Einleitung: „Der Sonntagsgottesdienst vor Pfingsten thematisiert die Zeit der Erwartung des Heiligen Geistes. Die 'Kraft aus der Höhe' ist ein Ausdruck für den Heiligen Geist, der nicht nur göttliche Person, sondern ebenso Gabe ist, die den Menschen bewegt und zum Aufbruch anleitet.“
Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Warten auf die Kraft aus der Höhe.“
Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Lk 24, 49: Und siehe, ich will auf euch herab senden, was mein Vater verheißen hat. Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr ausgerüstet werdet mit Kraft aus der Höhe.“ (LUT)
Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „In der Gemeinschaft erleben wir Kraft aus der Höhe.“
Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Eindrücklich bezeugt das Lukasevangelium Leben, Tod und Auferstehung Jesu sowie die verschiedenen Begegnungen des Auferstandenen mit seinen Jüngern. Die Zeit der Kirche ist gekennzeichnet durch das Wirken des Heiligen Geistes, insbesondere zur Bereitung der Brautgemeinde für den wiederkommenden Christus als Bräutigam (KNK 7.6.5).“
Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
- „Bis zum Ausrüsten mit der Kraft aus der Höhe gebot der Herr den Jüngern in Jerusalem zu bleiben.
- Pfingsten ist Abschluss dieser Wartezeit – der Heilige Geist ist ausgegossen, die 'Geburtsstunde' der Kirche Jesu Christi ist gekommen!
- Die Kraft aus der Höhe hilft uns, in der Gemeinschaft zu bleiben, und gibt uns Kraft und Trost in Sorgen und Nöten“ (alle Zitate aus den o. g. LG).
Kommentar: Die Predigtgrundlage ist dem letzten Abschnitt des Lukasevangeliums entnommen. Die EU überschreibt diesen Abschnitt mit "Befähigung der Jünger zu glaubwürdigen Zeugen" (Lk 24, 36-53). "Die Jünger sind Zeugen, wenn sie in autorisierter Weise Jesu Tod und Auferstehung sowie die Sündenvergebung in seinem Namen verkündigen" (Kremer, 1988, 244). Sie können deswegen glaubwürdig sein, weil sie eben Zeugen des Lebens Jesu waren und durch das Miterleben und die Nachfolge besonderen "Expertenstatus" genießen, was bei der Frage nach der Glaubwürdigkeit besonders wichtig ist. "Glaubwürdige Zeugen" können wir heute sein, wenn wir
- das Gebot der Nächstenliebe erfüllen: "Jesus antwortete ihnen: Ich habe es euch gesagt und ihr glaubt nicht. Die Werke, die ich tue in meines Vaters Namen, die zeugen von mir"; Joh 10, 25; LUT) und
- der Schrift folgen ("sola scriptura"): "Ihr sucht in der Schrift, denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darin; und sie ist's, die von mir zeugt; Joh 5, 39; LUT).
An diesem Tag, dem 17. Mai 2015, feiern wir den Sonntag Exaudi - „Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten?“
Der Sonntag ist schon deutlich auf Pfingsten bezogen dadurch, dass er die wartende Haltung der Gemeinde und damit ihre Abhängigkeit vom Heilswirken Gottes herausstreicht, und von daher eigentlich nicht mehr Bestandteil des Osterfestkreises, der mit Christi Himmelfahrt abschloss. Allerdings hat man sich im neuen Evangelischen Gottesdienstbuch nicht dazu durchringen können, als liturgische Farbe violett zu wählen, obgleich diese Farbe sicherlich angemessen wäre. Der Sonntag Exaudi spiegelt die Spannung wider, in der die Jünger sich befanden, nachdem ihr Herr gen Himmel aufgefahren war. Sie wissen um die Verheißung des Geistes, haben ihn aber noch nicht erfahren. Sie leben in einer kaum erträglichen Spannung, denn das Vergangene hat nun keine Bedeutung mehr, und das Zukünftige hat keine Kraft. Die Gegenwart, in der sie machtlos sind, wird übermächtig und scheint sie zu fesseln. In diese Spannung hinein erklingt als Erinnerungsruf die Rede Jesu, in der er den Tröster, seinen Geist, verheißt“ (www.daskirchenjahr.de).
Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
Sie werden euch in den Bann tun (BWV 44)
Ihr werdet weinen und heulen (BWV 103)
Es ist euch gut, dass ich hingehe (BWV 108)
Wo Gott, der Herr, nicht bei uns hält (BWV 178)
Sie werden euch in den Bann tun (BWV 183)
Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 27:
Die Nähe des Herrn gibt Licht und Geborgenheit
Der Herr ist mein Licht und mein Heil – vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist für mein Leben wie eine schützende Burg, vor wem sollte ich erschrecken? Wenn boshafte Menschen über mich herfallen, um mich mit Haut und Haaren zu verschlingen, meine Gegner und Feinde – dann sind sie es, die stürzen und fallen! Selbst wenn mich ein Heer von Feinden umlagert: mein Herz ist nicht von Furcht erfüllt. Und wenn Krieg gegen mich ausbricht, bleibe ich dennoch voll Zuversicht. Eines habe ich vom Herrn erbeten, das ist mein tiefster Wunsch: alle Tage meines Lebens im Haus des Herrn zu wohnen, um die Freundlichkeit des Herrn zu sehen und über ihn nachzudenken – dort in seinem Heiligtum1. Denn er wird mich am Tag des Unglücks in seinem Zelt bergen, mir dort in der Verborgenheit seinen Schutz gewähren und mich auf einem hohen Felsen in Sicherheit bringen. Erhobenen Hauptes werde ich auf meine Feinde rings um mich herabsehen. Und ich will dort in seinem Heiligtum mit lautem Jubel meine Dankopfer bringen, ich will den Herrn preisen mit Musik und Gesang. Höre, Herr, wenn ich nun mit lauter Stimme rufe, sei mir gnädig und antworte mir! In meinem Herzen wiederhole ich deine Worte: »Kommt vor mein Angesicht, sucht meine Nähe!« Ja, Herr, das will ich tun: ich will vor dein Angesicht treten. Verbirg dich darum nicht vor mir, stoße mich, deinen Diener, nicht im Zorn zurück, denn du warst zu jeder Zeit meine Hilfe! Gib mich nicht auf und verlass mich nicht, mein Retter und mein Gott! Selbst wenn Vater und Mutter mich verließen, der Herr nimmt mich dennoch auf. Lass mich deinen Weg erkennen, Herr, und leite mich auf ebener Bahn – tu es meinen Feinden zum Trotz! Liefere mich nicht dem Mutwillen meiner Widersacher aus, denn es treten falsche Zeugen gegen mich auf! Aus ihrem Mund kommen heftige Worte voller Unrecht und Gewalt. Doch ich bin gewiss, dass ich am Leben bleiben und sehen werde, wie gütig der Herr ist. Hoffe auf den Herrn, sei stark, und dein Herz fasse Mut – ja, hoffe auf den Herrn.“ (NGÜ)
Die Epistel steht in Eph 3, 14-21.
Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Joh 15, 26-16, 4:
"Der Helfer wird kommen, der an meine Stelle tritt. Es ist der Geist der Wahrheit, der vom Vater kommt. Ich werde ihn zu euch senden, wenn ich beim Vater bin, und er wird als Zeuge über mich aussagen. Und auch ihr werdet meine Zeugen sein, denn ihr seid von Anfang an bei mir gewesen. Ich habe euch dies gesagt, damit ihr nicht an mir irrewerdet. Sie werden euch aus den Synagogengemeinden ausschließen. Es wird sogar so weit kommen, dass alle, die euch töten, es als einen Opferdienst zur Ehre Gottes verstehen. Das alles werden sie euch antun, weil sie weder mich noch den Vater erkannt haben.
Die Aufgabe des Heiligen Geistes
Aber ich habe es euch gesagt. Wenn es eintrifft, werdet ihr an meine Worte denken. Ich habe euch dies alles zu Anfang nicht gesagt, weil ich ja bei euch war.“ (GNB)
Kommentar: Die Evangeliumslesung ist der zweiten Abschiedsrede entnommen. Blank weist darauf hin, dass die Sätze des Evangeliums (Joh 16, 1-4a; kursiv) heute einen anderen Klang haben, als vor 1900 Jahren. Sie sind längst nicht mehr so unbelastet wie damals. "Es dauerte nicht lange, da hat sich die Kirche gegenüber Außenseitern und Abweichlern, gegenüber Häretikern und gegenüber den Juden denselben Unterdrückungsmethoden bedient, unter denen sie die ersten dreihundert Jahre hindurch zu leiden hatte" (Wengst, 2001, 154). Das eigene Leiden sollte uns immer sensibel bleiben lassen, für die Leiden des Nächsten. So bedenken wir das Leiden Christi und werden so zu glaubwürdigen Zeugen.
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