Donnerstag, 5. Mai 2016

Exaudi; mit einem Kommentar zu den Leitgedanken der NAK vom 08. Mai 2016

Psalm 86, 15


Die wartende Gemeinde (Erwartung des Geistes)


„Der Name dieses Sonntags leitet sich ab von dem Beginn der lateinischen Antiphon: Exaudi, Domine, vocem meam, qua clamavi ad te; miserere mei, et exaudi me (deutsch: HERR, höre meine Stimme, wenn ich rufe; sei mir gnädig und erhöre mich! (Ps 27,7))! Der Sonntag ist schon deutlich auf Pfingsten bezogen dadurch, dass er die wartende Haltung der Gemeinde und damit ihre Abhängigkeit vom Heilswirken Gottes herausstreicht, und von daher eigentlich nicht mehr Bestandteil des Osterfestkreises, der mit Christi Himmelfahrt abschloss.
Der Sonntag Exaudi spiegelt die Spannung wider, in der die Jünger sich befanden, nachdem ihr Herr gen Himmel aufgefahren war. Sie wissen um die Verheißung des Geistes, haben ihn aber noch nicht erfahren. Sie leben in einer kaum erträglichen Spannung, denn das Vergangene hat nun keine Bedeutung mehr, und das Zukünftige hat keine Kraft. Die Gegenwart, in der sie machtlos sind, wird übermächtig und scheint sie zu fesseln. In diese Spannung hinein erklingt als Erinnerungsruf die Rede Jesu, in der er den Tröster, seinen Geist, verheißt.
Am 6. Sonntag nach Ostern hören wir die Verheißungen des Geistes und beten, dass dieser Geist unter uns sei und wirke. Wohl wissen wir von Pfingsten her, dass der Geist Gottes schon ausgegossen ist auf alles Fleisch, aber oft erkennen wir unsere eigene Trägheit, die dem Wirken des Geistes keinen Platz gewährt. Aufgrund der Verheißungen aber glauben wir, dass der Geist uns erfüllt und unsere Trägheit von uns nimmt“ (www.daskirchenjahr.de).

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir Ps 86:
Herr, bewahre mich vor Verfolgung und Gewalt!
Herr, schenke mir ein offenes Ohr, erhöre mich, denn ich bin arm und vom Leid gebeugt. Schütze mein Leben, ich gehöre ja zu dir! Hilf mir, deinem Diener, der auf dich vertraut – du bist doch mein Gott! Hab Erbarmen mit mir, Herr; zu dir rufe ich den ganzen Tag. Erfreue das Herz deines Dieners, denn nach dir, Herr, sehnt sich meine Seele. Du, Herr, bist doch gütig und gern bereit zu vergeben, reich an Gnade gegenüber allen, die zu dir rufen. Höre auf mein Gebet, Herr, und achte auf mein lautes Flehen! In meiner Not rufe ich zu dir, denn du wirst mir antworten. Keiner ist wie du, kein anderer Gott gleicht dir, Herr! Und nichts reicht heran an die Werke, die du vollbracht hast. Alle Völker, die du geschaffen hast, werden kommen und sich vor dir niederwerfen, Herr. Deinem Namen werden sie Ehre erweisen. Denn du bist groß und vollbringst Wunder. Du bist Gott, du allein! Weise mir deinen Weg, Herr! Ich möchte in Treue zu dir mein Leben führen. Richte mein Herz auf eines aus: deinem Namen in Ehrfurcht zu begegnen. Ich will dir, Herr, mein Gott, von ganzem Herzen danken, deinen Namen möchte ich ehren für alle Zeit. Denn du hast mir deine Gnade so reich erwiesen und mein Leben den Tiefen des Totenreiches entrissen. Gott, vermessene Menschen treten mir als Feinde entgegen, eine Rotte gewalttätiger Leute trachtet mir nach dem Leben. Du bist ihnen völlig gleichgültig. Aber du, Herr, bist ein barmherziger und gnädiger Gott, du gerätst nicht schnell in Zorn, sondern bist reich an Gnade und Treue. Wende dich mir wieder zu und sei mir gnädig! Verleih deinem Diener deine Kraft, und hilf dem Sohn deiner Dienerin! Gib mir ein Zeichen dafür, dass du es gut mit mir meinst. Alle, die mich hassen, sollen es sehen und sich schämen, weil du, Herr, mir geholfen und mich getröstet hast. (NGÜ)

Die Evangeliumslesung für den heutigen Sonntag steht in Joh 15, 26-16, 4:
Wenn der Helfer kommen wird, wird er mein Zeuge sein – der Geist der Wahrheit, der vom Vater kommt und den ich zu euch senden werde, wenn ich beim Vater bin. Und auch ihr seid meine Zeugen, denn ihr seid von Anfang an bei mir gewesen.« »Ich sage euch diese Dinge, damit ihr euch durch nichts ´vom Glauben` abbringen lasst. Man wird euch aus den Synagogen ausschließen. Ja, es kommt eine Zeit, wo jeder, der euch tötet, meint, Gott damit einen Dienst zu erweisen. Das alles werden sie deshalb tun, weil sie weder den Vater noch mich kennen. Wenn jene Zeit kommt, sollt ihr euch daran erinnern können, dass ich euch diese Dinge angekündigt habe. Darum spreche ich ´im Voraus` mit euch darüber.« »Bisher habe ich nicht mit euch darüber gesprochen, weil ich ja bei euch war. (GNB)

Die Leitgedanken der NAK für den Sonntag Exaudi tragen die Überschrift: „Beistand des Heiligen Geistes“

Die Predigtgrundlage findet sich in „Johannes 14, 16: Und ich will den Vater bitten und er wird euch einen andern Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit.“ (LUT)

Begründet wird dieser Schwerpunkt so: „Am Sonntag nach Himmelfahrt werden Hilfe und Beistand des Heiligen Geistes zum Thema der Predigt. Hilfe und Beistand aus dem Heiligen Geist erleben wir, wenn wir in Übereinstimmung mit dem Evangelium leben und uns durch die Apostel in Wort und Sakrament auf die Wiederkunft Christi vorbereiten lassen“ (alle Zitate sind entnommen aus den o. g. Leitgedanken der NAK).

Zum heutigen Sonntag erklingt in mir die Kantate: „Sie werden euch in den Bann tun“ (BWV 183) von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Er komponierte sie in Leipzig für Exaudi, den Sonntag nach Himmelfahrt, und führte sie am 13. Mai 1725 erstmals auf. Mit demselben Bibelwort beginnt eine weitere Kantate Bachs zum gleichen Anlass aus dem Jahr 1724, die als BWV 44 geführt wird.

Mein Lied für den heutigen Sonntag lautet: „Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist (T: Martin Luther 1524; M: Kempten um 1000, Erfurt 1524, Martin Luther 1529).

Kommentar: Die Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist der ersten Abschiedsrede Jesu entnommen. Das von Luther und der GSB benutzte Wort "Tröster" ist treffender mit "Beistand" zu übertragen, wie es EU, Herder-Bibel und ELB taten, denn im griechischen Original steht das Wort "Paraklet" jeweils an dieser Stelle. In der NGÜ und bei Jörg Zink steht "Helfer".
Der Scheidende sorgt durch Nachfolger einerseits für Kontinuität seines Werkes. Andererseits erhält Jesu Schülerschaft erst durch den "Weggang" Jesu, seinem Kreuzestod, ein Vermächtnis. Das Vermächtnis lautet: "Liebet einander, so wie ich euch geliebt habe!" Erst durch den ewigen "Beistand" wird es möglich, dieses Erbe zu empfangen und zu erfüllen. Der Beistand ist der direkte Zuspruch der Liebe Gottes an die Schülerschaft, die nachfolgende Christenheit, die immer und immer wieder zur Wirkung kommt. So wird der Beistand, Helfer, Tröster unmittelbar und unvermittelt zu Gottes "Ja" an den Menschen (vergl. dazu ausführlich: Wengst, 2001, 126).

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