Freitag, 18. Juli 2014

6. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 27.07.2014

Einleitung: "Im Monat Juli steht die Kirche Jesu Christi im Mittelpunkt der Predigtreihe. Die Kirche Christi ist ein zentrales Motiv unseres Glaubens, weil wir sie als Heilseinrichtung verstehen. Deshalb sind für sie die Ämter und die Sakramente von herausragender Bedeutung. Wo das Apostelamt wirkt, ist das geistliche Amt vorhanden und die Sakramente werden in vollumfänglicher Weise gespendet – dort wird die Kirche Christi am deutlichsten sichtbar. Das Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel besagt, dass die Kirche Christi die eine, heilige, allgemeine und apostolische Kirche ist. Diese Kennzeichen der Kirche nennt man „notae ecclesiae“. Die Wesensmerkmale der Kirche Christi werden in der Predigtreihe im Juli aufgezeigt und vertieft: (...) Die Kirche ist „apostolisch“. Im Gottesdienst am letzten Sonntag im Juli wird der inhaltliche und personale Aspekt der Apostolizität aufgezeigt. Jesus Christus hat die Apostel als Botschafter an seiner statt gesandt und mit Vollmachten versehen. Die Apostolizität der Kirche besteht auch darin, dass sie die in der Heiligen Schrift bezeugte apostolische Lehre bis zur Wiederkunft Jesu Christi weiterträgt." 

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: "Botschafter an Christi statt." 

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist 2 Kor 5, 20: "So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!" 

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: "Sendungsbewusst und mit Vollmacht versehen rufen Apostel des Herrn zur Versöhnung mit Gott." 

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Im 3. Glaubensartikel bekennen wir den Glauben an die apostolische Kirche. Die Apostolizität der Kirche hat einen inhaltlichen und einen personalen Aspekt. Apostolisch ist die Kirche zunächst deshalb, weil in ihr das Evangelium, wie es die urchristlichen Apostel gepredigt haben, verkündigt wird. Die Kirche ist zudem apostolisch, weil in ihr das apostolische Amt in gegenwärtig wirkenden Aposteln geschichtliche Realisierung erfährt (KNK 2.4.3)." 

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
  • "Durch die Liebe zu Gott und den Menschen getrieben erfüllen die Apostel ihren vom Herrn empfangenen Auftrag.
  • Der Herr hat sie als Botschafter an seiner statt gesandt und mit Vollmachten versehen.
  • Wer dem Bitten der Apostel folgt, darf darauf hoffen, schon bei der Wiederkunft Christi ewige Gemeinschaft mit Gott zu erlangen“ (alle Zitate aus den o. g. LG). 

Kommentar: Zum Kirchenverständnis der NAKI vergleiche KNK, "Die Kirche Jesu Christi", 257ff. Zum Kirchenverständnis der Katholischen Kirche und der EKD verweise ich an dieser Stelle auf Ratzinger 1968/2000 (vor allem "Der Geist und die Kirche", 313ff); Küng, 1992; Barth, 1998; Handbuch der Dogmatik, 2002 (vor allem "G: Ekklesiologie", 47ff); Hauschild & Pohl-Patalong, 2013.

„Der 2 Kor gibt den tiefsten Einblick in die Biographie des Paulus, sein literarisch, d. h. auch autobiographisch gestaltetes Selbstverständnis, seine Verbindung von Aposteltheologie und Christologie, und spiegelt in seiner textgeschichtlichen Überlieferung im Corpus Paulinum die übergemeindliche Wirkung und Autorität des Apostels über die 50er Jahre des 1. Jh.s wider“ (Becker, 2. Korintherbrief, 190 in: Wischmeyer, 2006, 164-191).

Ich möchte mich jetzt dem Begriff "Versöhnung" zuwenden:

Die Grundbedeutung von Versöhnung ist im Griechischen: „anders machen, verändern, vertauschen.“

„Jesus musste durch seinen Tod nicht den zornigen Gott versöhnen, sondern Gott versöhnte durch Christus die Menschen, die ihn ablehnten und seine Feinde waren, mit sich selbst. Gott hat seinen Sohn hingegeben, weil er die Menschen liebt und mit ihnen in Gemeinschaft leben will. Durch den Kreuzestod Jesu für die Sünden aller Menschen hat Gott selbst die Versöhnung vollbracht und zugleich Menschen beauftragt, diese Versöhnung als Gute Nachricht für alle Menschen zu verkündigen (als Gesandte zu wirken). Er bittet sie durch seine Gesandten, die vollbrachte Versöhnung für sich anzunehmen, damit sie in ihrem Leben wirksam wird. Gott hat die tödliche Macht unserer Sünde auf Jesu geladen, der selbst ohne Sünde war, damit die, die an ihn glauben, zu neuen Menschen werden, die durch Gott und vor ihm gerecht sind“ (ELB). Auch Kroeger weist mit Luther darauf hin, dass das „Grundgesetz unseres Lebens, dem wir entsprechen und gerecht werden müssen, primär und grundlegend das des Empfangens“ ist: Gott ist gleichsam das „gnädige Schenken. Ein solcher Gott brauchte keine Opfer und keine Versöhnung; er schickte ja selber seinen Sohn, um den Menschen zu helfen und er musste in seiner Gerechtigkeit nicht versöhnt werden“ (Kroeger, 2006, 147). Zum Thema "Rechtfertigung" vergl. zudem Küng, 1986.


Am 27.07.2014 "feiern wir den 6. Sonntag nach Trinitatis - Leben aus der Taufe - und wir hören, dass wir durch sie zu Gottes Volk hinzuberufen sind. Die Taufe lässt uns teilhaben an dem Tod und der Auferstehung Jesu, und so haben wir auch Teil an dem wunderbaren Licht, das mit Jesus in diese Welt leuchtet“ (aus: Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 72). Vergleiche im Ggs. dazu das Taufverständnis der NAKI (KNK, 8.1 „Die Heilige Wassertaufe“).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist Ps 139:
"Der Mensch vor dem allwissenden Gott
Herr, du hast mich erforscht und du kennst mich. Ob ich sitze oder stehe, du weißt von mir. Von fern erkennst du meine Gedanken. Ob ich gehe oder ruhe, es ist dir bekannt; du bist vertraut mit all meinen Wegen. Noch liegt mir das Wort nicht auf der Zunge - du, Herr, kennst es bereits. Du umschließt mich von allen Seiten und legst deine Hand auf mich. Zu wunderbar ist für mich dieses Wissen, zu hoch, ich kann es nicht begreifen. Wohin könnte ich fliehen vor deinem Geist, wohin mich vor deinem Angesicht flüchten? Steige ich hinauf in den Himmel, so bist du dort; bette ich mich in der Unterwelt, bist du zugegen. Nehme ich die Flügel des Morgenrots und lasse mich nieder am äußersten Meer, auch dort wird deine Hand mich ergreifen und deine Rechte mich fassen. Würde ich sagen: «Finsternis soll mich bedecken, statt Licht soll Nacht mich umgeben», auch die Finsternis wäre für dich nicht finster, die Nacht würde leuchten wie der Tag, die Finsternis wäre wie Licht. Denn du hast mein Inneres geschaffen, mich gewoben im Schoß meiner Mutter. Ich danke dir, dass du mich so wunderbar gestaltet hast. Ich weiß: Staunenswert sind deine Werke. Als ich geformt wurde im Dunkeln, kunstvoll gewirkt in den Tiefen der Erde, waren meine Glieder dir nicht verborgen. Deine Augen sahen, wie ich entstand, in deinem Buch war schon alles verzeichnet; meine Tage waren schon gebildet, als noch keiner von ihnen da war. Wie schwierig sind für mich, o Gott, deine Gedanken, wie gewaltig ist ihre Zahl! Wollte ich sie zählen, es wären mehr als der Sand. Käme ich bis zum Ende, wäre ich noch immer bei dir. Wolltest du, Gott, doch den Frevler töten! Ihr blutgierigen Menschen, lasst ab von mir! Sie reden über dich voll Tücke und missbrauchen deinen Namen. Soll ich die nicht hassen, Herr, die dich hassen, die nicht verabscheuen, die sich gegen dich erheben? Ich hasse sie mit glühendem Hass; auch mir sind sie zu Feinden geworden. Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz, prüfe mich und erkenne mein Denken! Sieh her, ob ich auf dem Weg bin, der dich kränkt, und leite mich auf dem altbewährten Weg“ (EU)!

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Mt 28, 16-20:
"Der Auftrag des Auferstandenen
Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte. Und als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder. Einige aber hatten Zweifel. Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (EU). 

Kommentar: In der Taufe handelt der dreieinige Gott, der dem Menschen das Leben gegeben hat und es erhält, der alle Schuld auf sich nimmt und die Freiheit schenkt und der Lebensmut und Glauben gibt. So ist die Taufe das Sakrament der Identität (vergl. dazu: Barth, Taufe, 218f; in: Hübener & Orth, 2007, 215ff). Vergleiche dazu auch meinen Post "Invokavit" vom 09.03.2014




J. S. Bach (1685-1750): Es ist das Heil uns kommen her; BWV 9
Kantate für den 6. Sonntag nach Trinitatis 1732/5

Amsterdam Baroque Orchestra & Choir; Sandrine Piau, Sopran; Bogna Bartosz, Alt; James Gilchrist, Tenor;
Klaus Mertens, Bass; Ton Koopman, Gesamtleitung.

Veröffentlicht am 07.07.2013

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