Freitag, 27. Juni 2014

2. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 29.06.2014

Einleitung: „Im letzten Sonntag des Junis bereiten wir uns erneut auf einen Gottesdienst für Entschlafene vor. Die universale Kraft des Heiligen Geistes soll uns helfen, mehr und mehr einen 'heiligen Wandel' zu führen, wozu auch die herzliche Fürbitte für Hilfsbedürftige im Jenseits zählt. So schließt sich dann der Kreis zum ersten Gottesdienst des Monats, der zum Wachstum in Jesus Christus aufruft.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: "Heilig wandeln und helfen.“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist 1 Petr 1, 15: "Wie der, der euch berufen hat, heilig ist, sollt auch ihr heilig sein in eurem ganzen Wandel.“

Die Kernbotschaft lautet: "Wir wollen uns nach Gott ausrichten und für die Entschlafenen im Gebet eintreten.“

Das Bibelwort wird in den folgenden Kontext gestellt: „Der 1 Petr weist in seinem Briefeingang (1 Petr 1, 1–12) auf den hohen Stellenwert der Wiedergeburt hin. Dann folgt das Hauptthema des Briefes: Es wird zu einem neuen Leben aufgefordert, das der Heiligkeit Gottes entsprechen soll (1 Petr 1, 13–2, 10), wobei stets auf das Alte Testament verwiesen wird. Dann folgen bis zum Briefschluss Mahnungen und Trostworte (1 Petr 2, 11–4, 19).“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:
„Wir wollen heilig wandeln im Sinne von: 
  • uns von Gott leiten lassen. 
  • gegen die Sünde ankämpfen. 
  • ein williges Werkzeug sein in Gottes Hand. 
Wenn wir so wandeln, kann unsere Fürbitte für die Hilfsbedürftigen in den jenseitigen Bereichen würdig und wahrhaftig sein“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Die NAK kennt im Gegensatz zu den beiden großen deutschen christlichen Kirchen 3 Ewigkeitssonntage, die als „Gottesdienste für Entschlafene“ bezeichnet werden (siehe dazu ausführlich KNK, Kap. 9).

Theologisch breitet 1 Petr 2 Themen aus: die Leidenstheologie und die Darstellung der Gemeinde als Tempel. „Mit der Leidenstheologie kann der Verfasser die Situation der Christen, die sich in der Minderheit befanden und Diskriminierung, Hass und Feindseligkeiten ausgesetzt waren (etwa 50-55 nach Chr.), theologisch mit Jesus und seinem Leiden verbinden. Dadurch wird der Begriff der „Gnade“ konkret mit dieser sozialen Wirklichkeit verbunden.
Durch die Tempeltheologie kann er der Gemeinde ein kräftiges Bewusstsein theologischer Identität vermitteln. In den ausführlich referierten Haustafeln entwirft der Verfasser ein moralisches Ordnungsschema für antike Heidenchristen. Dieses Schema ist nicht am jüdischen Gesetz orientiert, sondern am Pflichtkatalog des 'Hauses' in der hellenistischen Welt“ (GNÜ, 53f).

Die EU übersetzt „heilig werden“: „Christliche Heiligkeit ist, wie das Futur in V 15 zeigt, kein Besitz, sondern ständig Schritte darauf hin und damit je neu zu konkretisierende Nachfolge (Frankemölle, 1987, 37). Zum Begriff der Nachfolge siehe auch Christian Rose, 2007, 168ff in: Hübener & Orth: Wörter des Lebens und Dietrich Bonhoeffer, 1937/2002.


„Am heutigen Sonntag feiern wir den 2. Sonntag nach Trinitatis – Die Einladung - und hören die Einladung zum großen Abendmahl und danken Gott, dass er uns durch Jesus Christus teilhaben lässt an seinem Reich. Die Freude über die Einladung macht uns selbst zu Einladenden“ (aus: Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 70).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist Ps 36, 6-11:
"Der Reichtum der Güte Gottes
Von David, dem Knecht des HERRN, vorzusingen. Es sinnen die Übertreter auf gottloses Treiben / im Grund ihres Herzens. Es ist keine Gottesfurcht bei ihnen. Und doch hat Gott den Weg vor ihnen geebnet, um ihre Schuld aufzufinden und zu hassen. Alle ihre Worte sind falsch und erlogen, verständig und gut handeln sie nicht mehr. Sie trachten auf ihrem Lager nach Schaden und stehen fest auf dem bösen Weg und scheuen kein Arges. HERR, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen. Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottes / und dein Recht wie die große Tiefe. HERR, du hilfst Menschen und Tieren. Wie köstlich ist deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben! Sie werden satt von den reichen Gütern deines Hauses, und du tränkst sie mit Wonne wie mit einem Strom. Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, und in deinem Lichte sehen wir das Licht. Breite deine Güte über die, die dich kennen, und deine Gerechtigkeit über die Frommen. Lass mich nicht kommen unter den Fuß der Stolzen, und die Hand der Gottlosen vertreibe mich nicht! Sieh da, sie sind gefallen, die Übeltäter, sind gestürzt und können nicht wieder aufstehen“ (LUT).

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Lk 14, (15) 16-24: 
"Gleichnis vom großen Gastmahl 
Als aber einer von denen, die mit zu Tisch lagen, dies hörte, sprach er zu ihm: Glückselig, wer essen wird im Reich Gottes! Er aber sprach zu ihm: Ein Mensch machte ein großes Gastmahl und lud viele ein. Und er sandte seinen Knecht zur Stunde des Gastmahls, um den Eingeladenen zu sagen: Kommt! Denn schon ist alles bereit. Und sie fingen alle ohne Ausnahme an, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muss unbedingt hinausgehen und ihn besehen; ich bitte dich, halte mich für entschuldigt. Und ein anderer sprach: Ich habe fünf Joch Ochsen gekauft, und ich gehe hin, sie zu erproben; ich bitte dich, halte mich für entschuldigt. Und ein anderer sprach: Ich habe eine Frau geheiratet, und darum kann ich nicht kommen. Und der Knecht kam herbei und berichtete dies seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und bringe die Armen und Krüppel und Blinden und Lahmen hier herein! Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, wie du befohlen hast, und es ist noch Raum. Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Wege und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, dass mein Haus voll werde! Denn ich sage euch, dass nicht einer jener Männer, die eingeladen waren, mein Gastmahl schmecken wird" (ELB).

Kommentar: Louise Schottroff bietet folgende drei Ebenen als Interpretationsfolie für Gleichnisse an: „Sie erzählen eine Geschichte aus dem Leben, sie geben eine Anleitung zum Vergleichen mit dem Reich Gottes und enthalten eine Aufforderung zur Antwort, einen ungeschriebenen dritten Teil, der eine hörende Auslegungsgemeinschaft voraussetzt. Diese sollen mit ihren Gebeten und ihrem Leben antworten. (…) Diese Antwort soll ihre Auslegung der Tora sein, die ihr Leben fortan gestaltet (Louise Schottroff: „Von der Schwierigkeit zu teilen.“ In: Zimmermann, 2007, 593ff vor allem 600f).

Für die o. g. Parabel bietet sie eine rein sozialgeschichtliche Deutung an:
„Ich verstehe die Erzählung als die Geschichte eines beleidigten Gastgebers, der sich Ersatzgäste einlädt, um die Erstgeladenen zu ärgern und öffentlich zu diskriminieren. Er will mit der Einladung der Armen gar kein gutes Werk tun. Diese Parabel soll von den Zuhörenden vielmehr mit der Armenpraxis, wie sie Jesus lehrt (Lk 14, 12-14) verglichen werden. Es kommt bei diesem Vergleich darauf an, den Unterschied zwischen diesem Festmahl und der Einladung Gottes zum messianischen Mahl zu erkennen. Der Gastgeber ist nicht als Abbild Gottes gemeint“ (ebenda).

Demgegenüber deutet Jeremias diese Parabel eher ekklesiologisch (Die Gleichnisse Jesu, 1962/1996) und Drewermann wie auch Grün aus einer (tiefen-) psychologischen Perspektive (Drewermann, Wenn der Himmel die Erde berührt, 1992 und Grün, Jesus als Therapeut, 2013).

Mittwoch, 18. Juni 2014

1. Sonntag nach Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 22.06.2014

Einleitung: Der dritte Sonntagsgottesdienst im Juni veranschaulicht dies am Beispiel der kranken Frau, die allen Mut zusammenfasst und jede Mühe auf sich nimmt, um den Herrn – im Glauben an seine Hilfe – zu berühren. Anregungen für unser tägliches Glaubensleben überträgt dieses biblische Geschehen praxisnah."

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: "Den Herrn berühren!“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist Lk 8, 46: "Jesus aber sprach: Es hat mich jemand berührt; denn ich habe gespürt, dass eine Kraft von mir ausgegangen ist.“

Die Kernbotschaft lautet: "Göttliche Kraft kann dann wirksam werden, wenn man Jesu Nähe sucht.“

Das Bibelwort wird in den folgenden Kontext gestellt: „Jesus war auf dem Weg zum Haus des JaÏrus. Er wurde vom Volk umringt. Eine Frau, die seit vielen Jahren den Blutfluss hatte und von keinem Arzt geheilt werden konnte, suchte Hilfe beim Herrn.“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:

  • „Wer den Herrn im Glauben berührt, empfängt göttliche Kräfte. 
  • Die Berührung mit dem Herrn vollzieht sich im Gebet, in der Aufnahme des Wortes, im Heiligen Abendmahl und durch unser gläubiges Opfer. 
  • Die göttlichen Kräfte helfen uns, im Vertrauen fest zu bleiben, mit Frieden und Freude erfüllt zu bleiben und ungute Dinge zu überwinden“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: Zunächst einmal ist erwähnenswert, dass die namenlose Frau unter einer mit dem damaligen medizinischen Wissen nicht heilbaren Krankheit litt und zwar seit 12 Jahren, so alt ist auch die Tochter des Jairus, zu der Jesu auf den Weg war. Auf diese Weise sind die beiden Heilungswunder miteinander verknüpft. Die Frau erfährt Heilung von ihrer Krankheit (zunächst) allein dadurch, dass sie Jesus berührt. Es findet hierbei sowohl eine aktive Zuwendung der Frau zu Jesus statt (Berührung „des Saumes des Gewandes“; V 44) als auch eine aktive Zuwendung Jesu zu der Frau („eine von mir ausgehende Kraft“; V 46) - eine gegenseitige heilende Beziehung wurde aufgebaut.

Ab V 47 folgt dann der öffentliche Teil des Wunders - quasi als Interpretation Jesu resp. des Evangelisten:
„Jesus spricht die Frau vor dem ganzen Volk als 'Tochter' an. Dadurch integriert er sie wieder in die Gesellschaft. Jesus würdigt sie und nennt ihren 'Glauben' - und nicht seine eigene Kraft - als entscheidenden Grund ihrer Rettung. Nicht das Berühren allein löst die Heilung aus, sondern der Glaube der Frau. Ihr Vertrauen auf Jesus, von dem ihre Berührung getragen ist, hat sie gerettet. Es fällt auf, dass Jesus von 'Rettung' der Frau und nicht von ihrer Heilung spricht.“ Er entlässt die Frau, seine Tochter, mit dem Friedenswunsch im Sinne vom hebräischen Wort 'Frieden' (Schalom [שלום]) und verweist so auf eine ganzheitliche Heilung, auch von der sozialen und religiösen Ausgrenzung. Durch die Einbettung dieser Geschichte in das Auferweckungswunder, ist auch die eschatologische Dimension mitzudenken (Stare, Im Stress Wunder wirken, 586. In: Zimmermann, 2013, 583ff).


„Am heutigen Sonntag feiern wir den 1. Sonntag nach Trinitatis - Apostel und Propheten - und hören im Gleichnis vom armen Lazarus den Hinweis auf die Propheten, die die Lebenden zu hören nicht bereit waren und auch heute oft nicht bereit sind. Auch wir verschließen oft unsere Ohren vor den wahren Propheten und neigen uns gerne falschen Propheten zu. Aber das Wort Gottes lässt nicht zu, dass wir gänzlich abirren, sondern holt uns zurück und stellt uns in seinen Dienst. So sind auch wir Gesandte ( = Apostel) des Herrn“ (aus: Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 69).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist Ps 34:
„Den HERRN will ich preisen allezeit, beständig soll sein Lob in meinem Munde sein. In dem HERRN soll sich rühmen meine Seele; hören werden es die Sanftmütigen und sich freuen. Erhebt den HERRN mit mir, lasst uns miteinander erhöhen seinen Namen! Ich suchte den HERRN, und er antwortete mir; und aus allen meinen Ängsten rettete er mich. Sie blickten auf ihn und strahlten, und ihr Angesicht wird nicht beschämt. Dieser Elende rief, und der HERR hörte, und aus allen seinen Bedrängnissen rettete er ihn. Der Engel des HERRN lagert sich um die her, die ihn fürchten, und er befreit sie. Schmecket und sehet, dass der HERR gütig ist! Glücklich der Mann, der sich bei ihm birgt! Fürchtet den HERRN, ihr seine Heiligen! Denn keinen Mangel haben die, die ihn fürchten. Junglöwen darben und hungern, aber die den HERRN suchen, entbehren kein Gut. Kommt, ihr Söhne, hört mir zu: die Furcht des HERRN will ich euch lehren. Wer ist der Mann, der Lust zum Leben hat, der seine Tage liebt, um Gutes zu sehen? Bewahre deine Zunge vor Bösem und deine Lippen vor betrügerischer Rede; lass ab vom Bösen und tue Gutes, suche Frieden und jage ihm nach! Die Augen des HERRN sind gerichtet auf die Gerechten und seine Ohren auf ihr Schreien. Denen, die Böses tun, steht das Angesicht des HERRN entgegen, um ihre Erwähnung von der Erde zu tilgen. Sie schreien, und der HERR hört, aus allen ihren Bedrängnissen rettet er sie. Nahe ist der HERR denen, die zerbrochenen Herzens sind, und die zerschlagenen Geistes sind, rettet er. Vielfältig ist das Unglück des Gerechten, aber aus dem allen rettet ihn der HERR. Er bewahrt alle seine Gebeine, nicht eines von ihnen wird zerbrochen. Den Gottlosen wird die Bosheit töten; und die den Gerechten hassen, werden es büßen. Der HERR erlöst die Seele seiner Knechte; und alle, die sich bei ihm bergen, müssen nicht büßen“ (ELB). 

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Lk 16, 19-31: 
Das Beispiel vom reichen Mann und vom armen Lazarus 
„Es war einmal ein reicher Mann, der sich in Purpur und feines Leinen kleidete und Tag für Tag herrlich und in Freuden lebte. Vor der Tür des Reichen aber lag ein armer Mann namens Lazarus, dessen Leib voller Geschwüre war. Er hätte gern seinen Hunger mit dem gestillt, was vom Tisch des Reichen herunterfiel. Stattdessen kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren. Als nun der Arme starb, wurde er von den Engeln in Abrahams Schoß getragen. Auch der Reiche starb und wurde begraben. In der Unterwelt, wo er qualvolle Schmerzen litt, blickte er auf und sah von weitem Abraham, und Lazarus in seinem Schoß. Da rief er: 'Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir und schick Lazarus zu mir; er soll wenigstens die Spitze seines Fingers ins Wasser tauchen und mir die Zunge kühlen, denn ich leide große Qual in diesem Feuer.' Abraham erwiderte: 'Mein Kind, denk daran, dass du schon zu Lebzeiten deinen Anteil am Guten erhalten hast, Lazarus aber nur Schlechtes. Jetzt wird er dafür getröstet, du aber musst leiden. Außerdem ist zwischen uns und euch ein tiefer, unüberwindlicher Abgrund, sodass niemand von hier zu euch oder von dort zu uns kommen kann, selbst wenn er wollte.' Da sagte der Reiche: 'Dann bitte ich dich, Vater, schick ihn in das Haus meines Vaters! Denn ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen.' Abraham aber sagte: 'Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören.' Er erwiderte: 'Nein, Vater Abraham, nur wenn einer von den Toten zu ihnen kommt, werden sie umkehren.' Darauf sagte Abraham: 'Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht'“ (EU). 

Kommentar: Heutige LeserInnen finden in der Parabel eine bleibende Mahnung, dass das Leben einmalig und unumkehrbar ist. Eine Vertröstung auf ein Leben nach dem Tod lässt dieses Gleichnis nicht zu. Sie ist aber auch eine Aufforderung an die Reichen, ihre Privilegien im Dienst der Armen einzusetzen und nicht unbedacht auf ihren Reichtum zu vertrauen. Den Reichen, heute würde man von „Leistungsträgern“ oder „Leistungselite“ sprechen, bleiben mit dem Lukasevangelium zwei Möglichkeiten, mit ihrem Reichtum umzugehen, um nicht in der „Unterwelt Qualen zu leiden“ (V 23): „Entweder sie geben ihren Reichtum ab oder sie verwenden ihn, der Mahnung von Thora und Propheten entsprechend, sozial verantwortlich“ (Leonhardt-Balzer, Wie kommt ein Reicher in Abrahams Schoß? 658. In: Zimmermann, 2007, 647ff).




Johann Sebastian Bach (1685-1759): O Ewigkeit, du Donnerwort. Athesinus Consort, Berlin. Leitung: Klaus-Martin Bresgott. Veröffentlicht am 19.06.2012.

Donnerstag, 12. Juni 2014

Trinitatis - Kommentar zu den LG vom 15.06.2014

Einleitung: "Im ersten Sonntagsgottesdienst nach dem Pfingstfest vertiefen wir den Gedanken, dass Gott sich als Vater, Sohn und Heiliger Geist offenbart. Der Gedanke der Dreieinigkeit er- schließt sich in diesem Gottesdienst schon von dem zugrunde liegenden Bibelwort her: Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus und der Geist der Weisheit und der Offenbarung wer- den in einem einzigen Satz zusammen genannt. Anhand der ersten drei Glaubensartikel kann die Erkenntnis über den drei- einigen Gott vertieft und gefestigt werden. Die Gabe des Heiligen Geistes, die 'Kraft aus der Höhe', soll und will nun auch tätig werden: Sie drängt uns beispielsweise, innige Verbindung mit dem Herrn zu suchen, auch wenn das nicht immer leicht, bisweilen sogar mit Mühe verbunden ist."

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: "Gott als den Dreieinigen erkennen.“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist Epheser 1, 16b-17: "[Ich] gedenke euer in meinem Gebet, dass der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe den Geist der Weisheit und der Offenbarung, ihn zu erkennen.“

Die Kernbotschaft lautet: "Die Erkenntnis des dreieinigen Gottes hat konkrete Auswirkungen auf unser Glaubensleben.“

Das Bibelwort wird in den folgenden Kontext gestellt: „V 17 deutet eine trinitarische Struktur an: 'Gott, der Vater', 'unser Herr Jesus Christus' und der 'Geist der Weisheit und der Offenbarung.' In den V 16 und 17 wird Gott darum gebeten, dass die Gemeinde durch den Heiligen Geist Gott erkenne. Gotteserkenntnis ist also weder Vermögen noch Leistung des Menschen, sondern Geschenk Gottes. Der Heilige Geist ist Ursprung der Weisheit und der Erkenntnis Gottes. Darüber hinaus wird durch den Heiligen Geist Gottes wahres Wesen enthüllt. Siehe auch KNK 1."

Schließlich werden die LG so zusammengefasst:

„Gott, der unsichtbar ist, zeigt sich als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Dazu bekennen wir uns in den ersten drei Glaubensartikeln. 

  • Die Erkenntnis des Vaters gibt uns Sicherheit.
  • Die Erkenntnis des Sohnes zeigt, dass nach unserem Leiden die Herrlichkeit folgt.
  • Die Erkenntnis des Heiligen Geistes lässt uns die Predigt im Glauben aufnehmen und dient der Bereitung der Braut Christi“ (alle Zitate aus den o. g. LG).


Kommentar: An dieser Stelle möchte ich die ersten drei Glaubensartikel der NAK (siehe dazu ausführlich „Das neuapostolische Glaubensbekenntnis“, KNK, 2014) dem Apostolischen Glaubensbekenntnis (siehe dazu z. B. Hans Küng: Credo, 2000 oder Joseph Ratzinger: Einführung in das Christentum, 2000) gegenüber stellen. Das Apostolische Glaubensbekenntnis hat fast wortgleich als Glaubensartikel 1-3 Eingang in den KNK gefunden. Die Unterschiede zum Apostolischen Glaubensbekenntnis habe ich farblich kenntlich gemacht. Es hat allerdings durch die Ergänzung durch die Glaubensartikeln 4-10 erheblich an Prägnanz eingebüßt. Hier wurde eine große Chance in Hinblick auf ein Fortkommen im Dialog mit den anderen christlichen Kirchen in Deutschland vertan.

Die ersten drei Glaubensartikel der NAK

(1) Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.

(2) Ich glaube an Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, unsern Herrn, der empfangen ist durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben, begraben, eingegangen in das Reich des Todes, am dritten Tag auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, von dort wird er wiederkommen.

(3) Ich glaube an den Heiligen Geist, die eine, heilige, allgemeine und apostolische Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.


Das apostolische Glaubensbekenntnis

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche (katholische) Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.

Amen.


„Am heutigen Sonntag feiern wir das Fest der Heiligen Dreifaltigkeit - Trinitatis. Es ist das Fest des Glaubensbekenntnisses. Mit dem Trinitatisfest erreicht das Kirchenjahr gewissermaßen seinen ersten Abschluss. Es ist das Fest, an dem es um das Geheimnis der göttlichen Dreieinigkeit selbst geht. In der dem Fest folgenden Zeit denken wir darüber nach, wie die christliche Gemeinde den Glauben an diesen Gott in ihrem Leben umsetzt. Am Trinitatsifest denken wir darüber nach, wie sich Gott uns in verschiedenen Gestalten, als Schöpfer im Vater, als Versöhner im Sohn und als Mittler im Geist, offenbart“ (aus: Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 68).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist Ps 145:

„Ein Lobgesang. Von David. Ich will dich erheben, mein Gott, du König, und deinen Namen preisen immer und ewig. Täglich will ich dich preisen, deinen Namen will ich loben immer und ewig. Groß ist der HERR und sehr zu loben. Seine Größe ist unerforschlich. Eine Generation wird der andern rühmen deine Werke, deine Machttaten werden sie verkünden. Reden sollen sie von der herrlichen Pracht deiner Majestät, und deine Wunder will ich bedenken. Sie sollen sprechen von der Kraft deiner furchtbaren Taten, und deine Großtaten will ich erzählen. Das Lob deiner großen Güte werden sie hervorströmen lassen, deine Gerechtigkeit werden sie jubelnd preisen. Gnädig und barmherzig ist der HERR, langsam zum Zorn und groß an Gnade. Der HERR ist gut gegen alle, sein Erbarmen ist über alle seine Werke. Es werden dich loben, HERR, alle deine Werke und deine Frommen dich preisen. Sie werden sprechen von der Herrlichkeit deines Reiches, sie werden reden von deiner Kraft, um den Menschenkindern kundzutun deine Machttaten und die prachtvolle Herrlichkeit deines Reiches. Dein Reich ist ein Reich aller Zeiten, deine Herrschaft dauert durch alle Generationen hindurch. Der HERR stützt alle Fallenden, er richtet auf alle Niedergebeugten. Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zu seiner Zeit. Du tust deine Hand auf und sättigst alles Lebendige nach Wohlgefallen. Der HERR ist gerecht in allen seinen Wegen und treu in allen seinen Werken. Nahe ist der HERR allen, die ihn anrufen, allen, die ihn in Wahrheit anrufen. Er erfüllt das Verlangen derer, die ihn fürchten. Ihr Schreien hört er, und er hilft ihnen. Der HERR bewahrt alle, die ihn lieben, aber alle Gottlosen vertilgt er. Mein Mund soll das Lob des HERRN aussprechen, und alles Fleisch preise seinen heiligen Namen immer und ewig“ (ELB).


Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Joh 3, 1-8 (9-15): 
Gespräch mit Nikodemus 
Es war aber ein Mensch aus den Pharisäern mit Namen Nikodemus, ein Oberster der Juden. Dieser kam zu ihm bei Nacht und sprach zu ihm: Rabbi, wir wissen, dass du ein Lehrer bist, von Gott gekommen, denn niemand kann diese Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm. Jesus antwortete und sprach zu ihm: 'Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird (oder: von oben her neu; MS), kann er das Reich Gottes nicht sehen.' Nikodemus spricht zu ihm: 'Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er etwa zum zweiten Mal in den Leib seiner Mutter hineingehen und geboren werden?' Jesus antwortete: 'Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes hineingehen. Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch, und was aus dem Geist geboren ist, ist Geist. Wundere dich nicht, dass ich dir sagte: Ihr müsst von neuem geboren werden. Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Sausen (oder: seine Stimme; MS), aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht; so ist jeder, der aus dem Geist geboren ist.' Nikodemus antwortete und sprach zu ihm: 'Wie kann dies geschehen?' Jesus antwortete und sprach zu ihm: 'Du bist der Lehrer Israels und weißt das nicht? Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wir reden, was wir wissen, und bezeugen, was wir gesehen haben, und unser Zeugnis nehmt ihr nicht an. Wenn ich euch das Irdische gesagt habe, und ihr glaubt nicht, wie werdet ihr glauben, wenn ich euch das Himmlische sage? Und niemand ist hinaufgestiegen in den Himmel als nur der, der aus dem Himmel herabgestiegen ist, der Sohn des Menschen. Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so muss der Sohn des Menschen erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, ewiges Leben habe'“ (ELB). 

Kommentar: Auf der Gesamtebene des Evangeliums ist Nikodemus Kontrastfigur zur samaritischen Frau im nächsten Kapitel.
Nikodemus hat begriffen, dass Jesu Aussage aus V.3 einen in seiner Radikalität nicht mehr zu überbietenden Neuanfang meint. Aber er schiebt solchen Neuanfang ins Illusionäre, in den Bereich der religiösen Träumerei. Die Annahme einer Art „reboot“ der bisherigen Lebensgeschichte ist eben nicht realistisch. Dem setzt Jesus die Wirklichkeit Gottes entgegen.
Der Schwerpunkt der Antwort Jesu im Joh liegt auf dem Wort „Geist.“ „Geist“ bezeichnet im Joh die Wirklichkeit Gottes im Gegensatz zum „Fleisch“ als die Wirklichkeit der Welt.
Es geht also um die Wirklichkeit Gottes, der (Gott) sich in der Fleischwerdung des Wortes, im Auftreten Jesu, gerade irdisch manifestiert hat. Wenn aber Gottes andere Wirklichkeit irdisch auf den Plan tritt, dann kann das nur so geschehen, dass sich die irdische Wirklichkeit ändert.
Das benutzte griechische Wort „ánothen“ beinhaltet die Aspekte: „von neuem“ und „von oben“ („vom Himmel her“). 
Im weiteren Verlauf des Evangeliums (V.8) spielt Johannes mit der Doppelbedeutung des Wortes „Wind“, um den Geist weiter zu charakterisieren. Das griechische Wort „pneúma“ und das hebräische Wort „rúach“ bedeuten „Wind“ und „Geist.“
Nicht nur der Wind weht, wo er will, sondern auch der Geist. Er, Gottes Geist, ist souverän. Sein Wirken kann von Menschen nicht festgelegt werden – auch nicht durch die Taufe oder die sogen. „Versiegelung“ (vergl. im Gegensatz dazu: KNK,  311ff).
Mit der Erwähnung des Wassers, und damit der Taufe, bringt Johannes schließlich auch den konkreten irdischen Ort, an dem die Geburt aus dem Geist geschieht, ins Spiel. Dieser Ort ist die Gemeinde (vergl. Wengst, 2004, Das Johannes Evangelium I, 123-136; siehe dazu weiter: Zimmermann, 2007, 719-730).





W. A. Mozart - KV 167 - Missa in honorem Sanctissimae Trinitatis in C major
Nicolaus Harnoncourt mit dem Arnold Schönberg Chor und dem Concentus Musicus, Wien
Veröffentlicht am 25.07.2013

Samstag, 31. Mai 2014

Pfingsten - Kommentar zu den LG vom 08.06.2014

Einleitung: "Den Pfingstgottesdienst selbst stellt der Stammapostel in konsequenter Fortführung des Jahresmottos 'Mit Liebe ans Werk' ganz ins Zeichen des Wesens Gottes: Wir haben die Gabe der Liebe empfangen – und wollen sie nutzen."

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: "Pfingsten 2014.“

An diesem Sonntag findet eine Bibellesung statt. Sie findet sich in Apg 2, 1-13.

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist jedoch Rö 5, 5: "Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“
Die Kernbotschaft lautet: "Wir haben die Gabe der Liebe empfangen. Nutzen wir sie!“ 

Diese Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Durch die Heilige Versiegelung nimmt Gottes Geist dauerhaft Wohnung in uns. Die ständige Gegenwart des Geistes wirkt sich spürbar auf unser Verhalten aus. Wenn wir ihm den nötigen Raum schenken, entwickelt er in uns göttliche Tugenden, von denen die erste die Liebe ist (KNK 8.3.9).“ 

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: 
  • Unsere Hoffnung beruht auf unserem Vertrauen in die Liebe Gottes. 
  • Durch die Gabe des Geistes haben wir die Gabe empfangen, zu lieben. 
  • Sich auf das Wiederkommen Jesu vorzubereiten bedeutet, diese Gabe anzuwenden“ (alle Zitate aus den o. g. LG). 
In diesem Jahr findet zudem an Pfingsten erstmals ein internationaler Kirchentag der Neuapostolischen Kirche (IKT) in München statt.

Kommentar: Zum Pfingstgeschehen möchte ich an dieser Stelle ausführlicher aus einem Artikel von Michael Welker mit dem Titel "Heiliger Geist“ zitieren:
„Klare Kriterien für die Unterscheidung der Geister und der Erkenntnis des Geistes Gottes geben die Jesaja-Texte, die vom 'Ruhen des Geistes' auf dem vom Gott Erwählten sprechen und die das NT auf Jesus Christus bezieht (Jes 11; 42; 61; z. B. Mt 12, 15-21). Der von Gott Erwählte, auf der der Geist Gottes ruht, bringt Gerechtigkeit, Erbarmen mit den Armen, Leidenden, Schwachen und Verfolgten und wahre Gotteserkenntnis und -verehrung – und zwar für Israel und für die Völker.
Mit der Verbindung von Gerechtigkeit, Schutz der Schwachen und wahrem Gottesdienst wird auf das Gesetz des AT angespielt. Vom sogen. Bundesbuch an (Ex 20, 22-23, 33) bis hin zum Rückblick auf 'das Wichtigste am Gesetz: Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Glaube' (Mt 23, 23) wird durch das Gesetz und die Verbindung mit ihm der Zusammenhang von Recht, Erbarmen und dem Gott gemäßen Kult hervorgehoben. Derjenige, auf dem Gottes Geist ruht, bringt die 'Erfüllung des Gesetzes', und er bringt damit Befreiung und Frieden für Israel und den ganzen Erdkreis. 

Eine für die Erkenntnis des Heiligen Geistes und seines Wirkens entscheidende Wende erfolgt in den neutestamentlichen Überlieferungen, die besagen: Jesus Christus, der, auf dem Gottes Geist ruht, ist auch der, der den Heiligen Geist 'ausgießt', der 'mit den Heiligen Geist tauft' (Mt 3, 11). Er gibt damit den Menschen Anteil am Geist und sie werden von ihm überkommen. (…) Auch die Rede von der 'Ausgießung des Geistes' findet sich schon im AT (Joel 3, 1ff). Die Pfingstgeschichte Apg 2, 17ff schließt ausdrücklich an Joel an. (…) Das Wunder der Geistausgießung liegt in einem unwahrscheinlichen gemeinsamen Verstehen inmitten sprachlicher, kultureller und sozialer Verschiedenheit. (…)
Der Geist Gottes wirkt also nicht nur durch ein Volk, nicht nur durch eine Kultur oder nur durch die Männer und Frauen oder nur durch die Alten oder nur durch die Herrschenden oder nur durch die Unterdrückten. Der Geist bricht immer wieder einseitige Herrschaftsverhältnisse auf, er führt zu lebendigen Formen von Gemeinschaft und wirkt Freiheit und Frieden unter den Menschen (Welker, 2007. In: Hübener&Orth, Wörter des Lebens. Stichwort: „Heiliger Geist“, 107ff). Zum Sichtwort „Wunder“ verweise ich auf Jürgen Wehnert, 2007. In: Hübener&Orth, 2007, Wörter des Lebens. Stichwort: „Wunder“, 256ff und auf Zimmermann, 2013.


Am 08. und 09 06.2014 feiern wir in diesem Jahr das Pfingstfest – „Der Tag der Ausgießung des Heiligen Geistes. Es hat seinen Ursprung im jüdischen Festkalender, wo es zunächst das Fest der Darbringung der Erstlingsfrüchte (2. Mose 23, 16) war. Es wird später als 'Wochenfest' bezeichnet (Ex 34, 22) und (wohl erst in nachtestamentlicher Zeit) 50 Tage (= Pentekoste = Pfingsten) nach dem Passah-Fest angeordnet (Apg 2, 1). (…) Die Kirche feierte das Fest schon früh als Fest der Ausgießung des Geistes. (…) An diesem Tag wird zeichenhaft der Wille Gottes zur Versöhnung der Menschheit mit ihm dadurch deutlich gemacht, dass die Sprachverwirrung, die in Babel aufgrund des Turmbaus erfolgte, nun durch die eine Sprache des Geistes überwunden ist. (…) In manchen Gemeinden ist noch heute die gute Praxis üblich, im Hauptgottesdienst das Te Deum zu singen (s. u.). (…) 
Am Pfingstsonntag feiern wir die 'Geburt der Kirche'. An diesem 50. Tag nach Ostern hat Gott seinen Geist auf die Gemeinde ausgegossen und seitdem nicht mehr von ihr genommen. So denken wir nach über das, was in der Bibel vom Geist Gottes gesagt wird, und erkennen, wie der Geist Gottes auch heute unter uns wirkt" (aus: Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 65f). 

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist Ps 118, 24-29: 
„Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat; wir wollen jubeln und uns an ihm freuen. Ach, Herr, bring doch Hilfe! Ach, Herr, gib doch Gelingen! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Wir segnen euch vom Haus des Herrn her. Gott, der Herr, erleuchte uns. Mit Zweigen in den Händen schließt euch zusammen zum Reigen bis zu den Hörnern des Altars. Du bist mein Gott, dir will ich danken; mein Gott, dich will ich rühmen. Dankt dem Herrn, denn er ist gütig, denn seine Huld währt ewig“ (EU). 

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Joh 14, 23-27: 
„Wer mich nicht liebt, hält an meinen Worten nicht fest. Und das Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat. Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin. Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht“ (EU). 

Kommentar: Dieser Abschnitt ist der 1. Abschiedsrede Jesu entnommen. Nach Wengst setzt Jesus Wort und Gebot gleich, da auch die Worte Jesu, wie eben auch die Gebote, „gehalten“ werden sollen. „Die Rede vom Geist als Beistand ist Ausdruck des Vertrauens darauf, dass Jesus sich im Zeugnis seiner Schülerschaft schon selbst zu Gehör und Erinnerung bringen wird“ (Wengst, Das Johannesevangelium II, 2001, 132; siehe dazu auch „Kommentar zu den LG vom 01.06.2014“).
Unter Frieden versteht Christus, Calvin zufolge, „glückliches Ergehen, wie die Menschen es sich zu wünschen pflegen, wenn sie sich treffen oder auseinandergehen. Denn das bedeutet Frieden im Hebräischen“ (zitiert aus: ebd., 133). „Frieden der Welt“ spielt auf die „Pax Romana“ an. Frieden wurde im Römischen Reich auch mittels militärische Gewalt erreicht, diente der Machterhaltung und schreckte auch vor der Tötung Unschuldiger nicht zurück. Der Frieden, von dem Jesus spricht, entsteht demgegenüber aus der Erfahrung der Solidarität und der Gewaltlosigkeit (vergl. dazu die sogen. „Bergpredigt“ in Mt 5-7).





Georg Friedrich Händel (1685-1759): Dettinger Te Deum;  HWV 283 (Live)

Veröffentlicht am 27.03.2012

1. We praise Thee, O God
2. All the earth does worship
3. To Thee all angels cry aloud
4. To Thee Cherubin and Seraphim
5. The glorious company of th'apostles
6. Thine honourable, true, and only Son
7. Thou art the King of glory
8. When Thou tookest upon Thee
9. When Thou hadst overcome the sharpness of death
10. Thou didst open the kingdom of heaven
11. Thou sittest at the right hand of God
12. (Adagio)
13. We therefore pray Thee
14. Make them to be number'd
15. Day by day we magnify Thee
16. And we worship Thy name
17. Vouchsafe, O Lord
18. O Lord, in Thee have I trusted


Soloists: Matthew White, Frédéric Antoun & Joshua Hopkins
Orchestra & Chorus: San Francisco Symphony & San Francisco Symphony Chorus
Conductor: Bernard Labadie

History: On 27 June 1743, the British army and its allies, under the command of King George II and Lord Stair, won a victory at the Battle of Dettingen, over the French army, commanded by the Maréchal de Noailles and the Duc de Grammont. On the King's return a day of public thanksgiving was appointed, and Handel, at that time "Composer of the Musick to the Chapel Royal," was commissioned to write a Te Deum and an anthem ("The King Shall Rejoice") for the occasion. The work was composed between 17 and 29 July 1743 and was first performed on 27 November 1743 in the Chapel Royal of St. James's Palace, London in the presence of George II.

Dienstag, 27. Mai 2014

Exaudi - Kommentar zu den LG vom 01.06.2014

Einleitung: "Im Monat Juni steht die Vor- wie auch die Nachbereitung des Pfingstfestes im Mittelpunkt des gottesdienstlichen Geschehens. Mit der Botschaft: 'Der Herr erwartet Wachstum zu ihm hin', können wir uns am Sonntag vor diesem Geschehen nochmals vorbereiten und einstimmen. Gleichzeitig beschließt dieser Gottesdienst die Themenreihe 'Nachfolge Christi'."

Die Leitgedanken für die Predigt tragen die Überschrift: "Wachstum.“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist Eph, 4, 15: "Lasst uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus.“

Die Kernbotschaft lautet: "Der Herr erwartet Wachstum zu ihm hin.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Mit Kapitel 4 des Eph wird der ermahnende Teil des Briefes eröffnet. Die Einheit der Kirche wird durch die unterschiedlichen Amtsgaben Apostel, Prophet, Lehrer usw. garantiert (Eph 4, 11-12). Für das Wachstum der Kirche steht das oft gebrauchte Bild des Leibes, wobei Christus das Haupt ist. Durch die Ausrichtung auf Christus hin wächst und erbaut sich der Leib der Kirche (Eph 4, 12–16). Die Worte, die Luther mit 'erbauen' und 'Erbauung' übersetzt, sind gleichbedeutend mit 'wachsen' und 'Wachstum'."

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: "Wir wollen wahrhaftig sein in der Liebe. Dies gibt Segen in der Gemeinde, Wachstum im Wesen Christi und bringt uns dem Glaubensziel näher. Wachstum auf Christus hin kommt aus dem Heiligen Geist. Jeder kann wachsen. Mögliche 'Wachstumsfelder' sind: 
  • uns mehr um andere kümmern 
  • uns mehr um Versöhnung bemühen 
  • unsere Gaben einsetzen 
  • uns um vermehrte Erkenntnis bemühen 
  • unser Gebetsleben vertiefen 
  • Zeugnis geben“ (alle Zitate aus den o. g. LG). 

Kommentar: "Was die Gemeinde zusammenhält und wachsen lässt“ so ist diese Abschnitt (Eph 4, 7-16) in der NGÜ überschrieben. Eingeleitet wird der Abschnitt mit: „Jedem Einzelnen von uns hat Christus einen Anteil an den Gaben gegeben, die er in seiner Gnade schenkt; jedem hat er seine Gnade in einem bestimmten Maß zugeteilt“ (V 7). Es wird die Gemeinde im weiteren mit dem menschlichen Körper verglichen, bei dem auch nur alle Körperteile gemeinsam sinnvoll und zielgerichtet zusammenarbeiten können und zwar jedes Organ seiner Funktion gemäß. Es klingt zudem das Gleichnis vom anvertrauten Geld (Lk 19, 11-27) resp. Zentner (Mt, 25, 14-30) an. Für die Auslegung dieser Gleichnisse verweise ich an dieser Stelle auf Zimmermann, 2007.
Im Zentrum dieses Abschnitts steht jedoch der Begriff der „Gnade“. Gnade meint als theologischer Begriff die Hinwendung Gottes zum Menschen, der uns so annimmt, wie wir sind. Gnade beinhaltet alle Aspekte, die unser Leben ausmachen wie Liebe, Freundschaft, Vergebung etc. Sich darauf einzulassen bedeutet Glaube. Im NT sind zwei mögliche Ausgänge am Ender der Zeiten skizziert: zum einen die Möglichkeit des „doppelten Ausgangs der Geschichte“ (102) und zum anderen, dass sich am Zeitenende Liebe und Hass nicht mehr einander gegenüber stehen, sondern Gott alles in allem sein und nur die Liebe bleiben wird. Mit dem Autor hoffe auch ich auf die „letztendliche Überwindung des Hasses und glaube an die unbegreifbare Möglichkeit der Gnade Gottes, alle und alles heimzuholen in die schöpferische Liebe zum Leben“ (102; Gottfried Orth: Gnade. In: Hübener & Orth, 2007, 98ff). 


Am 01.06.2014 "feiern wir den Sonntag Exaudi - Die wartende Gemeinde. Der Name des Sonntags leitet sich vom dem Beginn der lateinischen Antiphon ab: Exaudi, Domine, vocem meam, qua clamavi ad te; miserere mei, et exaudi me (Ps, 27, 7; dt.: Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe! Sei mir gnädig und erhöre mich!)! Wir hören die Verheißung des Geistes und beten, dass dieser Geist unter uns sei und wirke. (…) Aufgrund der Verheißung glauben wir, dass der Geist uns erfüllt und unsere Trägheit von uns nimmt“ (aus: Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 64f).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist Ps 27: 
„Geborgen bei Gott
Der Herr ist mein Licht, er befreit mich und hilft mir; darum habe ich keine Angst. Bei ihm bin ich sicher wie in einer Burg; darum zittere ich vor niemand. Wenn meine Feinde mich bedrängen, wenn sie mir voller Hass ans Leben wollen, dann stürzen sie und richten sich zugrunde. Mag ein ganzes Heer mich umzingeln, ich habe keine Angst. Auch wenn es zum Kampf kommt: Ich vertraue auf ihn. Nur eine Bitte habe ich an den Herrn, das ist mein Herzenswunsch: Mein ganzes Leben lang möchte ich in seinem Haus bleiben, um dort seine Freundlichkeit zu schauen und seinen Tempel zu bewundern. Wenn schlimme Tage kommen, nimmt der Herr mich bei sich auf, er gibt mir Schutz unter seinem Dach und stellt mich auf sicheren Felsengrund. Dann triumphiere ich über die Feinde, die mich von allen Seiten umringen. Im Tempel bringe ich ihm meine Opfer, mit lautem Jubel danke ich dem Herrn, mit Singen und Spielen preise ich ihn. Herr, höre mich, wenn ich dich rufe; hab doch Erbarmen und antworte mir! Ich erinnere mich an deine Weisung; du hast gesagt: »Kommt zu mir!« Darum suche ich deine Nähe, Herr. Verbirg dich nicht vor mir! Jag mich nicht im Zorn von dir weg! Du hast mir doch immer geholfen; lass mich jetzt nicht im Stich! Verstoß mich nicht, Gott, du mein Retter! Wenn auch Vater und Mutter mich verstoßen, du, Herr, nimmst mich auf. Herr, zeige mir den richtigen Weg, leite mich auf gerader Bahn, damit meine Feinde schweigen müssen. Gib mich nicht ihrer Mordgier preis! Die Zeugen, die mich belasten sollen, Lügner sind sie, die das Recht zerstören! Doch ich weiß, ich muss nicht hinab zu den Toten; ich darf weiterleben, um deine Güte zu sehen. Vertrau auf den Herrn, sei stark und fasse Mut, vertrau auf den Herrn!" (GNB).


Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei Joh 15, 26-16, 4: 
„Wenn aber der Beistand kommt, den ich euch vom Vater aus senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, dann wird er Zeugnis für mich ablegen. Und auch ihr sollt Zeugnis ablegen, weil ihr von Anfang an bei mir seid. Das habe ich euch gesagt, damit ihr keinen Anstoß nehmt. Sie werden euch aus der Synagoge ausstoßen, ja es kommt die Stunde, in der jeder, der euch tötet, meint, Gott einen heiligen Dienst zu leisten. Das werden sie tun, weil sie weder den Vater noch mich erkannt haben. Ich habe es euch gesagt, damit ihr, wenn deren Stunde kommt, euch an meine Worte erinnert" (EU).

Kommentar: Dieser Abschnitt ist der 2. Abschiedsrede Jesu entnommen. Hier fallen zwei Begriffe auf: „Beistand“ (parákletos; Joh 14, 16-26) und „Zeugnis.“ „Eine strukturelle Analogie zu dieser Sicht, nach der Jesu Gegenwart sich im Zeugnis seiner Schülerschaft ereignet (und heute im Zeugnis aller Gläubigen; MS), bildet die rabbinische Auslegung von Jes 43, 12, nach der Gottes Gott-sein daran hängt, dass die Israeliten (das Volk Gottes; MS) seine Zeugen sind: 'Ihr seid meine Zeugen, spricht der Herr, und ich bin Gott (euer Beistand; MS).' Wenn ihr meine Zeugen seid, bin ich Gott (und euer Beistand; MS). Wenn ihr aber nicht meine Zeugen seid, bin ich gleichsam nicht Gott (und so nicht euer Beistand; MS)“ (Wengst, Das Johannesevangelium II, 2001, 152).



Veröffentlicht am 11.05.2013
J. S. Bach (1685-1750): Sie werden euch in den Bann tun (BWV 44)
Kantate für den Sonntag Exaudi, 1724

Collegium Vocale Ghent
Philippe Herreweghe

Barbara Schlick, soprano; Catherine Patriasz, alto; Christoph Prégardien, tenor; Peter Kooy, bass

Duetto (tenor, bass): Sie werden euch in den Bann tun
Coro: Es kömmt aber die Zeit
Aria (alto): Christen müssen auf der Erden
Chorale (tenor): Ach Gott, wie manches Herzeleid
Recitativo (bass): Es sucht der Antichrist
Aria (soprano): Es ist und bleibt der Christen Trost
Chorale: So sei nun, Seele, deine