Sonntag, 13. September 2015

16. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 20. September 2015

Einleitung: 'Den Glauben bekennen' - das ist das Schwerpunktthema im Monat September. Das Bekennen des Glaubens ist ja grundsätzliche Aufgabe des Christen, die er bei seiner Taufe übernimmt - und deren Erfüllung ihn erst zum wahren Christen werden lässt: 'In der christlichen Tradition wird gesagt, dass nur die wahrhaft Gläubigen der unsichtbaren, verborgenen Kirche zugeordnet werden, nicht hin- gegen Getaufte, die weder an Jesus glauben noch ihn als ihren Herrn bekennen' (KNK 6.5).
Die vier Sonntagsgottesdienste im September haben die Aufgabe, jeweils unterschiedliche Facetten herauszustellen, wie der neuapostolische Christ seinen Glauben bekennen kann.
Am heutigen Sonntag geht es um unsere Verantwortung, den neuapostolischen Glauben an die junge Generation weiterzugeben. Diese Aufgabe gilt nicht nur Eltern, sondern jedem Glied der Gemeinde. Wir können uns ihr am besten durch glaubwürdiges Reden und Handeln stellen."


Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Die Verheißung weitertragen“

Lesung und gleichzeitig Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Apg 2, 39: Denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung und allen, die fern sind, so viele der Herr, unser Gott, herzurufen wird.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wir sind aufgerufen, die Verheißung des Heils an die kommenden Generationen weiterzugeben.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Beim ersten Pfingstfest tritt Apostel Petrus als Sprecher des Apostelkreises auf und hält eine Predigt vor den in Jerusalem versammelten Menschen (Apg 2,14–36). Der Apostel erklärt, dass das Pfingstwunder eine Erfüllung der Weissagung des Propheten Joel ist. Dann erklärt er mit Hilfe von Schriftbeweisen, dass Jesus von Nazareth der Christus und der Gottessohn ist. Die Rede des Apostels berührt die Menschen so sehr, dass sie nach der Taufe und der Gabe des Heiligen Geistes fragen. Etwa dreitausend werden der Gemeinde hinzugefügt (Apg 2,41).“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: „Jedes Gotteskind ist aufgerufen, die Heilsbotschaft an die künftigen Generationen weiterzugeben. Damit unsere Kinder Jesus Christus, die neuapostolische Lehre und die Kirche kennenlernen und lieben können, müssen wir sie unterweisen, sie überzeugen und sie ermutigen“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: "Im NT ist in zweifacher Hinsicht von Bekenntnis, das zuvorderst an Gott gerichtet ist, die Rede. Zum Christsein gehört einerseits, die Sünden zu bekennen, andererseits, sich zu Jesus als dem Christus oder als den Herrn zu bekennen. Die Buße als dem Zentralbegriff der Botschaft Jesu umfasst beide Hinsichten. Während das Bekenntnis also ein unmittelbarer, persönlicher Ausdruck des Glaubens sein kann, ist das aus ihm hervorgegangene Dogma eine durchdachte, mit wissenschaftlichen Begriffen abgesicherte Lehrfestsetzung" (Rolf Schäfer (2007): Bekenntnis. In: Hübener & Orth: Wörter des Lebens, 30-32).
"Dogma" und "Bekenntnis" scheinen in den LG nicht sorgfältig voneinander getrennt zu sein, wenn man den KNK als durchdachte und abgesicherte Lehrfestsetzung ansieht. Kann man ein Dogma lieben? Und wenn ja: warum sollte man dies tun?
Das Bekenntnis ist ein unmittelbarer, persönlicher Ausdruck des Glaubens. Glauben stützt sich auf Lebensberichte von anderen, die durch die eigenen Erfahrungen mit Leben erfüllt werden.
Dies können Erfahrungen von innerem Frieden, Trost, Hoffnung und Freude sein oder/und
die Erfahrung, durch soziales Engagement zur Lebensbewältigung anderer und zum sozialen Wandel beigetragen zu haben oder/und
die Erfahrung, vorbehaltlos akzeptiert zu werden, ohne Rücksicht auf die eigenen Fehlleistungen oder/und
die Erfahrung, Hilfe zu erhalten oder anderen zu gewähren.

Glauben bedeutet letztlich, dass jemand die Hand über mich hält, wenn es im Leben drunter und drüber geht. Er ist also die positive Antwort auf die Sinnfrage des Lebens (Eduard Kopp (2003): Woran merke ich, dass ich glaube? In: Kopp et al.: Religion für Einsteiger, 17-19).
Diese Antwort kann nur durch eine authentische und konsistente Lebensgestaltung gegeben und in diesem Sinne "bekannt" werden.
Zum Weiterlesen: Winfried Döbertin (1989): Der Sinn des Lebens - die Frage des Menschen.
Ders. (1990): Ohne Religion kann man nicht leben. 


An diesem Sonntag feiern wir den 16. Sonntag nach Trinitatis - Er baute sein Heiligtum wie Himmelshöhen, wie die Erde, die er gegründet hat für immer.

„Der 16. Sonntag nach Trinitatis ist geprägt vom Evangelium von der Auferweckung des Lazarus. In dieser Geschichte sowie in den Epistellesungen wird deutlich, dass mit Jesus weit mehr gekommen ist als nur ein großer Prediger. Er hat das Leben in diese Welt gebracht und den Tod besiegt. Dieser Sieg wird schon durch sein Handeln auf Erden sichtbar.
Am 16. Sonntag nach Trinitatis hören wir das Evangelium von der Auferweckung des Lazarus und wir staunen über die Worte Jesu. Diese Worte sprechen in keine alltägliche Situation, sondern sind Trauernden und bedrückten zugesprochen. Wir können getrost sein darüber, dass Gott alles Geschehen in unserem Leben kennt und weiß, wann wir seiner besonderen tröstenden Hilfe bedürfen. Es ist gut zu wissen, dass nichts ohne seinen Willen geschieht“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
Liebster Gott, wenn werd ich sterben (BWV 8)
Wer weiß, wie nahe mir mein Ende (BWV 27)
Christus, der ist mein Leben (BWV 95)
Komm, du süße Todesstunde (BWV 161)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 78, 56-72:
Gottes Wege mit seinem Volk
Doch wieder forderten sie Gott heraus; sie lehnten sich gegen ihn, den Höchsten, auf und hielten sich nicht an seine Mahnungen. Sie sagten sich von ihm los und brachen ihm die Treue wie schon zuvor ihre Väter. Unzuverlässig waren sie wie ein Bogen, dessen Pfeile in die falsche Richtung schnellen. Sie bereiteten ihm Kummer durch ihre heidnischen Altäre auf den Anhöhen, mit ihren Götterbildern reizten sie ihn zur Eifersucht. Als Gott hörte, wie sie zu anderen Göttern beteten, entbrannte sein Zorn; voll Abscheu wandte er sich von Israel ab. Er gab sein Heiligtum in Silo auf, das Zelt, in dem er unter den Menschen gewohnt hatte. Die Bundeslade, das Sinnbild seiner Macht, ließ er zur Beute werden, ja, seinen Ruhm gab er in die Hand des Feindes. Er lieferte sein Volk dem Schwert aus, sein Zorn traf die Nation, die ihm gehörte. Die jungen Männer wurden vom Feuer verzehrt, und den jungen Frauen sang man keine Hochzeitslieder mehr. Die Priester kamen durch das Schwert um, und die Witwen konnten nicht einmal die Totenklage halten. Da aber machte sich der Herr auf wie einer, der vom Schlaf erwacht, wie ein Held, der gestärkt durch Wein nur noch mutiger wird. Nun schlug er seine Feinde zurück, in ewige Schande stürzte er sie. Er entzog den Nachkommen Josefs die Führung seines Volkes, seine Wahl fiel nicht mehr auf den Stamm Efraïm. Vielmehr erwählte Gott nun den Stamm Juda ´und damit` den Berg Zion, dem seine Liebe gilt. Dort errichtete er sein Heiligtum, majestätisch wie die hohen Berge, unverrückbar wie die Erde, deren Fundament er für immer befestigt hat. Er erwählte David, seinen Diener, und holte ihn weg von den Schafpferchen: Von den Muttertieren nahm er ihn fort, damit er in Zukunft der Hirte sei für die Nachkommen Jakobs, für Gottes eigenes Volk Israel. Und David leitete sie wie ein Hirte mit aufrichtigem Herzen, ja, er führte sie mit Weisheit und geschickter Hand. (NGÜ)

Die Epistel steht in 2 Tim 1, 7-10.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Joh 11, 1-3. 17-24. 41-45:
Lazarus stirbt
Lazarus aus Betanien war krank geworden – aus dem Dorf, in dem Maria und ihre Schwester Marta wohnten. Maria war es, die später die Füße des Herrn mit dem kostbaren Öl übergossen und dann mit ihrem Haar getrocknet hat; deren Bruder war der erkrankte Lazarus. Da ließen die Schwestern Jesus mitteilen: »Herr, dein Freund ist krank.«
Jesus ist das Leben. Lazarus wird vom Tod auferweckt
Als Jesus nach Betanien kam, lag Lazarus schon vier Tage im Grab. Das Dorf war keine drei Kilometer von Jerusalem entfernt, und viele Leute aus der Stadt hatten Marta und Maria aufgesucht, um sie zu trösten. Als Marta hörte, dass Jesus kam, ging sie ihm entgegen vor das Dorf, aber Maria blieb im Haus. Marta sagte zu Jesus: »Herr, wenn du hier gewesen wärst, hätte mein Bruder nicht sterben müssen. Aber ich weiß, dass Gott dir auch jetzt keine Bitte abschlägt.« »Dein Bruder wird auferstehen«, sagte Jesus zu Marta. »Ich weiß«, erwiderte sie, »er wird auferstehen, wenn alle Toten lebendig werden, am letzten Tag.«
Da nahmen sie den Stein weg. Jesus blickte zum Himmel auf und sagte: »Vater, ich danke dir, dass du meine Bitte erfüllst. Ich weiß, dass du mich immer erhörst. Aber wegen der Menschenmenge, die hier steht, spreche ich es aus – damit sie glauben, dass du mich gesandt hast.« Nach diesen Worten rief er laut: »Lazarus, komm heraus!« Der Tote kam heraus; seine Hände und Füße waren mit Binden umwickelt und sein Gesicht war mit einem Tuch verhüllt. Jesus sagte: »Nehmt ihm das alles ab und lasst ihn nach Hause gehen!« Viele Leute aus der Stadt, die zu Maria gekommen waren und alles miterlebt hatten, kamen zum Glauben an Jesus. (GNB)

Kommentar: Auch in dieser Wundererzählung (Ruben Zimmermann (2013): Vorbild im Sterben und Leben (Die Auferweckung des Lazarus; Joh 11, 1-12, 11). In: Ders.: Kompendium der frühchristlichen Wundererzählungen, 742-763) geht es um das Bekenntnis.
So bekennt Marta im Verlauf der Erzählung dreimal ihren Glauben:
  • Jesus wird alles von Gott empfangen, worum er bittet;
  • die Toten werden auferstehen am letzten Tag;
  • Jesus ist der Christus der Sohn Gottes, der in die Welt Kommende. 

Die hermeneutische Schlüsselfrage für Joh 11 lautet insofern: Wie erschließen sich im Glauben an Jesus die Grundfragen des menschlichen Lebens und Sterbens, von Tod und Auferstehung?

Die Lazarus-Geschichte sagt uns, dass sich Auferstehung jetzt ereignet. Sie ist das in Jesus gegenwärtige und geschenkte Leben. So fügt sich die Rede von dem durch Christus geschenkten Leben in das übergeordnete Metaphernnetz des Lebens ein, das in dem großen Ich-bin-Bekenntnisworten des Johannes besonders zu Tage tritt.

Auferstehung ereignet sich im Heute im persönlichen Glauben.
Auferstehung ereignet sich im Jetzt in einer authentischen und konsistenten Lebensgestaltung.
Auferstehung ereignet sich im Hier in der Liebe zu Gott und dem Nächsten.

Bonhoeffers Glaubensbekenntnis von 1934:
Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.
Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.
Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet. 
Amen!

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