Die neue Schöpfung
„Der Name des Sonntags Jubilate leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon ab: Jubilate Deo, omnis terra! („Jauchzet Gott, alle Lande!“ Ps 66, 1). Am Sonntag Jubilate wird das Evangelium von Jesus als dem Weinstock gelesen. Das Thema "Die neue Schöpfung" wird jedoch nicht ohne weiteres in diesem Evangelium deutlich, sondern in den anderen Lesungen, worin auf die Veränderungen hingewiesen wird, die durch Jesu Auferstehung bewirkt wurden und werden. Interessant ist die Wahl der priesterlichen Schöpfungsgeschichte als alttestamentlicher Lesung: hier wird das, was das Volk Israel schon lange erkannt hat, aufgegriffen: Gott hat die Schöpfung gut geschaffen, ohne Fehl und Tadel. Das zahlreiche Elend ist auf das Versagen des Menschen zurückzuführen, den Willen Gottes auszuführen. Durch Christus sind wir nun dazu befähigt“ (www.daskirchenjahr.de).
Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir Psalm 96:
Preist die Herrlichkeit und Macht des Herrn!
Singt dem Herrn ein neues Lied! Alle Länder der Erde, singt zur Ehre des Herrn! Singt für den Herrn und preist seinen Namen, verkündet Tag für Tag, dass er uns Rettung schenkt! Erzählt unter den Nationen von seiner Herrlichkeit, unter allen Völkern von seinen Wundern! Denn groß ist der Herr, und ihm gebührt das höchste Lob. Ehrfurchtgebietend steht er über allen Göttern. Alle Götter der Völker sind schließlich nur Götzen, aber der Herr ist es, der den Himmel erschaffen hat. Majestät und Pracht umgeben ihn, Macht und Herrlichkeit erfüllen sein Heiligtum. Erweist dem Herrn Ehre, ihr Völkerstämme! Preist die Herrlichkeit und Macht des Herrn! Ja, erweist dem Herrn die Ehre, die seinem Namen gebührt. Bringt Opfergaben und kommt in die Vorhöfe seines Heiligtums! Betet den Herrn an in heiligem Festschmuck! Alle Welt soll vor ihm in Ehrfurcht erbeben. Verkündet es den anderen Völkern: »Der Herr ist König!« Fest gegründet ist die Erde, sie wird nicht wanken. Und der Herr wird für alle Völker ein gerechter Richter sein. Der Himmel soll sich freuen, und die Erde soll jubeln, rauschen soll das Meer mit allem, was in ihm lebt. Die Felder sollen in Jubel ausbrechen mit allem, was auf ihnen wächst! Auch alle Bäume im Wald sollen jauchzen, wenn der Herr kommt! Ja, er kommt, um auf der Erde Gericht zu halten. Er wird die Welt gerecht richtenund über alle Völker ein Urteil sprechen, durch das sich seine Wahrhaftigkeit zeigt. (NGÜ)
Die Evangeliumslesung für den heutigen Sonntag steht in Joh 15, 1-8:
Jesus ist der wahre Weinstock
»Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weinbauer. Er entfernt jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt; aber die fruchttragenden Reben reinigt er, damit sie noch mehr Frucht bringen. Ihr seid schon rein geworden durch das Wort, das ich euch verkündet habe. Bleibt mit mir vereint, dann werde auch ich mit euch vereint bleiben. Nur wenn ihr mit mir vereint bleibt, könnt ihr Frucht bringen, genauso wie eine Rebe nur Frucht bringen kann, wenn sie am Weinstock bleibt. Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben. Wer mit mir verbunden bleibt, so wie ich mit ihm, bringt reiche Frucht. Denn ohne mich könnt ihr nichts ausrichten. Wer nicht mit mir vereint bleibt, wird wie eine abgeschnittene Rebe fortgeworfen und vertrocknet. Solche Reben werden gesammelt und ins Feuer geworfen, wo sie verbrennen. Wenn ihr mit mir vereint bleibt und meine Worte in euch lebendig sind, könnt ihr den Vater um alles bitten, was ihr wollt, und ihr werdet es bekommen. Die Herrlichkeit meines Vaters wird ja dadurch sichtbar, dass ihr reiche Frucht bringt und euch so als meine Jünger erweist. (GNB)
Die NAK setzt ihre Predigtreihe über das „Unser Vater“ fort: Die Predigtgrundlage findet sich in „Mt 6, 12: Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.“ (LUT)
Die Leitgedanken tragen die Überschrift: „Vergib, wie ich vergebe“
Begründung: „Der dritte Sonntag im April ist der Bitte um Vergebung und der Bekundung der Vergebungsbereitschaft gewidmet. Gott um die Vergebung der Sünden zu bitten und den festen Willen zu haben, das Verhalten und die Einstellung zu ändern, sind notwendig für ein Leben mit ihm. Vergebungsbereitschaft ist die Konsequenz aus der Bitte um Vergebung. Nur der, der sich vergebungsbereit zeigt, kann auch glaubwürdig Gott um Vergebung bitten. Wichtig ist, dass die Gemeinde versteht, dass Sündenvergebung kein Automatismus ist, sondern dass zu ihrem Empfang unsere Mitarbeit - also Vergebungsbereitschaft - notwendig ist“ (alle Zitate sind entnommen aus den o. g. Leitgedanken der NAK).
Zum heutigen Sonntag erklingt die Kantate „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ (BWV 12) von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Bei dieser Kantate handelt es sich um eines der frühen Werke aus Bachs Weimarer Zeit. Komponiert wurde sie für den Gottesdienst in der Schlosskapelle am 22. April 1714.
Mein Lied für den heutigen Sonntag lautet: Gott hat das erste Wort. (T: Markus Jenny 1970/1965; M: Geraard Kremer 1959/1965)
1. Gott hat das erste Wort. Es schuf aus Nichts die Welten und wird allmächtig gelten und gehn von Ort zu Ort.
2. Gott hat das erste Wort. Eh wir zum Leben kamen, rief er uns schon mit Namen und ruft uns fort und fort.
3. Gott hat das letzte Wort, das Wort in dem Gerichte am Ziel der Weltgeschichte, dann an der Zeiten Bord.
4. Gott hat das letzte Wort. Er wird es neu uns sagen dereinst nach diesen Tagen im ewgen Lichte dort.
5. Gott steht am Anbeginn und er wird alles enden. In seinen starken Händen liegt Ursprung, Ziel und Sinn.
Kommentar: Meine wichtigste Vergebungsgeschichte steht in Mt 18, 23-35. Es ist
Das Gleichnis vom unbarmherzigen Gläubiger
Mit dem Himmelreich ist es deshalb wie mit einem König, der beschloss, von seinen Dienern Rechenschaft zu verlangen. Als er nun mit der Abrechnung begann, brachte man einen zu ihm, der ihm zehntausend Talente schuldig war. Weil er aber das Geld nicht zurückzahlen konnte, befahl der Herr, ihn mit Frau und Kindern und allem, was er besaß, zu verkaufen und so die Schuld zu begleichen. Da fiel der Diener vor ihm auf die Knie und bat: Hab Geduld mit mir! Ich werde dir alles zurückzahlen. Der Herr hatte Mitleid mit dem Diener, ließ ihn gehen und schenkte ihm die Schuld. (EU)
Die Parabel ist an dieser Stelle nicht beendet. Jedoch möchte ich hier verweilen. Aus der zeitlichen Abfolge wird deutlich, dass es, nach dem der König seinem Diener alle Schuld vergeben hat - ausnahmslos und ohne Vorbehalt - einen Moment gibt, in dem der Diener sich vollkommen schuldenfrei und erleichtert auf den Weg macht. Der König geht also ohne Verhandlungen und lediglich nach der Bitte des Dieners um Geduld und Gnade, in Vorleistung. Dies ist der spannendste Moment in dieser Parabel. In diesem Moment wird uns ein Mensch vorgestellt, der in der Krise ist, in seinen Überlegungen und Zweifeln steckt. Aber er ist gleichzeitig ein Mensch, der vollkommen frei ist. Wie soll er sich verhalten? Was soll er jetzt tun? Wie will er entscheiden? Welche Optionen gibt es? Welchen Werten wird er folgen? Diese, und weitere Fragen (siehe dazu: http://www.kernfragen-des-glaubens.de/11-schuld-sunde-vergebung) gilt es zu reflektieren.
In dem Gleichnis wird das Himmelreich mit diesem König verglichen. Das Himmelreich ist also "ein-in-Vorleistung-gehen." Dies ist das Geschenk, dass Gott uns täglich machen will, das ist sein Wesen, er kann nicht anders. Wir Menschen müssen nun entscheiden, was wir mit dem Geschenk machen wollen. Siehe dazu auch: Hanna Roose: Das Aufheben der Schuld und das Aufheben des Schuldenerlasses (Vom unbarmherzigen Knecht). In: Zimmermann, 2006, 445-460.
Dazu schreibt Beatrice v. Weizsäcker: „Gott muss uns nicht vergeben. Er braucht unser Flehen nicht. Wir sind es, die es brauchen. Unsere Bitte an Gott, uns zu vergeben, ist letztlich nichts anderes als die Bitte, uns dabei zu helfen, unser schlechtes Gewissen loszuwerden und uns selbst zu verzeihen, unser reines Herz wiederzufinden. Ein reines Herz bekommen wir nur durch uns selbst. Wenn wir ehrlich zu uns sind, unsere Fehler bei uns suchen und zu ihnen stehen. Ein Fehler wird nicht dadurch zum »Nichtfehler«, dass wir beten. Ein Fehler wird zum »Nichtfehler«, wenn wir ihn erkennen und abstellen. Dann ist unser Herz wieder rein – wenn natürlich auch nicht gefeit vor neuen Fehlern. Ein Gebet dient zwar immer der Suche nach Gott und der Bitte um Hilfe. Es dient aber auch der Selbstvergewisserung, der Selbstläuterung, wenn man so will. Es dient nicht Gott, sondern uns. Wenn es stimmt, dass Gott uns nimmt, wie wir sind, müssen wir ihn auch nicht um Vergebung bitten. Da sind wir selbst gefragt. Denn wir sind es, die andere verdammen, andere kränken, die in »Versuchung« geraten, die »Böses« tun. Die »schuldig« werden und »Vergebung« brauchen, um in der Sprache des Vaterunsers zu bleiben. So wenig wir das Böse in der Welt und in uns auf Gott abwälzen können, so wenig können wir ihm die Vergebung aufbürden. Ein Gott, der weiß, was wir benötigen, noch ehe wir ihn darum bitten, der weiß auch, dass wir Vergebung brauchen“ (Beatrice von Weizsäcker: Ist da jemand? Gott und meine Zweifel. Piper, 2014).
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