Samstag, 8. November 2014

Der Drittletzte Sonntag des Kirchenjahres - Kommentar zu den LG vom 09.11.2014

Einleitung: „In den Gottesdiensten dieses Monats wird die Liebe Gottes zum Menschen in unterschiedlichen Facetten beleuchtet, die schließlich Erwiderung durch den Menschen dem Nächsten gegenüber zur Folge hat: (...) Im Gottesdienst am 9.11. liegt der Schwerpunkt auf einer besonderen Facette der Liebe Gottes, die bisweilen etwas im Hintergrund steht: seine Geduld mit dem oft uneinsichtigen, aber auch mit dem rückfälligen Sünder. Dieser Schwerpunkt will Trost vermitteln und zum konsequenten Kampf gegen die Sünde auffordern.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: „Die Langmut Gottes.“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist „Ps 86, 15: Du aber, Herr, Gott, bist barmherzig und gnädig, geduldig und von großer Güte und Treue.“

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Gottes Langmut bedeutet für den Sünder zugleich Trost und heilige Pflicht.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Das Leben des Beters von Ps 86 scheint bedroht zu sein. Gott wird um Hilfe gebeten. V 15 preist Gottes Barmherzigkeit und Güte. Gott kann man um Hilfe bitten, weil er zuverlässig ist und zu seinen Zusagen steht. ‚Geduldig‘ weist auf Gottes Langmut hin.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
  • „Sünde ist eine ständige Bedrängnis, wir können ihr nicht entrinnen. Wir sind auf Gottes Gnade angewiesen!
  • Im Opfertod Christi ist ein für alle Mal der Zugang zur Errettung von der Sünde gegeben.
  • Gottes Güte und Langmut fordern unsere Antwort: Wir wollen Sünde ehrlich bereuen, Sünde meiden und dem Schuldiger vergeben.
  • In Geduld wollen wir auf die Schwächen des Nächsten schauen“ (alle Zitate aus den o. g. LG).


Kommentar: Der gesamte Ps 86 lautet wie folgt:
„Herr, bewahre mich vor Verfolgung und Gewalt!
Ein Gebet von David. Herr, schenke mir ein offenes Ohr, erhöre mich, denn ich bin arm und vom Leid gebeugt. Schütze mein Leben, ich gehöre ja zu dir! Hilf mir, deinem Diener, der auf dich vertraut – du bist doch mein Gott! Hab Erbarmen mit mir, Herr; zu dir rufe ich den ganzen Tag. Erfreue das Herz deines Dieners, denn nach dir, Herr, sehnt sich meine Seele. Du, Herr, bist doch gütig und gern bereit zu vergeben, reich an Gnade gegenüber allen, die zu dir rufen.
Höre auf mein Gebet, Herr, und achte auf mein lautes Flehen!
In meiner Not rufe ich zu dir, denn du wirst mir antworten.
Keiner ist wie du, kein anderer Gott gleicht dir, Herr! Und nichts reicht heran an die Werke, die du vollbracht hast. Alle Völker, die du geschaffen hast, werden kommen und sich vor dir niederwerfen, Herr. Deinem Namen werden sie Ehre erweisen. Denn du bist groß und vollbringst Wunder. Du bist Gott, du allein!
Weise mir deinen Weg, Herr! Ich möchte in Treue zu dir mein Leben führen. Richte mein Herz auf eines aus: deinem Namen in Ehrfurcht zu begegnen. Ich will dir, Herr, mein Gott, von ganzem Herzen danken, deinen Namen möchte ich ehren für alle Zeit. Denn du hast mir deine Gnade so reich erwiesen und mein Leben den Tiefen des Totenreiches entrissen.
Gott, vermessene Menschen treten mir als Feinde entgegen, eine Rotte gewalttätiger Leute trachtet mir nach dem Leben. Du bist ihnen völlig gleichgültig.
Aber du, Herr, bist ein barmherziger und gnädiger Gott, du gerätst nicht schnell in Zorn, sondern bist reich an Gnade und Treue.
Wende dich mir wieder zu und sei mir gnädig! Verleih deinem Diener deine Kraft, und hilf dem Sohn deiner Dienerin! Gib mir ein Zeichen dafür, dass du es gut mit mir meinst. Alle, die mich hassen, sollen es sehen und sich schämen, weil du, Herr, mir geholfen und mich getröstet hast“ (NGÜ).





Gustav Holst (1874-1934): Psalm 86 (To My Humble Supplication). From Two Psalms, for chorus, strings and organ, H.117 (1912) - Richard Hickox; Hochgeladen am 26.04.2011


„Am 09.11.2014 feiern wir den Drittletzten Sonntag im Kirchenjahr – Der Tag des Heils – und „denken an den jüngsten Tag, an dem unser Herr kommen und sich der Welt offenbaren wird. Der Glaube macht uns stark, an diesem Tag des Heils dem Herrn entgegenzugehen“ (Senftleben, 1988, 86).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist der Ps 90:
Der ewige Gott - der vergängliche Mensch
"Herr, du warst unsere Zuflucht von Geschlecht zu Geschlecht. Ehe die Berge geboren wurden, die Erde entstand und das Weltall, bist du, o Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Du lässt die Menschen zurückkehren zum Staub und sprichst: «Kommt wieder, ihr Menschen!» Denn tausend Jahre sind für dich wie der Tag, der gestern vergangen ist, wie eine Wache in der Nacht. Von Jahr zu Jahr säst du die Menschen aus; sie gleichen dem sprossenden Gras. Am Morgen grünt es und blüht, am Abend wird es geschnitten und welkt. Denn wir vergehen durch deinen Zorn, werden vernichtet durch deinen Grimm. Du hast unsre Sünden vor dich hingestellt, unsere geheime Schuld in das Licht deines Angesichts. Denn all unsre Tage gehn hin unter deinem Zorn, wir beenden unsere Jahre wie einen Seufzer. Unser Leben währt siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, sind es achtzig. Das Beste daran ist nur Mühsal und Beschwer, rasch geht es vorbei, wir fliegen dahin. Wer kennt die Gewalt deines Zornes und fürchtet sich vor deinem Grimm? Unsre Tage zu zählen, lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz. Herr, wende dich uns doch endlich zu! Hab Mitleid mit deinen Knechten! Sättige uns am Morgen mit deiner Huld! Dann wollen wir jubeln und uns freuen all unsre Tage. Erfreue uns so viele Tage, wie du uns gebeugt hast, so viele Jahre, wie wir Unglück erlitten. Zeig deinen Knechten deine Taten und ihren Kindern deine erhabene Macht! Es komme über uns die Güte des Herrn, unsres Gottes. Lass das Werk unsrer Hände gedeihen, ja, lass gedeihen das Werk unsrer Hände" (EU)!

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Lk 17, 20-30:
"Wann richtet Gott seine Herrschaft auf?
Einige Pharisäer fragten Jesus, wann die Herrschaft Gottes anbrechen werde. Jesus antwortete: »Ihr dürft nicht nach Vorzeichen ausschauen und an allen möglichen Orten nach ihr suchen! Denn schon jetzt, mitten unter euch, richtet Gott seine Herrschaft auf!«
Vom Kommen des Menschensohnes
Dann sagte Jesus zu den Jüngern, den Männern und Frauen: »Es wird die Zeit kommen, wo ihr euch danach sehnt, auch nur einen Tag unter der Herrschaft des Menschensohnes zu erleben. Aber es wird euch nicht vergönnt sein. Sie werden zu euch sagen: ›Schaut doch hierher!‹, oder: ›Schaut dorthin!‹ Aber geht nicht hin und gebt nichts darauf. Wenn sein Tag da ist, wird der Menschensohn kommen wie ein Blitz, der mit einem Schlag den ganzen Horizont ringsum erhellt. Aber zuvor muss er noch vieles erleiden und von den Menschen dieser Generation verworfen werden. Wenn der Menschensohn kommt, wird es genauso sein wie zur Zeit Noachs: Die Menschen aßen und tranken und heirateten, wie sie es gewohnt waren – bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging. Dann kam die Flut und vernichtete sie alle. Und es wird auch genauso sein wie in den Tagen Lots: Sie aßen und tranken, sie kauften und verkauften, bestellten das Land und bauten Häuser, wie sie es gewohnt waren. An dem Tag aber, an dem Lot die Stadt Sodom verließ, fiel Feuer und Schwefel vom Himmel und vernichtete sie alle. Ganz genauso wird es an dem Tag sein, an dem der Menschensohn erscheint" (GNB).

Kommentar: "Aus evangelischer Sicht rückt das Evangelium, die frohe Botschaft, als Ausgangspunkt und entscheidende Grundlage ins Zentrum, wenn es um den Menschen geht: die befreiende Botschaft, die dem Menschen gesagt wird und die er nicht sich selber sagen kann. Diese Botschaft ist dem Menschen nicht verfügbar, so wenig wie ihm Gott verfügbar ist. (...) Evangelische Konzepte eint, dass sie stets Gottes Geschichte mit den Menschen reflektieren: die Geschichte, in der Gott die Menschen angeht, anspricht und sich so mit ihnen in Beziehung setzt. Das ist Gottes befreiendes Handeln, Gottes Gnade. Vom Evangelium her den Menschen zu interpretieren, bedeutet daher weder einer abstrakten Idee eines göttlichen Wesens noch einer allgemeinen Lebensregel oder Idee das Wort zu reden. Die Erkenntnis des Menschen und die Erkenntnis Gottes sind stets aufeinander bezogen und orientiert sich dabei an Jesus Christus. Christlicher Glaube bekennt, dass Gottes Gnade wirklich Mensch geworden ist in Jesus Christus. (...) Der Mensch gewordene, Gekreuzigte und Auferstandene verkörpert den neuen Menschen, der Gott entspricht, und er verkörpert wirkliche Menschlichkeit inmitten aller Unmenschlichkeit, der Gott widerspricht" (Christoph Dahling-Sander: Mensch. In: Hübener & Orth, 2007, 157f).

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