Montag, 27. Januar 2014

Kommentar zu den LG vom 02.02.2014

Einleitung: „Die Themenreihe im Februar soll einige wesentliche Aspekte beleuchten, die im ‚Christ-sein‘ enthalten sind. Der christliche Glaube ist darauf angelegt, sich anderen mitzuteilen. (…)
Aus aktuellen Berichten über die Religionsfreiheit geht hervor, dass Christen heute weltweit gesehen am stärksten unter-drückt werden. Schätzungen zufolge werden ca. 100 Millionen Christen in 50 Ländern diskriminiert, bedroht und verfolgt (Quelle: ‚Kirche in Not‘). (…) Dies sollte stets Anlass für uns sein, in der Fürbitte auch für unterdrückte und verfolgte Christen einzustehen.

Die vier Sonntage im Februar setzen sich thematisch damit auseinander, was zum ‚Christ-sein‘ gehört und welche Lebensäußerungen damit verbunden sind.“

Zu diesem Sonntag heißt es: „Mittelpunkt des Christ-seins ist Jesus Christus. Er ist der Beweis der göttlichen Gnade, er ist das Geheimnis der Liebe Gottes. Dem, der glaubt, erschließen sich Gottes Geheimnisse.“

Die Leitgedanken für die Predigt tragen demzufolge die Überschrift: „Geheimnis Gottes: Jesus Christus.“

Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK ist 1 Kor 2, 1-2: „Auch ich, liebe Brüder, als ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten und hoher Weisheit, euch das Geheimnis Gottes zu verkündigen. Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten.“

Als Kernbotschaft wird folgendes formuliert: „Wir wollen uns bemühen, die Geheimnisse Gottes zu erkennen.“

Die Bibelstelle wird in den folgenden Kontext gestellt: „Der griechische Urtext meint ‚Geheimnis‘, wiewohl das entsprechende Wort in manchen Bibelübersetzungen mit ‚Zeug-nis‘ wiedergegeben wird. ‚Geheimnis‘ im Neuen Testament bedeutet: Heilsplan Gottes in Jesus Christus, in den Gott zwar den Seinen Einblick gewährt, der aber dennoch Geheimnis bleibt. Paulus betont, dass seine Predigt keinerlei rhetorischen Glanz habe; dass diese den-noch aufgenommen wird, ist Wirken des Heiligen Geistes (1 Kor 2, 4).“

Schließlich werden die LG so zusammengefasst: "Dem, der glaubt, erschließen sich Gottes Geheimnisse: Das Geheimnis, dass
  • in der Predigt Gottes Wort hörbar wird.
  • wir eine Gemeinschaft des Geistes sind.
  • der Herr durch Gnade die Seele berührt und frei macht.
  • wir im Heiligen Abendmahl Leib und Blut Jesu empfangen.
  • Auch die Führung durch den Heiligen Geist, die Zeitverhältnisse und unsere Zukunft beim Herrn sind Geheimnisse, die sich uns durch den Glauben erschließen“ (alle Zitate aus den o. g. LG).

Kommentar: "In 1 Kor geht es vorwiegend um die Frage der christlichen Lebensgestaltung. Wie kann die Einheit der Gemeinde bewahrt werden, wenn sich unterschiedliche Gruppen bilden, die miteinander rivalisieren (1, 10ff)? Welche Bedeutung haben von Gott begabte Mitarbeiter für die Gemeinde (3, 5ff)? (…) Paulus beantwortet diese Fragen, in dem er sie auf das Evangelium von Jesus Christus bezieht. Was Gott durch Christus getan hat, davon muss die Gemeinde in ihrem Verhalten bestimmt werden. Paulus begründet die ethischen Weisungen von Gottes Heilshandeln in Jesus Christus her“ (Elberfelder Bibel mit Erklärungen, 2010, 1504) und bezeichnet dies als „Agape“ [gr. ἀγάπη], was Gottes reine, bedingungslose, einseitige, befreiende und auf andere zentrierte Liebe, also „Nächstenliebe“, bedeutet (siehe dazu auch: E: Fromm, Die Kunst des Liebens, 1956/1984, 58-60).
„Das zentrale christliche Ereignis ist die Auferstehung Jesu Christie. Denn mit ihr hat die Überwindung der Todesmächte begonnen. Dieses wird am Ende zur Befreiung der Welt aus Tod und Vergänglichkeit führen. Das wird die zweite, vom Heiligen Geist gewirkte Schöpfung sein. In der Gegenwart der Gemeinde, äußert sich die Zukunft schon dadurch, dass sie den Heiligen Geist empfangen hat. Jeder einzelne und zugleich auch die Gemeinde ist dadurch Tempel des Heiligen Geistes. Die Gemeinde ist Christi Leib. Beim Abendmahl wird diese Identität erneuert: durch die Gabe des einen Brotes wird die Gemeinde von ihrer Wurzel her erneuert“ (Das Neue Testament und frühchristliche Schriften. Übersetzt und kommentiert von Klaus Berger & Christiane Nord, 5. Aufl., 2001, 83f).


Am 02.02.2014 feiern wir den 4. Sonntag nach Epiphanias -Der Herr der Naturmächte- und hören die Wundererzählung von dem Sturm auf dem See (vergl. Senftleben, Mit dem Kirchenjahr leben, 1988, 34).

Der Wochenpsalm im Ablauf des (ev.) Kirchenjahres ist der

Ps 107: „Danklied der Erlösten: Danket dem HERRN; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich. So sollen sagen, die erlöst sind durch den HERRN, die er aus der Not erlöst hat, die er aus den Ländern zusammengebracht hat von Osten und Westen, von Norden und Süden. Die irregingen in der Wüste, auf ungebahntem Wege, und fanden keine Stadt, in der sie wohnen konnten, die hungrig und durstig waren und deren Seele verschmachtete, "die dann zum Herrn riefen in ihrer Not" und er errettete sie aus ihren Ängsten und führte sie den richtigen Weg, dass sie kamen zur Stadt, in der sie wohnen konnten: "Die sollen dem Herrn danken für seine Güte / und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut," dass er sättigt die durstige Seele und die Hungrigen füllt mit Gutem. Die da sitzen mussten in Finsternis und Dunkel, gefangen in Zwang und Eisen, weil sie Gottes Geboten ungehorsam waren und den Ratschluss des Höchsten verachtet hatten, sodass er ihr Herz durch Unglück beugte und sie dalagen und ihnen niemand half, "die dann zum HERRN riefen in ihrer Not" und er half ihnen aus ihren Ängsten und führte sie aus Finsternis und Dunkel und zerriss ihre Bande: "Die sollen dem HERRN danken für seine Güte / und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut," dass er zerbricht eherne Türen und zerschlägt eiserne Riegel. Die Toren, die geplagt waren um ihrer Übertretung und um ihrer Sünde willen, dass ihnen ekelte vor aller Speise und sie todkrank wurden, "die dann zum Herrn riefen in ihrer Not" und er half ihnen aus ihren Ängsten, er sandte sein Wort und machte sie gesund und errettete sie, dass sie nicht starben: "Die sollen dem HERRN danken für seine Güte / und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut," und sollen Dank opfern und seine Werke erzählen mit Freuden. Die mit Schiffen auf dem Meere fuhren und trieben ihren Handel auf großen Wassern, die des HERRN Werke erfahren haben und seine Wunder auf dem Meer, wenn er sprach und einen Sturmwind erregte, der die Wellen erhob, und sie gen Himmel fuhren und in den Abgrund sanken, dass ihre Seele vor Angst verzagte, dass sie taumelten und wankten wie ein Trunkener und wussten keinen Rat mehr, "die dann zum HERRN schrien in ihrer Not", und er führte sie aus ihren Ängsten und stillte das Ungewitter, dass die Wellen sich legten und sie froh wurden, dass es still geworden war und er sie zum erwünschten Lande brachte: "Die sollen dem HERRN danken für seine Güte / und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut," und ihn in der Gemeinde preisen und bei den Alten rühmen. Er machte Bäche trocken und ließ Wasserquellen versiegen, dass fruchtbares Land zur Salzwüste wurde wegen der Bosheit derer, die dort wohnten. Er machte das Trockene wieder wasserreich und gab dem dürren Lande Wasserquellen und ließ die Hungrigen dort bleiben, dass sie eine Stadt bauten, in der sie wohnen konnten, und Äcker besäten und Weinberge pflanzten, die jährlich Früchte trugen. Und er segnete sie, dass sie sich sehr mehrten, und gab ihnen viel Vieh. Aber sie wurden gering an Zahl und geschwächt von der Last des Unglücks und des Kummers. Er schüttete Verachtung aus auf die Fürsten und ließ sie irren in der Wüste, wo kein Weg ist; aber die Armen schützte er vor Elend und mehrte ihr Geschlecht wie eine Herde. Das werden die Frommen sehen und sich freuen, und aller Bosheit wird das Maul gestopft werden. Wer ist weise und behält dies? Der wird merken, wie viel Wohltaten der HERR erweist“ (Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers, 1985).


Die Lesung aus dem Evangelium findet sich bei
Mk 4, 35-41: "Der Sturm auf dem See: Am Abend dieses Tages sagte er zu ihnen: Wir wollen ans andere Ufer hinüberfahren. Sie schickten die Leute fort und fuhren mit ihm in dem Boot, in dem er saß, weg; einige andere Boote begleiteten ihn. Plötzlich erhob sich ein heftiger Wirbelsturm, und die Wellen schlugen in das Boot, sodass es sich mit Wasser zu füllen begann. Er aber lag hinten im Boot auf einem Kissen und schlief. Sie weckten ihn und riefen: Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen? Da stand er auf, drohte dem Wind und sagte zu dem See: Schweig, sei still! Und der Wind legte sich und es trat völlige Stille ein. Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben? Da ergriff sie große Furcht und sie sagten zueinander: Was ist das für ein Mensch, dass ihm sogar der Wind und der See gehorchen“ (Die Bibel – Einheitsübersetzung, 1980)?

Das Meer steht symbolisch für den Feind, die widergöttlichen Mächte, für die Bedrohung des Lebens, die menschliche Hilflosigkeit oder auch den Tod. Nicht zufällig steigt in dem neutestamentlichen Buch „Apokalypse“ ein Gott lästerndes Tier aus dem Meer. Am Ende steht die Erlösungsvision von der Vernichtung des [gesamten] Meeres (vergl. Offb 13, 1 und Off 21, 1;).I
Im Zentrum der Erzählung steht Jesus, weil ihm der Wind und die See gehorchen. Dadurch wird er zum Herr über alle gottfeindlichen Mächte um uns herum und über das lästerliche Wesen in uns. Das Wunder und seine Deutung fordern zur existenziellen Bindung auf (…) und führt an die Frage heran, wer dieser Jesus ist, dem sich sogar Sturm und Meer unterwerfen. Die Antwortet lautet: Hier ist kein anderer als Gott selbst am Werk (christologische Deutung).
Eine ekklesiologsche Deutung (Das Lied „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt“ von Martin Gotthard Schneider, 1963 (EKG 612) nimmt diese Sicht ein.) wendet den Blick auf den glücklichen Ausgang der Geschichte. So wird „das Boot zum Hoffnungsspeicher und illustriert eine zeitlose Botschaft: Die Stabilität einer Gemeinde lässt sich nicht an der Beschaulichkeit der Fahrt erkennen, sondern an ihrer buchstäblichen Verankerung im Wort Jesu.“
Tiefenpsychologisch gewendet geht es in der Wundererzählung um die Lebensreise des Individuums, während der es wir immer wieder mit der eigenen Hilf- und Machtlosigkeit, den eigenen inneren bodenlosen Abgründen und auch der eigenen Endlichkeit konfrontiert ist. Auf diese Fragen müssen wir, wie die Jünger auch, eine Antwort finden (vergl. Zimmermann, Ruben (Hg), Kompendium der frühchristlichen Wundererzählungen. Bd I: Die Wunder Jesu, 2013, 257-265). Paul Gerhardt hat seine Antwort auf diese Fragen mit dem Lied "Ich singe Dir mit Herz und Mund" (1653; EKG 324) gegeben.
Eine gelungene Predigt zu diesem Kirchensonntag und über die Kantate (s. u.) findet sich in dem sehr lesenswerten Buch "Bach-Kantaten predigen"  von Glockzin-Bever, Rüppel und Weyer (Hg), 2007.


Hochgeladen am 09.01.2012
Johann Sebastian Bach (1685-1750): Cantata BWV 21: Ich hatte viel Bekümmernis (Kantate am 4. Sonntag nach Epiphanias)
Sopran: Barbara Schlick - Tenor: Howard Crook - Bass: Peter Harvey
Performed by La Chapelle Royale & Collegium Vocale Gent under the direction of Philippe Herreweghe. Recorded by Harmonia Mundi France in 1990.

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