Freitag, 1. August 2014

8. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 10.08.2014

Einleitung: "Die Gottesdienste im August entfalten die unterschiedlichen Aspekte des Themas „Aus dem Wesen Christi handeln“. Diejenigen, die an Jesus Christus glauben und ihn bekennen, haben nicht nur eine bestimmte innere Haltung, sondern zeigen eine entsprechende Handlungsweise. Nachfolge Christi bedeutet, den Herrn zum Vorbild zu nehmen, ihm in Wort und Tat nachzueifern. (...)

Am Sonntag, den 10. August, ist der Schwerpunkt 'Toleranz üben.' Nun ist Toleranz kein Begriff, der sich im Neuen Testament findet, vielmehr spielt er erst seit dem Zeitalter der Aufklärung - also seit dem 18. Jahrhundert - eine Rolle. Allerdings gibt es schon in biblischer Zeit etwas, was auf Toleranz verweist, nämlich die Duldsamkeit dem Fremden, dem Anderen gegenüber. Schon vom Volk Israel wird gefordert, dass der Fremde, derjenige, der nicht dazugehört, nicht bedrängt werden soll. Es soll ihm vielmehr ein Leben möglich sein, in dem das Fremde und Andersartige zum Ausdruck kommen kann. Jesus zeigte schließlich eine Duldsamkeit, die bei seinen Zeitgenossen oft Anstoß erregte. Er ging nämlich mit Menschen um - mit offensichtlichen Sündern, mit Zöllnern, - mit denen ein frommer Mensch keine Gemeinschaft haben durfte. In der Praxis unserer Gemeinde ist es nicht immer leicht, dem Vorbild Jesu zu folgen und Duldsamkeit dem gegenüber zu üben, der Gedanken oder Verhaltensweisen hat, die nicht gerade landläufig sind.“ 

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: "Den Nächsten ernst nehmen.“ 

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist Ex 12, 49: „Ein und dasselbe Gesetz gelte für den Einheimischen und den Fremdling, der unter euch wohnt. “

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: "Das Heil in Jesus Christus gilt allen Menschen.“ 

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Dem Bericht über den Auszug aus Ägypten folgen Bestimmungen zum Passafest. Unbeschnittene (Fremde) sollen am Passamahl nicht teilnehmen. Will ein 'Fremder' - also ein Nicht-Israelit, der dauerhaft im Land Israel wohnt - am Passa teilnehmen, dann muss er sich zuvor beschneiden lassen (Ex 12, 48) und sich dem Gesetz, also dem israelischen Ritualrecht, unterwerfen. Das Apostelkonzil in Jerusalem (ca. 50 n. Chr.) hat die Vorschrift der männlichen Beschneidung aufgehoben." 

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
"Das Evangelium Jesu Christi gilt allen Menschen. Diese Erkenntnis soll unser Verhalten beeinflussen. 
Wir nehmen das Evangelium ernst, indem wir
  • respektvoll bleiben und ausgleichend sind. 
  • dem Nächsten sein Anderssein zugestehen. 
  • jedem offen gegenübertreten und kein vorschnelles Urteil fällen“ (alle Zitate aus den o. g. LG). 

Kommentar: Etwas überraschend und auch ein wenig willkürlich wirkt es, von dieser Schriftstelle und den damit zusammenhängenden Begebenheiten auf das Thema „Toleranz“ zu schließen, da es in dem oben genannten Zusammenhang gerade nicht um Toleranz und um „Anerkennung von Anderssein“ geht, sondern um die Unterwerfung unter das Gesetz der Tora nach dem Auszug aus Ägypten. Apg 15 beschreibt dann, wie es nach dem Tod von Jesus von Nazareth weitergeht. Beiden Stellen ist gemeinsam, dass es jeweils um eine Selbstvergewisserung der noch jungen Religionen geht. Hier die Vergewisserung als Volk Gottes durch das Zeichen der Beschneidung, dort die Vergewisserung als Volk Gottes durch das Zeichen des Kreuzes und der damit verbundenen Gnade Jesu Christi. Jedoch geht es bei beiden Stellen gerade nicht um Toleranz, wenn man diese aus der Perspektive der anderen drei Weltreligionen betrachtet und auch dann nicht, wenn man die Bedeutung des Wortes „Toleranz“ beleuchtet. 

Der Toleranzgedanke bezeichnet in seiner „Bestform genau die Mitte zwischen einer Überbetonung von Differenzen und ihrer Einebnung“ (Lohmann, 2007, 230. In: Hübener & Orth, Stichwort: Toleranz, 230f). In den zitierten Bibelstellen kommt es jedoch zu einer Überbetonung einer dogmatischen Haltung (hier das „nur die Beschneidung“, dort das „nur aus Gnade!“). Toleranz steht immer im Zusammenhang mit „Selbstrelativierung“ und ist so eher ein gesellschaftspolitischer oder ein sozialpsychologischer Begriff. Eine Predigt über Toleranz und Selbstrelativierung im Zusammenhang mit Religion könnte sich beispielsweise auf  Lessings sogen. "Ringparabel" beziehen. 


Am 10.08.2014 "feiern wir den 8. Sonntag nach Trinitatis – Früchte des Geistes - und denken über die Zusage Jesu: 'Ihr seid das Licht der Welt!' nach“ (aus: Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 74). Der 10.08. ist zudem den Gedenktag der Zerstörung Jerusalems. 

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist Ps 48:
"Die Stadt Gottes – unüberwindbar für alle Feinde 
Groß ist der Herr und sehr zu loben in der Stadt unseres Gottes. Dort erhebt sich sein heiliger Berg, schön ragt er empor, eine Freude für die ganze Welt! Ja, der Berg Zion, der sich nach Norden erstreckt, gehört zur Stadt des großen Königs. Gott wohnt in ihren Palästen, und es ist überall bekannt: Er schenkt Zuflucht. Könige anderer Völker hatten sich verbündet und waren gemeinsam ´gegen die Stadt` gezogen. Doch schon bei ihrem Anblick waren sie starr vor Schreck, von Entsetzen gepackt ergriffen sie die Flucht.  Sie zitterten und bebten wie eine Frau, die in den Wehen liegt.  Einst waren sie wie mächtige Schiffe aus Tarsis, doch du hast einen Ostwind geschickt und sie zerschellen lassen. Vorher kannten wir es nur vom Hören, nun haben wir selbst gesehen, was Gott getan hat dort in der Stadt, wo der allmächtige Herr4 wohnt, in der Stadt unseres Gottes. Gott lässt sie für immer bestehen. Wir halten uns deine Gnade vor Augen, o Gott, wenn wir uns in deinem Tempel versammeln. Gott, so weit wie dein Name bekannt ist, so weit reicht auch dein Ruhm – bis an die Enden der Erde. Deine starke Hand schafft uns Gerechtigkeit darum soll Freude herrschen auf dem Berg Zion. Ja, alle Städte in Juda haben Grund, laut zu jubeln über die gerechten Urteile, die du vollstreckst.  Zieht rings um den Berg Zion, geht um die Stadt und zählt ihre Festungstürme! Bestaunt ihre Schutzwälle8 und richtet euren Blick auf die Paläste9! Dann könnt ihr späteren Generationen erzählen:  Ja, so ist Gott, er bleibt unser Gott für immer und ewig! Er wird uns führen bis zum Tod" (NGÜ).

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Mt 5, 13-16:
"Salz der Erde und Licht der Welt 
'Ihr seid das Salz der Erde. Wenn jedoch das Salz seine Kraft verliert, womit soll man sie ihm wiedergeben? Es taugt zu nichts anderem mehr, als weggeworfen und von den Leuten zertreten zu werden. Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben.  Auch zündet niemand eine Lampe an und stellt sie dann unter ein Gefäß. Im Gegenteil: Man stellt sie auf den Lampenständer, damit sie allen im Haus Licht gibt.  So soll auch euer Licht vor den Menschen leuchten: Sie sollen eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen'" (NGÜ).

Kommentar: Im o. g. Beispiel heisst "Kraft verlieren" unwirksam werden. "Christliches Tun ist nicht daran zu messen, ob es 'gut gemeint' ist, sondern daran, ob die anderen sich anschließen können. Wirksam sein heißt Anschließbarkeiten schaffen, auf die Wirkung des Tuns bedacht sein, den anderen eine Fortsetzung ermöglichen. Das heißt: Die anderen so in unser Handeln und Verhalten hineinziehen, dass sie spontan mitspielen können. Den anderen einen Spielraum gemeinsamen Handelns abstecken. Doch abstecken sollten wir (Christen; MS). Und aufmerksam werden die Leute erst durch abweichendes Verhalten. Wie solches Verhalten aussieht, das hatte Jesus in den Seligpreisungen zuvor gesagt" (Berger, 2007, A "Von der Bewahrung der christlichen Identität, 144-147).




Hochgeladen am 09.10.2007
ERÖFFNUNGSINSZENIERUNG DES HOT* SEPTEMBER 2006, - Günter Junghans (Nathan), Werner Eng (Sultan Saladin)
*Hans Otto Theater Potsdam

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