Dienstag, 1. Dezember 2015

Zum 2. Advent (mit einem Kommentar zu den Leitgedanken der NAK vom 06. Dezember 2015)

Der kommende Erlöser (Gericht und Erlösung)





Heute ist der zweite Sonntag des Kirchenjahres - 2. Advent: Gott Zebaoth, tröste uns wieder; lass leuchten dein Antlitz, so genesen wir.

Der Monatsspruch für den Dezember 2015 ist aus Jes 49, 13: Jauchzt, ihr Himmel, freue dich, Erde! Lobt, ihr Berge, mit Jauchzen! Denn der Herr hat sein Volk getröstet und erbarmt sich seiner Elenden. 

Im Verlauf der fortlaufenden Bibellese hören wir den Ps 80:
Gebet für Israel, den Weinstock Gottes
Du Hirte Israels, der du die Nachkommen Josefs führst wie ein Hirte seine Herde, höre uns doch! Du, der du thronst über den Kerub-Engeln, erscheine in deinem herrlichen Glanz! Vor den Augen der Stämme Efraïm, Benjamin und Manasse lass deine Kraft wirksam werden und komm uns zu Hilfe! Gott, richte uns wieder auf! Wende uns dein Angesicht freundlich zu, damit wir gerettet werden! Herr, du allmächtiger Gott, wie lange hüllst du dich noch in Zorn, während dein Volk zu dir betet? Du gibst ihnen immer noch Brot zu essen, das von ihren Tränen benetzt ist. Und voller Tränen ist auch der Becher, den du ihnen zum Trinken reichst. Du hast uns zum Zankapfel für unsere Nachbarvölker gemacht, und unsere Feinde spotten über uns. Allmächtiger Gott, richte uns wieder auf! Wende uns dein Angesicht freundlich zu, damit wir gerettet werden! Einen Weinstock hast du aus Ägypten herausgeholt, fremde Völker hast du ´aus Israel` vertrieben und ihn ´an ihrer Stelle` eingepflanzt. Du gabst ihm weiten Raum, er schlug Wurzeln und breitete sich aus im ganzen Land. Sein Schatten bedeckte die Berge, seine Ranken die mächtigen Zedern des Libanon. Er streckte seine Zweige aus bis ans Meer und seine jungen Triebe bis hin zum Eufrat. Warum aber hast du seine schützende Mauer niedergerissen, so dass nun alle, die vorbeikommen, seine Früchte und Zweige abreißen können? Die Wildschweine aus dem Wald fressen ihn kahl, und die Tiere des Feldes weiden ihn ab. Du allmächtiger Gott, kehr doch zu uns zurück; schau vom Himmel herab und sieh dir alles an! Kümmere dich doch wieder liebevoll um diesen Weinstock! Umhege und schütze ihn, den du selbst gepflanzt hast, den jungen Spross, den du für dich hast stark werden lassen! Teile deines Weinstocks sind verbrannt, andere wurden abgeschnitten – dein Volk geht zugrunde, solange du deinen Blick voller Zorn auf sie richtest. Halte doch deine mächtige Hand schützend über den König, der an deiner rechten Seite sitzt, über den Menschen, den du für dich hast stark werden lassen. Dann werden wir uns nicht mehr von dir abwenden. Schenk uns neues Leben, und wir werden deinen Namen wieder anrufen. Herr, du allmächtiger Gott, richte uns wieder auf! Wende uns dein Angesicht freundlich zu, damit wir gerettet werden! (NGÜ)

Die Lesung aus dem Evangelium findet sich in Lk 21, 25-33:
Der Weltrichter kommt
»Unheil kündende Zeichen werden zu sehen sein an der Sonne, am Mond und an den Sternen, und auf der Erde werden die Völker zittern und nicht mehr aus und ein wissen vor dem tobenden Meer und seinen Wellen. Die Menschen werden halb tot vor Angst darauf warten, was für Katastrophen die Erde noch heimsuchen werden. Denn die ganze Ordnung des Himmels wird zusammenbrechen. Dann kommt der Menschensohn auf einer Wolke mit göttlicher Macht und Herrlichkeit, und alle werden ihn sehen. Wenn ihr die ersten Anzeichen von alldem bemerkt, dann richtet euch auf und erhebt freudig den Kopf: Bald werdet ihr gerettet!«
Das Gleichnis vom Feigenbaum
Jesus gebrauchte einen Vergleich; er sagte: »Seht den Feigenbaum an oder die anderen Bäume! Wenn die ersten Blätter herauskommen, dann erkennt ihr daran, dass der Sommer bald da ist. So ist es auch, wenn ihr diese Anzeichen seht. Dann wisst ihr, dass die neue Welt Gottes anbricht. Ich versichere euch: Diese Generation wird das alles noch erleben. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht; sie bleiben gültig für immer und ewig.« (GNB)

Meine Bachkantate (Johann Sebastian Bach 1685-1750) für den heutigen Sonntag ist:
Wachet! betet! betet! wachet! (BWV 70a) mit einem Texten von S. Franck aus den Evangelischen Sonn- und Feiertags-Andachten (Weimar 1717)

Mein Lied für den heutigen Sonntag lautet:
O Heiland, reiß die Himmel auf (Melodie: Köln 1638, Augsburg 1666; Text: Friedrich Spee 1622)

Kommentar: Die schönste Stelle in diesem Bibelabschnitt ist der V28: „Richtet euch auf und erhebt freudig den Kopf.“ und im Ps 80 steht, wer dies tun kann und wird: „Herr, du allmächtiger Gott, richte uns wieder auf!“
Erhobenen Hauptes dürfen wir dem Herrn entgegen gehen. Und erhobenen Hauptes dürfen wir einander in der Nachbarschaft und in der Gemeinde begegnen. Erhobenen Hauptes kann man sich in die Augen sehen und sich aufeinander beziehen. Im aufrechten Gang erleben wir Heil und Gesundung. In der Psychologie (Transaktionsanalyse von T. Berne) wurde diese Begegnung in prägnanter Weise als „ICH BIN OK und DU BIST OK“ beschrieben.
Als Symbol dieses aufrechten Ganges bietet uns das Evangelium den Feigenbaum an, der den Jahreszeitenwechsel ankündigt und, im metaphorischen Sinne, eine Änderung der Verhältnisse: "Anscheinend herrscht noch der Winter, der Kirchenspaltungen, Verfolgungen der Glaubenden, Vernichtung der kirchlichen Versammlungsplätze und unerträgliche Gewalt in der gesamten Menschheit erzeugt.  Das Elend des Weltalters, das bis heute anhält, besonders in der 3. Welt wird nicht verschwiegen, sondern mit der Beschreibung der apokalyptischen Wehen schonungslos aufgedeckt.
Doch die Gemeinden haben ja schon jetzt in Jesus den vollmächtigen und wiederkehrenden Menschensohn erkannt und erfahren in ihrem Zusammenhalt der Kräfte der sich bald vollendenden Königsherrschaft Gottes. Die Gemeinden sind gegen den Winter dieses Äons machtvolle Symbole der Fürsorge und Solidarität Gottes mit der gesamten Menschheit und kommenden Vollendung" (Detlev Dormeyer: Wir sind schon wer (Vom grünenden Feigenbaum), 371. In: Zimmermann, 2007, 367-373).

Demgegenüber ist die Lesung und gleichzeitig Predigtgrundlage für die Gottesdienste der NAK am 2. Advent aus Mt 17, 10-13: Seine Jünger fragten ihn und sprachen: Warum sagen denn die Schriftgelehrten, zuerst müsse Elia kommen? Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Elia soll freilich kommen und alles zurechtbringen. Doch ich sage euch: Elia ist schon gekommen, aber sie haben ihn nicht erkannt, sondern haben mit ihm getan, was sie wollten. So wird auch der Menschensohn durch sie leiden müssen. Da verstanden die Jünger, dass er von Johannes dem Täufer zu ihnen geredet hatte. (LUT)

Kommentar: Die Predigtgrundlage ist einem Abschnitt entnommen, der bei Fiedler (2006) mit "Anerkenntnis der Messianität Jesu - gegen Widerspruch und Missverständnis" überschrieben ist. "Die Passion Jesu und damit verbunden seine Forderung nach (Bereitschaft zur) Kreuzesnachfolge anzunehmen, weil dies Gottes Wille sei, setzt heute wie damals ein tiefes Gottvertrauen voraus. Denn die Ostererfahrung - ganz gleich, ob wie hier vorweggenommen oder in der Gemeinschaft der an Christus Glaubenden voraus gesetzt - mindert die Anstößigkeit des Leids nicht. Vielmehr kann sie eine Perspektive der Hoffnung eröffnen, die jedoch ebenfalls allein im Glauben wahr zu nehmen ist" (ebd., 297).

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen