Freitag, 26. September 2014

Erntedanktag - Kommentar zu den LG vom 05.10.2014

Einleitung: „In der Themenreihe des Monats Oktober werden nun die 'Wirkungen des Glaubens' angesprochen. In Jak 2, 26 lesen wir: 'Denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.' Ein rechtes Glaubensleben, welches keine praktischen Wirkungen zeigt, ist undenkbar. (…) Eine Wirkung des Glaubens wird im ersten Sonntagsgottesdienst beleuchtet: das gemeinsame Lob Gottes für all das Gute, welches er an uns getan hat. Dieses Gotteslob soll Merkmal der Gemeinde Christi sein und in Eintracht und Einmütigkeit erfolgen.“
Auf Grund der thematischen Vorgabe für diesen Sonntag - Erntedank - wird das Gotteslob vor allem aus dieser Perspektive betrachtet werden.

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Lob und Dank dem Schöpfer.“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Psalm 104, 27-28: Es warten alle auf dich, dass du ihnen Speise gebest zur rechten Zeit. Wenn du ihnen gibst, so sammeln sie; wenn du deine Hand auftust, so werden sie mit Gutem gesättigt.“

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Gott sei Lob und Dank gebracht für die irdischen und geistlichen Gaben!“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Der Psalm 104 ist ein Lob- und Danklied gegenüber Gott, dem Schöpfer. Der Psalmist lenkt den Blick darauf, wie Gott in der Schöpfung alles wunderbar bereitet, wohl geordnet und bedacht hat. Wir erfahren durch die Gaben und Güter der Schöpfung in besonderer Weise die Fürsorge Gottes. Der Mensch vermag es allerdings nicht, diesen Reichtum der Schöpfung allen ausreichend zugänglich zu machen.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
„Am Erntedanktag halten wir dankbar inne und schenken den Gaben und Früchten aus Acker und Beet, von Baum und Weinberg unsere Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Nahrungsmittel sind in manchen Gegenden in Hülle und Fülle und zu allen Jahreszeiten verfügbar. Durch die damit oftmals einhergehende Selbstverständlichkeit verlieren diese leicht an Wert und Bedeutung. Da, wo Mangel herrscht, mag das Danken schwerfallen“ (alle Zitate aus den Leitgedanken Sondernummer 1401: „Gottesdienste zu besonderen Anlässen).

Kommentar: Es lohnt sich sehr, Ps 104 vollständig zu lesen:
„Staunen über Gottes Schöpfung
Preise den Herrn, meine Seele! Herr, mein Gott, groß und erhaben bist du, mit Herrlichkeit und Pracht hast du dich bekleidet.
In Licht hüllst du dich wie in ein Gewand, den Himmel spannst du wie ein Zeltdach aus.
Er, der die Säulen seiner Wohnung im Wasser ´des Himmelsgewölbes` errichtet, der Wolken zu seinem Wagen macht und auf Flügeln des Windes erscheint, der Winde zu seinen Boten macht und Feuerflammen zu seinen Dienern - er hat der Erde ihr Fundament gegeben, so dass sie für immer und ewig nicht wankt.
Du, ´Gott`, bedecktest sie mit gewaltigen Wassermassen wie mit einem Kleid, selbst über den Bergen standen die Fluten.
Doch auf deinen drohenden Befehl hin flohen sie, vor deiner Donnerstimme wichen sie schnell zurück.
So kamen Berge empor, Täler senkten sich. Die Wassermassen aber zogen sich zurück an den Ort, den du für sie bereitet hattest.
Eine Grenze hast du ihnen gesetzt, die sie nicht überschreiten dürfen; nie mehr sollen sie zurückkehren und die ganze Erde bedecken.
Auf Gottes Befehl hin ergießen sich Quellen in die Flusstäler, zwischen den Bergen schlängeln sich ihre Wasserläufe.
Sie tränken die Tiere des freien Feldes, Wildesel löschen dort ihren Durst.
Da finden auch die Vögel ihre Nistplätze, zwischen den Zweigen lassen sie ihre Stimme ertönen.
Von seinen Wohnungen in der Höhe aus bewässert Gott die Berge. Von der Frucht, die seine Werke hervorbringen, wird die Erde gesättigt.
Gras lässt er hervorsprießen für das Vieh und allerlei Pflanzen für den Bedarf des Menschen, damit dieser aus dem Schoß der Erde sein tägliches Brot gewinnt.
Er schenkt Wein, der das Herz des Menschen erfreut, Öl, mit dem er sein Gesicht pflegt, und Brot, das sein Herz stärkt.
Auch die Bäume des Herrn trinken sich satt, die herrlichen Zedern des Libanon, die er gepflanzt hat.
Dort wiederum bauen Vögel ihre Nester, auf den Zypressen nistet der Storch.
Die hohen Berge bieten den Steinböcken Lebensraum, die Felsen sind eine Zuflucht für die Klippdachse.
Gott hat den Mond geschaffen zur Festlegung der Zeiten, auch die Sonne weiß, wann sie untergehen soll.
Du bestimmst, wann es finster wird, und schon kommt die Nacht. Da regen sich dann alle Tiere des Waldes.
Die jungen Löwen brüllen nach Beute, sie verlangen von Gott ihre Nahrung.
Geht dann die Sonne auf, so ziehen sich die Tiere wieder zurück und legen sich nieder in ihren Verstecken.
Nun macht sich der Mensch auf und geht an seine Arbeit, an das, was er zu verrichten hat bis zum Abend.
Wie zahlreich sind doch deine Werke, Herr, alle hast du mit Weisheit ausgeführt, die Erde ist erfüllt von dem, was du geschaffen hast!
Da ist das Meer, schier endlos groß und weit, darin wimmelt es von unzählbar vielen Lebewesen, von kleinen wie von großen.
Dort ziehen Schiffe ihre Bahn, auch ´das Ungeheuer` Leviatan, das du geschaffen hast, um mit ihm zu spielen.
Alle Lebewesen hoffen auf dich, dass du ihnen ihre Speise gibst zur rechten Zeit.
Du gibst sie ihnen, sie sammeln alles ein. Du öffnest ´freigebig` deine Hand, und sie werden satt von ´deinen` guten Gaben.
Doch wenn du dein Angesicht verbirgst, dann erschrecken sie. Entziehst du ihnen den Lebensatem, so scheiden sie dahin und werden wieder zu Staub.
Entsendest du deinen Lebensatem, dann werden sie geschaffen. Und so erneuerst du den Anblick der Erde.
Die Herrlichkeit des Herrn währe ewig! Möge der Herr sich freuen an seinen Schöpfungswerken!
Er braucht die Erde nur anzublicken, und schon erbebt sie, rührt er die Berge an, dann rauchen sie. Zur Ehre des Herrn will ich singen mein Leben lang, für meinen Gott musizieren, so lange ich bin. 
Möge mein Denken und Sinnen ihm gefallen! Ja, ich will mich erfreuen am Herrn.
Alle, die sich von Gott abwenden, sollen von der Erde verschwinden - es soll keiner mehr da sein, der Gott verachtet. Preise den Herrn, meine Seele! Halleluja“ (NGÜ)!

Kommentar: „Ps 104 vereint unterschiedliche schöpfungstheologische Aussagen, Vorstellungen, Aspekte, die man mit der theologischen Tradition einerseits einer creatio prima (einer Gründung und in-Gang-Setzung der Welt), anderseits aber besonders einer creatio contunua (einer beständigen Erhaltung der Geschöpfe und einer Erneuerung der Schöpfung) zuordnen kann. (…) Die Schöpfung wird also nicht einfach als eine einmalige Tat Gottes beschrieben, sondern es geht um eine umfassende Wahrnehmung und Deutung der Welt, ihrer verschiedenen Räume, Zusammenhänge und Rhythmen und zwar im preisenden Gespräch mit Gott selbst. Das Ziel des Psalm auf menschlicher Seite ist eine Haltung des Staunens und des lobenden Einstimmens angesichts dieser Sicht auf die Welt“ (Schnocks, 2014, 131-138).


„Seit dem 5 Jh. feiert die Kirche einen Erntedanktag. (…) Das Erntedankfest lässt den Menschen dankbar auf die Schöpfung blicken, die ihm gegeben ist, sein irdisches Leben zu erhalten. Am Erntedanktag danken wir Gott für die Gaben seiner Schöpfung, die er uns so reichlich gibt, und werden daran erinnert, dass der Ertrag unserer Arbeit nicht uns gehört, sondern von Gott kommt und sein Eigentum ist. So können wir auch die nicht vergessen, die in unserer Welt Hunger leiden müssen, und sind froh, dass wir ihnen durch unseren Überfluss helfen können, damit auch sie teilhaben an den Gaben der Schöpfung Gottes“ (Senftleben, 1988, 111).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist der Ps 104. Aufgrund der Schönheit des Textes, gebe ich eine weitere Übersetzung wider:
Ein Loblied auf den Schöpfer
Lobe den Herrn, meine Seele! Herr, mein Gott, wie groß bist du! Du bist mit Hoheit und Pracht bekleidet.
Du hüllst dich in Licht wie in ein Kleid, du spannst den Himmel aus wie ein Zelt. Du verankerst die Balken deiner Wohnung im Wasser. Du nimmst dir die Wolken zum Wagen, du fährst einher auf den Flügeln des Sturmes. Du machst dir die Winde zu Boten und lodernde Feuer zu deinen Dienern.
Du hast die Erde auf Pfeiler gegründet; in alle Ewigkeit wird sie nicht wanken.
Einst hat die Urflut sie bedeckt wie ein Kleid, die Wasser standen über den Bergen. Sie wichen vor deinem Drohen zurück, sie flohen vor der Stimme deines Donners. Da erhoben sich Berge und senkten sich Täler an den Ort, den du für sie bestimmt hast.
Du hast den Wassern eine Grenze gesetzt, die dürfen sie nicht überschreiten; nie wieder sollen sie die Erde bedecken. Du lässt die Quellen hervorsprudeln in den Tälern, sie eilen zwischen den Bergen dahin.
Allen Tieren des Feldes spenden sie Trank, die Wildesel stillen ihren Durst daraus.
An den Ufern wohnen die Vögel des Himmels, aus den Zweigen erklingt ihr Gesang.
Du tränkst die Berge aus deinen Kammern, aus deinen Wolken wird die Erde satt. Du lässt Gras wachsen für das Vieh, auch Pflanzen für den Menschen, die er anbaut, damit er Brot gewinnt von der Erde und Wein, der das Herz des Menschen erfreut, damit sein Gesicht von Öl erglänzt und Brot das Menschenherz stärkt.
Die Bäume des Herrn trinken sich satt, die Zedern des Libanon, die er gepflanzt hat. In ihnen bauen die Vögel ihr Nest, auf den Zypressen nistet der Storch. Die hohen Berge gehören dem Steinbock, dem Klippdachs bieten die Felsen Zuflucht.
Du hast den Mond gemacht als Maß für die Zeiten, die Sonne weiß, wann sie untergeht. Du sendest Finsternis und es wird Nacht, dann regen sich alle Tiere des Waldes. Die jungen Löwen brüllen nach Beute, sie verlangen von Gott ihre Nahrung. Strahlt die Sonne dann auf, so schleichen sie heim und lagern sich in ihren Verstecken.
Nun geht der Mensch hinaus an sein Tagwerk, an seine Arbeit bis zum Abend.
Herr, wie zahlreich sind deine Werke! Mit Weisheit hast du sie alle gemacht, die Erde ist voll von deinen Geschöpfen.
Da ist das Meer, so groß und weit, darin ein Gewimmel ohne Zahl: kleine und große Tiere. Dort ziehen die Schiffe dahin, auch der Leviátan, den du geformt hast, um mit ihm zu spielen.
Sie alle warten auf dich, dass du ihnen Speise gibst zur rechten Zeit. Gibst du ihnen, dann sammeln sie ein; öffnest du deine Hand, werden sie satt an Gutem.
Verbirgst du dein Gesicht, sind sie verstört; nimmst du ihnen den Atem, so schwinden sie hin und kehren zurück zum Staub der Erde. Sendest du deinen Geist aus, so werden sie alle erschaffen und du erneuerst das Antlitz der Erde. Ewig währe die Herrlichkeit des Herrn; der Herr freue sich seiner Werke. Er blickt auf die Erde und sie erbebt; er rührt die Berge an und sie rauchen.
Ich will dem Herrn singen, solange ich lebe, will meinem Gott spielen, solange ich da bin. Möge ihm mein Dichten gefallen. Ich will mich freuen am Herrn.
Doch die Sünder sollen von der Erde verschwinden und es sollen keine Frevler mehr da sein. Lobe den Herrn, meine Seele! Halleluja" (EU)!

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Lk 12, 13-21:
"Das Beispiel von der falschen Selbstsicherheit des reichen Mannes
Einer aus der Volksmenge bat Jesus: Meister, sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen.
Er erwiderte ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Schlichter bei euch gemacht? Dann sagte er zu den Leuten: Gebt Acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier. Denn der Sinn des Lebens besteht nicht darin, dass ein Mensch aufgrund seines großen Vermögens im Überfluss lebt.
Und er erzählte ihnen folgendes Beispiel: Auf den Feldern eines reichen Mannes stand eine gute Ernte. Da überlegte er hin und her: Was soll ich tun? Ich weiß nicht, wo ich meine Ernte unterbringen soll. Schließlich sagte er: So will ich es machen: Ich werde meine Scheunen abreißen und größere bauen; dort werde ich mein ganzes Getreide und meine Vorräte unterbringen. Dann kann ich zu mir selber sagen: Nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iss und trink und freu dich des Lebens! Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann all das gehören, was du angehäuft hast? So geht es jedem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist" (EU).

Kommentar: „Die biblische Naturwahrnehmung hat ihren leuchtendsten Ausdruck in dem Wort der Bergpredigt gefunden (Mt 6, 28f: „Seht die Lilien....“). Das griechische Wort, das wir mit Schönheit, Pracht oder Herrlichkeit übersetzen, ist das Äquivalent eines hebräischen Ausdrucks, der die Ehre, oder besser: die Aura bezeichnet, die Gott selbst umgibt. Ihre Wahrnehmung greift auf ein Sehen voraus, das erst am Ende aller Zeit möglich sein wird. So stellen die Lilien des Feldes ungeachtet ihrer Vergänglichkeit schon jetzt ein Stück jener Zukunft Gottes dar, die sich uns noch entzieht. Das begründet die Transparenz ihrer Schönheit, macht sie durchsichtig für sein Licht, das, nach Rö 1, 20, als Reflex des 'unsichtbaren Wesen Gottes seit der Erschaffung der Welt' an den Werken der Schöpfung wahrgenommen werden kann, weil es – so darf man Paulus interpretieren – deren Kreatürlichkeit begründet“ (Link, 2007, 197f. In: Hübener & Orth: Stichwort: „Schöpfung“, 195-199).
„Das sog. Dominium terrae – der Auftrag, sich die Erde untertan zu machen (Gen 1, 26 und 28) – ist kein Freibrief zu ihrer Ausbeutung, sondern Mandat zur Selbstwahrnehmung der Sonderstellung des Menschen im Kosmos. Der Auftrag lautet, die Erde zu 'bebauen und bewahren' (Gen 2, 15). Die Schöpfung zielt nicht auf eine Selbstverherrlichung der Kreatur, sondern auf Gottes Herrlichkeit im ewigen Lob der Kreatur“ (Dietz, 2007, 282. In: Lexikon Theologie: Stichwort: „Schöpfungslehre“, 280-283):

Zum Weiterlesen:
Sattler, Dorothea & Schneider, Theodor: Schöpfungslehre. In: Schneider, 2006, 120-238.
Kollmann, Bernd: Das letzte Hemd hat keine Taschen (Vom reichen Kornbauern). In: Zimmermann, 2007, 564-572.
Harnisch, Wolfgang (2001): Die Gleichniserzählungen Jesu.

Der musikalische Ausdruck einer überbordenden, schönen, phantasievollen, prächtigen Schöpfung ist das Orgelkonzert a-moll (BWV 593) von J. S. Bach (1685-1750) hier in einer Aufnahme mit Paolo Crivellaro an der Cathédrale de Bruxelles im August 1994. Hochgeladen am 24.08.2011.




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen