Freitag, 7. August 2015

12. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 23. August 2015

Einleitung: „Der vierte und fünfte Sonntagsgottesdienst machen am Beispiel des Volkes Israel deutlich, wie Gottes Güte und Gottes Kraft auch uns in ausweglosen oder scheinbar unveränderlichen Situationen weiterhelfen können. Der Glaubende legt alles vertrauensvoll in Gottes Hand und kann so erleben, dass Unvorstellbares und aus menschlichem Vermögen nicht Mögliches Wirklichkeit werden kann.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Gottes Güte und Führung“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Ps 36, 6: Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen.“ (LUT)

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wir erleben Gottes Güte und vertrauen uns seiner Führung an.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Psalm 36 beginnt mit einer Beschreibung des Gottlosen (Ps 36, 2–5), um dann in ein Gebet überzugehen (Ps 36, 6–10). Dieses Gebet, dessen Anfang unser Bibelwort ist, beinhaltet einen hymnischen Lobpreis von Gottes unermesslicher Güte und Gerechtigkeit. Der Psalm schließt mit Bitten des Frommen, den Gott angesichts der Gottlosen bewahren möge (Ps 36, 11–13).“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: „Gottes Güte und seine Größe sind letztlich für uns nicht vorstellbar.
  • Wir vertrauen auf Gottes Güte, die sich in seiner Liebe zeigt.
  • Aus Liebe führt uns Gott in die Herrlichkeit, in die ewige Gemeinschaft mit ihm.
  • Unser Vertrauen in Gottes Leitung durch das Apostelamt treibt uns dazu, uns für das Heil anderer einzusetzen und unserem Nächsten den Weg zum Heil zu weisen“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: In der sprachmächtigen Buber & Rosenzweig-Übersetzung ("Verdeutschung der Schriftwerke") wird dieser Vers so veranschaulicht:
"DU, am Himmel ist deine Huld, deine Treue bis in die Lüfte, (...)."
Robert Spaemann (2014) übersetzt diesen Abschnitt wie folgt: "O Herr! bis an den Himmel reicht deine Gnadenhuld und deine Treue bis an die Wolken."
Hier wird Gott vorgestellt ohne jede Beziehung zum Bösen. Die Güte und die Treue Gottes erfüllen das All. Sie sind grenzenlos. Nirgendwo ist mein zu Hause zu Ende, denn nirgendwo ist Gottes Güte und Treue zu Ende (vergl. dazu auch Ps 139).

Arno Pötzsch setzt diesen Gedanken in einem Gedicht so um:

Du kannst nicht tiefer fallen
Du kannst nicht tiefer fallen als nur in Gottes Hand,
die er zum Heil uns allen barmherzig ausgespannt.
Es münden alle Pfade durch Schicksal, Schuld und Tod
doch ein in Gottes Gnade trotz aller unserer Not.
Wir sind von Gott umgeben auch hier in Raum und Zeit
und werden in ihm leben und sein in Ewigkeit.

Letztendlich stehen wir sprachlos vor dieser Allgegenwart und dürfen uns vertrauensvoll in diese Fluten werfen und uns von dieser Allumfangenheit tragen lassen.

An diesem Sonntag feiern wir den 12. Sonntag nach Trinitatis - Vor dir ist Freude die Fülle und Wonne zu deiner Rechten ewiglich.

„Am 12. Sonntag nach Trinitatis denken wir nach über die Veränderungen,die mit Jesus in diese Welt gekommen sind. Es wird uns deutlich, dass eine neue Zeit angebrochen ist, die aber noch nicht ihre Erfüllung gefunden hat. Darum leben wir in einer Spannung, die uns antreibt, alles zu tun, was dem Kommen des Reiches Gottes dient.
Am 12. Sonntag nach Trinitatis hören wir die Geschichten von der Heilung eines Taubstummen und von der Bekehrung des Paulus. Beides macht uns deutlich, dass mit dem Kommen Jesu eine grundlegende Verwandlung geschehen ist, deren Früchte wir aber nur begrenzt erfahren; denn der Tag, an dem der Herr kommen und alles ans Licht bringen wird, ist noch nicht angebrochen. Solange wir auf diesen Tag warten, bauen wir aber mit am Reich Gottes mit den Gaben, die Gott uns gegeben hat“ (www.daskirchenjahr.de).

Die Bachkantaten (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag sind:
  • Geist und Seele wird verwirret (BWV 35)
  • Lobe den Herren, meine Seele (BWV 69a)
  • Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren (BWV 137)

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Psalm 16:
Zuflucht bei Gott
Bewahre mich, Gott, denn bei dir finde ich Zuflucht! Ich sage zum Herrn: »Du bist mein Herr. Nur bei dir finde ich mein ganzes Glück!« Ich freue mich über alle, die zu Gottes heiligem Volk gehören. An ihnen zeigt sich Gottes Herrlichkeit. Die sich aber vor einem anderen Gott niederwerfen, bereiten sich selbst zahlreiche Schmerzen. Mit ihren Opfern – dem Blut, das sie ihrem Gott darbringen, will ich nichts zu tun haben. Die Namen ihrer Götzen will ich nicht in den Mund nehmen. Mein Besitz und mein Erbe ist der Herr selbst. Ja, du teilst mir zu, was ich brauche! Was du mir ´für mein Leben` geschenkt hast, ist wie ein fruchtbares Stück Land, das mich glücklich macht. Ja, ein schönes Erbteil hast du mir gegeben! Ich preise den Herrn, weil er mich beraten hat! Selbst nachts weist mein Gewissen mich zurecht. Ich habe den Herrn stets vor Augen. Weil er mir zur Seite steht, werde ich nicht zu Fall kommen. Deshalb ist mein Herz voll Freude, und ich kann aus tiefster Seele jubeln. Auch mein Körper ruht in Sicherheit. Meine Seele wirst du nicht dem Totenreich überlassen, mich, deinen treuen Diener, wirst du vor dem Grab verschonen. Du zeigst mir den Weg zum Leben. Dort, wo du bist, gibt es Freude in Fülle; ´ungetrübtes` Glück hält deine Hand ewig bereit. (NGÜ)

Die Epistel steht in Apg 9, 1-20.

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Mk 7, 31-37
Jesus heilt einen Taubstummen
Jesus verließ wieder das Gebiet von Tyrus und zog über Sidon zum See von Galiläa, mitten ins Gebiet der Zehn Städte. Dort brachten sie einen Taubstummen zu ihm mit der Bitte, ihm die Hände aufzulegen. Jesus führte ihn ein Stück von der Menge fort und legte seine Finger in die Ohren des Kranken; dann berührte er dessen Zunge mit Speichel. Er blickte zum Himmel empor, stöhnte und sagte zu dem Mann: »Effata!« Das heißt: »Öffne dich!« Im selben Augenblick konnte der Mann hören; auch seine Zunge löste sich und er konnte richtig sprechen. Jesus verbot den Anwesenden, es irgendjemand weiterzusagen; aber je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt. Die Leute waren ganz außer sich und sagten: »Wie gut ist alles, was er gemacht hat: Den Gehörlosen gibt er das Gehör und den Stummen die Sprache!« (GNB)

Kommentar: "Mk 7, 31-37, 'Mit allen Sinnen leben! - Die Heilung eines Taubstummen', ist eine klassische Wundererzählung. Sie gehört zu der Gattung der Therapien. Sie thematisiert die Heilung eines Einzelnen, um exemplarisch das heilende Handeln Jesu darzustellen. (...) Das gesamte Markusevangelium verfolgt die Absicht, Jesus als den Sohn Gottes darzustellen. Es versteht sich selbst als Evangelium von Sohn Gottes (Mk 1, 1) und findet seinen Höhepunkt im Bekenntnis des römischen Hauptmanns unter dem Kreuz: 'Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn' (Mk, 15, 39). Die kontextuelle Interpretation verortet die Heilung des Taubstummen im Gesamtaufbau des Evangeliums. (...)

Aus sozialgeschichtlicher Perspektive kann die Lokalisierung der Erzählung im heidnischen Gebiet als Hinweis darauf verstanden werden, dass Gottes Zuwendung in Christus allen Menschen gilt, unabhängig ihrer ethnischen Herkunft und ihrer sozioökonomischen Situation. (...) Die Wundererzählung lädt dazu ein, aus der Begegnung mit Jesus Heil und Heilung zu empfangen und Teil der Gemeinschaft derer zu werden, die auf ihn vertrauen. (...)

Die tiefenpsychologischen Deutung rückt der Taubstumme in den Fokus. Seine Sprachlosigkeit wird vor dem Hintergrund gemachter Erfahrungen wie Ablehnung und Zurechtweisung gedeutet. Der taubstumme Junge wird zum Anwalt all derer, die 'mundtot' gemacht werden, weil sie unbequeme Wahrheiten sagen. Er vertritt jenen Menschen, deren Nöten niemand zuhören will und die als Last empfunden werden. Die Folgen sind Einsamkeit und Isolation, wie es das Schweigen des Taubstummen symbolisiert. Die Wundererzählung zeichnet Jesus als denjenigen, der sich dem Kranken zuwendet" (Nadine Ueberschaer, Mit allen Sinnen leben! 328f. In: Zimmermann, 2013, 323-331.

Nach Grün wird der Prozess der Heilung in 5 Schritten beschrieben, weil die Zahl 5 das "Überschreiten ins Göttliche" symbolisiert. So "können wir sagen: Jesus macht den Taubstummen offen für die Begegnung mit anderen Menschen und offen für die Begegnung mit Gott" (Grün, 2013, 121ff, insb. 122).

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