Einleitung: "Im April befinden wir uns in einem besonderen Abschnitt des Kirchenjahres, der Passionszeit (...). An Palmsonntag wird unsere Haltung zu Jesus Christus thematisiert. Wir wollen ihn als unseren Herrn annehmen und zeigen dies in unserer Bereitschaft zum Dienst an ihm und im Wachstum in der neuen Kreatur."
An diesem Sonntag findet zudem eine Lesung aus dem Evangelium statt: "Bibellesung Joh 12, 12−19."
Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: "Jesus kommt!"
Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist "Mk 11, 13-14: Er sah einen Feigenbaum von ferne, der Blätter hatte; da ging er hin, ob er etwas darauf fände. Und als er zu ihm kam, fand er nichts als Blätter; denn es war nicht die Zeit für Feigen. Da fing Jesus an und sprach zu ihm: Nun esse niemand mehr eine Frucht von dir in Ewigkeit!"
Die Kernbotschaft lautet: „Jesus will in unsere Herzen einziehen, wir wollen ihm den Weg bereiten und Früchte des Glaubens bringen."
Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Die Verfluchung des Feigenbaums ist eine prophetische Zeichenhandlung Jesu. Jesus, der kurz darauf den Tempel reinigt, kündigt damit das Gericht Gottes über das verstockte Volk Israel an, das ihn nicht als Gottessohn und Messias annehmen will. Jesus Christus zeigt durch die Verfluchung seine Schöpfer macht: Er versagt dem Baum die Fruchtbarkeit, etwas, was nur Gott, der Schöpfer, tun kann."
Zusammenfassung der LG: "Jesus Christus will in unsere Herzen einziehen. Er soll in uns Frucht vorfinden:
- einen lebendigen Glauben,
- den Gehorsam gegenüber dem Evangelium in allen Lebenslagen,
- die Liebe, die sich im Maß unserer Mitarbeit und unseres Opfers zeigt,
- das Wachstum der neuen Kreatur“ (alle Zitate aus den o. g. LG).
Kommentar: "Die kleine Geschichte von der Verfluchung des Feigenbaums steht unmittelbar nach nach Jesu Einzug in Jerusalem. (...) Sie ist eng mit der Tempelaktion verzahnt, in dem Jesus die Verkäufer im Tempel hinaustreibt und die Tische der Geldwechsler umstößt (vergl. Mk 11, 15). (...) In der Antike allgemein verbreitet ist die Verbindung von Bäumen mit Herrschern und deren Einflussbereich, für Sicherheit, Frieden, Segen und Wohlstand. (...) Insofern Auftreten und Basileia [Reich-Gottes]-Verkündigung Jesu im Markusevangelium fast durchgängig vor der Folie römischer Machtansprüche lesbar sind, macht es daher Sinn, den Fluch über den Feigenbaum als eschatologischen Herrschaftswechsel zu lesen" (Zimmermann, 2013, 373). Frieden, Sicherheit, Segen und Wohlstand kann kein irdischer Herrscher schaffen, sondern Gott allein.
Wendet man die Geschichte ins individualpsychologische, so steht der Feigenbaum für das Leben und Wirken Jesu. Er erkennt, dass seine Mühen, seine Predigten und seine Botschaft "fruchtlos" geblieben sind und resigniert. Nicht das Volk ist "verstockt", obwohl hoffnungsvolle Anzeichen ("Blätter") da waren, sondern er selbst ist gescheitert. Der Frust und die Enttäuschung entlädt sich in der "Reinigung des Tempels." "Das Hoffnungspotential der Feigenbaum-Geschichten wird dann (erst) in der mystischen Tradition wirksam: Im Hintergrund mancher Darstellungen des Schmerzensmannes ist ein fruchttragender Feigenbaum zu sehen" (Zimmermann, 2007, 585). Siehe dazu z. B. Ernest Renan: Christus in der Kunst.
Um den Feigenbaum-Geschichten in den Evangelien gerecht zu werden, sollten diese synoptisch betrachtet werden (vergl. dazu Lk 13, 6-9; Mk 13, 28f; Mt 21, 18-22; Mk 11, 12-14 und 20-25) und immer auch in der Tradition des AT (vergl. z. B. Joel 1, 7; Am 4, 9; Hos 2, 14; Jer 5, 17 und 8, 13 Jes 28, 4).
Der Feigenbaum als "Baum des Lebens" bietet sich als weitere Interpretationsfolie an (vergl. Gen 3).
Am 13.04.2014 feiern wir den Sonntag "Palmarum - Der Einzug des Königs. Mit diesem Sonntag beginnt die 'Kar'-Woche. Diese Bezeichnung stammt vom alten deutschen Wort 'Kara' = Trauer her; die Kirche trauert um ihren Herrn und trägt Reue und Leid um ihre Sünde. Der Name des Sonntags leitet sich von dem Brauch ab, dass Könige und Feldherren beim Einzug in die Stadt durch das Winken mit Palmenzweigen begrüßt und willkommen geheißen wurden. So wurde nun auch Jesus begrüßt, beim Einzug in Jerusalem (Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 48).
Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist Ps 69:
"In schwerer Not
Rette mich, Gott, denn das Wasser steht mir bis zum Hals! Ich versinke in tiefem Schlamm und finde keinen Halt. Das Wasser reißt mich in die Tiefe, die Flut überschwemmt mich. Erschöpft bin ich durch mein ständiges Rufen, meine Kehle brennt, meine Augen erlöschen – ich aber warte weiter sehnsüchtig auf meinen Gott. So viele Menschen hassen mich ohne Grund, sie sind zahlreicher als die Haare auf meinem Kopf. Ihre Macht ist groß, und sie wollen mich zum Schweigen bringen, verlogene Feinde sind sie allesamt. Ich soll ihnen ersetzen, was ich gar nicht gestohlen habe. Du allein, mein Gott, weißt, wo ich unverständig bin; meine Schuld ist dir nicht verborgen. Lass es mit mir nicht so weit kommen, allmächtiger Herr, du Herr über alles, dass sich nun alle, die auf dich hoffen, meinetwegen schämen müssen! Lass nicht zu, dass durch mich Schimpf und Schande die trifft, die deine Nähe suchen, du Gott Israels! Denn weil ich zu dir gehöre, werde ich mit Hohn und Spott überschüttet, die Scham ist mir ins Gesicht geschrieben. Selbst meinen Brüdern bin ich fremd geworden, meine eigenen Geschwister begegnen mir, als gehörte ich nicht zum selben Volk wie sie. Denn die Leidenschaft für dein Haus hat meine ganze Kraft verzehrt, gegen mich richten sich die Beschimpfungen derer, die sonst dich beschimpfen. Als ich weinte und fastete, selbst dann haben sie mich noch verhöhnt. Legte ich in Trauer ein Gewand aus Sackleinen an, so dichteten sie Spottverse auf mich. Beim Stadttor, ´wo die Leute sich treffen`, ziehen sie über mich her, und die Betrunkenen verhöhnen mich in ihren Saufliedern. Ich aber bete zu dir, Herr, jetzt zur gelegenen Zeit. Gott, antworte mir doch in deiner großen Gnade, rette mich, so wie du es in deiner Treue schon immer getan hast! Zieh mich heraus aus dem Schlamm, damit ich nicht versinke! Rette mich vor dem Zugriff meiner Feinde, die mich hassen, lass mich dem tiefen Wasser entkommen! Sorge dafür, dass die Flut mich nicht überschwemmt und die tiefen Strudel mich nicht verschlingen, möge der Brunnen mich nicht für immer in seinem Schlund begraben! Antworte mir, Herr, denn deine Gnade ist wohltuend! Wende dich mir zu in der ganzen Fülle deines Erbarmens. Verbirg dein Gesicht nicht vor mir, deinem Diener, denn mir ist angst und bange. Antworte mir doch rasch! Schenk meiner Seele deine Nähe und erlöse mich, befreie mich meinen Feinden zum Trotz! Du weißt, wie viel Spott und Verachtung ich ernte, welche Schande ich ertragen muss. Alle meine Widersacher sind dir vor Augen. Der Hohn hat mir das Herz gebrochen, ich verzweifle. Ich hoffte auf Mitleid – es gab keins. Ich sah mich um nach Tröstern – es waren keine zu finden. Man gab mir Galle zur Speise, und Essig reichte man mir zu trinken, als ich durstig war. Dafür sollen ihnen ihre Opferfeste zur Falle werden, ja, zum Fangnetz für diese gleichgültig dahinlebenden Menschen! Lass es finster werden vor ihren Augen, so dass sie nichts mehr sehen können! Ihre Hüften sollen so schwach sein, dass sie nie mehr sicher auf den Beinen sind! Überschütte sie mit deinem Grimm, ja, dein glühender Zorn soll sie treffen. Ihr Wohngebiet soll öde und verlassen sein, und in ihren Zelten soll niemand mehr wohnen. Denn eigenmächtig verfolgen sie den, der von dir bereits gestraft wurde; und leichtfertig erzählen sie vom Schmerz derer, die du verwundet hast. Füge ihrer Schuld neue Schuld hinzu, und lass sie nicht teilhaben an deinem Heil. Ihre Namen sollen aus dem Buch des Lebens gestrichen werden, damit sie nicht darin stehen zusammen mit denen, die nach deinem Willen leben. Ich aber bin vom Leid gebeugt und voller Schmerzen, greif ein, o Gott, und bring mich in Sicherheit! Rühmen will ich den Namen Gottes mit einem Lied, voller Dank will ich ihn preisen. Das gefällt dem Herrn viel besser als ein Opferstier, besser als das vorzüglichste Jungtier mit Hörnern und gespaltenen Hufen. Alle, die wie ich Unrecht geduldig ertragen, werden es sehen und sich freuen. Ihr alle, die ihr Gottes Nähe sucht – euer Herz lebe auf! Denn der Herr gibt acht auf Menschen, die seine Hilfe brauchen. Er verachtet keinen, der gefangen ist und zu ihm gehört. Himmel und Erde sollen ihn loben, auch die Meere und alle Lebewesen darin! Denn Gott wird die Stadt Zion retten und die Städte in Juda wieder aufbauen, damit sein Volk in ihnen wohnt und das Land besitzt. Ja, die Nachkommen derer, die ihm dienen, werden es als Erbe erhalten. Alle, die seinen Namen lieben, werden dort wohnen" (NGÜ).
Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Joh 12, 12-19:
"Jesus zieht in Jerusalem ein
Am nächsten Tag hörte die große Menge, die zum Passafest gekommen war, Jesus sei auf dem Weg nach Jerusalem. Da nahmen sie Palmzweige, zogen ihm entgegen vor die Stadt und riefen laut: 'Gepriesen sei Gott! Heil dem, der in seinem Auftrag kommt! Heil dem König Israels!' Jesus aber fand einen jungen Esel und setzte sich darauf, so wie es schon in den Heiligen Schriften heißt: 'Fürchte dich nicht, du Zionsstadt! Sieh, dein König kommt! Er reitet auf einem jungen Esel' (vergl. Sach 9, 9). Damals verstanden seine Jünger dies alles noch nicht; aber als Jesus in Gottes Herrlichkeit aufgenommen war, wurde ihnen bewusst, dass dieses Schriftwort sich auf ihn bezog und dass die Volksmenge ihn dementsprechend empfangen hatte. Als Jesus Lazarus aus dem Grab gerufen und vom Tod auferweckt hatte, waren viele dabei gewesen und hatten es als Zeugen weitererzählt. Aus diesem Grund kam ihm jetzt eine so große Menschenmenge entgegen. Sie alle hatten von dem Wunder gehört, das er vollbracht hatte. Die Pharisäer aber sagten zueinander: 'Da seht ihr doch, dass wir so nicht weiterkommen! Alle Welt läuft ihm nach'" (GNB)!
Kommentar: Johannes verknüpft die Lebensgeschichte Jesu auch hier wieder mit den entsprechenden stellen des AT. Konsequent wird unter Bezugnahme des AT das Leben Jesu komponiert mit dem Ziel der Verherrlichung Jesu als Messias. Vergl. dazu Wengst (2000) oder auch die Einleitungen zum Joh-Ev in den angegebenen Bibelübertragungen. Der Wochenpsalm steht in einem scharfen Kontrast zu dem bejubelten Einzug in Jerusalem und nimmt die kommenden Leiden und die mit dem Tode Jesu verknüpfte Verheißung vorweg. Dadurch entsteht auch eine Verknüpfung zur "Feigenbaumgeschichte" (s. o.) und somit zu der Aussage, dass Sicherheit, Frieden, Segen und Wohlstand kein irdischer Herrscher schaffen kann, sondern Gott allein.
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