Dienstag, 22. Dezember 2015

Weihnachten 2015 (1. Weihnachtsfeiertag; mit einem Kommentar zu den Leitgedanken der NAK vom 25. Dezember 2015)


Das Kind in der Krippe (Die Menschwerdung Gottes)


Heute ist der 1. Weihnachtsfeiertag: Gottes Barmherzigkeit währt von Geschlecht zu Geschlecht bei denen, die ihn fürchten.

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir Lk 1, 46-55:
Da sagte Maria: »Von ganzem Herzen preise ich den Herrn, und mein Geist jubelt vor Freude über Gott, meinen Retter. Denn er hat mich, seine Dienerin, gnädig angesehen, eine geringe und unbedeutende Frau. Ja, man wird mich glücklich preisen jetzt und in allen kommenden Generationen. Er, der Mächtige, hat Großes an mir getan. Sein Name ist heilig, und von Generation zu Generation gilt sein Erbarmen denen, die sich ihm unterstellen. Mit starkem Arm hat er seine Macht bewiesen; er hat die in alle Winde zerstreut, deren Gesinnung stolz und hochmütig ist. Er hat die Mächtigen vom Thron gestürzt und die Geringen emporgehoben. Den Hungrigen hat er ´die Hände` mit Gutem gefüllt, und die Reichen hat er mit leeren Händen fortgeschickt. Er hat sich seines Dieners, ´des Volkes` Israel, angenommen, weil er sich an das erinnerte, was er unseren Vorfahren zugesagt hatte: dass er nie aufhören werde, Abraham und seinen Nachkommen Erbarmen zu erweisen.« (NGÜ)

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Lk 2, 15-20:
...von Hirten bekannt gemacht
Als die Engel in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: »Kommt, wir gehen nach Betlehem und sehen uns an, was da geschehen ist, was Gott uns bekannt gemacht hat!« Sie liefen hin, kamen zum Stall und fanden Maria und Josef und bei ihnen das Kind in der Futterkrippe. Als sie es sahen, berichteten sie, was ihnen der Engel von diesem Kind gesagt hatte. Und alle, die dabei waren, staunten über das, was ihnen die Hirten erzählten. Maria aber bewahrte all das Gehörte in ihrem Herzen und dachte viel darüber nach. Die Hirten kehrten zu ihren Herden zurück und priesen Gott und dankten ihm für das, was sie gehört und gesehen hatten. Es war alles genauso gewesen, wie der Engel es ihnen verkündet hatte. (GNB)

Meine Bachkantate (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Feiertag ist:
Weihnachtsoratorium (Teil I: Jauchzet, frohlocket; BWV 248)

Mein Lied für das heutige Christfest I lautet:
Brich, an, du schönes Morgenlicht (Text: Johann Rist, 1641; Melodie: Johann Schop, 1641)

Demgegenüber ist die Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK am 1. Weihnachtsfeiertag aus 1. Joh 4, 14: Wir haben gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als Heiland der Welt. (LUT)

An diesem Feiertag findet auch eine Lesung statt. Sie steht in Jesaja 9,5.6 und in Galater 4,4–7:
Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er‘s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des Herrn Zebaoth.
Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen. Weil ihr nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater! So bist du nun nicht mehr Knecht, sondern Kind; wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott. (LUT)

Kommentar: Wie kann man sich im 21. Jahrhundert der Geschichte von der Geburt Jesu im symbolischen Jahre Null nähern? Wie überbrückt man die 2000 Jahre, die zwischen der Geburt des Kindleins in der Krippe und heute liegen? Wie kann ein Mensch der Aufklärung diese Geschichte verstehen? Kann ein westeuropäischer Mensch diese Geschichte überhaupt verstehen, ohne z. B. diese Aufklärung zu missachten, ja zu verraten?
Ein vorschnelles "Ja" führt nur scheinbar weiter. Ein freches "Nein" liegt mir auf der Zunge und ist mir näher.  
Über die Musik versuche ich jedes Jahr die Annäherung an Weihnachten, über mir vertraute Liedtexte und Melodien. Doch die Texte, die mir am liebsten sind, stammen alle eher aus dem 17. Jh. und führen also nicht wirklich weiter.

Ein "aktueller" Text irritiert und hilf vielleicht weiter: Lk 2, 8-11 in der Übertragung der Bibel in gerechter Sprache (GSB): "In jener Gegend gab es auch Hirten und Hirtinnen, die draußen lebten und über ihre Herde in der Nacht wachten. Da trat ein Engel der Lebendigen zu ihnen und der Feuerglanz der Lebendigen umhüllte sie. Sie aber fürchteten sich sehr. Der Engel sprach zu ihnen: 'Fürchtet euch nicht! Denn seht, ich verkündige euch große Freude, die das ganze Volk betreffen wird: Heute ist euch der Gesalbte der Lebendigen, der Retter, geboren worden, hier in der Stadt Davids.'"
Statt "die Lebendige" schlägt die GSB auch "die Ewige", ER-SIE, Ich-bin-da, DU, der Name vor.
So erhält Weihnachten plötzlich etwas Unvertrautes, so bekommt Weihnachten plötzlich eine andere Perspektive, so wird die zuckersüße Weihnachtsbotschaft plötzlich wieder sperrig.

Meine erste Antwort lautet also: Weihnachten im 21. Jahrhundert findet man nicht im Selbstverständlichen, im Vertrauten, im Idyllischen, im Zuckerguss. Wer Weihnachten 2015 erleben will, muss sich auch den Weg machen, auf die Suche begeben, Vertrautes hinter sich lassen, muss sich tastend dem Grund seiner Seele nähern.
"Mein Weihnachten", und so lautet meine zweite Antwort, liegt in dem Satz: "Fürchtet Dich nicht", sagtest Du zu mir, "Ich bin da und ich werde da sein!"
Dem "Gott ist tot!" von Nietzsche kann ich diesen Satz entgegensetzten!
Dem leeren Weltall kann ich diesen Satz entgegensetzen!
Dem Neuronengewirr und -gewitter in meinem Kopf, das keinen Platz lässt für den Geist, setzte ich diesen Satz entgegen. 
Der eigenen Endlichkeit stelle ich diesen Satz gegenüber.
So kann ich Weihnachten feiern und kann mich am "Leben des Brian" genauso erfreuen, wie an dem Gesang der Maria und an dem "schönen Morgenlicht."

Brich an, du schönes Morgenlicht, 
und lass den Himmel tagen! 
Du Hirtenvolk, erschrecke nicht, 
weil dir die Engel sagen, 
dass dieses schwache Knäbelein 
soll unser Trost und Freude sein, 
dazu den Satan zwingen 
und letztlich Frieden bringen.

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