Einleitung: „In den Ausführungen zum dritten Sonntag des Monats August wird deutlich, dass derjenige, der demütig und barmherzig ist, anderen vergibt und gerne gibt, von Gott reich gesegnet wird. Er erlebt, dass göttlicher Segen den Zugang zu stärkenden Quellen eröffnet, der anderen Menschen verschlossen ist. Es ist ein Glaubenserleben besonderer Art, aus Predigt, Sündenvergebung und der Abendmahlsgemeinschaft Kräfte und Geborgenheit in Gott hinzunehmen. Diesen Zugang erleben wir nur durch den Glauben (Röm 5,1.2).“
Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Gott segnet im Übermaß“
Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Lk 6, 37.38a: Richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben. Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoß geben.“ (LUT)
Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wer demütig und barmherzig ist und gerne gibt, wird von Gott reich gesegnet.“
Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Nach dem Bericht des Lukasevangeliums hält Jesus eine Predigt auf dem Feld (Lk 6,12–49). In unserem Bibelwort, das in dieser Rede zu finden ist, stellt Jesus das rechte Tun in der Gegenwart dem richterlichen Handeln Gottes in der Zukunft gegenüber: Wer nicht richtet, wird nicht gerichtet usw. Das Bild vom Maß bedeutet, dass ein Gefäß erst randvoll mit Getreide gefüllt wird, dann gerüttelt wird, um Hohlräume zu schließen, und in das noch mehr hineingepresst und zudem etwas obenauf gelegt wird. Ein treffendes Bild für Überfluss!“
Schließlich werden die LG so zusammengefasst: „Um Jesus immer ähnlicher zu werden, wollen wir nicht richten, nicht verdammen, sondern vergeben und geben. Ein solches Handeln segnet Gott, in heutiger und zukünftiger Gemeinschaft“ (alle Zitate aus den o. g. LG).
Kommentar: Die Abschnitte, die zur Predigtgrundlage dienen, sind bei LUT mit "Von der Feindesliebe" und "Von der Stellung zum Nächsten" überschrieben (Lk 6, 27-42). Warum wir eine vergebende, friedvolle und liebende Haltung dem Nächsten und dem Feind gegenüber einnehmen sollen, argumentiert Jesus darin wie folgt:
- Wer die Feinde nicht liebt, unterscheidet sich nicht von den Gottlosen.
- Wer für sein Tun und Handeln auf Erden immer einen Lohn (im Sprachgebrauch der NAK "Segen") erwartet, was dürfen wir dann von Gott noch erwarten in der jenseitigen Welt? Und wie kann Gott uns dann im Diesseits überraschen?
- Königliches Priestertum können wir nur dann sein und werden, wenn wir das Verhalten Gottes Nachahmen. Gott macht es selber so; werdet ihm ähnlich, dann dürft ihr euch Gottes Kinder nennen.
- Der sogen. Talio, das heißt: der entsprechenden Vergeltung. So wie man selbst handelt, wird Gott an einem handeln. Jedes richtende Handeln wird zum Angriff auf den Alleinanspruch Gottes, Richter und Rächer zu sein. Vorausgesetz ist daher Gottes Monopol im Machtgebrauch (siehe dazu ausführlich Berger, 2012, C, 165ff).
An diesem Sonntag feiern wir den 11. Sonntag nach Trinitatis - Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobt der Name des Herrn!
„Der 11. Sonntag nach Trinitatis widmet sich unserer Einstellung zu Gott und zu seinem Gnadenhandeln. Dafür werden im Evangelium die zwei völlig unterschiedlichen Charaktere des Pharisäers und des Zöllners einander gegenüber gestellt. Die übrigen Texte weisen mehr in die Richtung des "Seligwerdens aus Gnade" und nicht aus Werken. Unsere Einstellung zu der Gnade Gottes ist entscheidend dafür, ob wir sie auch empfangen werden.
Am 11. Sonntag nach Trinitatis hören wir die Erzählung vom Pharisäer und Zöllner und erfahren, dass unser Glaube nicht unser Verdienst, sondern die Gabe Gottes ist. Wir freuen uns an dieser Gabe, aber wir erkennen auch, dass wir dennoch fähig sind, gegen den Willen Gottes zu handeln. Darum sind wir froh und dankbar, dass Gott uns immer wieder die Möglichkeit zur Buße, zur Umkehr schenkt“ (www.daskirchenjahr.de).
Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
Herr Jesu Christ, du höchstes Gut (BWV 113)
Siehe zu, dass deine Gottesfurcht nicht Heuchelei sei (BWV 179)
Mein Herze schwimmt im Blut (BWV 199)
Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 113:
Ein Lob auf den erhabenen Gott
Halleluja! Ihr Diener des Herrn, lobt ´ihn`, lobt den Namen des Herrn! Der Name des Herrn sei gepriesen, jetzt und bis in alle Ewigkeit! Vom Aufgang der Sonne bis dorthin, wo sie untergeht, sei der Name des Herrn gelobt! Erhaben über alle Völker ist der Herr, seine Herrlichkeit überstrahlt den Himmel. Wer ist wie der Herr, unser Gott, der in der Höhe thront, der herabblickt auf alles, was im Himmel und auf Erden ist? Den Geringen, der im Staub liegt, richtet er auf; den Armen holt er heraus aus dem Schmutz. Er lässt ihn bei den Herrschenden sitzen, gibt ihm einen Ehrenplatz bei den Vornehmen seines Volkes. Der kinderlosen Ehefrau verleiht er Wohnrecht und lässt sie eine glückliche Mutter werden. Halleluja! (NGÜ)
Die Epistel steht in Eph 2, 4-10.
Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Lk 18, 9-14:
Die Beispielgeschichte von dem Pharisäer und dem Zolleinnehmer
Dann wandte sich Jesus einigen Leuten zu, die voller Selbstvertrauen meinten, in Gottes Augen untadelig dazustehen, und deshalb für alle anderen nur Verachtung übrig hatten. Er erzählte ihnen folgende Geschichte: »Zwei Männer gingen hinauf in den Tempel, um zu beten, ein Pharisäer und ein Zolleinnehmer. Der Pharisäer stellte sich vorne hin und betete leise bei sich: ›Gott, ich danke dir, dass ich nicht so bin wie die anderen Menschen, alle diese Räuber, Betrüger und Ehebrecher, oder auch wie dieser Zolleinnehmer hier! Ich faste zwei Tage in der Woche und gebe dir den vorgeschriebenen Zehnten sogar noch von dem, was ich bei anderen einkaufe!‹ Der Zolleinnehmer aber stand ganz hinten und getraute sich nicht einmal, zum Himmel aufzublicken. Er schlug sich zerknirscht an die Brust und sagte: ›Gott, hab Erbarmen mit mir, ich bin ein sündiger Mensch!‹« Jesus schloss: »Ich sage euch, der Zolleinnehmer ging aus dem Tempel in sein Haus hinunter als einer, den Gott für gerecht erklärt hatte – ganz im Unterschied zu dem Pharisäer. Denn alle, die sich selbst groß machen, werden von Gott gedemütigt, und alle, die sich selbst gering achten, werden von ihm zu Ehren gebracht.« (GNB)
Kommentar: Die Parabel lädt den Leser dazu ein, seine eigene Haltung Gott gegenüber, die eigene Gebetspraxis und sein Verhältnis dem Mitmenschen gegenüber zu reflektieren. Was wäre, wenn die Parabel gar nicht von 2 Menschen spräche, die gegenübergestellt werden, sondern von einem, von Dir und mir, von unseren wiederstreitenden "Seelen" und Persönlichkeitsanteilen in uns? Dann ist die Deutung plötzlich nicht mehr so einfach, liegt auf einmal nicht mehr auf der Hand. Bereits Bultmann (1968) warnte: "Die Geschichte vom Pharisäer und Zöllner scheint uns wohl allen eine einfache Geschichte zu sein, die jeder gleich versteht, und deren Wahrheit allen einleuchtet. Und doch sollen wir uns hüten, sie für gar zu einfach und ihre Wahrheit für gar zu selbstverständlich zu halten" (zitiert aus: Thomas Popp, Werbung in eigener Sache (Pharisäer und Zöllner), 690. In: Zimmermann, 2007, 681-695).
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