Freitag, 19. Juni 2015

3. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 21. Juni 2015

Einleitung: „Im dritten Sonntagsgottesdienst steht ebenfalls eines der ‚Ich-bin-Worte’ im Mittelpunkt: Jesus als der gute Hirte, der sein Leben für die Seinen lässt. Der gute Hirte wird von jenen Hirten unterschieden, die nur eigenen Interessen folgen. Jesus ist derjenige, der sich um die Seinen sorgt, ihnen selbstlos Zuwendung und Hilfe zukommen lässt. Das Wort vom guten Hirten weist darüber hinaus auf den Opfertod Jesu Christi hin.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Die Herde Christi“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Joh 10, 11: Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Die unermessliche Liebe Jesu, der sein Leben für uns gab, wollen wir wertschätzen."

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Joh 10, 11 gehört in den Zusammenhang der sogenannten ‚Hirtenrede‘, in der sich Jesus als der gute Hirte bezeichnet. In Ps 78, 70–72 wird vom Hirten David gesprochen. David, der gerechte König, herrscht über die Untertanen und führt sie wie eine Herde. Jesus überbietet das Vorbild Davids, denn er ist der gute Hirte, der sein Leben für die Seinen gibt. Insofern überbietet Jesus Christus alle bisherigen Hirten Israels, Führer und Regenten, denn er ist jemand, dem die eigene Sicherheit nichts, die der Herde aber alles bedeutet – damit wird auf den Opfertod Jesu verwiesen. Joh 10, 11 gehört zu den Ich-bin-Worten (Vers 9 ‚Ich bin die Tür‘), in denen Jesus sein göttliches Wesen offenbart.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
„Jesus spricht von den schlechten und guten Hirten. Er ist der wahre ‚gute Hirte‘, denn er
  • weist uns den Weg;
  • versorgt uns mit Nahrung und führt uns zum Wasser;
  • bewahrt uns vor Irrlehren;
  • wendet sich uns in besonderer Weise zu, wenn wir schwach und hilfsbedürftig sind“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Im Ps 95, 7 wird Gott selbst als Hirte seines Volkes Israel vorgestellt. Gott kann aber auch einen Beauftragten zum Hirten machen (wie z. B. im Ps 78 und in Ez 34, 23-24 David und in Ex 14, 31 Mose). Jedoch ist der Glaube an diese Gottesmänner nie eine eigene Größe, sondern nichts anderes als Glaube an den durch sie wirkenden Gott. Das gilt entsprechend auch für den guten Hirten Jesus. Was Jesus als den guten Hirten vor allem auszeichnet, ist sein Lebenseinsatz für die Schafe.
Im folgenden wird dann das Bild des raubenden und zerstreuenden Wolfes skizziert, dem sich Jesus entgegenstellt. Dieses Bild ist der genaue Gegensatz zum Wolf als nährende Amme, das den Gründungsmythos Roms symbolisiert. Johannes wendet sich also auch gegen die Besatzungsmacht "Rom." 
Die Predigt des heutigen Sonntags könnte also über "Besatzungsmächte" meditieren - über raubende und zerstreuende Gedanken, Gefühle und Handlungen in der eigenen Seele, in der Gemeinde, in der Gesellschaft etc.




An diesem Sonntag feiern wir den 3. Sonntag nach Trinitatis - „Er sättigt die durstige Seele, und die Hungrigen füllt er mit Gutem.“
„Der 3. Sonntag nach Trinitatis stellt in gewisser Weise die Fortsetzung des 2. Sonntags nach Trinitatis dar, denn nun geht es um die offenen Arme, die den empfangen, der schon lange eingeladen ist. Die Gleichnisse vom "Verlorenen" oder die Geschichte vom Zachäus unterstreichen dies sehr deutlich. Gott will die Sünder selig machen, darum geht es, und er hindert keinen einzelnen, zu ihm zu kommen.
Das Gleichnis vom verlorenen Schaf zeigt uns am 3. Sonntag nach Trinitatis, dass Gott gerade dem nachgeht, der in seiner Sünde gefangen ist. Wir freuen uns darüber, dass auf diese Weise auch Menschen zu seiner Gemeinde hinzukommen, die uns erst fremd und unbehaglich waren. Durch die Liebe Gottes, die in gleicher Weise uns wie ihnen gilt, werden wir fähig, diesen Menschen liebend zu begegnen.
oder
Gott geht dem Sünder nach – das sagt uns das Gleichnis vom Verlorenen Schaf. Das Gleichnis vom Verlorenen Sohn deutet auf die vergebende Liebe Gottes hin. In allem erleben wir: Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe (Ez 33, 11). Dazu hat er seinen Sohn in die Welt gesandt, damit wir seine Gnade erfahren und durch seine Barmherzigkeit zum Leben gelangen“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
Ich hatte viel Bekümmernis (BWV 21)
Ach Herr, mich armen Sünder (BWV 135)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 107, 1-22:
Ein Loblied für Gott, den Retter
Halleluja! Dankt dem Herrn, denn er ist gütig, und seine Gnade bleibt für alle Zeiten bestehen! Das sollen alle sagen, die der Herr erlöst hat, die er aus der Gewalt ihrer Unterdrücker befreit und aus fremden Ländern gesammelt hat, aus Ost und West, aus Nord und Süd. Die einen irrten umher in der Wüste, auf öden, verlassenen Wegen; sie fanden keinen Ort, wo Menschen wohnten. Hungrig waren sie und von Durst gequält, all ihr Lebenswille schwand dahin. Da schrien sie zum Herrn in ihrer Not, und er befreite sie aus all ihren Ängsten. Er führte sie auf den richtigen Weg, und so fanden sie einen bewohnten Ort. Nun sollen sie dem Herrn danken für seine Güte und für seine Wunder, die er für die Menschen vollbringt. Denn er hat den Durstigen erfrischt und den Hungrigen mit Gutem gesättigt. Andere mussten ihr Leben in Dunkelheit und Finsternis verbringen, von Leid gequält, in Ketten gefesselt, denn sie hatten sich gegen Gottes Reden aufgelehnt und den Rat des Höchsten verächtlich ausgeschlagen. So demütigte er ihr ´stolzes` Herz durch großes Elend; sie kamen zu Fall, und es gab niemand, der ihnen half. Da schrien sie zum Herrn in ihrer Not, und er rettete sie aus all ihren Ängsten. Er führte sie heraus aus Dunkelheit und Finsternis, und ihre Fesseln zerriss er. Nun sollen sie dem Herrn danken für seine Güte und für seine Wunder, die er für die Menschen vollbringt. Denn er zerbrach bronzene Türen, und eiserne Riegel schlug er entzwei. Wieder andere waren so töricht und vermessen, ihr Weg voller Unrecht, ihr Tun voller Schuld, dass sie dadurch Leid und Elend über sich brachten. Jede Speise war ihnen nun zuwider, sie waren dem Tod schon nahe. Da schrien sie zum Herrn in ihrer Not, und er rettete sie aus all ihren Ängsten. Er schickte ihnen sein befreiendes Wort und heilte sie, er bewahrte sie vor dem sicheren Tod. Nun sollen sie dem Herrn danken für seine Güte und für seine Wunder, die er für die Menschen vollbringt. Dankopfer sollen sie darbringen und von Gottes Taten erzählen unter lautem Jubel. (NGÜ)

Die Epistel steht in 1 Tim 1, 12-17.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Lk 15, 1-3, 11b-32:
Das verlorene Schaf
Eines Tages waren wieder einmal alle Zolleinnehmer und all die anderen, die einen ebenso schlechten Ruf hatten, bei Jesus versammelt und wollten ihn hören. Die Pharisäer und die Gesetzeslehrer murrten und sagten: »Er lässt das Gesindel zu sich! Er isst sogar mit ihnen!« Da erzählte ihnen Jesus folgendes Gleichnis: (…)
»Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere sagte: ›Vater, gib mir den Teil der Erbschaft, der mir zusteht!‹ Da teilte der Vater seinen Besitz unter die beiden auf. Nach ein paar Tagen machte der jüngere Sohn seinen ganzen Anteil zu Geld und zog weit weg in die Fremde. Dort lebte er in Saus und Braus und verjubelte alles. Als er nichts mehr hatte, brach in jenem Land eine große Hungersnot aus; da ging es ihm schlecht. Er hängte sich an einen Bürger des Landes, der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. Er war so hungrig, dass er auch mit dem Schweinefutter zufrieden gewesen wäre; aber er bekam nichts davon. Endlich ging er in sich und sagte: ›Mein Vater hat so viele Arbeiter, die bekommen alle mehr, als sie essen können, und ich komme hier um vor Hunger. Ich will zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich bin vor Gott und vor dir schuldig geworden; ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn zu sein. Nimm mich als einen deiner Arbeiter in Dienst!‹ So machte er sich auf den Weg zu seinem Vater. Er war noch ein gutes Stück vom Haus entfernt, da sah ihn schon sein Vater kommen, und das Mitleid ergriff ihn. Er lief ihm entgegen, fiel ihm um den Hals und überhäufte ihn mit Küssen. ›Vater‹, sagte der Sohn, ›ich bin vor Gott und vor dir schuldig geworden, ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn zu sein!‹ Aber der Vater rief seinen Dienern zu: ›Schnell, holt die besten Kleider für ihn, steckt ihm einen Ring an den Finger und bringt ihm Schuhe! Holt das Mastkalb und schlachtet es! Wir wollen ein Fest feiern und uns freuen! Denn mein Sohn hier war tot, jetzt lebt er wieder. Er war verloren, jetzt ist er wiedergefunden.‹ Und sie begannen zu feiern. Der ältere Sohn war noch auf dem Feld. Als er zurückkam und sich dem Haus näherte, hörte er das Singen und Tanzen. Er rief einen der Diener herbei und fragte ihn, was denn da los sei. Der sagte: ›Dein Bruder ist zurückgekommen und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn gesund wiederhat.‹ Der ältere Sohn wurde zornig und wollte nicht ins Haus gehen. Da kam der Vater heraus und redete ihm gut zu. Aber der Sohn sagte zu ihm: ›Du weißt doch: All die Jahre habe ich wie ein Sklave für dich geschuftet, nie war ich dir ungehorsam. Was habe ich dafür bekommen? Mir hast du nie auch nur einen Ziegenbock gegeben, damit ich mit meinen Freunden feiern konnte. Aber der da, dein Sohn, hat dein Geld mit Huren durchgebracht; und jetzt kommt er nach Hause, da schlachtest du gleich das Mastkalb für ihn.‹ ›Mein Sohn‹, sagte der Vater, ›du bist immer bei mir, und dir gehört alles, was ich habe. Aber jetzt mussten wir doch feiern und uns freuen! Denn dein Bruder war tot und ist wieder am Leben. Er war verloren und ist wiedergefunden.‹« (GNB)

Kommentar: Äußerst lesenswert ist die Deutung dieser Parabel von Karl-Heinrich Ostmeyer - Dabeisein ist alles (Der verlorene Sohn). In: Zimmermann, 2007, 618-633.
"Im Zentrum der Parabel steht der Vater und die bei ihm gegenwärtige Freude. Von dieser Freude kann man sich in unterschiedlicher Richtung entfernen. Der Vater hält niemanden fest, er lädt aber gleichzeitig ein zur Beteiligung. Jedes seiner Kinder, das zu ihm kommt, ist vollkommen und von ihm vorbehaltlos aufgenommen. Nach der Vergangenheit wird nicht gefragt. Wer außerhalb der Freude beim Vater ist, ist tot und verloren. Wer daran teilnimmt, ist wieder lebendig und gefunden. (...) Diese Gemeinschaft stand und steht auch den Kritikern offen" (631).

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