Sonntag, 29. März 2015

Karfreitag - Kommentar zu den LG vom 03. April 2015

Einleitung: „Im Monat April setzen sich die Beiträge zur Passionszeit fort. Die kommenden Gottesdienste beziehen sich auf zentrale Ereignisse der Heilsgeschichte, die für alle Menschen Gültigkeit haben. Gottes Heilshandeln wird allen Menschen angeboten.
Im Gottesdienst zu Karfreitag wird dafür beispielhaft ein heidnischer Hauptmann genannt, der mit der Kreuzigung Jesu beauftragt war. Angesicht des sterbenden Jesus begriff selbst dieser Gott fernstehende Mann, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Wir erkennen, dass Gott zu allen Zeiten den Menschen die Möglichkeit eröffnet, ihn zu erkennen.“

An diesem Sonntag findet eine Evangeliumslesung aus Mk 15,22–39 statt.

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Unser Leben – ein Zeugnis der Gotteskindschaft.“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Mk 15,39: Der Hauptmann aber, der dabeistand, ihm gegenüber, und sah, dass er so verschied, sprach: Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen“ (LUT)!

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Unser Leben soll ein Zeugnis unserer Gotteskindschaft sein.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Im Auftrag des Pontius Pilatus kreuzigte der römische Hauptmann mit seinen Leuten Jesus auf Golgatha. Viele Juden gingen an dem Gekreuzigten vorüber, verstanden das Geschehen nicht oder verhöhnten Jesus (Mk 15,19–32). Der Hauptmann aber, ein Heide (!), erkannte an dem Geschehen, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
„Der Hauptmann hat in dem Gekreuzigten den Sohn Gottes erkannt, weil er sah, wie Jesus
  • Gottes Willen annahm,
  • zu Gott betete und ihn „Vater“ nannte,
  • fürsorglich mit dem Nächsten umging,
  • sich der Erfüllung des Planes Gottes bewusst war.
Wir wollen uns Jesus als Vorbild nehmen und so ein Zeugnis der Gotteskindschaft sein“ (alle Zitate aus den o. g. LG).




Kommentar: Der Kern des Leidens des Jesus von Nazareth ist der Anklageruf: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Dabei handelt es sich um ein Zitat aus dem Psalm 22. Jesus stirbt also, mit diesem Lied auf den Lippen und im Herzen:

Von Gott verlassen – und dennoch erhört
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich schreie, aber keine Rettung ist in Sicht, ich rufe, aber jede Hilfe ist weit entfernt!
Mein Gott! Ich rufe am Tag, doch du antwortest nicht, ich rufe in der Nacht und komme nicht zur Ruhe. Du bist doch heilig, du wohnst dort, wo ´dein Volk` Israel dir Loblieder singt. Unsere Väter setzten ihr Vertrauen auf dich. Sie vertrauten dir, und du hast sie gerettet. Zu dir schrien sie um Hilfe und wurden befreit, sie vertrauten auf dich und wurden nicht enttäuscht. Ich aber bin kein Mensch mehr, nur noch ein Wurm, zum Spott der Leute bin ich geworden, das ganze Volk verabscheut mich. Alle, die mich sehen, verhöhnen mich, sie verziehen den Mund und schütteln den Kopf. »Übergib deine Sache doch dem Herrn«, rufen sie. »Ja, soll Gott ihn doch retten! Er soll ihm helfen – anscheinend hat er ja Gefallen an ihm!«
Doch du, ´Herr`, hast mich aus dem Leib meiner Mutter gezogen. Du ließt mich an ihrer Brust Vertrauen fassen. Seit mein Leben begann, bin ich ganz auf dich angewiesen, von Mutterleib an bist du bereits mein Gott. Bleib mir doch jetzt nicht fern! Die Not ist so bedrohlich nah, und da ist niemand, der mir hilft! Gewalttäter haben mich umringt wie eine Herde Stiere, wie mächtige Büffel aus Baschan haben sie mich umstellt. Sie reißen ihr Maul gegen mich auf wie hungrige und brüllende Löwen. Ich fühle mich, als wäre ich hingeschüttet wie Wasser, alle meine Glieder sind wie ausgerenkt. Mein Herz ist wie flüssiges Wachs, das tief in meinem Innern zerschmilzt. Ich bin ohne Kraft, ausgetrocknet wie eine Tonscherbe. Die Zunge klebt mir am Gaumen. Du hast mich in den Staub gelegt, dahin, wo die Toten liegen. Denn ´Menschen` haben mich eingekreist wie Hunde, eine Horde von Gewalttätern umringt mich. Wie sich ein Löwe in seine Beute verbeißt, so halten sie mich fest und geben meine Hände und Füße nicht mehr frei. Ich könnte meine Knochen einzeln zählen; meine Feinde starren mich nur erbarmungslos an. Sie verteilen meine Kleider unter sich und werfen das Los, wer mein Obergewand bekommen soll. Du aber, Herr, bleib nicht fern von mir! Du bist doch meine Kraft, schnell, komm mir zu Hilfe! Entreiße meine Seele dem tödlichen Schwert, rette mein Leben vor den Krallen dieser Hunde!Befreie mich aus dem Rachen des Löwen, rette mich vor den Hörnern der Büffel! Ja, du hast mich erhört! Ich will meinen Brüdern verkünden, wie groß du bist, mitten in der Gemeinde will ich dir Loblieder singen. Alle, die ihr vor dem Herrn Ehrfurcht habt, preist ihn! All ihr Nachkommen Jakobs, gebt ihm die Ehre! Begegnet ihm mit Demut und Verehrung, all ihr Nachkommen Israels! Denn der Herr hat sich von der Not des Hilflosen nicht abgewandt und seine Leiden nicht verachtet. Ja, der Herr hat sein Angesicht nicht vor ihm verhüllt, sondern auf ihn gehört, als er um Hilfe rief. Du, Herr, gibst mir Grund dafür, dich zu loben inmitten der großen Gemeinde. Mein Gelübde will ich erfüllen vor den Augen derer, die dem Herrn in Ehrfurcht dienen. Die Armen sollen wieder essen und satt werden. Die den Herrn suchen, sollen ihn preisen. Euer Herz lebe auf, es lebe ewig! An allen Enden der Erde wird man zur Einsicht kommen, und die Menschen werden zum Herrn umkehren. Alle Völker werden sich vor dir, ´Herr`, niederwerfen und dich anbeten. Denn dem Herrn gehört das Königtum, er herrscht über alle Völker. Die Großen der Erde werden ein Festmahl halten und sich anbetend vor dem Herrn niederwerfen. Auch alle, die in den Staub des Todes sinken, werden vor ihm niederfallen, alle, die keine Kraft mehr zum Leben haben. Die kommenden Generationen werden ihm dienen. Denen, die noch geboren werden, wird man vom Herrn erzählen. Verkünden wird man zukünftigen Völkern seine Rettungstaten. Man wird sagen: »Der Herr hat alles vollbracht« (NGÜ)!

Klaus Berger weist darauf hin, dass „im hebräischen wie im aramäischen das [im Urtext benutzte] ‚le‘ oder ‚la‘ [„eloi, eloi, lama sabachtani = אלי אלי למה עזבתני רחוק מישועתי דברי שאגתי׃] die Richtung an gibt, die etwas nimmt, nicht aber die Ursache; zudem ist der gesamten Bibel die inhaltliche Frage nach dem Warum oder Woher von Leid und Übel fremd. Immer ist entscheidend, was Gott daraus machen wird, wenn es denn einmal da ist.“ Daher schlägt er an dieser Stelle die Übersetzung „Wozu hast du mich verlassen?“ vor und konstatiert: „Jesus ist, wenn man auf die Möglichkeiten des christlichen Glaubens blickt, der Letzte, der den Tod im alttestamentlichen Sinne als Gottverlassenheit erfahren muss. Denn seit Jesu Auferstehung besteht für alle Christen die Gewissheit, dass es keine tödliche Unterbrechung mehr gibt“ (Berger, 2012, B, 78f).
Weil die Gottevrlassenheit durch Jesu Leiden und Tod und Auferstehung überwunden ist, dürfen wir uns Christen nennen und zu Gott Vater beten und uns an Bruder Jesus wenden und so zu Kinder Gottes werden.


An diesem Tag, dem 03. April 2015, feiern wir den Karfreitag - „Mein Gott, mein Gott, warum [wozu] hast du mich verlassen?“

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir Mt 27,45-56:
Jesus stirbt
Um zwölf Uhr mittags verfinsterte sich der Himmel über dem ganzen Land. Das dauerte bis um drei Uhr. Gegen drei Uhr schrie Jesus: »Eli, eli, lema sabachtani?« – das heißt: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« Einige von denen, die dabeistanden und es hörten, sagten: »Der ruft nach Elija!« Einer lief schnell nach einem Schwamm, tauchte ihn in Essig, steckte ihn auf eine Stange und wollte Jesus trinken lassen. Aber die anderen riefen: »Lass das! Wir wollen sehen, ob Elija kommt und ihm hilft.« Doch Jesus schrie noch einmal laut auf und starb. Da zerriss der Vorhang vor dem Allerheiligsten im Tempel von oben bis unten. Die Erde bebte, Felsen spalteten sich und Gräber brachen auf. Viele Tote aus dem Volk Gottes8 wurden auferweckt und verließen ihre Gräber. Später, als Jesus vom Tod auferweckt worden war, kamen sie in die Heilige Stadt und wurden dort von vielen Leuten gesehen. Als der römische Hauptmann und die Soldaten, die Jesus bewachten, das Erdbeben und alles andere miterlebten, erschraken sie sehr und sagten: »Er war wirklich Gottes Sohn!« Es waren auch viele Frauen da, die alles aus der Ferne beobachteten. Sie waren Jesus seit der Zeit seines Wirkens in Galiläa gefolgt und hatten für ihn gesorgt; darunter waren Maria aus Magdala, Maria, die Mutter von Jakobus und Josef, sowie die Mutter der beiden Söhne von Zebedäus (GNB).

Die Epistel steht im 2 Kor 5,14b-21.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Joh 19,16-30:
Da gab Pilatus ihrer Forderung nach und befahl, Jesus zu kreuzigen. Jesus wurde abgeführt.
Die Kreuzigung Jesu
Er trug sein Kreuz selbst aus der Stadt hinaus zu der so genannten Schädelstätte; auf hebräisch heißt sie Golgata. Dort kreuzigte man ihn und mit ihm zwei andere, einen auf jeder Seite; Jesus hing in der Mitte. Pilatus ließ ein Schild am Kreuz anbringen, das die Aufschrift trug: »Jesus von Nazaret, König der Juden.« Dieses Schild wurde von vielen Juden gelesen; denn der Ort, an dem Jesus gekreuzigt wurde, war ganz in der Nähe der Stadt, und die Aufschrift war hebräisch, lateinisch und griechisch abgefasst. Die führenden Priester des jüdischen Volkes erhoben Einspruch. »Es darf nicht heißen: ›König der Juden‹«, sagten sie zu Pilatus. »Schreibe: ›Dieser Mann hat behauptet: Ich bin der König der Juden.‹« Pilatus erwiderte: »Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.« Die Soldaten, die Jesus gekreuzigt hatten, nahmen seine Kleider und teilten sie unter sich auf; sie waren zu viert. Beim Untergewand stellten sie fest, dass es von oben bis unten durchgehend gewebt war, ohne jede Naht. »Das zerschneiden wir nicht«, sagten sie zueinander. »Wir lassen das Los entscheiden, wer es bekommt.« So sollte sich erfüllen, was in der Schrift vorausgesagt war: »Sie haben meine Kleider unter sich verteilt; um mein Gewand haben sie das Los geworfen.« Genau das taten die Soldaten. Bei dem Kreuz, an dem Jesus hing, standen seine Mutter und ihre Schwester sowie Maria, die Frau von Klopas, und Maria aus Magdala. Als Jesus seine Mutter sah und neben ihr den Jünger, den er besonders geliebt hatte, sagte er zu seiner Mutter: »Liebe Frau, das ist jetzt dein Sohn!« Dann wandte er sich zu dem Jünger und sagte: »Sieh, das ist jetzt deine Mutter!« Da nahm der Jünger die Mutter Jesu zu sich und sorgte von da an für sie.
Der Tod Jesu
Jesus wusste, dass nun alles vollbracht war. Und weil sich das, was in der Schrift vorausgesagt war, bis ins Letzte erfüllen sollte, sagte er: »Ich habe Durst!« Da tauchten die Soldaten einen Schwamm in ein Gefäß mit Weinessig, das dort stand, steckten ihn auf einen Ysopstängel und hielten ihn Jesus an den Mund. Nachdem er ein wenig von dem Essig genommen hatte, sagte er: »Es ist vollbracht.« Dann neigte er den Kopf und starb (NGÜ).




Kommentar: "Schlimm war aber vor allem, wie man zu den Verhören gebracht wurde. Man bekam Beinfesseln und Handfesseln angelegt, und man wurde vorüber gebeugt abgeführt, die Hände auf dem Rücken, und wenn man stolperte, konnte man nicht wieder aufstehen, sondern wurde einfach weitergeschleift" (113).
"Ja, sie haben mich gequält. Sie haben mich gezwungen, mit gefesselten Händen auf den Knien zu hocken. Manchmal habe ich auf einem Bein stehen müssen, manchmal haben sie mich mit den Händen an die Eisentür gebunden. Manchmal bin ich 24 Stunden lang mit gefesselten Händen und Beinen in einem Raum gesperrt worden. Wir durften Nachts nur 2 Stunden schlafen, und wenn einer sitzend einschlief, wurde er geweckt und gezwungen, aufzustehen. Wenn sich jemand wegen der Müdigkeit an die Gitter lehnen wollte, befahlen sie ihm, Abstand von den Gittern zu halten" (80).
"Beispielesweise hat man im ganzen Block das Wasser abgestellt, wegen irgendwelcher Verstöße. Oder man wurde in den Isolierraum, den Karzer, gesteckt. Dort wurde einem alles fortgenommen, und man musste auf dem nackten Eisen schlafen. Einmal habe ich 15 Tage so verbracht."
"Das war mein Platz. Die ganze Zeit über war ich im Käfig. Am Anfang durfte ich nur einmal wöchentlich für 15 Minuten den Käfig verlassen. Nach zwei bis drei Monaten wurden es zweimal wöchentlich dreißig Minuten" (216).
"Ich wäre glücklich gewesen und hätte es begrüßt, wenn sie mich hingerichtet hätten. Die Hinrichtung wäre für mich die größte Freude gewesen" (215).
Alle Zitate sind entnommen aus: Hier spricht Guantanamo. Roger Willemsen interviewt Ex-Häftlinge. Frankfurt: Verlag Zweitausendeins, 2006.



Bilder aus dem Pantheon in Rom: Jesu Kreuzigung (Der Kreuzgang)
(c) Matthias Schröter

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen