Das Wort von der Versöhnung
„Der 3. Sonntag nach Trinitatis stellt in gewisser Weise die Fortsetzung des 2. Sonntags nach Trinitatis dar, denn nun geht es um die offenen Arme, die den empfangen, der schon lange eingeladen ist. Die Gleichnisse vom "Verlorenen" oder die Geschichte vom Zachäus unterstreichen dies sehr deutlich. Gott will die Sünder selig machen, darum geht es, und er hindert keinen einzelnen, zu ihm zu kommen. Das Gleichnis vom verlorenen Schaf zeigt uns am 3. Sonntag nach Trinitatis, dass Gott gerade dem nachgeht, der in seiner Sünde gefangen ist. Wir freuen uns darüber, dass auf diese Weise auch Menschen zu seiner Gemeinde hinzukommen, die uns erst fremd und unbehaglich waren. Durch die Liebe Gottes, die in gleicher Weise uns wie ihnen gilt, werden wir fähig, diesen Menschen liebend zu begegnen“ (www.daskirchenjahr.de).
Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir Ps 106, 1-23:
Gott steht zu seinem Bund mit Israel
Halleluja! Dankt dem Herrn, denn er ist gütig, und seine Gnade bleibt für alle Zeiten bestehen! Wer kann schon sämtliche mächtigen Taten des Herrn erzählen, seinen Ruhm überall bekannt machen? Glücklich zu preisen sind alle, die sich an das Recht halten, die gerecht handeln zu jeder Zeit. Denke an mich, Herr, wenn du dich deinem Volk gnädig zuwendest – wenn du ihnen hilfst, dann hilf auch mir! Dann kann ich mit eigenen Augen das Glück derer sehen, die du erwählt hast, ich darf mich mitfreuen, wenn dein Volk sich freut, darf stolz sein gemeinsam mit dem Volk, das dein Erbe ist. Wir haben gesündigt, so wie schon unsere Vorfahren, wir haben Unrecht getan und gottlos gehandelt. Schon unsere Vorfahren in Ägypten wollten deine Wunder nicht verstehen, sie wollten sich nicht daran erinnern, wie oft du deine Gnade erwiesen hattest. Und am Schilfmeer haben sie sich gegen Gott aufgelehnt. Aber er rettete sie dennoch und stand dafür mit seinem Namen ein, um seine Macht bekannt zu machen. Er wies das Schilfmeer in seine Schranken, und es zog sich zurück. Dann führte er sein Volk dort hindurch, wo sonst die Fluten alles bedecken, sie gingen wie auf trockenem Wüstenboden. So rettete er sie vor dem Zugriff dessen, der sie hasste, er erlöste sie aus der Gewalt des Feindes. Das Wasser begrub ihre Unterdrücker unter sich, nicht einer von ihnen blieb am Leben. Da glaubten sie den Worten Gottes und lobten ihn mit einem Lied. Doch schnell vergaßen sie Gottes Handeln, sie wollten nicht warten, bis sein Plan sich erfüllte. In der Wüste ließen sie sich von ihrer Gier beherrschen, in der Einöde stellten sie Gott auf die Probe. Da gab er ihnen, wonach sie verlangt hatten, doch er ließ sie krank werden an Leib und Seele. Sie wurden neidisch auf Mose, dort im Lager, auch auf Aaron, den heiligen Priester des Herrn. Da öffnete sich die Erde und verschlang Datan, sie verschüttete alle, die sich um Abiram geschart hatten. Ein Feuer brach los gegen ihre Anhänger, lodernde Flammen erfassten diese gottlosen Aufrührer. Am Berg Horeb fertigten sie sich ein Kalb anund warfen sich anbetend nieder vor dieser gegossenen Figur. So tauschten sie Gott, der ihre Ehre ist, ein gegen das Standbild eines Stieres – eines grasfressenden Viehs. Sie vergaßen Gott, ihren Retter, der große Taten in Ägypten vollbracht hatte, Wunder im Land der Nachkommen Hams, furchterregende Zeichen am Schilfmeer. Da wollte Gott sie vernichten, wäre nicht Mose gewesen, den er auserwählt hatte. Mose trat für sie in die Bresche, um Gottes Zorn abzuwenden und ihn davon abzuhalten, sie zu vernichten. (NGÜ)
Die Evangeliumslesung für den heutigen Sonntag steht in Lk 15, 1-7:
Das verlorene Schaf
Eines Tages waren wieder einmal alle Zolleinnehmer und all die anderen, die einen ebenso schlechten Ruf hatten, bei Jesus versammelt und wollten ihn hören. Die Pharisäer und die Gesetzeslehrer murrten und sagten: »Er lässt das Gesindel zu sich! Er isst sogar mit ihnen!« Da erzählte ihnen Jesus folgendes Gleichnis: »Stellt euch vor, einer von euch hat hundert Schafe und eines davon verläuft sich. Lässt er dann nicht die neunundneunzig allein in der Steppe weitergrasen und sucht das verlorene so lange, bis er es findet? Und wenn er es gefunden hat, dann freut er sich, nimmt es auf die Schultern und trägt es nach Hause. Dort ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: ›Freut euch mit mir, ich habe mein verlorenes Schaf wiedergefunden!‹ Ich sage euch: Genauso ist bei Gott im Himmel mehr Freude über einen Sünder, der ein neues Leben anfängt, als über neunundneunzig andere, die das nicht nötig haben.« (GNB)
Die Leitgedanken der NAK für den 3. Sonntag nach Trinitatis tragen die Überschrift: „Freude trotz Bedrängnis“
Die Predigtgrundlage findet sich in „2. Kor 7, 4-5: Ich rede mit großer Zuversicht zu
euch; ich rühme viel von euch; ich bin erfüllt mit Trost; ich habe überschwängliche Freude in aller unsrer Bedrängnis. Denn als wir nach Mazedonien kamen, fanden wir keine Ruhe; sondern von allen Seiten waren wir bedrängt, von außen mit Streit, von innen mit Furcht.“ (LUT)
Begründet wird dieser Schwerpunkt so: „Die Predigt zum zweiten Sonntagsgottesdienst hat ein Bibelwort aus dem 2. Korintherbrief zur Grundlage. Paulus berichtet von Schwierigkeiten bei der Verkündigung des Evangeliums in Mazedonien. Es finden sich innere und äußere Bedrängnisse. Obwohl das Bibelwort nicht dem Buch der Apostelgeschichte entstammt, ist der Inhalt doch ein wichtiges Zeugnis der Geschichte und Taten der Apostel“ (alle Zitate sind entnommen aus den o. g. Leitgedanken der NAK).
Kommentar: Im Mittelpunkt des Briefes steht das Apostolat des Paulus. (...) Paulus sieht sich als Mittler der Versöhnung an. Sein gesamtes Denken, Fühlen und Tun begreift er als Verkündigung der Versöhnungsbotschaft Jesu. "Auch im Konflikt muß sich der Apostel als Träger des Wortes der Versöhnung bewähren, weil sonst sein Dienst nicht unterschieden wäre von dem Dienst im Alten Bund, der nach 2. Kor 3, 9 zur Verurteilung führt" (Klauck, 1986, 62). Letztgenanntes erlebe ich jedoch gerade in meiner Gemeinde (siehe dazu: http://atse21.blogspot.de/2016/06/in-eigener-sache-ecclesia-semper.html).
Zum heutigen Sonntag erklingt in mir die Kantate: „Ich hatte viel Bekümmernis“ (BWV 21) von Johann Sebastian Bach (1685-1750).
Die Entstehung dieser Kantate ist ungeklärt. Sicher ist, dass sie am 3. Sonntag nach Trinitatis 1714 in Weimar zum ersten Mal aufgeführt wurde, allerdings noch nicht mit allen Sätzen aus der letzten Fassung von 1723. Sie entstand aber bereits noch früher. Möglicherweise hat Bach sie komponiert oder aus bereits bestehenden Einzelstücken zusammengestellt, als er sich 1713 um die Organistenstelle in Halle bewarb. Es ist auch möglich, dass die beiden Teile der Kantate ursprünglich als je eigene Werke geplant waren. Der Text der Kantate stammt wahrscheinlich von Salomon Franck.
Mein Lied für den heutigen Sonntag lautet: „O Jesu Christe, wahres Licht (T: Johann Herrmann 1630; Nürnberg 1676/1854).
Kommentar: Äußerst lesenswert ist die Deutung dieser Parabel von Karl-Heinrich Ostmeyer - Dabeisein ist alles (Der verlorene Sohn). In: Zimmermann, 2007, 618-633.
"Im Zentrum der Parabel steht der Vater und die bei ihm gegenwärtige Freude. Von dieser Freude kann man sich in unterschiedlicher Richtung entfernen. Der Vater hält niemanden fest, er lädt aber gleichzeitig ein zur Beteiligung. Jedes seiner Kinder, das zu ihm kommt, ist vollkommen und von ihm vorbehaltlos aufgenommen. Nach der Vergangenheit wird nicht gefragt. Wer außerhalb der Freude beim Vater ist, ist tot und verloren. Wer daran teilnimmt, ist wieder lebendig und gefunden. (...) Diese Gemeinschaft stand und steht auch den Kritikern offen" (631).
Auch möchte ich hinweisen auf das Buch "Bach-Kantaten predigen." Hier wird als Predigtgrundlage die Texte der Bach-Kantate des heutigen Sonntags genommen. Die Predigtreihe, die in diesem Buch beschrieben wir, ist ein schönes Beispiel für lebendiges Predigen und eine alternative Gottesdienstgestaltung.
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