Donnerstag, 13. April 2017

Karfreitag - Kommentar zur Predigtgrundlage der NAK vom 14.04.2017

Gekreuzigt und gestorben (Jesu Tod am Kreuz)


Wochenspruch: Joh 3, 16:
„Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ (LUT)
„Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.“ (EU)

Tagespsalm: Psalm 22, 2-3 und 12-18:
Leiden und Herrlichkeit des Gerechten
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne. Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht, und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe. Sei nicht ferne von mir, denn Angst ist nahe; denn es ist hier kein Helfer. Gewaltige Stiere haben mich umgeben, mächtige Büffel haben mich umringt. Ihren Rachen sperren sie gegen mich auf wie ein brüllender und reißender Löwe. Ich bin ausgeschüttet wie Wasser, / alle meine Gebeine haben sich zertrennt; mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzenes Wachs. Meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe, / und meine Zunge klebt mir am Gaumen, und du legst mich in des Todes Staub. Denn Hunde haben mich umgeben, / und der Bösen Rotte hat mich umringt; sie haben meine Hände und Füße durchgraben. Ich kann alle meine Gebeine zählen; sie aber schauen zu und weiden sich an mir. (LUT)

Karfreitag bedeutet, sich einen Tag unter das Kreuz Jesu zu stellen und mitzuleiden. Jesu Leiden würde heute so aussehen:
„Aus unseren dunklen und lichtlosen Kellern erheben wir unsere Stimmen und hoffen auf ein Echo. Wir appellieren an euch, das Auslöschen der jungen Leben syrischer Frauen und Männer zu stoppen. Haltet das Feuer auf, dem diese jungen Leute in den Gefängnissen und Hafteinrichtungen von Präsident Assad zum Opfer fallen.
Sie gehören dort nicht hin. Sie wurden nicht geboren, um nur ein Stück Papier in den Händen von Assad und seinem diktatorischen Regime zu sein, oder wie ein Stück Holz in dem von ihm angefachten Feuer aus Hass und Rachsucht zu verglühen - nur weil wir es gewagt haben, von einer würdevollen Nation zu träumen, in der unsere Rechte geschützt werden.
Mit diesem Brief möchte ich an die Tausenden von Seelen erinnern, die bereits verloren sind und jeden Tag verloren gehen. Ich möchte euch erzählen, wie unsere Würde erstickt wird und der willkürliche Tod überall - in der Luft um uns herum, in unserem Trinkwasser, in den Knüppeln der Gefängniswärter - auf uns lauert und das zerstört, was von unserer Haut und unseren Körpern noch übrig ist. Von unseren schwachen und mageren Körpern.
Es gibt keine Worte, die unsere tägliche Hölle beschreiben können. Eine Hölle, die täglich damit endet, dass einer von uns stirbt, in ein Tuch gewickelt. Und in der wir die Wahl haben, zwischen einem schnellen Tod durch die Hand eines Vernehmungsbeamten, dem unsere Aussage nicht gefällt, und einem langsamen Tod in einem Käfig, der unsere Körper langsam aufzehrt.
Die Angst bleibt auch nach der Entlassung aus dem Gefängnis unser ständiger Begleiter. Angst, nach Saydnaya zurück zu müssen. Angst um die, die dort hin müssen und um Freundinnen und Freunde, die noch dort sind. Angst vor dem Klang der Metallgitter und vor den Schreien, die mich bis zum Einschlafen verfolgen. Angst vor dem Weg zum Gericht. Angst vor Kälte, Krankheit und einem Hunger, der mit keiner anderen Art von Hunger zu vergleichen ist. Zum Überleben essen wir Eierschalen, mit Glück Orangenschalen, selbst Erde.
Wir haben die schlimmste Form von Hunger erlebt. Lebensmittel werden uns hingeworfen, wir können aber nichts nehmen, nicht einmal einen Brotkrumen. Wir wagen es nicht, denn die Bestrafung hängt von der Laune des Gefängniswärters ab.
Wir haben Durst erlebt, bis unsere Lippen so fest zusammenklebten, dass wir sie nicht mehr auseinander bekamen. Und dann erlebten wir, wie man stirbt, wenn man sich über eine Krankheit beklagt oder um Medikamente bittet.
Unsere Körper siechen dahin und können sich nicht gegen Krankheiten wehren. Wer keine Tuberkulose bekommt, muss Durchfall, Krätze oder Abszesse fürchten.
Wir mussten uns von vielen Freundinnen und Freunden verabschieden, und waren immer darauf vorbereitet, dass es uns als nächstes trifft. Manchmal wünschten wir uns den Tod, weil wir in ihm das Ende sahen.
All dies durchlebten wir, ohne dass jemand da draußen wusste, wo wir waren, und dass wir in den kalten Nächten von Saydnaya dahinsiechten. Niemand hörte unsere Schreie unter den flammenden Peitschenhieben, die auf unsere Körper niedergingen“ (https://www.amnesty.de/2016/8/18/schwere-folter-syrischen-gefaengnissen).

Faraj, der die letzten Jahre seiner Haft in Saidnaya zubrachte, hat die Erfahrung der vierzehnjährigen Gefangenschaft in seinen Gedichten verarbeitet. Eines geht so:

Elf Wüsten geerntet,
in denen kein einziger Schatten
für eine Frau wächst.
Viertausend blinde Nächte,
in denen keine einzige Wimper
von einem Morgen funkelt,
in denen keine der hunderttausend
blutenden Stunden glänzt.
Nur Stacheln, Sand, Skorpione
und sechs Millionen Atemzüge
auf einer Messerklinge.
Trotzdem geht das Spiel weiter,
blutig und verrückt,
zwischen den Wölfen des Todes
und den Gazellen,
die nach Freiheit lechzen.

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