Mittwoch, 6. August 2014

9. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 17.08.2014

Einleitung: "Die Gottesdienste im August entfalten die unterschiedlichen Aspekte des Themas 'Aus dem Wesen Christi handeln.' Diejenigen, die an Jesus Christus glauben und ihn bekennen, haben nicht nur eine bestimmte innere Haltung, sondern zeigen eine entsprechende Handlungsweise. Nachfolge Christi bedeutet, den Herrn zum Vorbild zu nehmen, ihm in Wort und Tat nachzueifern. (...)

'Sich gemeinsam freuen' ist der Schwerpunkt, der in der Predigt am heutigen Sonntag bedacht werden soll. Ausgangspunkt ist ein Wort Jesu, das im Johannesevangelium überliefert wird. Es spricht davon, dass diejenigen, die säen, und diejenigen, die ernten, keinesfalls in Konkurrenz zueinander stehen, sondern dass ihnen die Freude über das Getane gemeinsam zusteht. 

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Säen, pflegen und mit Freuden ernten.“ 

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist Joh 4, 36: „Wer erntet, empfängt schon seinen Lohn und sammelt Frucht zum ewigen Leben, damit sich miteinander freuen, der da sät und der da erntet.“

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wie Jesus wollen wir aussäen. Dann werden wir uns an der Ernte gemeinsam erfreuen.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Das Bild der Ernte steht für gewöhnlich für das Gericht. In Joh 4, 36 ist wohl die Mission, das Zeugnis für Jesus Christus, gemeint. Diejenigen, die das Evangelium gepredigt haben ('säen'), und diejenigen, die den Erfolg dieser Predigt dann schließlich sehen ('ernten'), werden in einen Zusammenhang gebracht. Wer 'sät', der hat häufig Mühe und es gibt wohl Misserfolge, wer 'erntet', der hat diese Mühe nicht, er profitiert von etwas, zu dem er vielleicht gar nichts beigetragen hat (V 38)." 

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: 
  • „Wir wollen uns nicht durch ungünstige Bedingungen davon abhalten lassen, zu säen und die Saat zu pflegen. Dann können wir auch mit Freuden ernten. 
  • Unser himmlischer Vater ermöglicht uns schon hier und jetzt 'kleine Ernten' bei uns selbst, in der Familie oder in der Gemeinde. 
  • Zuletzt werden alle, die gesät, die Pflanzen gepflegt und geerntet haben, den höchsten Lohn empfangen: die Krone des ewigen Lebens“ (alle Zitate aus den o. g. LG). 

Kommentar: Das Bibelwort ist aus eine weiten Zusammenhang herausgenommen, der nicht ausreichend deutlich wird. Jesus und seine Jünger befinden sich auf der Durchreise in Samarien. Zuvor findet das Gespräch Jesu mit der samaritischen Frau am sogen. Jakobsbrunnen statt (Joh 4, 4-30). Im Anschluss daran wird ein Gespräch Jesu mit seinen Jüngern (Joh 4, 31-38) wiedergegeben. Aus diesem Abschnitt ist die o. g. Bibelstelle herausgelöst. Diese „Doppelgeschichte“ lohnt es genauer zu betrachten. An dieser Stelle verweise ich dazu auf  Wengst, Das Johannesevangelium I, 2004, 160-185.
"Normalerweise ist es so, dass diejenigen, die säen, auch ernten, was sie gesät haben. Wo das auf dieser elementaren Ebene nicht geschieht, ist es schlimm. (...) Im Blick auf das Entstehen und Wachsen von Gemeinde ist das allerdings kein Unglück, dass diejenigen, die säen, andere sind als diejenigen, die ernten. In der Ernte, wer immer sie vollzieht, kommt die Arbeit derer zum Ziel, die gesät haben; und die in den Genuss der Ernte kommen, werden selber  wieder solche, die säen" (edb., 183). Anders ist eine lebendige und zugleich missionarische Gemeinde nicht denkbar.


Am 17.08.2014 "feiern wir den 9. Sonntag nach Trinitatis – Anvertraute Gaben – und hören das Gleichnis von den anvertrauten Talenten und erfahren, dass Gott selbst uns mit Gaben beschenkt, die wir einsetzen können und sogar sollen. Dabei brauchen wir nicht zu sorgen, etwas zu verlieren, denn Gottes Gaben können nicht verloren gehen“ (aus: Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 74). 

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist Ps 40: 
"Dank, Hingabe und Bitte
Ich hoffte, ja ich hoffte auf den Herrn. Da neigte er sich mir zu und hörte mein Schreien. Er zog mich herauf aus der Grube des Grauens, aus Schlamm und Morast. Er stellte meine Füße auf den Fels, machte fest meine Schritte. Er legte mir ein neues Lied in den Mund, einen Lobgesang auf ihn, unsern Gott. Viele werden es sehen, sich in Ehrfurcht neigen und auf den Herrn vertrauen. Wohl dem Mann, der auf den Herrn sein Vertrauen setzt, sich nicht zu den Stolzen hält noch zu treulosen Lügnern. Zahlreich sind die Wunder, die du getan hast, und deine Pläne mit uns; Herr, mein Gott, nichts kommt dir gleich. Wollte ich von ihnen künden und reden, es wären mehr, als man zählen kann. An Schlacht- und Speiseopfern hast du kein Gefallen, Brand- und Sündopfer forderst du nicht. Doch das Gehör hast du mir eingepflanzt; darum sage ich: Ja, ich komme. In dieser Schriftrolle steht, was an mir geschehen ist. Deinen Willen zu tun, mein Gott, macht mir Freude, deine Weisung trag ich im Herzen. Gerechtigkeit verkünde ich in großer Gemeinde, meine Lippen verschließe ich nicht; Herr, du weißt es. Deine Gerechtigkeit verberge ich nicht im Herzen, ich spreche von deiner Treue und Hilfe, ich schweige nicht über deine Huld und Wahrheit vor der großen Gemeinde. Du, Herr, verschließ mir nicht dein Erbarmen, deine Huld und Wahrheit mögen mich immer behüten! Denn Leiden ohne Zahl umfangen mich, meine Sünden holen mich ein, ich vermag nicht mehr aufzusehn. Zahlreicher sind sie als die Haare auf meinem Kopf, der Mut hat mich ganz verlassen. Gewähre mir die Gunst, Herr, und reiß mich heraus; Herr, eile mir zu Hilfe! In Schmach und Schande sollen alle fallen, die mir nach dem Leben trachten. Zurückweichen sollen sie und vor Scham erröten, die sich über mein Unglück freuen. Vor Schande sollen alle schaudern, die zu mir sagen: 'Dir geschieht recht.' Alle, die dich suchen, frohlocken; sie mögen sich freuen in dir. Die dein Heil lieben, sollen immer sagen: Groß ist Gott, der Herr. Ich bin arm und gebeugt; der Herr aber sorgt für mich. Meine Hilfe und mein Retter bist du. Mein Gott, säume doch nicht"(EU)! 

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Mt 25, 14-30:
"Das Gleichnis vom anvertrauten Geld
'Es ist wie bei einem Mann, der verreisen wollte. Er rief vorher seine Diener zusammen und vertraute ihnen sein Vermögen an. Dem einen gab er fünf Zentner Silbergeld, dem anderen zwei Zentner und dem dritten einen, je nach ihren Fähigkeiten. Dann reiste er ab. Der erste, der die fünf Zentner bekommen hatte, steckte sofort das ganze Geld in Geschäfte und konnte die Summe verdoppeln. Ebenso machte es der zweite: Zu seinen zwei Zentnern gewann er noch zwei hinzu. Der aber, der nur einen Zentner bekommen hatte, vergrub das Geld seines Herrn in der Erde. Nach langer Zeit kam der Herr zurück und wollte mit seinen Dienern abrechnen. Der erste, der die fünf Zentner erhalten hatte, trat vor und sagte: ›Du hast mir fünf Zentner anvertraut, Herr, und ich habe noch weitere fünf dazuverdient; hier sind sie!‹ ›Sehr gut‹, sagte sein Herr, ›du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du hast dich in kleinen Dingen als zuverlässig erwiesen, darum werde ich dir auch Größeres anvertrauen. Komm zum Freudenfest deines Herrn!‹ Dann kam der mit den zwei Zentnern und sagte: ›Du hast mir zwei Zentner gegeben, Herr, und ich habe noch einmal zwei Zentner dazuverdient.‹ ›Sehr gut‹, sagte der Herr, ›du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du hast dich in kleinen Dingen als zuverlässig erwiesen, darum werde ich dir auch Größeres anvertrauen. Komm zum Freudenfest deines Herrn!‹ Zuletzt kam der mit dem einen Zentner und sagte: ›Herr, ich wusste, dass du ein harter Mann bist. Du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nichts ausgeteilt hast. Deshalb hatte ich Angst und habe dein Geld vergraben. Hier hast du zurück, was dir gehört.‹ Da sagte der Herr zu ihm: ›Du unzuverlässiger und fauler Diener! Du wusstest also, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nichts ausgeteilt habe? Dann hättest du mein Geld wenigstens auf die Bank bringen sollen, und ich hätte es mit Zinsen zurückbekommen! Nehmt ihm sein Teil weg und gebt es dem, der die zehn Zentner hat! Denn wer viel hat, soll noch mehr bekommen, bis er mehr als genug hat. Wer aber wenig hat, dem wird auch noch das Letzte weggenommen werden. Und diesen Taugenichts werft hinaus in die Dunkelheit draußen! Dort gibt es nur noch Jammern und Zähneknirschen'" (GNB).

Kommentar: Wer die Parabel im Kontext des Mt liest, wird betont sehen, dass es auf die Praxis ankommt, auf das tatsächliche Tun das als richtig Bekannten und Erkannten. Der dritte Sklave war böse, untätig und nutzlos und brachte in diesem Sinne keine Frucht. Die Interpretation bezüglich der Talente und der gigantischen Geldsummen sind uneinheitlich. Hier weist der Text eine eine sehr interpretationsfähige Leerstelle aus (vergl. dazu: Münch, Christian: Gewinnen oder Verlieren (Von den anvertrauten Geldern). In: Zimmermann (2007), 240-254). Eine Weise, sich dieser Leerstelle zu nähern, liegt in der Methode des sogen. Bibliologs, die ich 2014 auf dem Internationalen Kirchentag der NAK (IKT) kennengelernt habe.

Bibliolog ist eine Methode der interaktiven Auslegung biblischer Texte in Gruppen, in deren Verlauf die ganze Gruppe der Teilnehmenden gemeinsam einen Text auslegt. Ein biblischer Text wird dabei vorgelesen und von der moderierenden Leitung an bestimmten Stellen bewusst unterbrochen ("Shift"). Alle Teilnehmer/innen eines Bibliologes werden dann eingeladen, sich mit einer biblischen Gestalt zu identifizieren und aus dem Schutz der „Rolle“ heraus in "Ich-Form" deren Gedanken und Gefühle zu verbalisieren. Dadurch wird der biblische Text aus unterschiedlichen Perspektiven heraus ausgelegt, die immer auch etwas mit den Lebensfragen und Lebenssituationen der Mitwirkenden zu tun haben. Sowohl durch die eigenen Beiträge der Teilnehmenden als auch durch das passive Zuhören derer, die sich nicht aktiv beteiligen möchten, wird so ein intensives und ganzheitliches Erleben der Geschichte möglich.

Die Grundidee beim Bibliolog besteht darin, dass die Teilnehmenden aus der Perspektive verschiedener Charaktere der Geschichte heraus sprechen. Die Leitung verstärkt und vertieft diese Äußerungen ("Echoing"), führt die Geschichte weiter und beendet schließlich den Prozess. Ein Bibliolog dauert idealerweise ca. 15 bis 20 Minuten und ist daher unkompliziert einsetzbar im Gottesdienst, Schulunterricht und in der Gemeindearbeit, in Gruppen unterschiedlicher Größe, unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher religiöser Zugehörigkeiten.

Bibliolog ist verwandt mit dem Bibliodrama. Beiden Ansätzen ist das Charakteristikum gemeinsam, dass sie den biblischen Text verlangsamen und dadurch unterschiedliche Ebenen der Wahrnehmung und Aneignung ermöglichen. Beim Bibliolog gibt jedoch grundsätzlich immer der Leiter den Text vor und weist auch die Rollen zu. Dies kann beim Bibliodrama, muss jedoch nicht der Fall sein. Beim Bibliodrama übernimmt der einzelne Teilnehmer während einer Arbeitseinheit eine Rolle, beim Bibliolog weist während des Verlaufs die Leitung den Teilnehmenden bestimmte Rollen zu und der einzelne Teilnehmende kann dann selbst darüber entschieden, ob und wie viele Rollen er übernimmt.

Entwickelt wurde die Methode in Nordamerika von dem jüdischen Psychodramatiker und Literaturwissenschaftler Peter Pitzele und seiner Frau Susan. Sie stellen den Bibliolog in die Tradition der jüdischen Bibelauslegung des Midrasch: Während einerseits der biblische Text ("schwarzes Feuer") unangetastet bleibt, bieten die biblischen Erzählungen andererseits viel Raum zwischen dem Erzählten ("weißes Feuer"), der mit eigenen Gedanken gefüllt werden kann.

Pitzele spricht selbst von "Psychodrama of the Bible" oder "Bibliodrama". Der Begriff "Bibliolog" wird in Deutschland zur Abgrenzung von den vielfältigen anderen Formen von Bibliodramagebraucht. Der Bibliolog wird aufgrund seiner im Vergleich zum anderen Formen des Bibliodrama einfacheren Durchführbarkeit häufig auch als "kleine Schwester des Bibliodrama" bezeichnet. Die Verbreitung des Bibliologs in Deutschland wurde vor allem von Uta Pohl-Patalong befördert.

Um selbst als Leiter/in Bibliologe durchführen und anleiten zu können, wird eine zertifizierte Grundausbildung empfohlen, welche in der Regel im Lauf einer Woche erworben werden kann (Quelle: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie. Stcihwort: "Bibliolog." Download vom 6.8.14).

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