Samstag, 12. Oktober 2013

Kommentar zu den LG vom 29.09.2013

Predigtgrundlage für diesen Gottesdienst ist  1. Mose 18, 2-3 "Als er seine Augen aufhob und sah, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Und als er sie sah, lief er ihnen entgegen von der Tür seines Zeltes und neigte sich zur Erde und sprach: Herr, hab ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so geh nicht an deinem Knecht vorüber."
Die Leitgedanken für die Predigt haben die Überschrift: "Aufnehmen, die Gott sendet."
Die Kernbotschaft wird folgt zusammengefasst: "Indem wir das Wort Gottes durch seine Boten aufnehmen,  ehren wir unseren himmlischen Vater."
Zum Kontext, in dem das zitierte Wort steht, wird gesagt: "Der Bibeltext gehört zu  der Geschichte von  Abrahams Begegnung mit den drei Männern im Hain Mamre (1. Mo 18, 1−15).  In  Vers  1 wird deutlich  gemacht, dass Gott selber in den drei  Männern gegenwärtig  wird.  Abraham und Sara wird, obwohl sie schon sehr alt sind, die Geburt eines Sohnes verheißen. Durch die drei Fremden erlebt Abraham eine  unmittelbare Begegnung mit Gott. In der christlichen Tradition werden sie als Hinweis auf das Geheimnis der  Dreieinigkeit Gottes verstanden. „Mamre“ bedeutet „Weide“, der Ort befindet sich in der Nähe von  Hebron"  (1. Mo 13, 18; alle Zitate aus den o. g. LG).

Lassen wir einmal diese allzu naheliegende und offensichtliche Deutung, dass es sich bei der Begegnung mit den drei Männern um einen Hinweis auf die Dreiheit Gottes im Sinne der Trinität handelt, beiseite. Diese Deutung hat ihren Reiz, zumal die biblischen Texte über die älteste Geschichte Israels (oder besser über dessen Früh- oder Protogeschichte) nicht als geschichtliche Quellen verfasst worden sind, sondern als literarische Fiktionen und Kunstprodukte gelten müssen. Aber in dieser frühen Zeit steht die Entstehungsgeschichte des Volkes Israel und später dann der Nation im Mittelpunkt. Alles geschieht durch und mit der Hilfe des einen Gottes. Es wird eine Abenteuergeschichte voller wunderbaren Begegnungen geschildert (vergl. dazu: LEMCHE, Die Vorgeschichte Israels, 1996). Mit der Verheißung ist endgültig der Samen für das Volk Israel und die Nation gelegt worden, denn es ist auffällig, dass dies bereits die dritte Zusage an Abraham ist, dass seine Frau Sara einen Sohn bekommen wird (vergl. zuvor Gen 15, 4 und  Gen 17, 15 und eben schließlich Gen 18, 10).

Die Drei gilt von alters her als göttliche bzw. heilige Zahl. Der Jahres- und Lebenszyklus wurde in vielen Kulturen als Dreiheit gesehen. Wachsen – Fruchtbarkeit – Vergehen, Kindheit – Erwachsenenalter – Alter oder zunehmender Mond – Vollmond – abnehmender Mond. Und so treten natürlich, da die Natur einen  wesentlicher Erfahrungshintergrund darstellt, viele Götter in dieser Dreiheit auf (z. B. auch in der ägyptische Mythologie Isis - Osiris - Horus und später dann im Christentum Vater - Sohn - Heiliger Geist). In unserem Zusammenhang ist noch wichtig die Überlegungen zur Dreifaltigkeit in den (religiösen) Vorstellungen des Heiden- resp. Neuheidentum. Hier wird die "Große Göttin" in ihrer Dreifaltigkeit Jungfrau (»Liebesgöttin«) -  Mutter (»Fruchtbarkeitsgöttin«) - Altes Weib (»Todesgöttin«) verehrt mit der jeweiligen "Zuständigkeit" für die Jahreszeiten Frühling - Sommer - Winter. 
Zurück zum Text: Die LG weisen zurecht darauf hin, dass es für Beduinen eine ungewöhnliche Verhaltensweise sei, zu einer Tageszeit, als es am heißesten war, vor ihren Zelten zu sitzen. Es wird hier als "besondere Erwartungshaltung" interpretiert. Berücksichtigt man die vermutlich verbreiteten (mythologischen) Vorstellungen der Zeit sowie die kunstvolle literarische Gestaltung der biblischen Geschichten, so kann die "Hitze des Tages" als "Sommer" interpretiert werden und so ergibt sich ein Hinweis auf die "Mutter" und die "Fruchtbarkeit" und somit auf die Verheißung (siehe oben). Auch die Sequenz „Herr, hab ich Gnade gefunden  vor  deinen  Augen, so  geh  nicht  an  deinem Knecht vorüber“ (Gen 18, 3) kann in diesem Sinne gedeutet werden. Es wird eine Begegnungsgeschichte erzählt, in deren Verlauf drei Nahrungsmittel, nämlich Brot, Wasser und Kalb (-Fleisch), gereicht werden.

Brot verkörpert die Güte der Schöpfung und des Schöpfers, steht aber auch für die Demut des einfachen Lebens. Gleichzeitig bedeutet das feine, teure Kalb (-Fleisch) eine besondere Ehrerbietung gegenüber den Gästen.
Das Wasser ist der Inbegriff des Lebens und des Anfangs: "Braus Gottes schwingend über dem Antlitz der Wasser" (Gen 1, 2; Übertragung nach BUBER & ROSENZWEIG, 1954, 1976, 1992). Es steht als Quelle und Fluß für Ursprung, Mutterschaft und Fruchtbarkeit.
Die drei Männer stehen also für Verheißungen, dass etwas außergewöhnliches, etwas göttliches geschehen wird. In diesem Sinne sind Begegnungen und Verheißungen eng miteinander verwoben.

Am 29.9. feiern wir den 18. Sonntag nach Trinitatis. Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres für diesen Sonntag ist der Ps 1. "Wohl dem Mann, der nicht dem Rat der Frevler folgt, nicht auf dem Weg der Sünder geht, nicht im Kreis der Spötter sitzt, sondern Freude hat an der Weisung des Herrn, über seine Weisung nachsinnt bei Tag und bei Nacht. Er ist wie ein Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist, der zur rechten Zeit seine Frucht bringt und dessen Blätter nicht welken. Alles, was er tut, wird ihm gut gelingen. Nicht so die Frevler: Sie sind wie Spreu, die der Wind verweht. Darum werden die Frevler im Gericht nicht bestehen noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten. Denn der Herr kennt den Weg der Gerechten, der Weg der Frevler aber führt in den Abgrund" (aus: Die Bibel, Einheitsübersetzung, 1980, 2008).

Gut kann man sich dabei Abraham vorstellen, der vor seinem Zelt sitzt und dieses Lied singt (leider konnte ich das Video nicht einbetten, darum nur dieser Link).

https://www.youtube.com/watch?v=ulxmGx57CSA

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