive Apostel der NAK), den Aposteln aus den biblischen Erzählungen und dem "apostolischen Prinzip" unterscheidet.

Demgegenüber ist die Seteriologie der Katholischen Kirche klar auf Christus bezogen. Christus wir als "Ort der Seteriologie" (378) bezeichnet. Christologie und Erlösungslehre sind nicht voneinander zu trennen (Schneider (Hg.), Handbuch der Dogmatik, 1, 2006, 241ff).

In der evangelischen Dogmatik wird die Erlösung im Zusammenwirken des Dreieinigen Gottes betrachtet und als "das befreiende Heilswerk in Jesus Christus" bezeichnet. Die Seteriologie wird eng mit dem Gnadenbegriff, dem Gerechtigkeitsbegriff und mit der Rechtfertigungslehre verknüpft. "Gnade ist nach biblischen Verstehen ein Geschehen ohne menschliches Zutun und nicht von Gott trennbar (auch nicht im Sinne treuhänderischer Verfügbarkeit durch Menschen), (...). Gottes Gerechtigkeit ist ein Handeln, das Heil und Errettung schafft (Thiele, Was wir glauben. Leitfaden evangelischer Dogmatik, 1996, 286ff). Siehe dazu auch: Barth, Karl, Dogmatik im Grundriß, 1947/1998 und Küng, Hans, Rechtfertigung, 1986.


An diesem Sonntag feiern wir den 5. Sonntag nach Trinitatis - „Vor dem Herrn erbebe, du Erde, der den Felsen wandelte in einen See und die Steine in Wasserquellen.“

„Der 5. Sonntag nach Trinitatis befasst sich wieder mit der Gemeinde, diesmal ihrer Antwort auf Gottes Ruf. Nachfolge scheint so einfach, so schwierig, so abwegig, weil wir nicht so recht wissen, was Nachfolge ist. Die Lesungen dieses Sonntags wollen uns den Weg leiten.
Am 5. Sonntag nach Trinitatis denken wir darüber nach, warum wir Jesus nachfolgen, und stellen fest, dass es dafür keine vernünftigen Gründe gibt. Der Glaube ist es, der uns an Jesus hält, auch dann, wenn andere, die Beweise sehen wollen, uns auslachen oder verspotten. Das wollen wir gerne ertragen, denn auch unser Herr wurde ausgelacht und verspottet“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
Siehe, ich will viel Fischer aussenden (BWV 88)
Wer nur den lieben Gott läßt walten (BWV 93)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 114:
Gottes Macht beim Auszug seines Volkes aus Ägypten
Als Israel auswanderte aus Ägypten, als die Nachkommen Jakobs wegzogen von einem Volk mit fremder Sprache, da wurde Juda zu Gottes Heiligtum, Israel zu seinem Herrschaftsbereich. Das Meer sah es und floh, der Jordan wich zurück. Die Berge erbebten und sprangen wie Widder, die Hügel hüpften wie die Lämmer. Was ist mit dir, Meer, dass du die Flucht ergreifst? Und mit dir, Jordan, dass du zurückweichst? Warum springt ihr Berge wie Widder und ihr Hügel wie Lämmer?Erde, erbebe vor dem Herrn, vor dem Gott Jakobs – vor ihm, der den Fels in einen Wasserteich verwandelt, das Kieselgestein in eine sprudelnde Quelle! (NGÜ)

Die Epistel steht in 1 Kor 1, 18-25.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Lk 5, 1-11:
Die ersten Jünger
Eines Tages stand Jesus am Ufer des Sees von Gennesaret. Die Menschen drängten sich um ihn und wollten Gottes Botschaft hören. Da sah er zwei Boote am Ufer liegen. Die Fischer waren ausgestiegen und reinigten ihre Netze. Er stieg in das eine, das Simon gehörte, und bat ihn, ein Stück vom Ufer abzustoßen. Dann setzte er sich und sprach vom Boot aus zu der Menschenmenge. Als er seine Rede beendet hatte, sagte er zu Simon: »Fahr hinaus auf den See und wirf mit deinen Leuten die Netze zum Fang aus!« Simon erwiderte: »Herr, wir haben uns die ganze Nacht abgemüht und nichts gefangen. Aber weil du es sagst, will ich die Netze noch einmal auswerfen.« Sie taten es und fingen so viele Fische, dass die Netze zu reißen drohten. Sie mussten die Fischer im anderen Boot zur Hilfe herbeiwinken. Schließlich waren beide Boote so überladen, dass sie fast untergingen. Als Simon Petrus das sah, warf er sich vor Jesus nieder und bat: »Herr, geh fort von mir! Ich bin ein sündiger Mensch!« Denn ihn und alle anderen, die bei ihm im Boot waren, hatte die Furcht gepackt, weil sie einen so gewaltigen Fang gemacht hatten. So ging es auch denen aus dem anderen Boot, Jakobus und Johannes, den Söhnen von Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten. Jesus aber sagte zu Simon: »Hab keine Angst! Von jetzt an wirst du Menschen fischen!« Da zogen sie die Boote an Land, ließen alles zurück und folgten Jesus. (GNB)

Kommentar: Bei dieser Wundererzählung, die als "erzählte Worttheologie" bezeichnet werden kann (Georg Gäbel: Einmal Fischer, immer Fischer? (Der wunderbare Fischfang), 555. In: Zimmermann, 2013, 543-558), denke ich immer unmittelbar an folgendes Gedicht von Martin Gotthard Schneider, 1963:

Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt, fährt durch das Meer der Zeit. 
Das Ziel, das ihm die Richtung weist, heißt Gottes Ewigkeit.
Das Schiff, es fährt vom Sturm bedroht durch Angst, Not und Gefahr, 
Verzweiflung, Hoffnung, Kampf und Sieg, so fährt es Jahr um Jahr. 
Und immer wieder fragt man sich: Wird denn das Schiff bestehn? 
Erreicht es wohl das große Ziel? Wird es nicht untergehn? 
Bleibe bei uns, Herr! Bleibe bei uns, Herr, denn sonst sind wir
allein auf der Fahrt durch das Meer. O bleibe bei uns, Herr!

Im Schiff, das sich Gemeinde nennt, muss eine Mannschaft sein, 
sonst ist man auf der weiten Fahrt verloren und allein. 

Ein jeder stehe, wo er steht, und tue seine Pflicht; 
wenn er sein Teil nicht treu erfüllt, gelingt das Ganze nicht. 
Und was die Mannschaft auf dem Schiff ganz fest zusammen schweißt
in Glaube, Hoffnung, Zuversicht, ist Gottes guter Geist.
Bleibe bei uns, Herr! Bleibe bei uns, Herr, denn sonst sind wir
allein auf der Fahrt durch das Meer. O bleibe bei uns, Herr!

Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt, fährt durch das Meer der Zeit. 
Das Ziel, das ihm die Richtung weist, heißt Gottes Ewigkeit. 
Und wenn uns Einsamkeit bedroht, wenn Angst uns überfällt: 
Viel Freunde sind mit unterwegs auf gleichen Kurs gestellt. 
Das gibt uns wieder neuen Mut, wir sind nicht mehr allein.
So läuft das Schiff nach langer Fahrt in Gottes Hafen ein.
Bleibe bei uns, Herr! Bleibe bei uns, Herr, denn sonst sind wir
allein auf der Fahrt durch das Meer. O bleibe bei uns, Herr!

Sonntag, 21. Juni 2015

4. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 28. Juni 2015

Einleitung: „Der vierte Sonntagsgottesdienst trägt den Titel ‚Jesus - die Tür‘ und bezieht sich damit ebenfalls auf ein ‚Ich-bin-Wort‘. Die Tür ist Bild des Zugangs zum Heil. Es geht also um die gläubige Annahme der Person Jesu Christi, denn allein in ihr ist Heil zu finden, ist die umfassende Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott möglich. Dies gilt nicht nur für die Lebenden, sondern auch für die Toten. Dieser Gottesdienst dient der Vorbereitung auf den Gottesdienst für Entschlafene. In ihm wird einerseits die Heilsbedürftigkeit der Entschlafenen thematisiert und zum anderen deutlich gemacht, dass sie auch die Heilsgaben Gottes - wie sie etwa in den Sakramenten vorhanden sind - empfangen können. In dem Gottesdienst sollen auch die Gefahren deutlich gemacht werden, die Tote und Lebende am Durchschreiten der Tür hindern können: Unglaube, fehlende Demut und Selbstgerechtigkeit. Wenn der Mensch das Heil nicht erlangt, so liegt es nicht an Gott (Offb 3, 8), sondern am Menschen, der durch seine falsche Einstellung und durch entsprechendes Handeln sich die Teilhabe am Heil verwehrt.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Jesus - die Tür“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Joh 10, 9: Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Die Seelen im Jenseits sollen erkennen, dass sich ihr Los noch zum Besseren ändern kann.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Ähnlich wie das ‚Ich-bin-Wort’ in Joh 14, 6 unterstreicht das Wort in Joh 10, 9 den Anspruch Jesu, alleiniger Heilsbringer zu sein, der mit göttlicher Autorität auftritt. Angesichts dieses absoluten Anspruchs entlarven sich alle anderen vermeintlichen ‚Heilsbringer‘ als Diebe und Räuber.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
„Jesus schenkt Zugang zum Heil. Der Aufforderung, durch ihn ‚hineinzugehen‘ zur Seligkeit, können Hindernisse entgegenstehen wie
  • Unglaube
  • fehlende Demut
  • Selbstgerechtigkeit
Unsere Fürbitte soll den Seelen im Jenseits helfen, Hindernisse zu überwinden“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Kern aller sogen. „Ich-bin-Aussagen“ stellt eine Verbildlichung eines erfüllten Lebens vor allem im Diesseits da: „Der Sache nach ist damit aufgenommen, was etwa in Kap. 4 unter dem Bild des Wassers und in Kap. 6 unter dem des Brotes verheißen war: erfülltes Leben“ (Wengst, 2004, 392).
Es handelt sich bei den „Ich-bin-Worten“ nicht um Selbstaussagen von Jesus, sondern um Zuschreibungen eines gläubigen Menschen. Johannes spricht also die Worte aus, die wir noch heute als Bekenntnis sprechen können. Welch ein Credo!

Ich glaube an Jesus, der für mich das Brot des Lebens ist.
Ich glaube an Jesus, der für mich die Tür ist.
Ich glaube an Jesus, der für mich das Licht der Welt ist.
Ich glaube an Jesus, der für mich der gute Hirte ist.
Ich glaube an Jesus, der für mich die Auferstehung und das Leben ist.
Ich glaube an Jesus, der für mich der Weg und die Wahrheit und das Leben ist.
Ich glaube an Jesus, der für mich der wahre Weinstock ist.
Ich glaube an Jesus, der für mich der Christus, der gekommene Messias ist.


An diesem Sonntag feiern wir den 4. Sonntag nach Trinitatis - „Sie wurden froh, dass es still geworden war.“

Einleitung: „Der 4. Sonntag nach Trinitatis wendet sich der Gemeinde zu. Sie wird als Gemeinde der Sünder gesehen, die der Gnade Gottes bedarf. Ohne die Erkenntnis der eigenen Sünde ist es unmöglich, die Gnade Gottes anzunehmen, weil man sie nicht für nötig hält. Selbstgerechtigkeit entsteht, die dann in Überheblichkeit und Menschenverachtung mündet. Wichtig ist der Aspekt der Gemeinschaft; wir sind Sünder eben nicht (nur) als Individuen, sondern als Gemeinschaft, indem wir z.B. durch Schweigen teilhaben an dem Unrecht, das an anderen durch Menschen unserer Gemeinschaft geschieht.
Am 4. Sonntag nach Trinitatis werden wir daran erinnert, dass wir eine Gemeinde von Sündern sind, die der Vergebung bedarf. So haben wir auch nicht das Recht, unseren Nächsten zu richten. Wir wissen aber um die große Gnade, dass Gott gerade denen nachgeht, die in Schuld gefangen sind“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
  • Ein ungefärbt Gemüte (BWV 24)
  • Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ (BWV 177)
  • Barmherziges Herze der ewigen Liebe (BWV 185)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 107, 23-43:
Ein Loblied für Gott, den Retter
Wieder andere befuhren mit Schiffen das Meer und trieben Handel auf weiter See. Sie sahen die machtvollen Taten des Herrn und seine Wunder mitten im Tosen des Wassers. Er sprach ´nur ein Wort` und ließ einen mächtigen Sturm aufkommen, der die Wogen des Meeres hoch auftürmte. Ihr Schiff wurde gen Himmel geschleudert, dann hinuntergestürzt in die Wellentäler, und sie verloren allen Mut. Sie taumelten und wankten wie Betrunkene, mit all ihrer Weisheit war es vorbei. Da schrien sie zum Herrn in ihrer Not, und er holte sie aus all ihren Ängsten heraus. Er verwandelte den Sturm in Windstille, die Wellen des Meeres beruhigten sich. Wie froh war man ´auf dem Schiff`, dass sich die Wogen legten und Gott sie den ersehnten Hafen erreichen ließ! Nun sollen sie dem Herrn danken für seine Güte und für seine Wunder, die er für die Menschen vollbringt. Rühmen sollen sie ihn in der Volksversammlung und im Ältestenrat ihn loben. Er verwandelte Flusslandschaften in trockene Wüsten, Quellgebiete in dürre Steppen. Fruchtbares Land machte er zur Salzwüste wegen der Bosheit derer, die dort wohnten. Dann wieder ließ er in der Wüste Wasserteiche entstehen, in vertrockneten Gegenden sprudelnde Quellen. Dort ließ er Menschen sesshaft werden, die zuvor Hunger gelitten hatten; nun konnten sie dort Städte gründen. Sie besäten Felder, legten Weinberge an und brachten eine reiche Ernte ein. Er segnete sie, und sie wurden sehr zahlreich; auch ließ er ihre Herden immer größer werden. Doch dann verringerte sich die Zahl der Bewohner wieder, Unglück drückte sie nieder, Kummer und Sorge zehrten sie aus. Gott goss seine Verachtung über die einflussreichen Männer und ließ sie umherirren auf öden Wegen ohne Ziel. Die Armen aber entriss er ihrem Elend, ihre Sippen ließ er so zahlreich werden wie Herden auf der Weide. Aufrichtige Menschen sehen dies und freuen sich, alle Bosheit jedoch muss verstummen. Wer weise ist, der achte mit Sorgfalt darauf und lerne zu verstehen, wie vielfältig der Herr seine Gnade erweist! (NGÜ)

Die Epistel steht in Röm 14, 10-13.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Lk 6, 36-42:
Niemand verurteilen
»Werdet barmherzig, so wie euer Vater barmherzig ist! Verurteilt nicht andere, dann wird Gott auch euch nicht verurteilen. Sitzt über niemand zu Gericht, dann wird Gott auch über euch nicht zu Gericht sitzen. Verzeiht, dann wird Gott euch verzeihen. Schenkt, dann wird Gott euch schenken; ja, er wird euch so überreich beschenken, dass ihr gar nicht alles fassen könnt. Darum gebraucht anderen gegenüber ein reichliches Maß; denn Gott wird bei euch dasselbe Maß verwenden.«
Gegen blinde und überhebliche Besserwisserei
Jesus machte ihnen auch in Bildern deutlich, wovor sie sich hüten sollen; er sagte: »Kein Blinder kann einen Blinden führen, sonst fallen beide in die Grube. Kein Schüler steht über seinem Lehrer. Und wenn er ausgelernt hat, soll er wie sein Lehrer sein. Warum kümmerst du dich um den Splitter im Auge deines Bruders oder deiner Schwester und bemerkst nicht den Balken in deinem eigenen? Wie kannst du zu deinem Bruder oder deiner Schwester sagen: ›Komm her, Bruder; komm her, Schwester; ich will dir den Splitter aus dem Auge ziehen‹, und merkst gar nicht, dass du selbst einen ganzen Balken im Auge hast? Scheinheilig bist du! Zieh doch erst den Balken aus deinem eigenen Auge, dann kannst du dich um den Splitter in einem anderen Auge kümmern!« (GNB)

Kommentar: Mit dem Evangelium werden wir aufgefordert nicht (vorschnell) zu richten. Oft sind Sachverhalte und Umstände nicht ausreichend umfänglich bekannt, um ein Urteil abgeben zu können. Gerade im Kontext der Gemeinde, unter Brüdern und Schwestern, gilt es immer wieder sich zu fragen, wie wohl die Welt mit den Augen des Bruder, der Schwester aussieht. In der Psychologie wird diese Blickrichtung, der ja einen Perspektivwechsel bedeutet, auch als Empathie, Einfühlungsvermögen, bezeichnet. Da der Kontext sich mit den führenden Gemeindemitgliedern und ihrem Verhalten beschäftigt, bedeutet das für die Deutung der Parabel, dass die in ihr angemahnte Selbstkritik besonders der Gemeindeleitung nahe gelegt wird.

Freitag, 19. Juni 2015

3. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 21. Juni 2015

Einleitung: „Im dritten Sonntagsgottesdienst steht ebenfalls eines der ‚Ich-bin-Worte’ im Mittelpunkt: Jesus als der gute Hirte, der sein Leben für die Seinen lässt. Der gute Hirte wird von jenen Hirten unterschieden, die nur eigenen Interessen folgen. Jesus ist derjenige, der sich um die Seinen sorgt, ihnen selbstlos Zuwendung und Hilfe zukommen lässt. Das Wort vom guten Hirten weist darüber hinaus auf den Opfertod Jesu Christi hin.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Die Herde Christi“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Joh 10, 11: Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Die unermessliche Liebe Jesu, der sein Leben für uns gab, wollen wir wertschätzen."

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Joh 10, 11 gehört in den Zusammenhang der sogenannten ‚Hirtenrede‘, in der sich Jesus als der gute Hirte bezeichnet. In Ps 78, 70–72 wird vom Hirten David gesprochen. David, der gerechte König, herrscht über die Untertanen und führt sie wie eine Herde. Jesus überbietet das Vorbild Davids, denn er ist der gute Hirte, der sein Leben für die Seinen gibt. Insofern überbietet Jesus Christus alle bisherigen Hirten Israels, Führer und Regenten, denn er ist jemand, dem die eigene Sicherheit nichts, die der Herde aber alles bedeutet – damit wird auf den Opfertod Jesu verwiesen. Joh 10, 11 gehört zu den Ich-bin-Worten (Vers 9 ‚Ich bin die Tür‘), in denen Jesus sein göttliches Wesen offenbart.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
„Jesus spricht von den schlechten und guten Hirten. Er ist der wahre ‚gute Hirte‘, denn er
  • weist uns den Weg;
  • versorgt uns mit Nahrung und führt uns zum Wasser;
  • bewahrt uns vor Irrlehren;
  • wendet sich uns in besonderer Weise zu, wenn wir schwach und hilfsbedürftig sind“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Im Ps 95, 7 wird Gott selbst als Hirte seines Volkes Israel vorgestellt. Gott kann aber auch einen Beauftragten zum Hirten machen (wie z. B. im Ps 78 und in Ez 34, 23-24 David und in Ex 14, 31 Mose). Jedoch ist der Glaube an diese Gottesmänner nie eine eigene Größe, sondern nichts anderes als Glaube an den durch sie wirkenden Gott. Das gilt entsprechend auch für den guten Hirten Jesus. Was Jesus als den guten Hirten vor allem auszeichnet, ist sein Lebenseinsatz für die Schafe.
Im folgenden wird dann das Bild des raubenden und zerstreuenden Wolfes skizziert, dem sich Jesus entgegenstellt. Dieses Bild ist der genaue Gegensatz zum Wolf als nährende Amme, das den Gründungsmythos Roms symbolisiert. Johannes wendet sich also auch gegen die Besatzungsmacht "Rom." 
Die Predigt des heutigen Sonntags könnte also über "Besatzungsmächte" meditieren - über raubende und zerstreuende Gedanken, Gefühle und Handlungen in der eigenen Seele, in der Gemeinde, in der Gesellschaft etc.




An diesem Sonntag feiern wir den 3. Sonntag nach Trinitatis - „Er sättigt die durstige Seele, und die Hungrigen füllt er mit Gutem.“
„Der 3. Sonntag nach Trinitatis stellt in gewisser Weise die Fortsetzung des 2. Sonntags nach Trinitatis dar, denn nun geht es um die offenen Arme, die den empfangen, der schon lange eingeladen ist. Die Gleichnisse vom "Verlorenen" oder die Geschichte vom Zachäus unterstreichen dies sehr deutlich. Gott will die Sünder selig machen, darum geht es, und er hindert keinen einzelnen, zu ihm zu kommen.
Das Gleichnis vom verlorenen Schaf zeigt uns am 3. Sonntag nach Trinitatis, dass Gott gerade dem nachgeht, der in seiner Sünde gefangen ist. Wir freuen uns darüber, dass auf diese Weise auch Menschen zu seiner Gemeinde hinzukommen, die uns erst fremd und unbehaglich waren. Durch die Liebe Gottes, die in gleicher Weise uns wie ihnen gilt, werden wir fähig, diesen Menschen liebend zu begegnen.
oder
Gott geht dem Sünder nach – das sagt uns das Gleichnis vom Verlorenen Schaf. Das Gleichnis vom Verlorenen Sohn deutet auf die vergebende Liebe Gottes hin. In allem erleben wir: Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe (Ez 33, 11). Dazu hat er seinen Sohn in die Welt gesandt, damit wir seine Gnade erfahren und durch seine Barmherzigkeit zum Leben gelangen“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
Ich hatte viel Bekümmernis (BWV 21)
Ach Herr, mich armen Sünder (BWV 135)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 107, 1-22:
Ein Loblied für Gott, den Retter
Halleluja! Dankt dem Herrn, denn er ist gütig, und seine Gnade bleibt für alle Zeiten bestehen! Das sollen alle sagen, die der Herr erlöst hat, die er aus der Gewalt ihrer Unterdrücker befreit und aus fremden Ländern gesammelt hat, aus Ost und West, aus Nord und Süd. Die einen irrten umher in der Wüste, auf öden, verlassenen Wegen; sie fanden keinen Ort, wo Menschen wohnten. Hungrig waren sie und von Durst gequält, all ihr Lebenswille schwand dahin. Da schrien sie zum Herrn in ihrer Not, und er befreite sie aus all ihren Ängsten. Er führte sie auf den richtigen Weg, und so fanden sie einen bewohnten Ort. Nun sollen sie dem Herrn danken für seine Güte und für seine Wunder, die er für die Menschen vollbringt. Denn er hat den Durstigen erfrischt und den Hungrigen mit Gutem gesättigt. Andere mussten ihr Leben in Dunkelheit und Finsternis verbringen, von Leid gequält, in Ketten gefesselt, denn sie hatten sich gegen Gottes Reden aufgelehnt und den Rat des Höchsten verächtlich ausgeschlagen. So demütigte er ihr ´stolzes` Herz durch großes Elend; sie kamen zu Fall, und es gab niemand, der ihnen half. Da schrien sie zum Herrn in ihrer Not, und er rettete sie aus all ihren Ängsten. Er führte sie heraus aus Dunkelheit und Finsternis, und ihre Fesseln zerriss er. Nun sollen sie dem Herrn danken für seine Güte und für seine Wunder, die er für die Menschen vollbringt. Denn er zerbrach bronzene Türen, und eiserne Riegel schlug er entzwei. Wieder andere waren so töricht und vermessen, ihr Weg voller Unrecht, ihr Tun voller Schuld, dass sie dadurch Leid und Elend über sich brachten. Jede Speise war ihnen nun zuwider, sie waren dem Tod schon nahe. Da schrien sie zum Herrn in ihrer Not, und er rettete sie aus all ihren Ängsten. Er schickte ihnen sein befreiendes Wort und heilte sie, er bewahrte sie vor dem sicheren Tod. Nun sollen sie dem Herrn danken für seine Güte und für seine Wunder, die er für die Menschen vollbringt. Dankopfer sollen sie darbringen und von Gottes Taten erzählen unter lautem Jubel. (NGÜ)

Die Epistel steht in 1 Tim 1, 12-17.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Lk 15, 1-3, 11b-32:
Das verlorene Schaf
Eines Tages waren wieder einmal alle Zolleinnehmer und all die anderen, die einen ebenso schlechten Ruf hatten, bei Jesus versammelt und wollten ihn hören. Die Pharisäer und die Gesetzeslehrer murrten und sagten: »Er lässt das Gesindel zu sich! Er isst sogar mit ihnen!« Da erzählte ihnen Jesus folgendes Gleichnis: (…)
»Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere sagte: ›Vater, gib mir den Teil der Erbschaft, der mir zusteht!‹ Da teilte der Vater seinen Besitz unter die beiden auf. Nach ein paar Tagen machte der jüngere Sohn seinen ganzen Anteil zu Geld und zog weit weg in die Fremde. Dort lebte er in Saus und Braus und verjubelte alles. Als er nichts mehr hatte, brach in jenem Land eine große Hungersnot aus; da ging es ihm schlecht. Er hängte sich an einen Bürger des Landes, der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. Er war so hungrig, dass er auch mit dem Schweinefutter zufrieden gewesen wäre; aber er bekam nichts davon. Endlich ging er in sich und sagte: ›Mein Vater hat so viele Arbeiter, die bekommen alle mehr, als sie essen können, und ich komme hier um vor Hunger. Ich will zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich bin vor Gott und vor dir schuldig geworden; ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn zu sein. Nimm mich als einen deiner Arbeiter in Dienst!‹ So machte er sich auf den Weg zu seinem Vater. Er war noch ein gutes Stück vom Haus entfernt, da sah ihn schon sein Vater kommen, und das Mitleid ergriff ihn. Er lief ihm entgegen, fiel ihm um den Hals und überhäufte ihn mit Küssen. ›Vater‹, sagte der Sohn, ›ich bin vor Gott und vor dir schuldig geworden, ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn zu sein!‹ Aber der Vater rief seinen Dienern zu: ›Schnell, holt die besten Kleider für ihn, steckt ihm einen Ring an den Finger und bringt ihm Schuhe! Holt das Mastkalb und schlachtet es! Wir wollen ein Fest feiern und uns freuen! Denn mein Sohn hier war tot, jetzt lebt er wieder. Er war verloren, jetzt ist er wiedergefunden.‹ Und sie begannen zu feiern. Der ältere Sohn war noch auf dem Feld. Als er zurückkam und sich dem Haus näherte, hörte er das Singen und Tanzen. Er rief einen der Diener herbei und fragte ihn, was denn da los sei. Der sagte: ›Dein Bruder ist zurückgekommen und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn gesund wiederhat.‹ Der ältere Sohn wurde zornig und wollte nicht ins Haus gehen. Da kam der Vater heraus und redete ihm gut zu. Aber der Sohn sagte zu ihm: ›Du weißt doch: All die Jahre habe ich wie ein Sklave für dich geschuftet, nie war ich dir ungehorsam. Was habe ich dafür bekommen? Mir hast du nie auch nur einen Ziegenbock gegeben, damit ich mit meinen Freunden feiern konnte. Aber der da, dein Sohn, hat dein Geld mit Huren durchgebracht; und jetzt kommt er nach Hause, da schlachtest du gleich das Mastkalb für ihn.‹ ›Mein Sohn‹, sagte der Vater, ›du bist immer bei mir, und dir gehört alles, was ich habe. Aber jetzt mussten wir doch feiern und uns freuen! Denn dein Bruder war tot und ist wieder am Leben. Er war verloren und ist wiedergefunden.‹« (GNB)

Kommentar: Äußerst lesenswert ist die Deutung dieser Parabel von Karl-Heinrich Ostmeyer - Dabeisein ist alles (Der verlorene Sohn). In: Zimmermann, 2007, 618-633.
"Im Zentrum der Parabel steht der Vater und die bei ihm gegenwärtige Freude. Von dieser Freude kann man sich in unterschiedlicher Richtung entfernen. Der Vater hält niemanden fest, er lädt aber gleichzeitig ein zur Beteiligung. Jedes seiner Kinder, das zu ihm kommt, ist vollkommen und von ihm vorbehaltlos aufgenommen. Nach der Vergangenheit wird nicht gefragt. Wer außerhalb der Freude beim Vater ist, ist tot und verloren. Wer daran teilnimmt, ist wieder lebendig und gefunden. (...) Diese Gemeinschaft stand und steht auch den Kritikern offen" (631).

Samstag, 13. Juni 2015

2. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 14. Juni 2015

Einleitung: „Der zweite Sonntagsgottesdienst im Juni thematisiert Jesus als das Licht der Welt. Grundlage ist eines der sogenannten 'Ich-bin-Worte', in denen Jesus sein göttliches Wesen enthüllt. 'Licht' und 'Leben' sind wichtige Bilder, durch die das Heil in Christus verdeutlicht wird. Dass Jesus das Leben ist, wird schon am Anfang des JohEv ausgesprochen. Dort heißt es vom göttlichen Wort: 'In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen' (Joh 1, 4). Das Licht ist eine der Grundlagen des kreatürlichen Lebens. Darüber hinaus symbolisiert es auch Erkenntnis und Wahrheit. Wer Jesus nachfolgt, erfährt daher Sicherheit und Orientierung für sein Leben."

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Jesus, das Licht“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Joh 8, 12: Da redete Jesus abermals zu ihnen und sprach: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Der Herr gibt unserem Leben Licht.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Joh 8, 12 gehört zu den ‚Ich-bin-Worten', in denen Jesus sein göttliches Wesen offenbart. Das Licht-Motiv spielt im Johannesevangelium eine herausragende Rolle; schon in Joh 1, 4-5 wird der Logos (das Wort) als Licht bezeichnet. Ebenso gibt es hier schon den Gegensatz von Licht und Finsternis. Der menschgewordene Logos erhellt die Finsternis (Joh 1, 5), insofern werden die, die an ihn glauben, nicht in der Finsternis wandeln, sondern in Jesus einen verlässlichen Führer haben. Nachfolge Jesu bedeutet, Anteil an seinem Leben zu haben.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
  • „Jesus Christus, das Licht der Welt, wurde nur von wenigen erkannt;
  • Wer Jesus nachfolgt, erfährt durch ihn Sicherheit und Orientierung für sein Leben“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: In der Szene mit den Lehrern und Gläubigen in der Synagoge bezieht sich Johannes mit der Lichtmetaphorik und der Beschreibung Jesu auf Jes 42, 6f und Jes 49, 6 und stellt so Jesus von Nazareth als den Christus - den erwarteten Messias - vor. „Licht“ ist im Joh immer mit „Wahrheit“ assoziiert und bei der „Wahrheit“ geht es nicht um ein philosophisches Theorem, sondern um das Tun der Wahrheit, um rechtes Handeln. Das „rechte Handeln“ wird als „Nachfolge“ verstanden. So ist das „Licht der Welt“ auf das Engste mit dem Doppelgebot der Liebe verknüpft und mit dem Gleichnis vom „barmherzigen Samariter“ (Lk 10, 30-35). Eine zeitgemäße Predigt sollte die Ursachen und Folgen der Flüchtlingskatastrophen aufgreifen und für Verständnis und Geduld im Miteinander mit den bei uns lebenden Menschen aus anderen Kulturkreisen werben.
Zum Weiterlesen: Ruben Zimmermann: Berührende Liebe (Der barmherzige Samariter). In: Zimmermann, 2007, 538-555 und Wengst, 2004.


An diesem Sonntag feiern wir den 2. Sonntag nach Trinitatis - „Da sah er ihre Not an, als er ihre Klage hörte.“

„Der 2. Sonntag nach Trinitatis hat "die Einladung" zum Thema. Es leitet sich ab vom Evangelium vom großen Abendmahl - der Einladung, die von den Wohlhabenden abgelehnt wird, woraufhin die Einladung an die Außenseiter und Ausgestoßenen ergeht, die sie freudig annehmen. Es geht an diesem Sonntag wohl mehr darum, darüber nachzudenken, wo Gottes Einladung an uns ergeht und wie wir darauf antworten. Die übrigen Perikopen nehmen das Thema in vielfältiger Weise auf.
Am 2. Sonntag nach Trinitatis hören wir die Einladung zum großen Abendmahl und danken Gott, dass er uns durch Jesus Christus teilhaben lässt an seinem Reich. Die Freude über die Einladung macht uns selbst zu Einladenden“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
Ach Gott, vom Himmel sieh darein (BWV 2)
Die Himmel erzählen die Ehre Gottes (BWV 76; siehe unten: "Kommentar")

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 106, 24-48:
Gott steht zu seinem Bund mit Israel
Sie verschmähten auch das herrliche Land und glaubten nicht, was Gott gesagt hatte. Sie murrten in ihren Zelten und hörten nicht auf die Stimme des Herrn. Da erhob er seine Hand gegen sie, um sie in der Wüste zu Boden zu schlagen und ihre Nachkommen unter die anderen Völker zu zerstreuen, sie zu versprengen in fremde Länder. Sie dienten Baal, dem Götzen, der in Peor verehrt wurde, und aßen von den Opfern, die für die Toten bestimmt waren. Durch ihr Tun riefen sie Gottes Zorn hervor, und so brach eine Seuche unter ihnen aus. Da machte sich Pinhas auf und griff richtend ein, und darum kam die Seuche zum Stillstand. Weil Pinhas so Gottes Willen tat, fand er seine Anerkennung, und zwar für ewig, in allen künftigen Generationen. Dann erregten sie Gottes Zorn beim Wasser von Meriba, und diesmal erging es Mose schlimm ihretwegen. Denn sie reizten ihn so sehr, dass unbedachte Worte über seine Lippen kamen. Auch vernichteten sie die Völker nicht, die der Herr ihnen ausdrücklich genannt hatte. Und so vermischten sie sich mit den fremden Völkern und übernahmen ihre Lebensweise. Sie dienten deren Götzen, und die wurden ihnen zum Verhängnis. Nun opferten auch sie ihre Söhne und Töchter den Dämonen. Ja, sie vergossen unschuldiges Blut, das Blut ihrer Söhne und Töchter, das sie den Götzen Kanaans opferten. So wurde das Land durch Blutschuld entweiht. Durch ihre Taten waren sie unrein in Gottes Augen, und wie Ehebrecher brachen sie ihm die Treue. Da wurde der Herr sehr zornig auf sein Volk, er verabscheute sie, die doch sein Eigentum waren. Er gab sie in die Gewalt fremder Völker; sie wurden beherrscht von Menschen, bei denen sie verhasst waren. Ihre Feinde machten ihnen schwer zu schaffen, und ihrer Macht mussten sie sich nun beugen. Viele Male befreite Gott sie aus ihrer Not, doch sie beharrten eigensinnig auf ihrem falschen Weg. Durch ihre Schuld ging es immer weiter bergab mit ihnen. Doch Gott sah ihre Not und hörte ihr Schreien. Ihnen zuliebe dachte er an seinen Bund, so reich wie seine Gnade war nun auch sein Mitleid mit ihnen. Und so ließ er sie Erbarmen finden bei allen, die sie gefangen hielten. Rette uns, Herr, unser Gott! Sammle uns, bring uns zurück aus den fremden Völkern, damit wir deinen heiligen Namen neu preisen und uns glücklich schätzen, dein Lob wieder erklingen zu lassen. Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels, von Ewigkeit zu Ewigkeit! Und das ganze Volk sage dazu: Amen! Halleluja! (NGÜ)

Die Epistel steht in Eph 2, 17-22.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Lk 14, 15-24:
Warnung, Gottes Einladung auszuschlagen: Gleichnis vom großen Festmahl
Einer von den Gästen griff dieses Wort auf und sagte zu Jesus: »Ja, freuen dürfen sich alle, die mit zu Tisch sitzen werden in Gottes neuer Welt!« Doch Jesus antwortete ihm mit einem Gleichnis; er sagte: »Ein Mann hatte viele Leute zu einem großen Essen eingeladen. Als die Stunde für das Mahl da war, schickte er seinen Diener, um die Gäste zu bitten: ›Kommt! Alles ist hergerichtet!‹ Aber einer nach dem andern begann, sich zu entschuldigen. Der erste erklärte: ›Ich habe ein Stück Land gekauft, das muss ich mir jetzt unbedingt ansehen; bitte, entschuldige mich.‹ Ein anderer sagte: ›Ich habe fünf Ochsengespanne gekauft und will gerade sehen, ob sie etwas taugen; bitte, entschuldige mich.‹ Ein dritter sagte: ›Ich habe eben erst geheiratet, darum kann ich nicht kommen.‹ Der Diener kam zurück und berichtete alles seinem Herrn. Da wurde der Herr zornig und befahl ihm: ›Lauf schnell auf die Straßen und Gassen der Stadt und hol die Armen, Verkrüppelten, Blinden und Gelähmten her!‹ Der Diener kam zurück und meldete: ›Herr, ich habe deinen Befehl ausgeführt, aber es ist immer noch Platz da.‹ Der Herr sagte zu ihm: ›Dann geh auf die Landstraßen und an die Zäune draußen vor der Stadt, wo die Landstreicher sich treffen, und dränge die Leute hereinzukommen, damit mein Haus voll wird!‹« Jesus schloss: »Das sollt ihr wissen: Von den zuerst geladenen Gästen kommt mir niemand an meinen Tisch!« (GNB)

Kommentar: 

Kantate BWV 76
Die Himmel erzählen die Ehre Gottes

Besetzung: Soli: S A T B, Coro: S A T B, Tromba, Oboe I/II, Oboe d'amore, Violino I/II, Violino solo, Viola da gamba, Continuo
Erstaufführung: 6. Juni 1723
Text: Unbekannter Dichter; 1: Psalm 19,2 und 4,7; 7,14: Martin Luther 1524
Anlass: 2. Sonntag nach Trinitatis



Erster Teil
 
1. Coro
Tromba, Oboe I/II, Violino I/II, Viola, Continuo
Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündiget seiner Hände Werk. 
Es ist keine Sprache noch Rede, da man nicht ihre Stimme höre.



2. Recitativo T
Violino I/II, Viola, Continuo
So lässt sich Gott nicht unbezeuget! 
Natur und Gnade redt alle Menschen an: 
Dies alles hat ja Gott getan,
Dass sich die Himmel regen
Und Geist und Körper sich bewegen.
Gott selbst hat sich zu euch geneiget 
Und ruft durch Boten ohne Zahl:
Auf, kommt zu meinem Liebesmahl!



3. Aria S
Violino solo, Continuo
Hört, ihr Völker, Gottes Stimme, 
Eilt zu seinem Gnadenthron!
    Aller Dinge Grund und Ende
    Ist sein eingeborner Sohn:
    Dass sich alles zu ihm wende.



4. Recitativo B
Continuo
Wer aber hört,
Da sich der größte Haufen
Zu andern Göttern kehrt?
Der ältste Götze eigner Lust
Beherrscht der Menschen Brust.
Die Weisen brüten Torheit aus,
Und Belial sitzt wohl in Gottes Haus,
Weil auch die Christen selbst von Christo laufen.



5. Aria B
Tromba, Violino I/II, Viola, Continuo
Fahr hin, abgöttische Zunft!
    Sollt sich die Welt gleich verkehren,
    Will ich doch Christum verehren,
    Er ist das Licht der Vernunft.



6. Recitativo A
Continuo
Du hast uns, Herr, von allen Straßen
Zu dir geruft
Als wir im Finsternis der Heiden saßen,
Und, wie das Licht die Luft
Belebet und erquickt,
Uns auch erleuchtet und belebet,
Ja mit dir selbst gespeiset und getränket
Und deinen Geist geschenket,
Der stets in unserm Geiste schwebet.
Drum sei dir dies Gebet demütigst zugeschickt:



7. Choral
Tromba, Violino I/II, Viola, Continuo
Es woll uns Gott genädig sein
Und seinen Segen geben;
Sein Antlitz uns mit hellem Schein
Erleucht zum ewgen Leben,
Dass wir erkennen seine Werk,
Und was ihm lieb auf Erden,
Und Jesus Christus' Heil und Stärk
Bekannt den Heiden werden
Und sie zu Gott bekehren!



Zweiter Teil
 
8. Sinfonia
Oboe d'amore, Viola da gamba, Continuo
 


9. Recitativo B
Violino I/II, Viola, Viola da gamba, Continuo
Gott segne noch die treue Schar,
Damit sie seine Ehre
Durch Glauben, Liebe, Heiligkeit
Erweise und vermehre.
Sie ist der Himmel auf der Erden
Und muss durch steten Streit
Mit Hass und mit Gefahr
In dieser Welt gereinigt werden.



10. Aria T
Viola da gamba, Continuo
Hasse nur, hasse mich recht, 
Feindlichs Geschlecht!
    Christum gläubig zu umfassen,
    Will ich alle Freude lassen.



11. Recitativo A
Viola da gamba, Continuo
Ich fühle schon im Geist,
Wie Christus mir
Der Liebe Süßigkeit erweist
Und mich mit Manna speist,
Damit sich unter uns allhier
Die brüderliche Treue
Stets stärke und verneue.



12. Aria A
Oboe d'amore, Viola da gamba, Continuo
Liebt, ihr Christen, in der Tat!
    Jesus stirbet für die Brüder,
    Und sie sterben für sich wieder,
    Weil er sich verbunden hat.



13. Recitativo T
Continuo
So soll die Christenheit
Die Liebe Gottes preisen
Und sie an sich erweisen:
Bis in die Ewigkeit
Die Himmel frommer Seelen
Gott und sein Lob erzählen.



14. Choral
Tromba, Violino I/II, Viola, Continuo
Es danke, Gott, und lobe dich
Das Volk in guten Taten;
Das Land bringt Frucht und bessert sich,
Dein Wort ist wohlgeraten.
Uns segne Vater und der Sohn,
Uns segne Gott, der Heilge Geist,
Dem alle Welt die Ehre tu,
Für ihm sich fürchte allermeist
Und sprech von Herzen: Amen.

Samstag, 6. Juni 2015

1. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 07. Juni 2015

Einleitung: „Der Themenschwerpunkt im Monat Juni lautet „Selbstoffenbarungen Gottes.“ Gott offenbart sich in der Natur als Schöpfer, in der Geschichte Israels, in seinem Sohn und in der Zeit der Kirche (KNK 1.1.1–1.1.4). Der Höhepunkt der geschichtlichen Selbstoffenbarung Gottes ist seine Menschwerdung in Jesus Christus. Unter Selbstoffenbarung versteht man auch, dass Jesus sein Wesen als Gott, der Sohn, deutlich macht. Im Johannesevangelium, auf das sich die Gottesdienste im Juni beziehen, bringt Jesus mit unterschiedlichen Bildern seine göttliche Natur zum Ausdruck (KNK 3.4.8.6 „Bildworte“). Der erste Sonntagsgottesdienst ruft dazu auf, sich Speise zu schaffen, die nicht vergänglich ist. Der Mensch soll sich am Willen Gottes dauerhaft orientieren. Dieser Wille Gottes wird unmittelbar in Jesus Christus erfahrbar. Wer an ihn glaubt und ihm nachfolgt, der genießt von dieser unvergänglichen Speise."

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Speise zum ewigen Leben“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Joh 6, 27: Schafft euch Speise, die nicht vergänglich ist, sondern die bleibt zum ewigen Leben. Die wird euch der Menschensohn geben; denn auf dem ist das Siegel Gottes des Vaters.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wir sehnen uns nach geistlicher Speise.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Am See Genezareth, der im Johannesevangelium auch See von Tiberias heißt, vollbringt Jesus das Wunder der Brotvermehrung und geht über das Wasser des Sees (Joh 6, 1–21). Am nächsten Tag hält Jesus in der Synagoge von Kapernaum eine Rede, in der er sich als Brot des Lebens offenbart (Joh 6, 35). Die Rede stößt auf Missverständnis und Ablehnung, auch bei einigen Jüngern. Das Kapitel endet mit dem Bekenntnis des Apostels Petrus zu Christus als dem Heiligen Gottes (Joh 6, 68-69).“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: „Der Herr ermahnt uns, die für unser geistliches Wohlbefinden und unsere geistliche Entwicklung unentbehrliche Speise zu „erarbeiten“. Dies bedeutet,
  • das ganze Evangelium im Glauben anzunehmen;
  • sich täglich dem Willen Gottes zu unterstellen;
  • würdig am Heiligen Abendmahl teilzunehmen“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Die LG beziehen sich ausdrücklich auf das sogen. Speisungswunder (vergl. dazu: Carsten Claußen: Mehr als ein Prophet und ein Brotkönig - Die Speisung der Fünftausend. In: Zimmermann, 2007, 705-715). Im Anschluss an dieses Wunder nimmt Jesus resp. Johannes selber die Deutung vor (Joh 6, 26-58). Diesen „Deutungsworten“ ist die Predigtgrundlage entnommen.

Klaus Wengst überträgt die Bibelstelle wie folgt: „Erwirkt nicht die Speise, die vergeht, sondern die Speise, die zum ewigen Leben bleibt, die euch der Menschensohn geben wird“ (Wengst, 2004).
Noch prägnanter übersetzt Walter Jens: „Ich sage euch: Seid arbeitsam, aber nicht um vergängliche Nahrung zu haben. Arbeitet für eine Speise, die bleibt und das ewige Leben verbürgt. Und diese Speise wird euch der Menschensohn geben“ (Jens, 1998).
Dieser Vers weist also eine spannende Doppelperspektive auf: die Speise, die zum ewigen Leben nützt muss erarbeitet werden („erwirkt“) und wird gleichzeitig von Gott geschenkt („vom Menschensohn gegeben“). So ist also das Tun Gottes und das Tun des Menschen untrennbar ineinander verwoben. Es bleibt ein Geheimnis und auch ein Paradox, dass „es sich um wirkliches Leben im Tun des Willens Gottes zu bemühen gilt. Und, dass das Leben, das trägt und durchträgt, nur als Geschenk erfahren werden kann“ (Wengst, 2004, 245). Die dankbare Aufgabe für eine Predigt sollte es dann sein, den Blick für diese Doppelperspektive zu schärfen.


An diesem Sonntag feiern wir den 1. Sonntag nach Trinitatis - „Sie vergaßen Gott, ihren Heiland.“

„Der 1. Sonntag nach Trinitatis hat die Apostel und Propheten zum Thema. Gott sendet und wählt einzelne Personen, die er mit einem Auftrag ausstattet. Diese Personen sollen Gottes Botschaft weitertragen. Oft ist diese nicht einfach, sondern anstössig, so dass die Personen immer wieder auf Widerstand stoßen. Dennoch oder eher gerade deswegen gehören Apostel und Propheten zum Gesamtbild des christlichen Glaubens, denn sie helfen, sich auf Gottes Willen zu besinnen. Allerdings muss man sich hüten vor "falschen Propheten", die den Glauben an die Existenz solcher Menschen mißbrauchen und schamlos ausnutzen.

A: Am 1. Sonntag nach Trinitatis hören wir im Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus den Hinweis auf die Propheten, die die Lebenden zu hören nicht bereit waren und auch heute oft nicht bereit sind. Auch wir verschließen oft unsere Ohren vor den wahren Propheten und neigen sie gern falschen Propheten zu. Aber das Wort Gottes läßt nicht zu, dass wir gänzlich abirren, sondern holt uns zurück und stellt uns in seinen Dienst. So sind auch wir Gesandte (= Apostel) des Herrn.

B: Dieser Sonntag hat die Apostel und Propheten zum Thema. Apostel und Propheten, das sind Menschen, die Gott berufen hat, damit sie seine Werkzeuge werden. Das macht sie aber nicht zu besonderen Menschen. Sie sind vielmehr Vorbilder, die uns den Weg zeigen, den Gott für uns bereitet hat; es ist der gleiche Weg, den diese Apostel und Propheten vor uns gegangen sind. Es ist der Weg Gottes, es ist der Weg des Lebens“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
O Ewigkeit, du Donnerwort (BWV 20)
Brich dem Hungrigen dein Brot (BWV 39)
Die Elenden sollen essen (BWV 75)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 106, 1-23:
Gott steht zu seinem Bund mit Israel
Halleluja! Dankt dem Herrn, denn er ist gütig, und seine Gnade bleibt für alle Zeiten bestehen!
Wer kann schon sämtliche mächtigen Taten des Herrn erzählen, seinen Ruhm überall bekannt machen?
Glücklich zu preisen sind alle, die sich an das Recht halten, die gerecht handeln zu jeder Zeit. Denke an mich, Herr, wenn du dich deinem Volk gnädig zuwendest – wenn du ihnen hilfst, dann hilf auch mir! Dann kann ich mit eigenen Augen das Glück derer sehen, die du erwählt hast, ich darf mich mitfreuen, wenn dein Volk sich freut, darf stolz sein gemeinsam mit dem Volk, das dein Erbe ist. 
Wir haben gesündigt, so wie schon unsere Vorfahren, wir haben Unrecht getan und gottlos gehandelt. Schon unsere Vorfahren in Ägypten wollten deine Wunder nicht verstehen, sie wollten sich nicht daran erinnern, wie oft du deine Gnade erwiesen hattest. Und am Schilfmeer haben sie sich gegen Gott aufgelehnt. Aber er rettete sie dennoch und stand dafür mit seinem Namen ein, um seine Macht bekannt zu machen. Er wies das Schilfmeer in seine Schranken, und es zog sich zurück. Dann führte er sein Volk dort hindurch, wo sonst die Fluten alles bedecken, sie gingen wie auf trockenem Wüstenboden. So rettete er sie vor dem Zugriff dessen, der sie hasste, er erlöste sie aus der Gewalt des Feindes. Das Wasser begrub ihre Unterdrücker unter sich, nicht einer von ihnen blieb am Leben.
Da glaubten sie den Worten Gottes und lobten ihn mit einem Lied. Doch schnell vergaßen sie Gottes Handeln, sie wollten nicht warten, bis sein Plan sich erfüllte. In der Wüste ließen sie sich von ihrer Gier beherrschen, in der Einöde stellten sie Gott auf die Probe. Da gab er ihnen, wonach sie verlangt hatten, doch er ließ sie krank werden an Leib und Seele. Sie wurden neidisch auf Mose, dort im Lager, auch auf Aaron, den heiligen Priester des Herrn. Da öffnete sich die Erde und verschlang Datan, sie verschüttete alle, die sich um Abiram geschart hatten. Ein Feuer brach los gegen ihre Anhänger, lodernde Flammen erfassten diese gottlosen Aufrührer. Am Berg Horeb fertigten sie sich ein Kalb an und warfen sich anbetend nieder vor dieser gegossenen Figur. So tauschten sie Gott, der ihre Ehre ist, ein gegen das Standbild eines Stieres – eines grasfressenden Viehs! Sie vergaßen Gott, ihren Retter, der große Taten in Ägypten vollbracht hatte, Wunder im Land der Nachkommen Hams, furchterregende Zeichen am Schilfmeer. Da wollte Gott sie vernichten, wäre nicht Mose gewesen, den er auserwählt hatte. Mose trat für sie in die Bresche, um Gottes (NGÜ)

Die Epistel steht in 1. Johannes 4, 16b-21.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Luk 16, 19-31:
... und am Beispiel des Besitzes (Der reiche Mann und der arme Lazarus)
»Es war einmal ein reicher Mann, der immer die teuerste Kleidung trug und Tag für Tag im Luxus lebte. Vor seinem Haustor lag ein Armer, der hieß Lazarus. Sein Körper war ganz mit Geschwüren bedeckt. Er wartete darauf, dass von den Mahlzeiten des Reichen ein paar kümmerliche Reste für ihn abfielen. Er konnte sich nicht einmal gegen die Hunde wehren, die seine Wunden beleckten. Der Arme starb und die Engel trugen ihn an den Ort, wo das ewige Freudenmahl gefeiert wird; dort erhielt er den Ehrenplatz an der Seite Abrahams. Auch der Reiche starb und wurde begraben. In der Totenwelt litt er große Qualen. Als er aufblickte, sah er in weiter Ferne Abraham, und Lazarus auf dem Platz neben ihm. Da rief er laut: ›Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir! Schick mir doch Lazarus! Er soll seine Fingerspitze ins Wasser tauchen und meine Zunge ein wenig kühlen, denn das Feuer hier brennt entsetzlich.‹ Aber Abraham sagte: ›Mein Sohn, denk daran, dass du schon zu Lebzeiten das dir zugemessene Glück erhalten hast, Lazarus aber nur Unglück. Dafür kann er sich nun hier freuen, während du Qualen leidest. Außerdem liegt zwischen uns und euch ein riesiger Graben. Selbst wenn jemand wollte, könnte er nicht zu euch kommen, genauso wie keiner von dort zu uns gelangen kann.‹ Da bat der reiche Mann: ›Vater Abraham, dann schick Lazarus doch wenigstens in mein Elternhaus! Ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit sie nicht auch an diesen schrecklichen Ort kommen!‹ Doch Abraham sagte: ›Deine Brüder haben das Gesetz Moses und die Weisungen der Propheten. Sie brauchen nur darauf zu hören.‹ Der Reiche erwiderte: ›Vater Abraham, das genügt nicht! Aber wenn einer von den Toten zu ihnen käme, dann würden sie ihr Leben ändern.‹ Abraham sagte: ›Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, dann lassen sie sich auch nicht überzeugen, wenn jemand vom Tod aufersteht.‹« (GNB)

Kommentar: "Heutige LeserInnen finden in der Parabel eine bleibende Mahnung, dass das Leben einmalig und unumkehrbar ist. Eine Vertröstung auf ein Leben nach dem Tod lässt dieses Gleichnis nicht zu. Sie ist aber auch eine Aufforderung an die Reichen, ihre Privilegien im Dienst der Armen einzusetzen und nicht unbedacht auf ihren Reichtum zu vertrauen. Den Reichen, heute würde man von „Leistungsträgern“ oder „Leistungselite“ sprechen, bleiben mit dem Lukasevangelium zwei Möglichkeiten, mit ihrem Reichtum umzugehen, um nicht in der „Unterwelt Qualen zu leiden“ (V 23): „Entweder sie geben ihren Reichtum ab oder sie verwenden ihn, der Mahnung von Thora und Propheten entsprechend, sozial verantwortlich“ (Leonhardt-Balzer, Wie kommt ein Reicher in Abrahams Schoß? - Vom reichen Mann und dem armen Lazarus, 658. In: Zimmermann, 2007, 647-660).